Parlamentskorrespondenz Nr. 40 vom 25.01.2006

Debatte über Petitionen und Bürgerinitiativen

Keine Mehrheit für Visa-Untersuchungsausschuss

Wien (PK) – Letzter Punkt der Tagesordnung der 135. Sitzung des Nationalrats war ein Sammelbericht des Petitionsausschusses über die Petitionen Nr. 59, 61, 62, 64, 68, 69 und 71 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 26 und 27.

Abgeordnete Mag. WURM (S) unterstützte in ihrer Wortmeldung die Bürgerinitiative betreffend ein Import- und Handelsverbot von Hunde- und Katzenfellen und daraus hergestellten Produkten und sprach von unvorstellbarer Tierquälerei, die vor allem auch darin bestehe, dass die Tiere bei lebendigem Leib gehäutet werden. Wurm stellte unter Hinweis auf ein Gutachten des Verfassungsdienstes klar, dass es sich bei diesem Import-Verbot um eine Angelegenheit des Tierschutzes handelt, die in die Zuständigkeit des Gesundheitsministeriums fällt. Sie warf Rauch-Kallat vor, im Unterschied zu anderen EU-Staaten bisher nichts getan zu haben.

Abgeordneter FREUND (V) setzte sich kritisch mit einer von den Grünen eingebrachten Petition betreffend die Umsetzung der EU-Agrarreform auseinander. Sämtliche landwirtschaftliche Interessenvertretungen seien bei der Umsetzung eingebunden worden, betonte er und wies die Wortwahl der Petition bezüglich "Enteignung der Bauern" scharf zurück.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) sprach von einer "traurigen Bilanz" des Petitionsausschusses und warf den Regierungsparteien vor, Petitionen vornehmlich zu vertagen oder bloß zur Kenntnis zu nehmen anstatt sie den zuständigen Ausschüssen zuzuweisen. Diese Vorgangsweise entspreche nicht den Erwartungen der Bürger, bemängelte sie.

Abgeordnete MITTERMÜLLER (V) befasste sich mit der Petition betreffend kostenlose Hepatitis-Schutzimpfung für Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr und bemerkte, Kärnten habe als einziges Bundesland diese Initiative aufgegriffen und eine entsprechende Impfaktion gestartet. Sie lud die anderen Bundesländer ein, diesem Vorbild zu folgen.

Abgeordneter HEINZL (S) drängte auf die Fertigstellung der Güterzugumfahrung St. Pölten und drückte seine Hoffnung aus, dass eine diesbezügliche Petition schon bald im Verkehrsausschuss weiter behandelt werde. Rückendeckung durch Heinzl erhielt auch eine Petition betreffend den Anstieg der Kriminalität in St. Pölten sowie eine Initiative, in der für Intensivtierhaltung eine Umweltverträglichkeitsprüfung gefordert wird.

Abgeordneter Dr. BRADER (V) betonte, sämtliche Petitionen seien ausreichend behandelt worden, der Ausschuss sei sehr aktiv und biete ein Panoptikum an Interessen.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) kam auf die Petition betreffend ein Importverbot von Hunde- und Katzenfellen zurück und brachte einen entsprechenden Vier-Parteien-Entschließungsantrag ein, der ein solches Verbot fordert. Sie unterstrich die EU-Konformität dieser Maßnahme und sah darin auch ein Signal an die südostasiatischen Staaten.

Abgeordneter FAULAND (F) warf der Opposition vor, über Petitionen immer wieder politische Agitation zu betreiben. So sei eine Petition zur Erhaltung der Kaserne in Aigen eingebracht worden, obwohl die Schließung gar nicht zur Debatte stand, kritisierte er.

Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S) nahm die Petition betreffend kostenlose Hepatitis-Schutzimpfung für Feuerwehrleute zum Anlass, arbeits- und sozialrechtliche Absicherung für freiwillige Helferinnen und Helfer zu fordern.

Abgeordneter DOPPLER (V) beklagte, Bürgerrechte würden immer öfter von politischen Parteien vereinnahmt, und nannte als Beispiele die Petition betreffend die Kaserne Aigen ebenso wie die Initiative zur Erhaltung der Post im öffentlichen Eigentum. In beiden Fällen sei von der Opposition versucht worden, Angstmache zu betreiben, kritisierte Doppler. Was die Hepatitis-Schutzimpfung für die Freiwillige Feuerwehr betrifft, trat der Redner dafür ein, die Kostenfrage im Konsens zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherungen zu lösen und sich dabei auch am steirischen Modell zu orientieren.

