Parlamentskorrespondenz Nr. 342 vom 21.04.2006

Fragestunde mit Bundesminister Pröll im Bundesrat

Themen: ländliche Entwicklung, Hochwasser und Gentechnik

Wien (PK) - Die Vizepräsidentin des Bundesrates HASELBACH eröffnete die 733. Sitzung des Bundesrates mit einer Fragestunde, in der Landwirtschafts- und Umweltminister DI Pröll Fragen der Ländervertreter zu den Themen "Ländliche Entwicklung", Hochwasser- und Klimaschutz sowie Gentechnik-Freiheit der Landwirtschaft beantwortete.

Bundesrat Wiesenegg (S): In welcher Weise werden Sie zu einer Sicherung der Maßnahmen im Bereich des Überschwemmungsschutzes beitragen?

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Umweltminister DI PRÖLL informierte die Bundesräte über das ambitionierte Hochwasserschutz-Ausbauprogramm mit über 2.000 Einzelprojekten, das seit zehn Jahren umgesetzt wird. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz haben Bund, Länder und Interessenten vereinbart, künftig zusätzliche 37 Mill. € pro Jahr aufzuwenden und weitere 600 Projekte einzubeziehen. Dennoch warnte Minister Pröll vor der Illusion, beim Hochwasserschutz jedes Restrisiko ausschließen zu können. Rasche Schneeschmelze und starke Niederschläge werden auch in Zukunft Hochwasserrisken mit sich bringen.

Der Minister bekannte sich zu einer stärkeren Ökologisierung beim Hochwasserschutz und wies darauf hin, dass Österreich bei der Renaturierung von Gewässern international eine führende Position einnehme. Prölls Grundsatz lautet: ökologischer Hochwasserschutz wo möglich, technische Maßnahmen wo notwendig. Dem Vorwurf, die gebrochenen Dämme bei Dürnkrut seien sanierungsbedürftig gewesen, begegnete der Minister, indem er sagte, alle bestehenden Dämme werden regelmäßig geprüft.

Bundesrat Ing. Haller (V): Welche Schwerpunkte setzt der "Grüne Pakt für Österreichs Landwirtschaft" – der Programmentwurf Ländliche Entwicklung 07-13 – zur Erhaltung unserer flächendeckenden bäuerlichen und naturnahen Landwirtschaft?

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Landwirtschaftsminister DI PRÖLL berichtete von der Einigung mit dem Europäischen Parlament auf die finanzielle Vorschau von 2007 bis 2013. Der "Grüne Pakt" umfasse 3,2 Mrd. €, was einen europäischen Spitzenwert darstelle. Für die Förderung der Bergbauern stehen jährlich 274 Mill. €, für das neue Umweltprogramm 524 Mill. € und 130 Mill. € für Investitionsförderungen zur Verfügung. Die Investitionsförderungen nehmen um 30 % und damit am stärksten zu. Die Behauptung, dass Programme gekürzt würden, wies der Minister zurück. Die Programme für Umweltschutz und Bergbauern bleiben auf gleichem Niveau wie bisher, obwohl die Ausgaben für diese beiden Förderungsbereiche gedeckelt wurden. Auch die Vertreter der Bio-Bauern haben dem "Grünen Pakt" zugestimmt.

Die Initiative einer NGO zur Aufnahme der Gentechnikfreiheit in den Kriterienkatalog für Umweltförderungen sei kontraproduktiv gewesen, insofern diese zur ausdrücklichen Feststellung der Kommission geführt habe, dass Gentechnik-Freiheit aus Wettbewerbsgründen keine Voraussetzung für die Teilnahme am Umweltprogramm sein könne, teilte Pröll auf Zusatzfragen mit.

Bundesrätin Kerschbaum (G): Warum wurde das "Flussbauliche-Gewässerökologische Gesamtkonzept für March und Thaya" ("MARTHA 95") fallengelassen und durch das derzeit zur UVP-Begutachtung aufliegende Hochwasserschutzprojekt ersetzt?

