Parlamentskorrespondenz Nr. 268 vom 29.03.2006

Maßnahmen gegen Terrorismus und grenzüberschreitende Kriminalität

Große Mehrheit für Prümer Vertrag

Wien (PK) – Mit dem so genannten Prümer Vertrag wird eine Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität angestrebt. Der Vertrag wurde vom Nationalrat mit großer Mehrheit – gegen die Stimmen der Grünen – ratifiziert.

Abgeordneter KÖSSL (V) sprach von einem wichtigen Vertrag, der eine Weiterentwicklung der Zusammenarbeit auf Basis des Schengener Durchführungsübereinkommens bringt. Das primäre Ziel sei, die Kooperation im Kampf gegen die grenzüberschreitende Kriminalität, den Terrorismus und die illegale Migration zu verbessern. Da die internationale Kriminalität ein enges Netzwerk aufgebaut habe, müsse entsprechend darauf reagiert werden. Ein enges Zusammenwirken der nationalen Polizeiorganisationen sei daher unerlässlich. Die Schwerpunkte des Übereinkommens liegen in folgenden Bereichen: Speicherung und Austausch der DNA-Dateien; Abruf von Daten aus den Fahrzeugregistern; Übermittlung von Informationen, zur Verhinderung terroristischer Straftaten; Einsatz von Flugsicherheitsbegleitern; wechselseitige Unterstützung von Rückführungen; Hilfeleistung bei Großereignissen, Katastrophen und schweren Unglücksfällen etc. Der Zugriff auf sämtliche Daten erfolge zunächst anonym, erst bei einem Treffer werde die nationale Kontaktstelle informiert, betonte Kössl. Wichtig sei auch, dass sämtliche datenschutzrechtlichen Bedenken im Vorfeld ausgeräumt werden konnten.

Die SPÖ werde all jenen Gesetzen die Zustimmung erteilen, die zur Verbesserung der nationalen und europäischen Sicherheitsstandards beitragen, unterstrich Abgeordneter PARNIGONI (S). Gleichzeitig sei es aber wichtig, dass die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger nicht beschnitten werden. Er sei daher froh darüber, dass es im vorliegenden Fall aufgrund des Einsatzes der SPÖ-Abgeordneten noch zu einer sinnvollen Lösung gekommen ist. Eine wesentliche Forderung war nämlich, dass ein umfassender Datenschutz gewährleistet ist, wie dies nun der Fall ist. Außerdem sollte jeder Staat seine eigene DNA-Datei aufbauen können. Die Aussage der Grünen, wonach es zu einer Abschaffung des Datenschutzes komme, sei daher eine völlige Fehleinschätzung. Sieben Staaten bekennen sich nun zu einer Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, vor allem im Bereich des Terrorismus, erläuterte Parnigoni, damit wurde ein erster wichtiger Schritt getan. Er hätte sich natürlich gewünscht, dass die Regierung erfolgreicher gewesen wäre und mehr EU-Staaten von der Wichtigkeit des Vertrags überzeugen hätte können. All diese Verträge können aber nur dann wirkungsvoll umgesetzt werden, wenn genügend Exekutivbeamte zur Verfügung stehen und die Personalressourcen nicht weiter ausgehöhlt werden, appellierte Parnigoni zum Schluss an die Ministerin.

Er habe den Eindruck, so der Abgeordnete Dr. PILZ (G), dass er jetzt zwei ÖVP-Reden gehört hat und er frage sich, wo die sozialdemokratische Stimme geblieben ist. Seit Februar 2005 habe sich die SPÖ offenbar entschlossen, allen Angriffen der Regierungsparteien in der Sicherheits-, Menschenrechts-, Integrations-, Europa- und Kunstpolitik dadurch den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem sie einfach die Position der ÖVP übernimmt. Auch bei der Behandlung des Prümer Vertrags, der massiv in die Grundrechte der Bürger eingreift, könne man dieses Verhalten wieder beobachten, kritisierte Pilz. So enthalte etwa der Artikel 14 des Vertrags, der sich auf die Übermittlung personenbezogener Daten bezieht, vier unbestimmte Begriffe, die allein im Ermessen der Behörden liegen. Dadurch werde ein Freibrief für die Erstellung von internationalen schwarzen Listen ausgestellt, auf denen Personen vermerkt werden, die den einzelnen Regierungen suspekt sind. 

