Parlamentskorrespondenz Nr. 1009 vom 07.12.2005

Pädagogische Akademien werden Pädagogische Hochschulen

Aus Sicht der Koalition pädagogisches Wirken gesichert

Wien (PK) - Die Tagesordnung wurde mit der Behandlung des G-Antrages 625/A (E) betreffend gesetzliche Gleichstellung von Schulen in freier Trägerschaft mit konfessionellen Privatschulen fortgesetzt.

Auch wenn sich die SPÖ zum bestmöglichen öffentlichen Schulsystem bekenne, das für alle Kinder unabhängig "vom Geldbörsel und Bildungsgrad der Eltern" offen ist, so dürfen auch die Leistungen der Schulen in freier Trägerschaft nicht übersehen werden, meinte Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S). Alternativschulen seien nämlich oft Pioniere in der Umsetzung neuer pädagogischer Konzepte, die dann mitunter auch ins öffentliche Schulsystem Eingang finden. Nicht umsonst fordere daher auch die Zukunftskommission eine Aufwertung der Alternativschulen in Form einer Gleichstellung mit konfessionellen Schulen, wie dies im Antrag formuliert ist. Die einseitige Bevorzugung der konfessionellen Schulen - der Bund übernimmt zur Gänze die Personalkosten - sei aus Gerechtigkeitsüberlegungen einfach nicht einzusehen, unterstrich die Rednerin.

Die ÖVP bekennt sich zu einem öffentlichen Schulwesen, für das kein Schulgeld bezahlt werden muss, bekräftigte Abgeordneter AMON (V). Diese Prinzipien seien ebenso in der Verfassung verankert wie das Konkordat, wodurch geregelt ist, dass konfessionellen Schulen eine Zuwendung aus dem Bundeshaushalt zukommt. Er sei überrascht, dass es gerade von Seiten der Grünen und der Sozialdemokraten ein derart starkes Engagement in Richtung Privatschulen gibt. Die Alternativschulen sollten durchaus im Rahmen der budgetären Möglichkeiten unterstützt werden, meinte Amon, aber es könne nicht sein, dass der Bund für jede Privatinitiative die Kosten zu tragen habe.

Abgeordneter BROSZ (G) wies darauf hin, dass es etwa 4.000 Kinder und Jugendliche gebe, die in Schulen in freier Trägerschaft ihren Unterricht absolvieren. Davon sind etwas mehr als 1.000 im Bereich der so genannten Alternativschulen angesiedelt. Es handle sich also um eine nicht sehr große Gruppe, trotzdem werden nur 5 % der erforderlichen Mittel für diese Schulen vom Bund getragen. Es könne auch nicht die Rede davon sein, dass die Grünen das Konkordat abschaffen wollen, unterstrich Brosz. In dem Antrag sei nur von einer Gleichstellung zwischen konfessionellen Privatschulen und Schulen in freier Trägerschaft die Rede.

Ihre Partei stehe den privaten Schulen und den alternativen Schulmodellen grundsätzlich positiv gegenüber, erklärte Abgeordnete ROSSMANN (F). Sie machte darauf aufmerksam, dass in der Zeit von 2000 bis 2005 allein für die Waldorfschulen um 80 % mehr Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Allerdings lehne sie den Vorschlag ab, wonach Alternativschulen generell mit konfessionellen Schulen gleich gestellt werden sollen.

Abgeordneter GROSSRUCK (V) warf den Grünen vor, dass es ihnen um ein "Ausspielen der freien Schulen gegen die konfessionellen Schulen" gehe. Bundesministerin Gehrer fördere sehr wohl die alternativen Schulmodelle, hielt er Abgeordnetem Brosz entgegen. So werde zum Beispiel ein Schüler in der Waldorfschule mit 502 € gefördert; in öffentlichen Schulen liege der Betrag bei 283 €.

Abgeordneter BROSZ (G) ging auf die Aussagen seines Vorredners ein und gab zu bedenken, dass ein Schüler im öffentlichen System etwa 6.000 € pro Jahr koste.

Seine Tochter gehe in eine öffentliche Volksschule und sie habe sehr wohl die Möglichkeit gehabt, auszuwählen, ob sie in eine Montessori-Klasse, eine Regelklasse oder eine Integrationsklasse gehen wolle, merkte Abgeordneter SCHEIBNER (F) gegenüber dem G-Mandatar Brosz an.

