Parlamentskorrespondenz Nr. 36 vom 25.01.2006

Grasser-Homepage neuerlich im Mittelpunkt

Nationalrat debattiert Rechnungshofbericht

Wien (PK) – Einmal mehr befasste sich der Nationalrat mit der Homepage von Finanzminister Grasser, diesfalls im Zusammenhang mit einem Bericht des Rechnungshofs. Der Bericht wurde vom Nationalrat mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Abgeordneter Dr. KRÄUTER (S) leitete die Debatte mit einer Warnung an Finanzminister Grasser ein. Es wäre eine Illusion, würde Grasser glauben, mit der Behandlung des Rechnungshofberichtes zum Thema Homepage würde die öffentliche Diskussion dieser Causa ein Ende finden. Der Rechnungshof habe die unzureichende Erhebung der Schenkungssteuerpflicht bei der Finanzierung der Homepage durch Sponsoren aus dem Kreis der Industrie kritisiert, hielt Kräuter fest. Den Regierungsparteien sei es vorbehalten gewesen, die Ladung von Auskunftspersonen im Rechnungshofausschuss zu verhindern. Spätestens am Tag der Nationalratswahl werde Finanzminister Grasser feststellen müssen: Die Bürger vergessen es nicht, dass er, Grasser glaube, für ihn würden andere Regeln gelten als für den Rest der Bevölkerung.

Abgeordneter Dr. LOPATKA (V) gab einmal mehr seiner Überzeugung Ausdruck, nicht die Homepage von Karlheinz Grasser sei das Problem der SPÖ, sondern die Tatsache, dass der Finanzminister bei SPÖ-Wählern gut ankomme. Die SPÖ habe aus einer diesbezüglichen Umfrage die Konsequenz gezogen und alles unternommen, um Karlheinz Grasser nachhaltig zu desavouieren. Sie sei gegen Grasser gerichtlich vorgegangen, habe das Parlament mit diesem Fall beschäftigt wie mit keiner anderen Sache und habe zahlreiche dringliche, mündliche und schriftliche Anfragen im Nationalrat und im Bundesrat gestellt. Volksanwaltschaft und Justiz haben geprüft und ermittelt - wie im nun vorliegenden Rechnungshofbericht habe sich aber gezeigt, dass nichts gegen Karlheinz Grasser vorliege.

"Gusenbauer und Matznetter schauen jetzt sehr alt aus neben Karlheinz Grasser", formulierte Lopatka: "Nein sagen und schlecht reden reicht nicht aus - wir arbeiten mit Karlheinz Grasser weiter".

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) wies dem gegenüber den Eindruck zurück, in der Causa Homepage "gehe es um einen Schönheitswettbewerb". Der Rechnungshof habe vielmehr einen Zustandsbericht über den traurigen Zustand der Republik geliefert: Ein Finanzminister lasse sich von der Industrie Geld zustecken und dann von einem weisungsgebundenen Staatssekretär und dessen ebenfalls weisungsgebundenen Beamten bestätigen, dass er steuerrechtlich korrekt vorgegangen sei.

Der Rechnungshof stelle dem gegenüber fest, dass die Leiter der Finanzämter bei der Prüfung des Falles nicht richtig vorgegangen seien und zeige verfahrensmäßige Mängel auf. Kogler meinte, es sei nicht auszuschließen, dass Beamte bei der Beurteilung des Falles in eine bestimmte Haltung hineingedrängt worden seien. Außerdem sei gegen die Auffassung der Finanzämter, es bestünde keine Steuerpflicht für Karlheinz Grasser im Zusammenhang mit Zuwendungen von Seiten der Industrie, von der Lehre ganz andere Meinungen vorgebracht worden. Diese Frage konnte im Rechnungshofausschuss aber nicht geklärt werden, weil sich die Regierungsparteien weigerten, Auskunftspersonen zu laden und den Ausschuss für öffentlich zu erklären. Der ÖVP warf Kogler vor, eine wichtige Kontrolleinrichtung endgültig zu Grabe getragen zu haben.

Abgeordneter NEUDECK (F) wandte sich gegen die Abwertung der Arbeit des Rechnungshofes durch Abgeordneten Kogler und warf der SPÖ und den Grünen vor, politisches Kleingeld wechseln zu wollen. Es sei beim Thema Homepage nicht möglich gewesen, im Ausschuss sachlich richtig zu arbeiten, weil die Arbeit des Ausschusses durch Presseaussendungen der Oppositionsparteien präjudiziert worden sei. Für eine derartige Skandalisierungspolitik stehe er nicht zur Verfügung, sagte Abgeordneter Neudeck.

