Parlamentskorrespondenz Nr. 296 vom 05.04.2006

Aktuelle Aussprache zum Thema Eurofighter im Rechnungshofausschuss

Koalitionsparteien lehnen Ladung von Verfassungsexperten ab

Wien (PK) - Der Rechnungshofausschuss hat sich in seiner heutigen Sitzung unter der Vorsitzführung seines Obmannes Werner Kogler einmal mehr mit dem Eurofighter-Geschäft befasst. "Kann die Bundesregierung privatrechtliche Verträge abschließen und sie mit dem Argument der Amtsverschwiegenheit der parlamentarischen Kontrolle entziehen?", lautete die Frage, mit der SP-Abgeordneter Günter Kräuter eine Aktuelle Aussprache einleitete. Aktuellen Anlass für die Diskussion bot die Absicht des Verteidigungsausschusses des Bundesrates, diese Frage am 19.4.2006 im Rahmen eines öffentlichen Hearings mit den Verfassungsexperten Bernd Christian Funk, Heinz Mayer und Theo Öhlinger zu erörtern. Da es kein gutes Licht auf den Rechnungshofausschuss des Nationalrates werfen würde, auf die Behandlung eines derart klärungsbedürftigen Themas zu verzichten, beantragte Abgeordneter Günter Kräuter gemeinsam mit Abgeordnetem Werner Kogler, für die nächste Sitzung des RH-Ausschusses Verteidigungsminister Platter und die genannten Experten zu einer Diskussion über die parlamentarischen Kontrollrechte zu laden.

Abgeordneter Hermann Gahr (V) sah, wie auch F-Abgeordneter Markus Fauland, keinen Anlass, das Thema Eurofighter neuerlich "aufzukochen". Der Rechnungshof habe den Beschaffungsvorgang überprüft, das Thema sei medial und in zahlreichen parlamentarischen Gremien, oft auch im Plenum, behandelt worden. "Neue Erkenntnisse und Fakten liegen nicht vor", der Opposition, der es an politischen Themen mangle, gehe es nur darum, so Gahr, politisches Kleingeld zu wechseln. Bei der Abstimmung blieb der Antrag der Oppositionsparteien in der Minderheit und wurde abgelehnt.

Amtsverschwiegenheit oder parlamentarische Kontrollrechte?

Im Mittelpunkt der Debatte stand die Frage nach der Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit, wozu Abgeordneter Hermann Gahr (V) an ein Gutachten des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes aus dem Jahr 1987 erinnerte. Die Offenlegung aller Geschäftsgeheimnisse und militärischer Geheimnisse wäre problematisch, sagte Gahr und fügte hinzu, dass die parlamentarischen Kontrollrechte unantastbar, aber nicht unbeschränkt seien.

Abgeordneter Roderich Regler (V) sah das Rechtsproblem in der Konkurrenz zweier Bestimmungen der österreichischen Bundesverfassung. Einerseits haben die Abgeordneten das Recht, über "Gegenstände der Vollziehung" alle Auskünfte zu verlangen, andererseits bestehe die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit der Regierungsmitglieder, wenn dies im öffentlichen Interesse geboten sei. Zu diesen öffentlichen Interessen zähle jedenfalls die umfassende Landesverteidigung, argumentierte der Jurist.

Demgegenüber zitierte Abgeordneter Werner Kogler (G) einen Verfassungsexperten und dessen Ansicht, dass für die Geheimhaltung kaufmännischer Vertragsbestimmungen öffentliches Interesse nicht geltend gemacht werden könne. Weiters machte Kogler darauf aufmerksam, dass solche Verträge beispielsweise den Parlamenten in Rumänien und in Deutschland verpflichtend vorgelegt werden müssen. Die Aussagen der Verfassungsexperten in jüngster Zeit seien Anlass genug, diese angesehenen Professoren zu laden. Zumindest über das von Abgeordnetem Gahr genannte Verfassungsgutachten aus dem Jahr 1987 über die Amtsverschwiegenheit sei zu diskutieren. "Das Parlament ist aufgerufen, über seine Rechte zu diskutieren, insbesondere in diesem Ausschuss und insbesondere dann, wenn es um Kontrolle geht", sagte Werner Kogler.

Abgeordneter Alfred Schöls (V) erinnerte an die Expertenmeinung, dass "eine unabhängige Instanz fehle, die volle Einsicht in alle maßgeblichen Informationen erhält." - Diese unabhängige Instanz ist für Abgeordneten Schöls der Rechnungshof.

Die Abgeordneten Kurt Gaßner und Gerhard Reheis (beide S) hielten gegenüber den Abgeordneten Gahr und Schöls fest, dass der Rechnungshof nur die Rechtmäßigkeit, die Zweckmäßigkeit und die Wirtschaftlichkeit prüfen könne, nicht aber die politischen Dimensionen. Angesichts von Milliardenausgaben sei es notwendig, die Vorgänge transparent zu machen. Man sollte daher das Gespräch mit den Experten führen.

Abgeordnete Ruth Becher fragte den Rechnungshofpräsidenten nach den verschiedenen Eurofighter-Verträgen sowie danach, in welchem Umfang er bei seiner Prüfung Einsicht habe nehmen können.

Rechnungshofpräsident Josef Moser führte in seinen Antworten auf Detailfragen aus, dass die Rechnungshofprüfer das gesamte Vertragswerk im Original gesehen haben. Bei der Eurofighter-Anschaffung waren die Bundesminister für Landesverteidigung, Finanzen und Wirtschaft federführend. Zwei Verträge beziehen sich auf die Flugzeuge sowie auf Logistik und technische Ausführung, für die der Verteidigungsminister zuständig ist. Der Wirtschaftsminister ist für die Gegengeschäfte verantwortlich, der Finanzminister für jene Vereinbarungen, die die Finanzierung betreffen.

Auf diesbezügliche Oppositionsfragen führte Präsident Moser aus, dass der Beschaffungsvorgang vom Finanzierungsvorgang völlig getrennt sei. Ein Ausstieg aus dem Vertrag sei möglich, sofern alle Leistungen von EADS bezahlt und die durch den Rücktritt entstehenden Kosten ersetzt werden. Ohne Kostenersatz sei ein Rücktritt bei Leistungsverweigerung und bei vertraglicher Schlecht- oder Nichterfüllung möglich.(Fortsetzung)