Parlamentskorrespondenz Nr. 147 vom 23.02.2006

Umweltausschuss bekräftigt Beschluss zum Umweltanpassungsgesetz 2005

Opposition weiter ablehnend, Pröll für Schulterschluss mit Ländern

Wien (PK) – Der Umweltausschuss des Nationalrates bekräftigte heute mit den Stimmen von ÖVP und F den Beschluss des Nationalrates zum Umweltanpassungsgesetz 2005, das vom Bundesrat beeinsprucht worden war (1271 d.B.). Die Oppositionsparteien blieben hingegen bei ihrer ablehnenden Haltung, erneuerten ihre Kritik im Detail und forderten insbesondere für die Novelle zum Immissionsschutzgesetz-Luft: "Zurück an den Start".

Begründet hatte der Bundesrat seine mehrheitlich ablehnende Haltung mit "unzureichenden Vorschlägen zur Novellierung des Immissionsschutzgesetzes-Luft". Die Palette möglicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Feinstaubbelastung werde nicht erweitert, sondern eingeschränkt und in die Vollzugshoheit der Landeshauptleute in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise eingegriffen. Zudem habe es der Nationalrat verabsäumt, die Europarechtswidrigkeit des geltenden Immissionsschutzgesetzes-Luft zu korrigieren. Der Novelle mangle es an vorbeugenden Aktionsplänen, wie sie die EU vorschreibe. - Mit in Verhandlung standen ein SPÖ-Antrag (637/A[E]) für ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Senkung der Stickoxid-Emissionen und ein weiterer Antrag der Sozialdemokraten für einen Nationalen Notfallsplan zur Erreichung des Kyoto-Ziels (609/A[E]). - Beide Anträge blieben bei der Abstimmung in der Minderheit und wurden abgelehnt. 

Die Debatte wurde von Sprechern der Oppositionsparteien mit Kritik an den ihrer Meinung nach völlig unzureichenden Maßnahmen gegen die Feinstaubimmissionen eingeleitet, wobei sowohl G-Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer als auch S-Abgeordneter Kai Jan Krainer kritisierten, dass vom Umweltminister keine Aussagen zum Thema "Tempo 160 auf Autobahnen" kommen. Krainer erneuerte die Kritik seiner Fraktion an der Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten der Bundesländer beim Kampf gegen den Feinstaub und wandte sich gegen Ausnahmen für Baumaschinen. Die SPÖ stimmt dem Einspruch des Bundesrates zu und verlangt, bei der Novellierung des Immissionsschutzgesetzes Luft zurück an den Start zu gehen.

Abgeordneter Karl Heinz Kopf (V) replizierte mit der Aufforderung an die Opposition, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und zu beachten, dass die Feinstaubbelastung während der letzten 15 Jahre gleich geblieben sei, obwohl Wirtschaftswachstum und Straßenverkehr gleichzeitig enorm zugenommen haben. Kopf wertete dies als einen Erfolg. Die Novelle des Immissionsschutzgesetzes Luft erlaubt weitere Verbesserungen, die Volkspartei tritt daher für eine Wiederholung des ursprünglichen Nationalratsbeschlusses ein, bekräftigte Kopf.

Abgeordnete Elke Achleitner (F) drängte auf eine ausgewogenere Beurteilung der Politik des Verkehrministers, der sich nicht nur mit Tempo 160, sondern auch mit der Reduzierung von Schadstoffimmissionen durch Verkehrsbeeinflussungsanlagen befasse. Die Senkung von Tempolimits werde auch von Experten als kontraproduktiv beurteilt. Der Einspruch von Opposition und Bundesrat sei nicht verständlich, er richte sich in Wahrheit gegen Maßnahmen zur Reduzierung der Feinstaubbelastung.

Abgeordnete Eva Glawischnig-Pieszek (G) hielt es nicht für fair, den Einspruch des Bundesrates gegen das Umweltanpassungsgesetz 2005 zu ignorieren, immerhin schränke diese Novelle die Handlungsmöglichkeiten der Länder beim Kampf gegen den Feinstaub ein. Dies sei falsch, weil gerade in der Umweltpolitik die Kooperation mit den Ländern wichtig sei. Zudem sei das Gesetz EU-widrig, weil es gegen den Grundsatz des vorsorgenden Umweltschutzes verstoße.

