Parlamentskorrespondenz Nr. 285 vom 03.04.2006

Vorlagen: EU, Verfassung

Regierung legt EU-Beitrittsvertrag mit Rumänien und Bulgarien vor

Die Regierung hat dem Nationalrat den Vertrag zwischen den Mitgliedsländern der Europäischen Union auf der einen Seite und Bulgarien und Rumänien auf der anderen Seite über den EU-Beitritt dieser beiden Staaten zur Ratifikation vorgelegt. Der im April 2005 unterzeichnete Vertrag sieht den Beitritt Bulgariens und Rumäniens zur Europäischen Union mit 1. Jänner 2007 vor, eröffnet jedoch die Möglichkeit, das Beitrittsdatum um ein Jahr zu verschieben, sollten die beiden Länder die im Vorfeld des EU-Beitritts eingegangenen Verpflichtungen nicht rechtzeitig erfüllen und mit vereinbarten Reformen im Rückstand sein.

Für eine einjährige Verschiebung des Beitritts ist allerdings eine entsprechende Empfehlung der EU-Kommission und ein gemeinsamer Beschluss des Rates, also der Regierungen der EU-Länder, erforderlich. Als Entscheidungsgrundlage dienen regelmäßige Monitoring-Berichte, die die EU-Kommission erstellt.

Inhaltlich orientiert sich der Beitragsvertrag mit Rumänien und Bulgarien weitgehend an jenem, der mit Ungarn, Slowenien, Tschechien, der Slowakei, Polen, Zypern, Malta und den drei baltischen Staaten abgeschlossen wurde, wobei auch für den Fall, dass bis zum Beitrittsdatum die neue EU-Verfassung in Kraft ist, Vorsorge getroffen wurde. Österreich wird demnach - wie auch allen anderen EU-Staaten - die Möglichkeit eingeräumt, den Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt auch für Bulgarien und Rumänien bis zu sieben Jahre zu beschränken. Auch in bestimmten Dienstleistungsbereichen - u.a. für das Baugewerbe, die Hauskrankenpflege, das Sozialwesen, gärtnerische Dienstleistungen, Steinmetzarbeiten und die Gebäudereinigung - sowie hinsichtlich der Kabotage im Güterverkehr, also für Beförderungen zwischen zwei Orten innerhalb eines Mitgliedstaates, sind Übergangsfristen vorgesehen.

Auf die Mitwirkungsmöglichkeiten Österreichs auf EU-Ebene hat der Beitrittsvertrag insofern Auswirkungen, als Österreich ab der nächsten Wahlperiode (2009-2014) nur noch mit 17 statt bisher 18 Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten sein wird. Im Rat behält Österreich weiterhin zehn Stimmen; für qualifizierte Mehrheitsentscheidungen sind dort künftig 255 von 345 Stimmen erforderlich (bisher 232 von 321).

Im Hinblick auf Österreichs Anti-Atom-Politik von Bedeutung ist die Verpflichtung Bulgariens, im Jahr 2006 auch die Blöcke 3 und 4 des Kernkraftwerks Kosloduj abzuschalten, nachdem die Reaktoren 1 und 2 bereits im Jahr 2003 stillgelegt worden waren.

Bulgarien und Rumänien werden u.a. Übergangsregelungen hinsichtlich des Erwerbs von Zweitwohnsitzen und von land- und forstwirtschaftlichen Flächen, hinsichtlich der Einhebung von Mindestverbrauchssteuern auf Zigaretten, unverbleites Benzin und Elektrizität, hinsichtlich der Verringerung des Schwefelgehalts in bestimmten Kraftstoffen, hinsichtlich der Reduktion von Verpackungsabfällen und hinsichtlich der Abwasserbehandlung gewährt. Zudem betont Bulgarien in einer Erklärung zum Beitrittsvertrag ausdrücklich, dass mit dem EU-Beitritt Bulgariens das kyrillische Alphabet neben dem lateinischen und dem griechischen Alphabet zu einer offiziell verwendeten Schrift der EU wird.

Für Strukturfondsmaßnahmen erhalten Bulgarien und Rumänien in den ersten drei Jahren nach dem EU-Beitritt eine Gesamtsumme in der Höhe von etwa 8,274 Mrd. €, für Agrarförderungen sind bis zu 5,473 Mill. € vorgesehen.

In den Erläuterungen zum Beitrittsvertrag weist die Regierung darauf hin, dass sich die "Ostöffnung" bisher positiv auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich ausgewirkt habe. Sie erwartet sich in diesem Sinn auch vom EU-Beitritt Bulgariens und Rumäniens eine Fortsetzung und Festigung dieses Prozesses. Die Erweiterungskosten für Österreich werden für die Periode 2007 bis 2009 mit insgesamt rund 200 Mill. € beziffert, davon entfallen 166 Mill. € auf den Bund und 34 Mill. € auf die Länder. Für eine Ratifikation des Vertrages ist sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. (1389 d.B.)

Grüne: Regierung soll Anklage von LH Haider beim VfGH prüfen

Geht es nach den Grünen, soll die Bundesregierung prüfen, ob gegen den Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider wegen Gesetzesverletzung eine Anklage beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden soll. Begründet wird diese Forderung mit der Vorgangsweise des Kärntner Landeshauptmanns in Bezug auf die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln in Kärnten, wobei die Grünen insbesondere auf eine Weisung Haiders aufmerksam machen, die darauf abzielte, die bereits zweisprachige Bezeichnung der Ortschaft Vellach - Bela im Bezirk Völkermarkt wieder aufzuheben. (732/A[E]) (Schluss)