Der (negative) Ausschussbericht betreffend den G-Antrag wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Abgeordneter DDr. NIEDERWIESER (S) befasste sich mit dem neuen Hochschulgesetz, das eine Umwandlung der Akademien und Institute der Lehrerausbildung in Pädagogische Hochschulen bringt. Im Gegensatz zum Vorschlag der SPÖ bleibe im Regierungsentwurf das Prinzip der Wissenschaftlichkeit auf der Strecke, bedauerte er. Die Sozialdemokraten hätten sich zum Beispiel gewünscht, dass es auch eine Möglichkeit zur Habilitation und zur Nachgraduierung gibt. Außerdem fehle ein klarer Forschungsauftrag für die Lehrenden. Kritisch beurteilte er auch die Regelung der akademischen Grade sowie das Fehlen von unabhängigen Leitungsorganen. Ein weiterer gravierender Unterschied zwischen den Plänen der Regierung und der SPÖ sei, dass das Studium nach Ansicht der Sozialdemokraten nichts kosten dürfe.

Auf Basis einer professionellen Vorbereitung und unter Einbeziehung der Planungs- und Entwicklungskommission hat Ministerin Gehrer eine sehr gute und wohlausgefeilte Regierungsvorlage ausgesandt, zu der es mehrheitlich positive Stellungnahmen gab, konstatierte Abgeordnete Dr. BRINEK (V). Mit den neuen Regelungen sei ihrer Meinung nach das "pädagogische Wirken", also sowohl das praktisch-professionelle Handeln als auch das wissenschaftlich-reflexive Können, gesichert. Der Vorschlag der SPÖ würde nur dazu führen, dass eine überbordende Organisation mit fachfremden Mitgliedern im Beirat geschaffen wird. Das Modell der Regierungsfraktionen biete den Absolventen nach der ersten Graduierung die Chance, ihr Studium an Universitäten oder anderen Institutionen fortzusetzen.

Abgeordneter BROSZ (G) las seiner Vorrednerin die Zusammenfassung der negativen Stellungnahme der Planungs- und Entwicklungskommission vor. Am meisten störe ihn an der ganzen Debatte, dass keine inhaltliche Diskussion darüber geführt werde, was eine gute Lehrerin oder einen guten Lehrer eigentlich ausmacht. Ein großes Problem in Österreich sei auch, dass noch immer das Fachwissen als zentrale Kompetenz für einen guten Unterricht angesehen wird. Außerdem sei in Zukunft aufgrund des Rückgangs der Schülerzahlen damit zu rechnen, dass nicht nur in Wien, sondern auch in den Bundesländern gleich viele Schüler in die Unterstufe der AHS gehen werden wie in die Hauptschulen. Diese historische Chance hätte man nützen müssen, um eine gemeinsame Lehrerausbildung zu etablieren.

Alle sind sich wohl einig darin, dass eine bestmögliche Lehrerausbildung gewährleistet werden müsse, meinte Abgeordnete ROSSMANN (F). Die pädagogisch-didaktische Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen sei einfach von anderer Qualität als an den Hochschulen, war die Rednerin überzeugt. Die Bestimmung, wonach es eine enge Kooperation mit den Universitäten geben muss, sei ein erster Entwicklungsschritt. Sie glaube nämlich auch, dass die Kindergartenpädagogik irgendwann einmal in dieses System eingegliedert werden muss.

Für Bundesministerin GEHRER stellen die Pädagogischen Hochschulen einen Meilenstein in der Entwicklung der Ausbildung der PflichtschullehrerInnen dar. Die Ressortleiterin bedauerte den Zick-Zack-Kurs der SPÖ, die in der Zeit ihrer Regierungsbeteiligung das Akademie-Studiengesetz beschlossen habe, seine Weiterentwicklung nun aber nicht mittragen wolle. In diesem Zusammenhang machte die Ministerin darauf aufmerksam, dass KindergärtnerInnen im Akademie-Studiengesetz mit keinem Wort erwähnt seien. Internationale Erfahrungen zeigten, dass es richtig sei, die PflichtschullehrerInnen-Ausbildung bei den Pädagogischen Akademien zu belassen. Ein guter Lehrer brauche Fachwissen, entscheidend seien aber die pädagogischen und didaktischen Fähigkeiten. Er müsse fördern und fordern, daher werde die Leistung ihren Stellenwert in der Schule behalten. Fördergruppen können eingerichtet werden, die dafür notwendigen Ressourcen stehen zur Verfügung, der Förderunterricht könne aber nicht zentral von Wien aus verordnet werden, sagte die Ressortleiterin.

Abgeordneter RIEPL (S) warf der Ministerin demgegenüber vor, den Förderunterricht der Schüler privatisiert zu haben, und erinnerte hinsichtlich der neuen Pädagogischen Hochschulen an die vorwiegend ablehnenden Stellungnahmen der Experten. Der Alternativvorschlag der SPÖ richte sich vor allem auf einen unabhängigen Rat zur Genehmigung der Studienpläne, die Einbeziehung der Kindergartenpädagogik und der Erwachsenenbildung. Österreich hat sich eine bessere Lehrerausbildung und eine bessere Bildungspolitik verdient, sagte Abgeordneter Riepl.