Abgeordneter Gerhard Steier (S) kritisierte Verschlechterungen bei der Missbrauchsaufsicht in der Abfallentsorgung und fragte nach dem Trend bei den Stickoxidemissionen. Sein Fraktionskollege Anton Heinzl (S) wies auf den Anteil der Landwirtschaft an der Feinstaubproblematik hin. Abgeordneter Norbert Sieber sah die NOX-Emissionsstatistik durch den Tanktourismus verzerrt und sprach von einem guten Weg Österreichs in Richtung Erfüllung seiner internationalen Verpflichtungen bei der NOX-Reduktion bis 2010.    

Abgeordneter Klaus Wittauer (F) wies Vorwürfe der Opposition zurück, bei den neuen Regelungen betreffend Bahnschwellen handle es sich um eine "Lex Wittauer". Tatsächlich werde ein Problem gelöst, das viele Landwirte betreffe.

Umweltminister Josef Pröll erinnerte daran, dass Österreich auf das Problem "Feinstaub" nicht nur mit der Novellierung des Immissionsschutzgesetzes Luft, sondern auch mit Anreizen für den Kauf von Dieselfahrzeugen mit Partikelfilter gesetzt habe. Der Anteil dieser umweltschonenden Fahrzeuge an den Neuanschaffungen habe binnen Jahresfrist von 9 % auf 35 % zugenommen. Dazu kommen höhere Fördermittel für Umrüstungen in der Industrie und eine neue Verordnung für belastete Gebiete die derzeit begutachtet werde.

Der Umweltminister wandte sich entschieden gegen den Einspruch der Opposition und des Bundesrates, die Novelle zum Immissionsschutzgesetz Luft schränke den Handlungsspielraum der Bundesländer ein. Die Einvernehmensregelung mit dem Verkehrsminister bedeute kein Vetorecht. Das zeige das Beispiel Wien, gescheitert seien die Tempolimits nicht am Einspruch des Verkehrsministers, sondern an der technischen Umsetzung. Er sei jedenfalls für einen Schulterschluss mit den Ländern beim Kampf gegen den Feinstaub. Zur Reduzierung von Luftschadstoffemmissionen in der Landwirtschaft setzt der Landwirtschaftsminister auf die Verschlauchung bei der Gülleausbringung, diese will er fördern.

Um die beachtlichen Erfolge der österreichischen Umweltschutzpolitik bei der Reduktion der Luftschadstoffe zu dokumentieren, teilte der Minister dem Ausschuss mit, dass es während der letzten 14 Jahre gelungen sei, die Emissionen bei SO2 von 74 Kilotonnen (kt) auf 28 kt, bei NOX von 221 kt auf 164 kt, bei CO von 2.121 t auf 742 t, bei Blei von 206 t auf 13 t und auch bei Dioxin und Quecksilber erheblich zu senken. Die Emissionen bei Feinstaub seien mit 46.719 t gleich geblieben, er, Pröll, bemühe sich sehr, auch bei diesem Schadstoff Reduktionen zu erreichen.

Giftige Bahnschwellen dürfen künftig nicht mehr an Private abgegeben werden und müssen überall dort entfernt, werden, wo sie Menschen und Umwelt gefährden können, hielt der Umweltminister abschließend fest.

Beim Thema Bahnschwellen kritisierten die Abgeordneten Eva Glawischnig—Piesczek und Heidemarie Rest-Hinterseer (beide G), die nun geplante Regelung sei keineswegs klar. Glawischnig-Piesczek mutmaßte, es werde in Hinkunft zu noch mehr Streitigkeiten kommen. Sie befürchtete, Kinder könnten beim Spielen im Freien mit giftigen Bahnschwellen in Hautkontakt kommen. Ebenso kritisierte Rest-Hinterseer, dass Betroffene die Gefährdung durch Hautkontakt erst nachweisen müssen. Beide Rednerinnen blieben bei der Formulierung "Lex Wittauer", da das Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof derzeit auf Eis liege und man offenbar nur die Novelle abwarte. Dem widersprach Pröll heftig und betonte, häufiger Hautkontakt und Geruchsbelästigung stelle auf jeden Fall eine Gesundheitsgefährdung dar, was Handeln erfordere, dadurch sei absoluter Schutz gegeben.

