Parlamentskorrespondenz Nr. 267 vom 29.03.2006

Nationalrat beschließt Übernahmerechts-Änderungsgesetz

Wien (PK) – Der Nationalrat debattierte in der Folge das Übernahmerechts-Änderungsgesetz. Die Vorlagen wurde mit den Stimmen der Regierungsfraktionen und gegen heftige Kritik der Opposition angenommen.

Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) machte geltend, es gebe wenige Gesetzentwürfe, die in Justizkreisen auf so einhellige Ablehnung stießen wie der vorliegende. Die SPÖ habe versucht, noch kurz vor der heutigen Debatte letzte Gespräche zu führen, damit zumindest den geltenden europarechtlichen Normen Rechnung getragen werde, skizzierte er, er sei aber überrascht mit welcher Nachhaltigkeit die Koalition die Argumente "ignoriert" habe.

Jarolim befürchtet insbesondere die Benachteiligung von Kleinaktionären bei Unternehmensübernahmen. Wenn der beherrschende Einfluss in einem Unternehmen wechsle, müsse es einem Kleinaktionär möglich sein zu reagieren, mahnte der Abgeordnete, auf Grund der vorgesehenen Bestimmungen sei aber nicht sichergestellt, dass der Kleinaktionär für seine Aktien den gleichen Betrag erhalte, den der neue beherrschende Aktionär für das zuvor übernommene Aktienpaket bezahlt habe. Bei einem Aktienanteil unter 26 - 30 % sei laut Gesetz keine Beherrschung gegeben. Als konkreten Auslöser für die Gesetzesänderung sieht Jarolim eine Aktientransaktion bei Böhler-Uddeholm.

Für Abgeordneten Mag. IKRATH (V) hat Abgeordneter Jarolim mit seiner Wortmeldung neuerlich unter Beweis gestellt, dass die SPÖ keine Wirtschaftskompetenz besitze. Es gebe auch in den meisten anderen europäischen Ländern ähnliche Schwellenwerte für kontrollierende Aktionäre wie sie nun in Österreich vorgesehen seien, betonte er. So liege der Schwellenwert etwa in Deutschland und in Großbritannien bei 30 %, in Frankreich bei 33 % und in Portugal bei 33 bis 50 %. Spanien sei das einzige europäische Land, das einen niedrigeren Schwellenwert habe.

Den Vorwurf, bei der vorliegenden Gesetzesnovellierung handle es sich um Anlassgesetzgebung, wies Ikrath zurück. Er machte geltend, dass mit der Gesetzesnovelle eine EU-Richtlinie und ein erwartbares VfGH-Urteil umgesetzt sowie Erkenntnissen in der Praxis Rechnung getragen würde. Dadurch stärke man nicht zuletzt österreichische Kernaktionäre, die mit mehr Rechtssicherheit und Investitionssicherheit rechnen könnten. Kleinaktionäre würden, so Ikrath, vom gestrichenen Preisabschlag bei Pflichtangeboten profitieren.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) kündigte die Ablehnung des Übernahmerechts-Änderungsgesetzes durch die Grünen an. Ihrer Meinung nach hat Abgeordneter Ikrath bei seinem europaweiten Vergleich "Äpfel mit Birnen vermischt", in Österreich gebe es völlig andere Strukturen an der Börse als in den genannten Ländern. Stoisits zufolge nimmt die Koalition die notwendige Umsetzung einer EU-Richtlinie zum Anlass, um Anlassgesetzgebung zu betreiben.

Aussagen der Koalition, die vorliegende Gesetzesänderung habe überhaupt nichts mit Böhler-Uddeholm zu tun, wurden von Stoisits bezweifelt. Sie fürchtet überdies, dass es auch bei der Übernahme der Post zu Nachteilen für Kleinaktionäre kommen werde. Auch der Leiter der Übernahmekommission lehne das Gesetz ab, betonte Stoisits.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) hielt ihrer Vorrednerin vor, die Sache zu simplifizieren. Bei Hauptversammlungen, bei denen entscheidende Weichen gestellt würden, kämen in der Regel viele Aktionäre, konstatierte sie, daher sei es für Aktionäre mit einem größeren Aktienpaket nicht so einfach, Kleinaktionäre zu überstimmen. Zudem seien Kleinaktionäre künftig besser gestellt, weil bei Pflichtübernahmen der bisherige Paketabschlag entfalle. Die EU verlange von Österreich, im Übernahmegesetz einen Richtwert festzulegen, betonte Partik-Pable, gleichzeitig sei man bestrebt, bisher unbestimmte Gesetzesbegriffe zu determinieren.