Abgeordneter Dr. PIRKLHUBER (G) ging auf drei Petitionen näher ein, die seiner Ansicht nach deutlich zeigen, dass die Regierung sowohl im Bereich des Umweltschutzes als auch im Bereich der Gesundheitsversorgung und der sozialen Sicherheit massive Versäumnisse zu verantworten habe und Anliegen der Bevölkerung nicht ernst nehme. In einer dieser Petitionen geht es um Anrainerproteste gegen die Aufstellung weiterer Handymasten. Die Regierung habe in dieser Frage bisher völlig versagt, sagte Pirklhuber. Massive Kritik übte er zudem an der Umsetzung der EU- Agrarreform in Österreich und sprach in diesem Zusammenhang von einer "kalten Enteignung" mancher Landwirtinnen und Landwirte.

Auch Abgeordneter DI SCHEUCH (F) befasste sich mit der Petition betreffend Agrarförderungen und Betriebsprämien und wies darauf hin, dass dieses Thema breit im Nationalrat diskutiert worden sei. Die Freiheitlichen hätten die Vorgangsweise des Landwirtschaftsministers nicht ganz verstanden, diese aber mangels Alternativen mitgetragen, skizzierte er. Angesichts einzelner Problemfälle hält es Scheuch allerdings für notwendig, in naher Zukunft eine Änderung der Rahmenbedingungen zu diskutieren. Er brachte den konkreten Fall eines Landwirts zur Sprache, der um Förderungen im Ausmaß von jährlich 70.000 € umfalle.

Abgeordneter Dr. RADA (S) beklagte generell, dass Petitionen im Petitionsausschuss ständig vertagt, nicht behandelt bzw. einfach zur Kenntnis genommen würden. Seiner Meinung nach sind Probleme, wie sie etwa in Bezug auf Handymasten bestehen, durch eine solche Vorgangsweise jedoch nicht in den Griff zu bekommen. Viele Bewohner, die in der Nähe von Handymasten lebten, klagten über eingeschränkte Lebensqualität, unterstrich Rada.

Abgeordnete STADLER (V) nahm zu einer Petition betreffend ein Import- und Handelsverbot von Hunden- und Katzenfellen Stellung und hielt fest, diese Petition sei sehr ausführlich im Petitionsausschuss behandelt worden. Für sie ist es unvorstellbar, wie grausam Hunde und Katzen zum Teil in Asien getötet würden. Ein Vorgehen gegen solche Tierquälereien ist Stadler zufolge allen vier Parteien ein Anliegen, wie der gemeinsame Entschließungsantrag zeige.

Abgeordneter STEIER (S) erklärte, die vorliegenden Petitionen zeigten auf, in welchen Bereichen die Bevölkerung "der Schuh drückt". Sie mache sich etwa große Sorgen um die Ausdünnung der Infrastruktur im ländlichen Raum. Es mache für die Bürgerinnen und Bürger etwa einen großen Unterschied, ob sich ein Wachposten oder ein Postamt im Dorf befinde oder nicht, unterstrich Steier. Auch Einschränkungen im Nahverkehr wirkten sich negativ auf die Lebensqualität aus.

Abgeordneter SIEBER (V) äußerte sich zustimmend zur EU-Agrarreform. Er fürchtet, dass ein Aufschnüren des Pakets zu massiven Nachteilen für Bäuerinnen und Bauern führen könnte. Die Kritik von Abgeordnetem Pirklhuber ist für Sieber, wie er sagte, nicht nachvollziehbar, er ortet in der Argumentation erhebliche Widersprüche.

Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S) wies darauf hin, dass es viele Petitionen im Zusammenhang mit der Verletzung von Anrainerinteressen gebe. Als Beispiel nannte sie die Petition betreffend Verhinderung weiterer Handymasten im Feyregger Wohngebiet. In ihrem Bezirk habe es, so Grossmann, ähnliche Vorkommnisse gegeben. Sie mahnte eine Studie über gesundheitliche Auswirkungen von Handymasten ein.

Abgeordneter SCHWEISGUT (V) hielt fest, Hunde- und Katzenfelle in Österreich zu verbieten, könne nur ein erster Schritt sein. Langfristig brauche man eine gesamteuropäische Lösung.