Abgeordnete SCHÖNPASS (S) befasste sich mit den Feststellungen des Rechnungshofes zu den Betriebsprüfungen und Umsatzsteuer-Sonderprüfungen im Jahr 2003. Es wurde um 25 % weniger geprüft, registrierte die Rednerin kritisch, wobei beträchtliche regionale Unterschiede in der Prüfungsdichte auftraten. Hinsichtlich der Besteuerungspraxis bei Vereinen stellte die Rednerin fest, dass ein Minister seiner Steuerpflicht vorbildlich nachzukommen habe, anderenfalls müsse er die Konsequenzen ziehen.

Finanzminister Mag. GRASSER dankte dem Rechnungshof für die wertvollen Anregungen beim Thema "Außenprüfungen" und informierte die Abgeordneten im Detail über die Einzelmaßnahmen zur Umsetzung der diesbezüglichen Empfehlungen. Das Finanzressort habe ein Modul für die Personalbedarfsrechnung erstellt, die Prüfungsdichte vereinheitlicht und eine neue Prüfungssoftware eingeführt. Dazu komme ein neues IT-Verfahren für die Berichterstattung über Betriebsprüfungen und neue Kriterien bei der Erhebung der Prüfungswürdigkeit.

Weiters fasste der Minister die Kernpunkte der umfassenden Organisationsreform im Ressort zusammen, die einerseits eine wesentliche Beschleunigung der Verfahren und bei der Außenprüfungen eine Steigerung des Ergebnisses von 1,2 Mrd. € auf 1,7 Mrd. € gebracht habe. Zugleich wurde der Servicecharakter der Finanzämter für die Steuerzahler erhöht. In diesem Zusammenhang erinnerte der Minister an die erfolgreiche Aktion "Hol dir dein Geld zurück".

Beim  Thema "Homepage" sah sich der Minister als Ziel einer Desavouierungskampagne der SPÖ, die ihm, auch in Form von Anzeigen, steuerlich unkorrektes Verhalten vorgeworfen habe. Es sei ihm, Grasser, aber gelungen, sehr rasch nachzuweisen, dass er sich steuerlich absolut korrekt verhalten habe. Alle diesbezüglichen Untersuchungen, Prüfungen und Erhebungen seien in größtmöglicher Transparenz erfolgt, sagte Finanzminister Grasser und wies auf die Vielzahl an Dringlichen, mündlichen und schriftlichen Anfragen im Parlament, auf Prüfungen von Finanzämtern, Ermittlungen der Volksanwaltschaft, Prüfungen des Rechnungshofes und Ermittlungen der Justiz hin. Das Ergebnis hat laut Grasser in jedem Fall gelautet: "Ich habe völlig korrekt gehandelt. Der Verein und seine Organe haben korrekt gehandelt". Übrig geblieben seien lediglich Verurteilungen der SPÖ sowie des Grün-Abgeordneten Pilz wegen übler Nachrede gegen die Person des Finanzministers.

Es sei gelungen, die Bevölkerung steuerlich zu entlasten, Österreich verzeichne Rekordbeschäftigung und gelte international als ein Vorzeigeland. "Wir haben allen Grund stolz zu sein", schloss Finanzminister Grasser.

Abgeordneter GAHR (V) warf den Oppositionsparteien vor, den Finanzminister mit allen Mitteln diskreditieren zu wollen und dabei auch in Kauf zu nehmen, die Objektivität des Rechnungshofausschusses zu beschädigen. SPÖ und Grüne hätten jedes Maß überschritten und auch Ausschussvorsitzender Kogler habe seine Vorsitzführung dazu benützen wollen, seiner Meinung zum Durchbruch zu verhelfen. Gahrs Appell an den Ausschussobmann lautete, in der Vorsitzführung zur Vernunft zurückzukehren.

Im vorliegenden Fall gebe es eine Behörde, an deren Spitze der Finanzminister steht, die steuerrechtliche Erhebungen durchführt, die ihren eigenen Chef betreffen, erklärte Abgeordneter Dr. PILZ (G). Der Rechnungshof hat daraufhin festgestellt, dass die objektive Bereicherung des Finanzministers und der subjektive Bereicherungswille der Industriellenvereinigung unzureichend erhoben wurden. Ein vernichtenderes Urteil könne es wohl kaum geben. Begonnen habe die Geschichte mit einer Aussage des Generalsekretärs der IV, der öffentlich erklärt hat, er habe dem Finanzminister Geld gegeben, weil er mit seiner Politik einverstanden sei und diese unterstützen wolle.

