Parlamentskorrespondenz Nr. 57 vom 31.01.2006

Volksanwälte fordern Prüfungskompetenz für ausgegliederte Bereiche

Diskussion über Weiterentwicklung der Volksanwaltschaft

Wien (PK) – Der Verfassungsausschuss beschäftigte sich heute auch mit dem Bericht der Volksanwaltschaft, wobei sämtliche Abgeordneten die Leistungen der Volksanwaltschaft im Interesse der Bürgerinnen und Bürger würdigten. Sie sei ein nicht mehr weg zu denkender Bestandteil der Gesellschaft, so der allgemeine Tenor. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

In der Diskussion wurden insbesondere die Vorschläge zur Weiterentwicklung der Institution sowie die Prüfungsproblematik bei ausgegliederten Rechtsträgern diskutiert. Sowohl der derzeitige Vorsitzende Ewald Stadler als auch Rosemarie Bauer und Peter Kostelka stellten mit Bedauern ein wachsendes Kontrolldefizit im Zuge von Privatisierungen und Ausgliederungen fest. Dies sei auch dann der Fall, wenn hinter den betreffenden Rechtsträgern noch immer der Staat stehe. Stadler sprach in diesem Zusammenhang vor allem die Bundesforste an, Probleme ortete er auch im Sozialrecht. Er trat dafür ein, dass die Volksanwaltschaft überall dort Prüfungskompetenz haben sollte, wo diese auch dem Rechnungshof zusteht. Rosemarie Bauer ortete zunehmend Schwierigkeiten im Kommunalbereich, wo Bäder, Tourismusbetriebe und Museen mehr und mehr ausgegliedert werden, und Peter Kostelka führte als Beispiel die ÖBB an.

Er betonte, die Volksanwaltschaft wende sich nicht grundsätzlich gegen Organisationsreformen, sie trete lediglich dafür ein, die Prüfungszuständigkeit auch nach einer Ausgliederung zu behalten, zumal davon sehr oft Kernbereiche des öffentlichen Dienstes betroffen seien. Mit den Ausgliederungen gingen oft wesentliche Teile des Rechtsschutzes, und damit der Rechtsstaatlichkeit verloren.

Die Volksanwälte äußerten zum wiederholten Male ihren Wunsch, Sonderberichte zu erstellen und diese dann in den Fachausschüssen zu diskutieren. Dies würde auch zu einer engeren Kommunikation mit den Abgeordneten führen, meinte etwa Volksanwalt Stadler. Die Fachausschüsse böten die Gelegenheit legistische Anregungen konkreter zu diskutieren. Stadler hob dabei die anregende Diskussion mit dem Petitionsausschuss hervor. Volksanwalt Kostelka erwähnte den Menschenrechtsbericht, der wert wäre, im Menschenrechtsausschuss behandelt zu werden.

Volksanwalt Stadler thematisierte auch parallele Prüfungsstrukturen wie die Bundesheerbeschwerdekommission und Rechtsschutzbeauftragte. Diese Einrichtungen könnten dasselbe prüfen wie die Volksanwaltschaft, und das sei aus ökonomischer Sicht nicht unbedingt zweckmäßig. Es sollte daher eine Konzentration der Prüfungsbefugnisse überlegt werden, meinte er unter Hinweis auf den rechtsstaatlichen Zugang der Volksanwaltschaft.

Volksanwältin Rosemarie Bauer stellte aus ihrer Sicht eine erfreuliche Entwicklung im Bereich der Landesverwaltungen fest und führte dies auf bessere Schulungen in den Landesakademien zurück. Ihr Kollege Stadler ließ vor allem in Bezug auf die oft schleppende Ansetzung von Verhandlungsterminen leise Kritik an manchen Gerichten laut werden und forderte diese auf, sich zu bemühen, bürgernäher zu agieren.

Angesprochen von einzelnen Abgeordneten gingen die Volksanwälte auf konkrete Fälle ein. So hielt Volksanwalt Peter Kostelka fest, Jahr für Jahr sei es hinsichtlich der Visa-Erteilung zu mehr Beschwerden gekommen. Die Vorgangsweise sei von Botschaft zu Botschaft verschieden, sagte er, das Fehlverhalten sei in vielen Fällen auf die personelle Unterbesetzung der Konsularabteilungen zurückzuführen. Dadurch sei es oft zu einer relativ leichtfertigen Vergabe von Visa gekommen, wobei es auch zum großen Teil an entsprechender Dienstaufsicht vor Ort gefehlt habe. Nur in Einzelfällen, die an die Volksanwaltschaft herangetragen wurden, könne man von kriminellen Vorgängen sprechen.

Als inakzeptabel, weil auf dem Rücken Betroffener ausgetragen, bezeichnete er das Problem mit der Hubschrauber-Rettung, hervorgerufen durch die Konkurrenz mit der Pistenrettung. Hinsichtlich der Verfahrensdauer bei der Pensionsversicherungsanstalt sei eine Besserung unübersehbar, so Kostelka, der Zeitrahmen von 2,2 Monaten aus dem Jahr 2002 sei aber immer noch nicht erreicht.

Volksanwältin Rosemarie Bauer regte an, durch eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes bei der Errichtung von Mobilfunkanlagen, den Nachbarn Parteienstellung einzuräumen. Sie kritisierte, dass Wien kein Straßengesetz habe, durch die Bauordnungsnovelle habe man aber der Notwendigkeit des Rechtsschutzes teilweise Rechnung getragen.

An der Diskussion beteiligten sich die Abgeordneten Stefan Prähauser, Peter Marizzi und Günther Kräuter (alle S), Terezija Stoisits und Eva Glawischnig-Piesczek (beide G), Josef Winkler und Maria Grander (beide V) und Reinhard Eugen Bösch (F).

Die Volksanwaltschaft wurde laut Bericht im Jahr 2004 in 16.189 Fällen in Anspruch genommen und leitete 6.502 Prüfungsverfahren ein. Davon bezogen sich 4.107 auf die Bundesverwaltung. 7.581 Prüfungsverfahren wurden abgeschlossen. Dabei führten 21 besonders schwer wiegende Fälle zu einer formellen Empfehlung und sechs zu einer Missstandsfeststellung. Weiteren 877 Beschwerden wurde Berechtigung zuerkannt. (Fortsetzung Verfassungsausschuss)