Abgeordneter WIMMER (S) bemängelte, dass Anrainer bei der Erweiterung von landwirtschaftlichen Betrieben mit Intensivtierhaltung keine Mitsprachemöglichkeiten hätten, und meinte, die Regierungsparteien unterschätzten das Problem. Seiner Meinung nach sind die UVP-Schwellenwerte viel zu hoch angesetzt. Allgemein kritisierte Wimmer das "ungerechte Fördersystem" in der Landwirtschaft.

Abgeordneter KURZBAUER (V) brachte eine Petition betreffend Lärmschutzmaßnahmen auf der Westautobahn im Bereich des Knoten Steinhäusl zur Sprache. Da Lärmschutzmaßnahmen in diesem Streckenabschnitt äußerst kompliziert zu realisieren seien, habe man Experten eingesetzt, um eine optimale Lösung zu finden, schilderte er. Es gehe sowohl um die Wirtschaftlichkeit des Projekts als auch um die Berücksichtigung von Anrainerinteressen. Die Untersuchungen würden in den kommenden Wochen abgeschlossen.

Abgeordnete BAYR (S) begrüßte den Vier-Parteien-Entschließungsantrag betreffend Importverbot von Hunde- und Katzenfellen. Ihr zufolge werden die Tiere zum Teil in inhumaner Weise gehalten. So müssten sich etwa Hunde in Nordchina bei minus 20 Grad im Freien aufhalten, um ein dichtes Fell zu bekommen. Bayr vermisst darüber hinaus bei Pelzprodukten eine eindeutige Produktdeklaration.

Abgeordneter PACK (V) machte geltend, dass die Bürgerinnen und Bürger das Instrument der Petition schätzten, wie die zahlreichen vorliegenden Bürgerinitiativen und Petitionen zeigten. Die Anliegen der BürgerInnen würden von den Mitgliedern des Petitionsausschusses auch ernst genommen, versicherte er. Pack warf der Opposition allerdings vor, mit manchen Petitionen "politische Hetze" zu betreiben.

Abgeordneter KECK (S) führte aus, er habe es schon zum wiederholten Mal erlebt, dass wichtige Materien, mit denen sich besorgte Bürgerinnen und Bürger an die Abgeordneten wenden würden, "still und heimlich abgefertigt werden". Als Beispiel nannte er den Wunsch nach kostenlosen Hepatitis-B-Impfungen für freiwillige FeuerwehrhelferInnen.

Abgeordnete FLECKL (S) ging auf die Bürgerinitiative zur Erhaltung der Kaserne Aigen ein und zeigte Verständnis für das Anliegen der BürgerInnen. Die Bevölkerung dieser Region sei ohnehin bereits durch die Schließung von Postämtern, Bezirksgerichten und Gendarmerieposten betroffen gewesen, konstatierte sie. Die Kaserne sei zwar aktuell nun nicht mehr bedroht, skizzierte Fleckl, die Stellungnahme des Verteidigungsministers sage aber auch nicht aus, dass der Standort "für immer und ewig" erhalten bleibe.

Klubobmann SCHEIBNER (F) äußerte sich empört über den Appell seiner Vorrednerin an die Koalition, zu den österreichischen Soldatinnen und Soldaten und zum Bundesheer zu stehen. Es sei die SPÖ, die die Einrichtungen des Bundesheers immer wieder in Frage gestellt habe, bekräftigte er. Im Übrigen sei auch er der Meinung, dass man in der Frage der Erhaltung von Kasernenstandorten nicht immer nur nach betriebswirtschaftlichen Argumenten vorgehen solle.

Abgeordneter Dr. CAP (S) gab zu bedenken, dass das für das Bundesheer vorhandene Geld einseitig in die Beschaffung von Eurofightern fließe. Für andere Bereiche im Bundesheer stehe hingegen zu wenig Geld zur Verfügung, kritisierte er.

Der Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen wurde vom Nationalrat mit Stimmenmehrheit zur Kenntnis genommen. Einstimmig verabschiedeten die Abgeordneten den Vier-Parteien-Entschließungsantrag betreffend ein Importverbot von Hunde- und Katzenfellen sowie die Schaffung eines internationalen Kennzeichnungssystems für in Kleidungsstücken verarbeiteten Fellen.