Daraufhin wird im Namen des Finanzministers ein Verein gegründet, in dem unter anderem der Kabinettchef von Grasser und ein Sektionschef, der für den Vollzug des Steuerrechts im Ministerium zuständig ist, sitzen. Außerdem wurden im Zusammenhang mit der Gestaltung der Homepage Aufträge an persönliche Freunde und Schulkollegen des Finanzministers vergeben, zeigte Pilz auf. Der Fall gelangt dann auf den Tisch des damaligen Leiters der Wirtschaftsgruppe der Staatsanwaltschaft Wien, Dr. Erich Müller. Dieser habe schriftlich festgehalten, dass nicht nur eine Steuerpflicht vorliegt, sondern dass die gerichtliche Wertgrenze eindeutig überschritten ist. Dann wird der weisungsgebundene Staatsanwalt, der ausschließlich für politische Fälle zuständig ist, mit der Sache betraut. Dieser bekomme den eindeutigen Hinweis vom Finanzminister, dass am Schluss die Einstellung des Verfahrens herauskommen soll, urteilte Pilz.

Im Gegensatz zum Staatsanwalt argumentiert dann Staatssekretär Finz, dass doch keine Steuerpflicht besteht, wobei er sich auf einen nicht mehr gültigen Kommentar zum deutschen Einkommenssteuerrecht bezieht. Diese Affäre sage einiges aus über den Zustand der Spitze Finanzministeriums sowie über die beiden Regierungsfraktionen. In jedem anderen Rechtsstaat der Welt "würde ein Finanzminister vom Schlag eines Karl-Heinz Grasser nicht auf einer Regierungsbank sitzen, sondern auf der Bank eines Straflandesgerichts", resümierte Pilz.

Bei der Kontrolle des Rechnungshofes, die im vorliegenden Fall schwerpunktmäßig fünf Finanzämter umfasste, wurde vor allem untersucht, inwieweit die Betriebsprüfungen ihre Aufgaben erfüllen, erklärte Abgeordnete TAMANDL (V). Der RH kritisierte unter anderem, dass die Zahl der Betriebs- und Umsatzsteuersonderprüfungen im Jahr 2003 gegenüber dem Jahr 2000 um ein Viertel gesunken sind. Was die relativ geringe Einbringlichkeit der Mehrergebnisse (ein Drittel) angeht, so glaube sie, dass es sich um keinen wirklich repräsentativen Querschnitt handelt. Das Finanzministerium nehme die Empfehlungen des Rechnungshofes sehr ernst, die meisten Anregungen wurden auch schon überprüft, verbessert bzw. umgesetzt.

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) ging in seiner Wortmeldung vor allem auf die Homepage von Finanzminister Grasser ein. Ein interessanter Punkt sei, dass in der Satzung des Vereins zur Förderung der New Economy zwar die Errichtung und der Betrieb einer Homepage steht, allerdings nur bis zum Jahr 2001. 2002, also in dem Jahr, in dem die Homepage in Betrieb genommen wurde, habe man diesen Vereinszweck wieder gestrichen, zeigte Gaßner auf. Seiner Auffassung nach wäre daher der Verein ab diesem Zeitpunkt schenkungssteuerpflichtig gewesen. Auch der Unabhängige Finanzsenat in Linz sei zum Urteil gelangt, dass es hinsichtlich des Vorliegens einer Schenkungssteuerpflicht nicht auf die Satzung ankommt.

Staatssekretär Dr. FINZ teilte den Abgeordneten mit, dass ihm diese Angelegenheit am 20. Juni 2003 vom Finanzminister weisungsfrei übertragen wurde. Er habe dann den Präsidenten der Finanzlandesdirektion Wien, Niederösterreich und Burgenland die Auskunftsbeantwortung übertragen, wobei er keine Zwischenergebnisse oder Namen von Referenten wissen wollte. Lediglich der Entledigungsentwurf sollte an ihn geschickt werden, damit er seine politische Verantwortlichkeit wahrnehmen könne, führte Finz aus. Nach Prüfung des Ergebnisses, vor allem nach Prüfung der steuerrechtlichen Begründung, habe er dann die Erledigung frei gegeben. In der Frage des Vereins zur Förderung der New Economy wurde geprüft im Hinblick auf das Schenkungssteuerrecht, das Körperschaftssteuerrecht, die Umsatzsteuer und die Einkommenssteuerfrage. Finz stellte nochmals mit Nachdruck fest, dass er nie in das Verfahren eingegriffen habe. Den Vorwurf, er sei ein "Weißwäscher", weise er daher aufs Schärfste zurück.

