Parlamentskorrespondenz Nr. 166 vom 01.03.2006

Beharrungsbeschluss zur Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle

Wien (PK) – Der Nationalrat befasste sich sodann mit dem Einspruch des Bundesrats gegen die Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005. Der Beharrungsbeschluss wurde mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen gefasst.

    

Abgeordneter GAAL (S) begründete die neuerliche Ablehnung der vorliegenden Novelle durch die SPÖ mit der Tatsache, dass Österreich schon jetzt die restriktivsten Bestimmungen in Europa habe, obwohl die EU Erleichterungen zur besseren Integration von Zuwanderern verlange. Es gehe um die ärmsten Menschen der Gesellschaft, die Hilfe brauchen statt zusätzlicher Hindernisse bei ihrer Integration. Die Novelle sei weder gründlich vorbereitet noch ausreichend diskutiert worden. Die SPÖ setze hingegen auf Integration statt Ausgrenzung, auf Lebensqualität für alle.

Abgeordneter Dr. LOPATKA (V) entgegnete, dies werde durch dieses Gesetz erreicht. Integration setze das Erlernen der Sprache voraus, eine Frage, die für Lopatka "in Wien viel zu lasch gehandhabt wird". Die Novelle bringe keine unnötigen Verschärfungen, sondern notwendige Maßnahmen. Sie sei nicht kontraproduktiv, kontraproduktiv wäre es vielmehr, die Herausforderungen zu übersehen, vor denen Schule und Arbeitsmarkt bei der Integration von Zuwanderern stehen. Diese Novelle nimmt Integrationsbemühungen ernst, das setze Sprachkenntnisse voraus und das Erkennen von Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen.

    

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) warf den Regierungsparteien vor, die deutsche "Leitkulturdiskussion" auch in Österreich führen zu wollen, während die Regierung über Expertenmeinungen und über Menschenrechtsorganisationen hinwegfahre und das Fremdenrecht verschärfe. Abgeordnetem Lopatka empfahl die Rednerin zu beachten, dass ein Drittel der eingebürgerten Personen Kinder seien, die in Österreich geboren wurden. Es sei sinnlos, Familien die Integration zu verweigern, nur weil ihre Kinder zu wenig gut Deutsch könnten. Die Fremdenpolitik der Regierungsparteien stellt für Weinzinger eine  "Anbiederung an den rechten Rand" dar.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) verteidigte die Verschärfung und betonte, es gelte nunmehr danach zu trachten, dass die neuen Staatsbürger integriert sind und über ein entsprechendes Einkommen verfügen. Die Einbürgerung sei der Schlusspunkt einer Integration, genau deshalb sei der Nachweis von Deutschkenntnissen so wichtig, argumentierte sie.

Abgeordnete Dr. HLAVAC (S) gab zu bedenken, die Verschärfung würde den Ausländern, die bereits in Österreich leben und arbeiten, bloß unnötige Schwierigkeiten auferlegen, ohne dabei zusätzliche Anreize zur Integration zu bieten. Die Notwendigkeit der Sprachkenntnisse wollte die Rednerin dabei nicht in Frage stellen. Aus dem großen Ansturm auf die Sprachkurse allein in Wien schloss Hlavac überdies, dass die Einwanderer sehr wohl am Erlernen der deutschen Sprache interessiert sind.

Abgeordneter ELLMAUER (V) ortete hingegen Handlungsbedarf, um Missbrauch entgegenzuwirken und die Integration voranzutreiben. Er sprach sich für einen sorgsamen Umgang bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft aus und meinte, die Integration der bosnischen Flüchtlinge zeige, dass Österreich niemanden im Stich lässt, der wirklich in Not geraten ist.

Abgeordnete KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) erwiderte, neue Hürden könnten keine positiven Signale an die ausländischen Mitbürger sein, auch sei die Art der heutigen Diskussion nicht geeignet, für ein offenes Klima zu sorgen, damit Integration tatsächlich stattfinden kann.

Abgeordneter FAULAND (F) bezeichnete die Staatsbürgerschaft als wertvolles Gut und fügte an, man könne durchaus verlangen, dass jene Menschen, die diese Staatsbürgerschaft erlangen wollen, einen gewissen Weg gehen, „auch wenn dieser manchmal mit Dornen versehen ist“.

Abgeordneter Ing. KAPELLER (V) hob den Wert der Sprachkenntnisse für die Integration hervor und bezichtigte darüber hinaus SPÖ und Grüne der Totalopposition.

Abgeordneter Dr. BÖSCH (F) kündigte an, er werde gemeinsam mit seiner Fraktionskollegin Rosenkranz gegen das Gesetz stimmen. Er trat für einen Paradigmenwechsel im Staatsbürgerschaftsrecht ein und unterstrich, die Erlangung der Staatsbürgerschaft sollte nicht vom Ablauf von Fristen, sondern von der Erfüllung klarer Kriterien durch den Antragsteller abhängig sein. Der Redner beklagte ferner die Überfremdung und Ghettobildung in Ballungsräumen und appellierte an die Bundesregierung, auch im Rahmen des EU-Vorsitzes die Gefahr der Entwicklung von Parallelgesellschaften in Europa zu thematisieren.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) interpretierte die Staatsbürgerschaft nicht als Integrationsmittel, sondern als letzten Schritt der Integration. Klar war für den Redner, dass jemand, der das Recht der Staatsbürgerschaft in Anspruch nimmt, auch gewisse Verpflichtungen erfüllen müsse. 

Bei der Abstimmung wiederholte das Plenum gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG seinen ursprünglich gefassten Beschluss.

(Schluss Staatbürgerschaftsrechts-Novelle/Forts. NR)