Erste Lesung des Antrags 744/A

Abgeordneter KECK (S) begründete seinen Antrag mit konkreten Fällen und regte an, die Gesetzeslage so zu adaptieren, dass im Sinne der jeweiligen Kinder alle Beteiligten – und hierbei handle es sich um eine sechsstellige Zahl - entsprechende Obsorge leisten können.

Abgeordnete FRANZ (V) wies auf die zahlreichen sozialpolitischen Verbesserungen hin, die diese Regierung erwirkt habe. Die ÖVP sei eine Familienpartei, daher trete sie dafür ein, diesen Antrag auf breiter Basis unter Einbeziehung der Sozialpartner zu diskutieren.

Abgeordneter WALCH (F) regte an, diesen Antrag zurückzuziehen und zuerst den entsprechenden Initiativen der Bundesregierung im Bundesrat zuzustimmen. Die Regierung vertrete den in Rede stehenden Personenkreis, die SPÖ beschränke sich auf Polemik.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) trat dafür ein, diesen Antrag im Ausschuss zu diskutieren, von der Sache her sei das Anliegen der Antragsteller gerechtfertigt.

Der Antrag wurde dem Sozialausschuss zugewiesen.

Kurzdebatte: Einsetzung eines Visa-Untersuchungsausschusses

Abgeordneter Dr. CAP (S) rekurrierte auf einen Artikel des morgigen "Kurier", in dem die Behauptung des Staatsanwaltes wiedergegeben werde, die Botschaft in Lagos sei eine "Visafabrik" gewesen. Wörtlich sei von einem diplomatischen "Sauhaufen" die Rede. Diese Dinge harrten dringend einer Aufklärung, zumal es sich mittlerweile um eine ganze Liste von Botschaften handle, in denen solche Vorfälle zu vermuten seien. Daher sei ein Untersuchungsausschuss unabdingbar, um Licht in die ganze Angelegenheit zu bringen. Einsicht in die Akten sei mittlerweile unverzichtbar, erklärte Cap. Die Hoffnung der ÖVP, die Sache werde sich von selbst erschöpfen, werde sich jedenfalls nicht erfüllen, kündigte Cap an. Man möge den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses daher unterstützen.

Abgeordneter MURAUER (V) konnte sich den Ansichten seines Vorredners nicht anschließen. Es seien einzelne gewesen, die Verfehlungen begangen hätten, dem sei jedoch nachgegangen worden. Er verwahre sich dagegen, deshalb das gesamte Außenamt zu kriminalisieren. Die Ministerin habe die erforderlichen Konsequenzen gezogen, für einen Untersuchungsausschuss bestehe daher kein Bedarf.

Abgeordnete HAGENHOFER (S) unterstrich hingegen die Argumente ihres Fraktionskollegen und bekräftigte die Forderung nach einem solchen parlamentarischen Gremium. Dies sei auch im Interesse jener MitarbeiterInnen des Ministeriums, die hervorragende Arbeit leisteten.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) sah keine Notwendigkeit für eine solche Maßnahme. Hier werde die Außenpolitik nur für Wahlkampfzwecke missbraucht. Dies umso mehr, als noch nicht einmal die Erhebungen abgeschlossen seien. Daher gelte es vorerst einmal abzuwarten. Auch seine Fraktion trete für eine lückenlose, dynamische Aufklärung ein, aber solange die strafrechtlichen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen seien, sei ein Untersuchungsausschuss nicht angezeigt.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) rekapitulierte die Causa in ihrer Genese und verlieh seiner Meinung Ausdruck, diesen Dingen müsse entsprechend nachgegangen werden, um entsprechende Klarheit über die einzelnen Sachverhalte zu erlangen. Untersuchungsbedarf sei jedenfalls gegeben, wie man sich allmählich fragen müsse, welches Ministerium mittlerweile nicht Aufklärungsbedarf aufweise, meinte der Redner unter Anspielung auf Eurofighter, KHM, Homepage und andere Vorkommnisse.

Der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses fand keine Mehrheit.

Ebenso keine Mehrheit fand der Fristsetzungsantrag an den Sozialausschuss bezüglich Gewährung eines Heizkostenzuschusses, wie im Antrag 460/A(E) gefordert.

Im Anschluss daran fand eine weitere, die 136., Sitzung des Nationalrats statt, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen diente.

Schließlich kündigte der Präsident an, dass ein hinlänglich unterstütztes Verlangen auf Einberufung einer Sondersitzung vorliege. Der Termin für diese Sitzung werde von der Präsidiale vereinbart werden. (Schluss)