Abgeordneter FAULAND (F) merkte bezüglich des Datenschutzrates an, dass in diesem Gremium alle Fraktionen vertreten sind. Es sei interessant, dass in der Frage des Prümer Vertrags auch der Vertreter der Grünen keine Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes auf europäischer Ebene geäußert hat. Angesichts der Zunahme der internationalen Kriminalität halte er den Abschluss eines Vertrages im Sinne einer Verbesserung der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit für sehr wichtig. Man müsse oft sehr rasch reagieren, weshalb seine Fraktion eine Intensivierung des gegenseitigen Datenaustausches voll unterstütze. Wichtig war es auch, dass die datenschutzrechtlichen Bedenken voll ausgeräumt werden konnten.

Mit diesem Gesetz werde eine Weiterentwicklung der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit mit sieben EU-Ländern beschlossen, konstatierte Abgeordneter FREUND (V). Dies sei ein wichtiger Schritt in Richtung eines noch sichereren Österreich. Terrorismus, internationale Kriminalität und illegale Migration sind Probleme, mit denen nicht nur Österreich zu kämpfen hat. Es sei daher äußerst sinnvoll, die Ressourcen der einzelnen Kooperationsländer zusammenzulegen und zu vereinheitlichen. Die gewünschte Information befindet sich nun in Minutenschnelle auf dem Computerbildschirm des ermittelnden Beamten und nicht wie bisher erst nach einigen Wochen auf dem Postweg. Er hoffe, dass dieser Vertrag erst der Anfang ist und sich in Zukunft alle Schengenländer daran beteiligen.

Abgeordneter Mag. MAIER (S) bezeichnete die Wortmeldung des G-Mandatars Pilz, der bei den Treffen des Datenschutzrates nicht anwesend war, als Vorwahlkampfrhetorik. Er sei als einziger Abgeordneter Mitglied dieses Gremiums, das in dieser Frage drei sehr lange Sitzungen abgehalten hat. Alle im Datenschutzrat vertretenen Fraktionen haben eine gemeinsame Position erarbeitet und dann an das Innenministerium übermittelt. Bei dieser Entscheidungsfindung war auch der Vertreter der Grünen dabei, hielt Maier dem Abgeordneten Pilz entgegen. Er verstehe die Position der Grünen nicht, da mit diesem Polizeikooperationsübereinkommen erstmals eine Verrechtlichung des Datenaustausches erfolge. So wurden unter anderem die Aufgaben der unabhängigen Datenschutzkontrollbehörden normiert. Zum ersten Mal sei es möglich, dass die österreichische Datenschutzkommission eingreifen und Überprüfungen vornehmen könne. Die österreichische Ratspräsidentschaft müsse nun auf europäischer Ebene dahingehend einwirken, dass die Datenschutzbestimmungen auch in anderen Übereinkommen der dritten Säule normiert werden.

Es könne der SPÖ nur gut tun, wenn sie sich der vernünftigen Politik, die die Bundesregierung macht, anschließt, urteilte Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F). Es sollte eigentlich das Bestreben aller sein, die internationale Kriminalität einzudämmen. Auf den "schwarzen Listen", von denen Pilz gesprochen hat, stehen sicher nicht die braven Bürger, die sich an die Gesetze halten, sondern nur jene, "die uns das Leben schwer machen", weil sie einbrechen, in den Menschenhandel involviert sind oder illegal Drogen verkaufen. Experten sagen zum Beispiel, dass man 100 offene Fälle sofort lösen kann, wenn man auf die erforderlichen DNA-Daten zurückgreifen könnte, was nun auf Grund des Prümer Vertrags möglich ist.