Auch wenn der finanzielle Aufwand für die Homepage des Finanzministers durchaus groß war, so gebe es doch viele andere wichtige Themen, mit denen man sich befassen sollte, meinte Abgeordneter PRINZ (V). Außerdem haben verschiedenste Prüfungen bestätigt, dass alles rechtmäßig und korrekt abgelaufen ist. Vielmehr sollte man über die Schuldenpolitik der SPÖ diskutieren, die dazu geführt hat, dass heute noch 7 Mrd. € pro Jahr an Zinsen zurückgezahlt werden müssen. Eine positive Entwicklung gab es auch bei der ÖIAG, die sich in den letzten Jahren von der Schuldenholding hin zu einem guten und profitablen Beteiligungsunternehmen entwickelt hat.

Rechnungshofpräsident Dr. MOSER wies darauf hin, dass der zur Debatte stehende Wahrnehmungsbericht nicht nur die Homepage-Causa beinhalte, sondern insgesamt sieben Prüfungsergebnisse. Es habe sich um eine Außenprüfung der Finanzämter gehandelt, bei der die Fragen im Mittelpunkt standen, inwieweit der Gleichmäßigkeit der Versteuerung Rechnung getragen wurde bzw. ob es zu einer Verhinderung der Verkürzung der Abgaben gekommen ist. Außerdem sollte geklärt werden, ob die Kontroll- und Steuerungsinstrumente ausreichen bzw. effizient eingesetzt wurden. Grundsätzlich sei positiv anzumerken, dass den Empfehlungen des RH weitestgehend nachgekommen wurde. Was die Gleichmäßigkeit der Besteuerung angeht, so wurden regionale Unterschiede festgestellt, führte Moser aus. So sind in Wien zum Beispiel 13 % der Vereine steuerlich erfasst, in Niederösterreich und Burgenland hingegen nur 6 %. Es sollte daher einmal untersucht werden, weshalb es diese regionalen Abweichungen gibt, schlug der RH-Präsident vor. Im Rahmen der Gesamtprüfung habe man sich auch die abgeschlossenen Verfahrensschritte hinsichtlich der finanziellen Zuwendung von Seiten der Industriellenvereinigung an den Verein zur Förderung der New Economy näher angeschaut. Ohne näher darauf einzugehen, wolle er nur darauf hinweisen, dass die Feststellungen, wonach "unzureichend ermittelt wurde, als solches dingfest sind". Mittlerweile wurde das Verfahren von den Gerichten zurückgelegt, informierte er. Generell hielt es Moser für wichtig, dass die Kontrolle noch weiter verbessert und ausgebaut wird, da davon die Glaubwürdigkeit der Demokratie abhänge.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) wiederholte die Feststellungen des Rechnungshofes, wonach die Tatbestandsmerkmale für das Vorliegen der Schenkungssteuerpflicht im Zusammenhang mit der Homepage des Finanzministers unzureichend erhoben wurden. Kritisch beurteilte die Rednerin auch, dass der Rechnungshofausschuss immer wieder wichtige Auskunftspersonen abgelehnt habe.

In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordneter NEUDECK (F) klar, dass der Rechnungshof nicht ein Organ der Opposition, sondern des Parlaments sei.

Der Opposition gehe es hier um eine rein politische Frage, bemängelte Abgeordneter DI REGLER (V), die Argumente wurden in keiner Weise sachlich aufbereitet. Er erinnerte nochmals daran, dass von den Strafbehörden alle Anzeigen zurückgelegt wurden. Außerdem haben der Finanzminister, der Staatssekretär und der Präsident des Rechnungshofes immer wieder ausführlich Stellung genommen. Unrichtig sei auch, dass die Ladung von Auskunftspersonen im Rechnungshofausschuss verhindert wurde. Auf das Schärfste weise er auch die Aussage des Abgeordneten Pilz zurück, wonach die Causa Grasser ein Fall Schüssel geworden ist, weil der Bundeskanzler den Rechtsstaat außer Kraft gesetzt habe.

Für Grasser gelte die gleiche Steuergerechtigkeit wie für jeden anderen Österreich, hielt Abgeordneter FAUL (S) dem Finanzminister entgegen.

Die Feststellungen des Rechnungshofes seien sehr klar und deutlich, weshalb die zahlreichen "Reinwaschungsversuche" von vornherein aussichtslos seien, meinte Abgeordneter Dr. PUSWALD (S). Die Marke KHG sei seiner Meinung nach ein Symbol für die politische Arroganz der gesamten Bundesregierung.

Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Dritter Nationalratspräsident Dr. PRINZHORN gelobte F-Abgeordneten Elmar Lichtenegger an, der für den ausscheidenden Mandatar Mag. Herbert Haupt nachrückt. (Schluss Homepage/Forts. NR)