Parlamentskorrespondenz Nr. 223 vom 16.03.2006

Neues Passgesetz passiert die Länderkammer

Höheres Verpflegungsgeld für Zivildiener verabschiedet

Wien (PK) – Unter einem verhandelte die Länderkammer hierauf die Änderungen des Passgesetzes 1992 und des Gebührengesetzes 1957 sowie des Meldegesetz es.

Bundesrätin KERSCHBAUM (G) betrachtete die Erfassung zusätzlicher Daten, wie etwa Familienstand oder religiöses Bekenntnis, im Meldegesetz als überflüssig und unsinnig. Was das Passgesetz betrifft kritisierte sie, den Bedenken des Datenschutzrates sei nicht Rechnung getragen worden. So sei nicht sicher gestellt, dass die gespeicherten Daten ausschließlich für hoheitliche Zwecke verwendet werden dürfen und ein Datenabgleich ausgeschlossen bleibt.

Bundesrätin EBNER (S) erwiderte, die neuen Pässe seien fälschungssicherer und erlaubten ein effizienteres Vorgehen gegen internationale Kriminalität. Insgesamt sei das Gesetz durch die Möglichkeit der Ausstellung von Notpässen und Kinderpässen auch bürgerfreundlicher geworden.

Bundesrat MAYER (V) erinnerte, das neue Passgesetz sei eine Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie. Österreich leiste dadurch einen Beitrag zur Bekämpfung von Terrorismus und internationaler Kriminalität. Die datenschutzrechtlichen Bedenken der Grünen ließ Mayer nicht gelten. Das Gesetz erlaube eine doppelte Lesbarkeit, führe aber nicht zur Speicherung zusätzlicher Daten, auch könne von einer zentralen Erfassung der Daten keine Rede sein.

Bundesrat Ing. KAMPL (o.F.) unterstützte die Novelle des Passgesetzes und unterstrich den Charakter der Fälschungssicherheit. Die Erweiterung des Meldezettels um den Familienstand begrüßte Kampl ausdrücklich, wobei er argumentierte, damit könnten die Gemeinden nun besser auf die Bedürfnisse ihrer Bürger eingehen.

Bundesrat Dr. KÜHNEL (V) sah das neue Passgesetz vor allem aus sicherheitspolitischen Erwägungen gerechtfertigt und gab zu bedenken, ohne diese Novelle würden Kriminellen und Terroristen Tür und Tor geöffnet werden. Zur Kritik der Bundesrätin Kerschbaum am Meldegesetz bemerkte er, die Grünen hätten wohl ein Problem mit der Aufnahme zusätzlicher Daten, "weil sie ihren Familienstand dauernd ändern".

Bundesrat REISENBERGER (S) begrüßte seinerseits die Fälschungssicherheit der neuen Reisepässe und zeigte sich im Übrigen empört über die Wortwahl seines Vorredners.

Bundesrätin KERSCHBAUM (G) blieb bei ihrer Kritik am Passgesetz und warnte abermals vor einer zentralen Speicherung der Daten.

Bundesrätin KONRAD (G) wies die Aussagen Kühnels im Zusammenhang mit der Kritik der Grünen am Meldegesetz scharf zurück.

Bei der Abstimmung wurde gegen beide Beschlüsse mehrheitlich kein Einspruch erhoben.

Gegen die Verträge mit Tschechien über die polizeiliche Zusammenarbeit und den Grenzübertritt auf touristischen Wegen und in besonderen Fällen wurde ohne Wortmeldung einstimmig kein Einspruch erhoben.

In der Debatte über das Zivildienstgesetz begrüßte Bundesrat WIESENEGG (S) mit Nachdruck die Erhöhung des Verpflegungsentgelts auf 13,60 € und meinte, es sei bedauerlich, dass es dazu erst eines von der SPÖ angestrebten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes bedurft hatte.

Bundesrat Mag. BAIER (V) bezeichnete das vorliegende Gesetz als Schlusspunkt einer jahrelangen Diskussion, deren Ergebnisse die Verkürzung des Zivildienstes, die Erhöhung der Grundentschädigung und die Lösung der Frage des Verpflegungsentgeltes sind. An die Adresse der SPÖ gerichtet stellte Baier fest, selbst die Volkshilfe habe nur rund 6 € Verpflegungsentgelt gezahlt.

Bundesrätin KONRAD (G) sah die Erhöhung des Verpflegungsentgelts als Erfüllung einer langjährigen Forderung der Grünen und kritisierte, dass es sechs Jahre gedauert hatte, um zu einer Lösung im Sinne der Zivildiener zu kommen.

