Parlamentskorrespondenz Nr. 304 vom 06.04.2006

Die Österreichische Außenpolitik auf dem Prüfstand

Außenpolitischer Ausschuss diskutiert außenpolitischen Bericht 2004

Wien (PK) – Mit Berichten der Bundesregierung und mit zahlreichen Initiativen von Abgeordneten befasste sich der Außenpolitische Ausschuss in seiner heutigen Sitzung. Vor Eingang in die Tagesordnung wurde beschlossen, einen Punkt vorzuziehen, um der Botschafterin der Republik Mexiko die Gelegenheit zu geben, vor dem Ausschuss das Wort zu ergreifen. Gegenstand der Debatte war ein Antrag der Sozialdemokraten, die so genannte Federkrone des Montezuma an Mexiko zu retournieren.

Die SPÖ meint in ihrem Antrag, das Jubiläumsjahr 2005 wäre ein guter Anlass, die so genannte Federkrone Montezumas, die für die Ureinwohner Mexikos spirituelle Bedeutung habe, Mexiko zu retournieren, zumal Mexiko 1938 als erstes Land gegen die Okkupation Österreichs durch Nazideutschland protestiert habe. (608/A [E])

Die Botschafterin übermittelte den Standpunkt ihres Landes in der genannten Angelegenheit und verwies auf den hohen symbolischen Wert der Federkrone für ihre Nation. Sie ging auf die hervorragenden bilateralen Beziehungen zwischen Mexiko und Österreich ein und erinnerte an den seinerzeitigen Protest der Regierung Cardenas gegen die Okkupation Österreichs durch Nazi-Deutschland. Die Regierung ihres Landes würde es außerordentlich begrüßen, wenn die Federkrone an Mexiko zurückgegeben würde, was eine großartige und noble Geste Österreichs wäre, schloss die Botschafterin.

Abgeordneter Michael Spindelegger (V) würdigte Mexikos Protest 1938 als besonders wichtig für Österreich. Konkret seien einige Fragen zur Federkrone noch zu klären, meinte der Mandatar zur Sache selbst. Abgeordneter Caspar Einem (S) äußerte Verständnis für den Wunsch Mexikos und würdigte gleichfalls Mexikos Agieren anno 1938. Abgeordneter Herbert Scheibner (F) trat dafür ein, Experten sollten sich des Themas annehmen, da die Fragen rund um die Federkrone durchaus unterschiedlich beantwortet worden seien, es hier aber eine objektive Beantwortung der offenen Fragen brauche. Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) verwies auf die Initiativen der Grünen zur Rückgabe der Federkrone und meinte, es wäre ein guter Akt und wichtiger Schritt in der Beziehung der beiden Staaten, wenn man die Federkrone dem mexikanischen Volk zurückschenkte. Zur Einholung fachkundiger Auskünfte durch Experten in der nächsten Sitzung des Ausschusses wurde der Tagesordnungspunkt sodann vertagt.

Im Anschluss an diese Debatte befasste sich der Ausschuss mit dem "Außenpolitischen Bericht 2004". Dieser enthält ein durchaus euphorisches Resümee der Außenministerin: "Das Jahr 2004 war für Österreich und die Europäische Union zweifellos ein historisches Jahr: Am 1. Mai traten zehn neue  Mitgliedstaaten der Union bei. Mit dieser Erweiterungsrunde, der größten in der Geschichte der Europäischen Union, wurde die jahrzehntelange Spaltung Europas endgültig überwunden. Diese Wiedervereinigung Europas war ein bedeutender Schritt für ein neues, modernes und zukunftorientiertes Europa." (III-177 d.B.)

Zu Beginn der Debatte befasste sich Abgeordneter Johann Ledolter (V) mit der aktuellen Lage in Weißrussland und übte Kritik am Agieren des dortigen Präsidenten. Ein klares Signal für einen demokratischen Neubeginn sei wünschenswert, die EU müsse auch weiterhin entschlossen gegen Lukaschenko, der sein Land zu einer der letzten Diktaturen Europas gemacht habe, auftreten. Abgeordneter Caspar Einem (S) thematisierte die Folgen der EU-Erweiterung des Jahres 2004 und bedauerte, dass die von seiner Fraktion angeregten flankierenden Maßnahmen nur äußerst halbherzig gesetzt worden seien, was sich nun negativ auf die Stimmung in der Bevölkerung auswirke, in der die EU-Skepsis wachse. Zudem übte Einem Kritik am Verhalten des Bundeskanzlers, der dem italienischen Premier viel Glück gewünscht habe, was den Interessen Südtirols zuwiderlaufe.