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Bundesminister DI PRÖLL sah sich außer Stande, diese Frage zu beantworten, weil die Zuständigkeit für schiffbare Flüsse beim Verkehrsminister liege. Dies gelte auch für Umweltverträglichkeitsprüfungen, fügte der Umweltminister hinzu.

Bundesrätin Mosbacher (S): In welcher Höhe drohen Österreich Strafzahlungen auf Grund der Nichteinhaltung des Kyoto-Zieles?

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Minister DI PRÖLL nannte zwei Gründe, warum Österreich keine Strafen zahlen werde: Erstens seien im Kyoto-Protokoll keine Strafzahlungen vereinbart worden und zweitens sei er überzeugt, dass Österreich sein Klimaschutzziel, die Reduktion klimaschädlicher Gase um 13 % bis 2012 erreichen werde. Pröll verwies auf die Erhöhung der diesbezüglichen Mittel um zunächst 30 Mill. €, dann 60 Mill. € und zuletzt 90 Mill. € jährlich seit 2003. Diese größte Budgetsteigerung diene unter anderem der Förderung der Biomasse und der Förderung erneuerbarer und alternativer Energieträger. Seit 2005 laufe auch der Handel mit Emissionszertifikaten, und die Beimischung von Biotreibstoffen werde bis 2008 auf 5,75 % angehoben. Allein dies werde eine Reduktion der CO2-Emissionen um 1 Mill. t pro Jahr ermöglichen. Bereits 2004 konnte der Emissionsanstieg bei den Klimagasen erstmalig gebremst werden, teilte der Umweltminister mit und kündigte eine erfolgreiche Fortsetzung dieser Politik an.

Auf Zusatzfragen erfuhren die Bundesräte von Maßnahmen zur stärkeren Wärmedämmung im Wohnbau und erhielten Informationen über die Wirkungsweise der flexiblen Mechanismen. Österreich fördert den Bau von Wasserkraftwerken, die Schließung von Kohlekraftwerken und die Nutzung erneuerbarer Energieträger weltweit und schließt dabei bilaterale Rahmenverträge ab.

Bundesrätin Diesner-Wais (V): In welcher Höhe stellt der Bund zusätzliche Budgetmittel zur Sicherung eines modernen Hochwasserschutzes zur Verfügung?

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Bundesminister DI PRÖLL wiederholte seine Absicht, in den kommenden zehn Jahren jährlich 37 Mill. € zusätzlich auszugeben. Schon 2006 werde das diesbezügliche Budget um 15 Mill. € erhöht. Zu den seit zehn Jahren umgesetzten 2.000 Projekten kommen 600 Projekte dazu, was zu einer Zunahme der Arbeitsplätze um 1.500 führt. - Naturnahe Flüsse wie der Lech sollen naturnahe bleiben, bekräftigte der Minister und unterstrich neuerlich seine ökologischen Zielsetzungen beim Hochwasserschutz.

Bundesrat Ing. Kampl (o.F.): Wie soll die Zukunft der heimischen Bauern angesichts der Streichung von 15 bis 20 Prozent der Förderungen durch das neue Programm "Ländliche Entwicklung" gesichert werden?

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Der LANDWIRTSCHAFTSMINISTER stellte klar, dass im Bereich der ländlichen Entwicklung keinerlei Förderungsmittel gestrichen werden. Es stehen weiterhin 3,2 Mill. € zur Verfügung. Die Deckelung bei der Umweltförderung führe zu einer Umschichtung zu Gunsten der Investitionsförderung, wo Mittel für investierende Bauern zur Verfügung stehen, was angesichts notwendiger Ausgaben für Tierschutz und Umweltschutz zweckmäßig und sinnvoll sei.

Die Deckelung der Umweltförderung führe zu keiner Schieflage in der Agrarförderung, sagte der Landwirtschaftsminister. Die Förderungsmittel im Grünland werden stärker für tatsächlich tierhaltende Betriebe gebunden, es komme zu keiner Benachteiligung extensiv wirtschaftender Betriebe. Im Gegenteil: "Wir zwingen intensive Betriebe mit dem Umweltprogramm in Richtung Extensivierung", sagte der Landwirtschaftsminister.