Bundesrätin EBNER (S) wies darauf hin, dass von der Erhöhung des Verpflegungsgeldes für Zivildiener 40.000 bis 50.000 Menschen betroffen seien. Die SPÖ habe seit Jahren um eine "gerechte Problemlösung" in dieser Frage gekämpft, betonte sie. Ebner zufolge sollen Zivildiener nicht als billige Arbeitskräfte eingestuft werden, sie seien eine tragende Säule des Sozialstaats.

Innenministerin PROKOP machte darauf aufmerksam, dass es eine weitaus größere Nachfrage nach Zivildienern gebe, wie zur Verfügung gestellt werden könnten. Durch die Kürzung des Zivildienstes droht ihr zufolge ein echter Engpass.

Zur Kritik der Opposition an der verzögerten Erhöhung des Verpflegungsgeldes für Zivildiener merkte Prokop an, die Klagen, denen der Verfassungsgerichtshof stattgegeben habe, hätten sich nicht gegen den Bund, sondern gegen einzelne Trägerorganisationen, die Zivildiener beschäftigen, gerichtet. Im Zivildienstgesetz sei auch schon bisher eine angemessene Verpflegung verankert gewesen, bekräftigte sie, es wäre Aufgabe der Trägerorganisationen gewesen, Zivildiener angemessen zu verpflegen.

Die vom Verfassungsgerichtshof genannten 13,60 € Verpflegungsgeld pro Tag sind, wie Prokop betonte, nur als Richtwert zu sehen. Dieser Höchstbetrag komme auch beim Bundesheer nur in wenigen Fällen zum Tragen, hauptsächlich bei Auslandseinsätzen, erklärte sie.

Der Bundesrat fasste einhellig den Beschluss, gegen die Änderung des Zivildienstgesetzes keinen Einspruch zu erheben.

Gemeinsam behandelt wurden die Änderung des Arzneiwareneinfuhrgesetz es 2002, die Patientencharta, die Änderung des Medizinischen Masseur- und Heilmasseurgesetzes und die Änderung des Zahnärztegesetzes.

Bundesrat SCHIMBÖCK (S) nahm zur Änderung des Medizinischen Masseur- und Heilmasseurgesetzes Stellung und übte massive Kritik an den geltenden gesetzlichen Regelungen. Diese stellen seiner Ansicht nach ein ganzes Gewerbe, nämlich jenes der gewerblichen Masseure, vor riesige Probleme. Trotz einer umfassenden Ausbildung müssten gewerbliche Masseure eine umfangreiche "Aufschulung" machen, um als Heilmasseur tätig werden zu können, skizzierte er.

Schimböck sprach sich namens seiner Fraktion dafür aus, eine gänzlich neue gesetzliche Regelung zu schaffen, die ein einheitliches Berufsbild eines gewerblichen Masseurs mit der Berechtigung für Heilmassagen zum Ziel hat. Zudem möchte er bereits absolvierte Ausbildungslehrgänge anerkannt wissen. Um diese Forderungen zu unterstreichen, brachte Schimböck einen Entschließungsantrag ein.

Bundesrat MAYER (V) setzte sich mit der Novellierung des Apothekengesetzes auseinander, die infolge eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes notwendig geworden ist und eine Neuregelung des Verhältnisses zwischen Hausapotheken und öffentlichen Apotheken zum Inhalt hat. Mayer unterstrich, auch bei dieser Neuregelung stehe, wie in allen anderen Gesundheitsbereichen, der Patient im Vordergrund.

Ein Eckpunkt der Gesetzesänderung ist, wie Mayer erläuterte, dass in Gemeinden mit nur einem praktischen Kassenarzt die Hausapotheke bestehen bleibe. In Gemeinden mit zwei praktischen Kassenärzten werde hingegen eine Konzession für Apotheken möglich sein. In diesen Gemeinden würden Hausapothekenkonzessionen längstens zehn Jahre nach Konzessionserteilung erlöschen.

Bundesrätin Dr. LICHTENECKER (G) kündigte die Zustimmung ihrer Fraktion zur Änderung des Zahnärztegesetzes, zur Änderung des Medizinischen Masseur- und Heilmasseurgesetzes und zur Patientencharta an. Ihre Fraktion teile zwar die Bedenken der SPÖ in Bezug auf das Heilmasseurgesetz, erklärte sie, da es bei der vorliegenden Novelle aber um eine Verlängerung der Übergangsfristen für gewerbliche Masseure gehe, wollten die Grünen dieser zustimmen. Lichtenecker drängte jedoch auf eine Gesetzesnovelle, um ihrer Meinung nach bestehende Benachteiligungen für gewerbliche Masseure aufzuheben.