Auch Abgeordneter MURAUER (V) sprach im Zusammenhang mit dem Prümer Vertrag von einer wichtigen Weiterentwicklung der europäischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kriminalitäts- und Terrorismusbekämpfung. Sodann ging er noch auf die "Misswirtschaft bei der BAWAG" ein, die einen schädlichen Einfluss auf die gute internationale Reputation von Österreich hat. Der Gipfel der Scheinheiligkeit sei, dass die SPÖ einerseits gegen den Ankauf der Eurofighter eintritt und dass andererseits die BAWAG an der Finanzierung beteiligt ist.

Wenn man sich die Entwicklung der organisierten Kriminalität und des Terrorismus in den letzten Jahren anschaut, dann komme man zu der Überzeugung, dass eine verstärkte polizeiliche Kooperation absolut notwendig ist, meinte Abgeordneter GAAL (S). Auch im Bereich des Informationsaustausches sei eine Vertiefung unbedingt erforderlich, war der Redner überzeugt. Nun sei unter Einhaltung von hohen Datenschutzstandards eine minutenschnelle Abfrage von Kfz-Daten, Fingerabdrücken, DNA-Spuren etc. zwischen Österreich und sechs weiteren EU-Staaten möglich.

Terror, organisierte Kriminalität und illegale Migration halten sich nicht an nationale Grenzen, leitete Abgeordneter ELLMAUER (V) seine Wortmeldung ein. Der Kampf gegen diese Formen der grenzüberschreitenden Kriminalität müsse daher ebenso grenzüberschreitend geführt werden. Der Prümer Vertrag sei daher ein wichtiger Schritt im Sinne einer Verbesserung der europäischen Zusammenarbeit auf diesem Gebiet, ohne dass dabei die Grundrechte der Bürger verletzt werden.

Bundesministerin PROKOP bedankte sich dafür, dass der Prümer Vertrag heute mit einer großen Mehrheit verabschiedet werden könne. Damit sei Österreich das erste Land, in dem das Übereinkommen ratifiziert wird. Es handle sich ihrer Auffassung nach um einen sehr innovativen Vertrag, der im besonderen Maß auf den Datenschutz und die Grundrechte Rücksicht nimmt. Durch die rasche Übermittlung von Kfz-Daten, Fingerprints und DNA-Analysen wird die Möglichkeit geschaffen, sehr rasch gegen die internationale Kriminalität vorzugehen. Außerdem können durch den automatisierten Massenabgleich die schon bisher vorhandenen Daten durchsucht und offene, alte Fälle eventuell noch geklärt werden.

Abgeordnete Mag. WURM (S) unterstützte den vorliegenden Vertrag und begrüßte es vor allem, dass sämtliche datenschutzrechtliche Bedenken ausgeräumt werden konnten. Wichtig wäre ihrer Meinung nach nun eine rasche Ratifizierung durch sämtliche EU-Staaten, um zu einer einheitlichen Rechtslage zu kommen.

Abgeordneter GAHR (V) erwartete sich von dem Vertrag mehr Sicherheit und mehr Nachhaltigkeit bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität. Auch er zeigte sich erfreut darüber, dass es gelungen ist, den Datenschutz in vollem Umfang zu wahren.

Abgeordnete PFEFFER (S) hob die Leistungen der Exekutive hervor und äußerte sich ebenfalls zustimmend zum gegenständlichen Vertrag.

Abgeordneter HORNEK (V) bezeichnete den Vertrag als weiteren Mosaikstein im Sicherheitssystem eines der sichersten Länder Europas.

Abgeordneter PENDL (S) appellierte an Prokop, bei ihren Amtskollegen in der EU auf eine rasche Ratifizierung des Vertrags hinzuwirken.

Abgeordneter Dr. LOPATKA (V) begrüßte den mit der SPÖ gefundenen Konsens, bedauerte aber, dass die Sozialdemokraten nicht immer die sicherheitspolitischen Materien mittragen.

Bei der Abstimmung wurde der Vertrag mit V-F-S-Mehrheit genehmigt.

(Schluss Sicherheit/Forts. NR)