Abgeordnete FUHRMANN (V) begrüßte die Modernisierung und Verbesserung der Pflichtschullehrerausbildung und warf der SPÖ vor, die Pflichtschullehrer-Ausbildung privatisieren zu wollen. Die Vorschläge der Sozialdemokratie zielten auf einen aufgeblähten Apparat, der die Bildungspolitik in Österreich nicht weiterbringe.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) hielt es für unverständlich, dass die Regierung in der Pflichtschullehrer-Ausbildung Hochschulen einrichten wolle, die weder Hochschulen seien noch den europäischen Standards entsprechen. Die Pflichtschullehrer hätte sich diese Diskriminierung nicht verdient. Hochschulen ohne Senate bedeuten den Ausschluss der LehrerInnen aus jeder Mitbestimmung, was beharrende Kräfte in den Akademien stütze. Die Behauptung, die vorgesehenen Räte seien frei von Parteipolitik, wies Grünewald zurück und machte darauf aufmerksam, dass die künftigen Akademiker an den Pädagogischen Hochschulen weiterhin von NichtakademikerInnen unterrichtet werden. Forschung sei an diesen Hochschulen nur in sehr eingeschränkter Form und Grundlagenforschung gar nicht möglich, die Qualitätssicherung nicht EU-konform. Die Grünen stimmen aber auch dem Alternativvorschlag der SPÖ nicht zu, denn die Sozialdemokraten wollen zwar weiter gehen als die Regierung, aber nicht weit genug.

Abgeordnete Dr. BLECKMANN (F) stellte klar, dass Forschung nicht das prioritäre Ziel der Pädagogischen Hochschulen sei, denn dafür werde ein eigenes Bundesinstitut eingerichtet. Für sie stelle die Einrichtung Pädagogischer Hochschulen einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar, in Zukunft könne man darüber diskutieren, Magister-Studien einzuführen und die Kindergarten-Pädagogik in die Hochschulen einzugliedern. In diesem Zusammenhang erinnerte die Rednerin daran, dass es ihrer Fraktion einst lieber gewesen wäre, die Pädagogischen Akademien zu Fachhochschulen aufzuwerten.

Abgeordneter Dr. RADA (S) unterstrich seine Überzeugung, dass alle Lehrer gleich ausgebildet werden sollen, und lehnte den vorliegenden Gesetzentwurf ab, weil er zwei Klassen von Lehrern schaffe. Die vorgesehenen "Hochschulen" seien in Wahrheit keine Hochschulen, kritisierte Rada, der sich dafür aussprach, auch Pflichtschullehrer auf Universitätsniveau auszubilden. In diesem Zusammenhang verwies der Abgeordnete auf die großen Leistungen von Pflichtschullehrern in der pädagogischen Forschung.

Abgeordneter Dr. HUAINIGG (V) begrüßte die Einrichtung Pädagogischer Hochschulen aus der Sicht der Behinderten, weil das neue Gesetz Hürden beim Zugang behinderter Menschen zur Lehrerausbildung beseitige, indem das Kriterium der körperlichen Eignung gestrichen werde. Auch sei es nun möglich, die Prüfungsbedingungen auf die speziellen Bedürfnisse gehörloser Menschen abzustimmen. Dieses Gesetz trägt dem Bildungsanspruch behinderter Menschen Rechnung und garantiert, dass jedes Kind entsprechend seinen Fähigkeiten gefordert und gefördert wird.

Abgeordnete FRANZ (V) zeigte sich froh darüber, dass die Pflichtschullehrerausbildung nicht in die Universitäten eingegliedert wird, weil dort die pädagogische Ausbildung nicht in jenem Ausmaß im Vordergrund stehe wie an den bisherigen Pädagogischen Akademien. Auch aus Vorarlberger Sicht sei dies zu begrüßen, weil Pflichtschullehrer auch in Zukunft an der Pädagogischen Hochschule in Feldkirch ausgebildet werden können und nicht gezwungen seien, in Innsbruck zu studieren.

Abgeordneter Dr. BRADER (V) würdigte die hervorragende Arbeit, die an Pädagogischen Akademien geleistet werde, sah die Entwicklung Pädagogischer Hochschulen positiv und unterstrich die Bedeutung der Forschung im Bereich der Pflichtschullehrerausbildung. Der SPÖ-Vorschlag sei abzulehnen, weil er zu einer aufgeblähten Organisation führen würde.  (Forts.)