Nicht die Zustimmung der Grünen findet Lichtenecker zufolge die Änderung des Apothekengesetzes. Was spreche denn dagegen, den Bereich der öffentlichen Apotheken zu forcieren?, fragte sie. Das Prinzip der Hausapotheke solle, so Lichtenecker, nur dann zum Tragen kommen, wenn die Versorgung durch öffentliche Apotheken nicht gewährleistet wäre.

Bundesrat Ing. KAMPL (o.F.) unterstrich die Notwendigkeit, Hausapotheken in kleinen Landgemeinden beizubehalten. Die Niederlassung von Ärzten in kleinen Gemeinden hänge davon ab, ob diese eine Hausapotheke zugeteilt bekämen, skizzierte er. Zudem wohnten im ländlichen Raum viele Bürger 40 km von der nächsten Apotheke entfernt. Eine Schließung der Hausapotheken ginge zu Lasten der Landbewohner, die zusätzliche Wege hätten.

Gesundheitsministerin RAUCH-KALLAT hielt fest, bei der notwendig gewordenen Neuregelung des Verhältnisses zwischen Hausapotheken und öffentlichen Apotheken seien die Interessen der Patienten im Mittelpunkt gestanden. Es müsse eine bestmögliche Versorgung der Bevölkerung geben, bekräftigte sie.

Rauch-Kallat erachtet die Erhaltung von Hausapotheken, wie sie sagte, für wichtig, da viele alte Menschen im ländlichen Raum keine Möglichkeit hätten, 4 bis 6 km zur nächsten Apotheke zu fahren. Hätte das Gesundheitsministerium nicht auf das VfGH-Erkenntnis reagiert, hätte es in Hinkunft aber keine Hausapotheken mehr gegeben, umriss sie. Die Ministerin ist überzeugt, dass in kaum einer Ein-Arzt-Gemeinde eine öffentliche Apotheke eröffnet wird.

Zum Medizinischen Masseur- und Heilmasseurgesetz merkte Rauch-Kallat an, es gebe hier große Interessenskonflikte innerhalb der Berufsgruppe. Das Gesetz habe zum Ziel, die Durchlässigkeit zwischen gewerblichen Masseuren und Heilmasseuren zu verbessern. Ihr sei es ein Anliegen, eine bestmögliche Ausbildung sicherzustellen, betonte die Ministerin, sie sei aber jederzeit bereit, bei einer Einigung der Betroffenen auf deren Wünsche einzugehen.

In Bezug auf das geplante Patientenverfügungsgesetz erklärte Rauch-Kallat, es gehe um einen maximalen Schutz der Patienten bei gleichzeitiger maximaler Selbstbestimmung. Hinsichtlich der Patientencharta kündigte sie Verbesserungen an.

Bundesrat KALTENBACHER (S) meinte, der Verfassungsgerichtshof hebe immer wieder gesetzliche Bestimmungen auf, die ein friedliches Nebeneinander von Hausapotheken und öffentlichen Apotheken gewährleisten würden. Seiner Auffassung nach ist in ländlichen Gebieten ein Arzt mit Hausapotheke "enorm wichtig". Mit der vorgesehenen Gesetzesnovelle könne die Versorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum mit ärztlichen Heilmitteln sichergestellt werden, zeigte er sich überzeugt. Es werde festgehalten, dass in Gemeinden mit einem praktischen Arzt die Hausapotheke Vorrang habe.

Bundesrat PERHAB (V) kündigte die Ablehnung des Entschließungsantrages der SPÖ zum Medizinischen Masseur- und Heilmasseurgesetz an. Er selbst brachte einen Antrag ein, gegen dieses Gesetz keinen Einspruch seitens des Bundesrates zu erheben. Perhab betonte, Hauptanliegen des Gesetzes sei die Durchlässigkeit zwischen dem Beruf des gewerblichen Masseur und jenem des Heilmasseurs.

Bundesrätin ZWAZL (V) machte geltend, dass es mittlerweile innerhalb der Bundesinnung der Masseure eine Einigung gebe. Ihrer Meinung nach gibt es sehr wohl Unterschiede zwischen gewerblichen Masseuren und Heilmasseuren, was "Aufschulungen" notwendig mache.

Der Bundesrat erhob gegen die Änderung des Arzneiwareneinfuhrgesetzes und des Apothekergesetzes sowie gegen die Novellierung des Medizinischen Masseur- und Heilmasseurgesetzes mehrheitlich, gegen die Patientencharta und gegen die Änderung des Zahnärztegesetzes einhellig keinen Einspruch. Der Entschließungsantrag der SPÖ zum Medizinischen Masseur- und Heilmasseurgesetz wurde mit SP-G-Mehrheit angenommen. (Forts.)


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