Der Minister konnte auch keine Einschränkung der Missbrauchsaufsicht durch das Abfallwirtschaftsgesetz erkennen, eine Kritik, die von Abgeordnetem Gerhard Steier (S) geäußert worden war.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) beharrte aus seiner Sicht darauf, dass Kompetenzen der Länder sehr wohl eingeschränkt würden. Er kritisierte auch die Tatsache, dass Autos noch immer optional mit und ohne Partikelfilter angeboten werden. Leider sei es ökonomisch noch nicht sinnvoll, Autos mit Partikelfilter zu kaufen, merkte er an. Umweltpolitik könne nicht nur monetär mit Bestrafung umgesetzt werden, sondern bedürfe auch der Sensibilisierung der Bevölkerung, reagierte Umweltminister Josef Pröll. Dies sei im Falle der Partikelfilter geschehen und der Mix aus Bonus-Malus-System und Bewusstseinsbildung habe positive Ergebnisse gebracht.

Pröll: Informationskampagne für Umweltschutzmanagementsysteme kommt

266 Organisationen mit 63.700 Beschäftigten, großteils Unternehmen, tragen in Österreich das EMAS-Zeichen, weil sie betrieblichen Umweltschutz nach dem "eco-management and audit scheme" betreiben. Umweltmanager reduzieren Emissionen, verbessern die Umweltbilanz, sparen Ressourcen und veröffentlichen die Umweltdaten ihrer Betriebe. Dies erfuhren der Umweltausschuss aus dem aktuellen Bericht von Bundesminister Josef Pröll über Entwicklungen bei der Anwendung der EMAS-Verordnung und die Vollziehung des 2001 novellierten Umweltmanagementgesetzes (III-184 d.B.). Kenntnisnahme und Enderledigung erfolgten mit V-F-S-Mehrheit.

Österreich zählt zu den führenden EMAS-Staaten in der EU und sollte darauf stolz sein, sagte Minister Pröll, räumte aber Nachholbedarf in der Verwaltung ein. Bislang wenden nur das Umweltressort und das Umweltbundesamt ein Umweltmanagementsystem nach EMAS an. Pröll kündigte daher an, Wirtschaft und Verwaltung, insbesondere auch die Gemeinden intensiver über EMAS und die damit verbundenen Vorteile zu informieren. EMAS-Teilnehmer können Verwaltungsvereinfachungen nützen und genießen Straffreiheit bei Verstößen, die im EMAS-Umweltprüfungsverfahren festgestellt werden. Nach einer Stagnation habe die Zahl der neu registrierten EMAS-Organisationen in letzter Zeit wieder zugenommen, allein im ersten Halbjahr 2005 registrierte der Umweltminister 17 Neueinsteiger.

Pröll informierte die Ausschussmitglieder auch über Bemühungen der EU um eine Neufassung der EMAS-Verordnung. Das Gemeinschaftssystem soll einfacher, produktionsnäher und stärker auf KMU ausgerichtet werden. Einen Vorschlag zur Revision der EMAS-Verordnung an das EU-Parlament erwarte er nicht vor 2007. Absichten, das System ökologisch zu unterminieren, wie S-Abgeordnete Petra Bayr befürchtete.

In der Debatte kamen zunächst differenzierte Beurteilungen zur Entwicklung betrieblicher Umweltmanagement-Systeme in Österreich aus der SPÖ. Abgeordnete Erika Scharer (S) berichtete von positiven Erfahrungen in Energieversorgungsunternehmen und günstigen Auswirkungen auf die jeweilige Region, klagte aber zugleich über komplizierte Verfahren und mangelnde Anreize für Betriebe, die sich an EMAS beteiligen.

Abgeordnete Helga Machne (V) sprach von einem positiven Bericht, hob die führenden Rolle Österreichs bei der EMAS-Anwendung in der EU hervor und lobte das Umweltressort, das in der Verwaltung mit gutem Beispiel vorangehe.

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (G) kritisierte dagegen die nur geringe Annahme des Umweltmanagementgesetzes durch die Wirtschaft und machte auf Betriebe aufmerksam, die aus EMAS aussteigen.

Abgeordnete Elke Achleitner (F) würdigte schließlich den Beitrag des betrieblichen Umweltmanagements zum Umweltbewusstsein in Österreich und unterstützte die Pläne des Ressortleiters für eine EMAS-Offensive. (Fortsetzung)