Justizministerin Mag. GASTINGER führte aus, es gebe drei Gründe für die Beschlussfassung des vorliegenden Gesetzes: Zum einen sei Österreich verpflichtet, bis zum 20. Mai dieses Jahres die Übernahme-Richtlinie der EU in nationales Recht umzusetzen, da sonst erhebliche finanzielle Konsequenzen drohten, zum anderen greife man einem erwartbaren Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vor. Drittens wolle das Justizressort für Rechtssicherheit bei großen Aktientransaktionen sorgen und damit österreichische Kernaktionäre stärken. Das Gesetz werde viel zur Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Österreich beitragen, zeigte sich Gastinger überzeugt.

Dass dem Justizressort, wie Gastinger sagte, auch Kleinaktionäre "am Herzen liegen", kommt ihr zufolge dadurch zum Ausdruck, dass der bisherige Preisabschlag für Kleinaktionäre bei Pflichtangeboten gestrichen werde.

Nach den Ausführungen der Bundesministerin sei klar geworden, dass die SPÖ eine ganz andere Position hinsichtlich des Übernahmerechts einnimmt, bekräftigte Abgeordneter Mag. MAIER (S). Die vorliegende Regelung diene seiner Auffassung nach nur einigen Großaktionären und dem Großkapital, aber keinesfalls den Kleinanlegern; und dies werde auch von zahlreichen Experten so gesehen. Was die Karibikgeschäfte der BAWAG angeht, so liege das Verschulden auch eindeutig im Bereich des Finanzministeriums, das über Jahre hinweg nicht eingegriffen habe.

Die kluge und vorausschauende Wirtschaftspolitik der Regierung unter Bundeskanzler Schüssel trage dazu bei, die Reputation von Österreich noch weiter zu steigern, meinte Abgeordneter LEDOLTER (V). Gerade aber jene, die alles krank jammern, immer mehr Verschärfungen wollen und nach dem Schutz der kleinen Leute schreien, gehen mit dem Geld ihrer Mitglieder auf eine Weise um, die den ganzen Versprechungen und Ankündigungen Hohn spottet. Die Vorgänge rund um die BAWAG haben nicht nur massiv die Glaubwürdigkeit des ÖGB erschüttert, sondern zeugen auch von der Unfähigkeit der SPÖ, zu wirtschaften. Nachdem die SPÖ-geführte BAWAG 1,4 Mrd. € in der Karibik versenkt habe, bringe der ÖGB seinen Streikfonds als Sicherheit ein, zeigte Ledolter auf. Dies sei nur ein Beispiel für die Arroganz der Machtausübung, die auch bei der Führung des ARBÖ zum Ausdruck kam. Die Wähler werden einer Partei, bei der Doppelmoral und Skrupellosigkeit gepaart ist mit wirtschaftlicher Inkompetenz und Rücksichtslosigkeit im Umgang mit den Geldern der Mitglieder, "unser Land hoffentlich nicht anvertrauen", resümierte der Redner.

Die SPÖ könne dem Finanzminister sicherlich nicht die Schuld am Finanzdebakel der BAWAG geben, meinte Abgeordneter NEUDECK (F), so leicht dürfe man es sich nicht machen. Sodann wandte er sich dem Übernahmegesetz zu, das seiner Meinung nach sehr sinnvolle Regelungen bringe. Positiv zu bewerten seien etwa der vorgesehene Schwellenwert sowie die Möglichkeit, im Vorfeld ein schnelles Verfahren abzuwickeln, was zu mehr Sicherheit für die Aktionäre beitragen wird.

Der Gesetzentwurf wird mehrheitlich angenommen.

(Schluss Übernahmerecht/Forts. NR)