Abgeordneter Herbert Scheibner (F) beklagte die falsche Abfolge der nötigen Schritte bei der Erweiterung. Man hätte zuerst die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen und dann erst die Erweiterung vollziehen sollen. So aber sei auch der nachträgliche Versuch der Umsetzung mancher Standards – etwa gegenüber Tschechien – bislang erfolglos geblieben. Die Konsolidierung der EU stehe nach wie vor aus, auch in der Verfassungsfrage zeichne sich keine Lösung ab, und dennoch stünde bereits die nächste Erweiterung an, meinte der Redner, der auch die Rolle der Türkei und Fragen der Sicherheit thematisierte. Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) trat dafür ein, die Übergangsfristen, die anlässlich der EU-Erweiterung beschlossen worden seien, zu evaluieren und in der Folge abzukürzen. Zudem gelte es, den Menschen in den Beitritt-werbenden Ländern entsprechende Perspektiven, etwa in Form von Reiseerleichterungen, zu bieten. Ein solches Vorgehen würde sich auch auf die EU selbst positiv auswirken. Zudem sprach die Rednerin die Visa-Affäre an.

Abgeordneter Michael Spindelegger (V) ging auf die Lage in Nahost ein und wollte wissen, wie sich die EU zur Hamas stelle. Weiters sprach er die heimische Auslandskulturpolitik an. Abgeordnete Petra Bayr (S) thematisierte die Entwicklungszusammenarbeit, Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch (F) die weitere Zukunft der EU und des europäischen Verfassungsvertrages. Abgeordnete Terezija Stoisits (G) setzte sich mit den praktischen Auswirkungen der EU-Politik auf die Menschen auseinander, Abgeordneter Hannes Bauer (S) beklagte das mangelhafte Setzen flankierender Maßnahmen bei der Erweiterung der EU, was zu einem Anwachsen der EU-Skepsis in Österreich geführt habe. Abgeordneter Franz Glaser (V) fokussierte gleichfalls auf die zu konstatierende Europamüdigkeit in Teilen der Bevölkerung und ging auf Fragen der Entwicklungszusammenarbeit ein.

Bundesministerin Ursula Plassnik nannte die 2004 erfolgte Erweiterung der EU eine Erfolgsgeschichte für alle Beteiligten, also auch für Österreich. Derzeit befinde man sich in der EU in einer Reflexionsphase, in der eine offene und umfassende Diskussion über die weitere Zukunft des europäischen Projekts geführt werde.

Dabei gehe es vor allem auch um den Dialog mit der Bevölkerung, denn Europa müsse für die nächsten Schritte vorbereitet sein. Die wichtigen Grundlagen dafür seien bereits geschaffen worden, nun gelte es, diese auch umzusetzen. So arbeite man weiter an einer Lösung der Verfassungsfrage, zu welchem Zweck Ende Mai ein Treffen in Österreich geplant sei, um die Diskussion in Gang zu halten. Ebenfalls im Mai werde die endgültige Entscheidung zu Rumänien und Bulgarien fallen, sodass man dann wissen werde, ob diese beiden Staaten 2007 oder erst 2008 der EU angehören werden.

Sodann beantwortete die Bundesministerin die aufgeworfenen Fragen, dabei auf Aspekte des Nahen Ostens, der Arbeitsmarktpolitik, der Entwicklungszusammenarbeit, der Lage Weißrusslands und der Auslandspolitik eingehend. Auch zur Visa-Affäre äußerte sich die Ministerin, die abermals betonte, ihr Haus sei diesbezüglich an einer lückenlosen Aufklärung der Vorgänge interessiert.

Der Bericht wurde mit V-S-F-Mehrheit zur Kenntnis genommen und somit enderledigt. (Forts.)