Die Breitbandtechnologie in ländlichen Gemeinden werde durch ein spezielles Programm des Technologieministeriums gefördert.

Gewerbliche Betriebe im ländlichen Raum werden von der Verdoppelung des LEADER-Programms bis 2013 profitieren. Wie sich die Mittel im Umfang von 15 Mrd. € auf KMU, Sozialprojekte und Tourismus aufteilen werden, könne jetzt noch niemand sagen.

Bundesrat Kraml (S): Wie viel Prozent der Umweltschutzförderungsmittel werden für den Bereich des Agrarsektors vergeben?

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Zu den 524 Mill. € für das Umweltprogramm in den Jahren 2007 bis 2013 kommen Förderungen für Bioheizungen und betriebliche Investitionsförderungen, deren Fokus auf Gewerbe und Industrie liege. Die Höhe dieser Förderungsmittel im ländlichen Raum sei aus heutiger Sicht nicht bezifferbar. Die agrarischen Umweltförderungsmittel stehen der Wirtschaft nicht zur Verfügung, wohl aber die Mittel des bereits genannten LEADER-Programms.

Die biologische Landwirtschaft nimmt laut Pröll in Österreich eine positive Entwicklung. 12 % der österreichischen Bauern betreiben biologische Landwirtschaft und werden mit 25 % der Mittel des Umweltprogramms gefördert. Dies werde auch in Zukunft möglich sein, sagte Pröll, für den die biologische Landwirtschaft das Kernstück des Umweltprogramms darstellt - "die Produkte der Biobauern sind ein Exportschlager", freute sich der Minister.

Bundesrat Tiefnig (V): Welche Initiativen haben Sie zur Stärkung einer GVO-freien österreichischen Landwirtschaft ergriffen?

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Landwirtschaftsminister DI PRÖLL hielt es nicht für zweckmäßig, in Brüssel über die grundsätzliche Frage Gentechnik ja oder nein zu diskutieren, sondern für klare Rahmenbedingungen zu sorgen. Gentechnik soll aus Österreich ferngehalten werden, solange offen sei, wie eine Koexistenz mit Biobauern und jenen Bauern, die keine Gentechnik wollen, ohne Verunreinigungen möglich sei. Denn der Druck zur Öffnung der Märkte wachse, sagte Pröll, wobei er auf die bevorstehende Entscheidung der WTO im Juni aufmerksam machte. Für ihn gebe es aber keinen Anlass, vom nationalen Gentechnik-Verbot abzugehen. Er sehe keinen Vorteil durch die Anwendung von Gentechnik in der Landwirtschaft, weder monetär noch hinsichtlich der Auswirkungen auf die Umwelt.

Das Umweltprogramm und der Grüne Pakt müssen in Brüssel zur Notifizierung vorgelegt werden. Die Gentechnik-Freiheit dürfe keine Voraussetzung für die Teilnahme am Umweltprogramm sein, dies habe Brüssel klargestellt. Daher habe er auf diese Voraussetzung verzichtet, weil ihm die 524 Mill. € für die österreichischen Bauern wichtiger seien als ein Rechtsstreit in Brüssel.

Die Frage der Gentechnik-Freiheit von Nationalparks werde er prüfen, sagte der Landwirtschaftsminister zu, hielt dies aber nicht für vorrangig, weil die Landwirtschaft gegenüber der Forstwirtschaft in den Nationalparks eine relativ geringe Rolle spiele.

Die Frage, ob das Umweltprogramm kleinen oder großen Betrieben nütze, veranlasste den Landwirtschaftsminister zum Hinweis darauf, dass das Umweltprogramm nicht zwischen Betriebsgrößen unterscheide, sondern ausschließlich auf Umweltschutzeffekte ausgerichtet sei. (Schluss Fragestunde)


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