Parlamentskorrespondenz Nr. 345 vom 21.04.2006

Länderkammer-Einsprüche gegen Universitätsgesetz und ÖIAG-Gesetz

Kukacka: Ausbau der Infrastruktur - eine Investition in die Zukunft

Wien (PK) – Der Bundesrat befasste sich sodann mit der Änderung des Bundesstraßengesetzes.

Bundesrätin KERSCHBAUM (G) hielt fest, die Grünen würden der vorliegenden Gesetzesvorlage nicht die Zustimmung erteilen. Sie kritisierte u.a. die mögliche Mitfinanzierung von Bundesstraßen durch Länder und Gemeinden sowie die ihrer Ansicht nach unzureichende Ausgestaltung von Nachbarrechten. Anrainerinnen und Anrainer hätten auch in Zukunft keine Mitspracherechte, was etwa Lärmschutzmaßnahmen oder Tempolimits betrifft, klagte sie.

Der bedenklichste Punkt des vorliegenden Gesetzes ist für Kerschbaum aber, wie sie sagte, die Aufnahme von weiteren 200 Kilometern Hochleistungsstraßen in den Generalverkehrsplan. Sie gab zu bedenken, dass die Kosten für die fünf geplanten neuen Straßen 2 bis 3 Mrd. € betragen, und bezweifelte gleichzeitig, dass deren Bau positive Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich hätte. Eine bessere Verkehrserschließung habe nicht unbedingt eine positive regionale Entwicklung zur Folge, zitierte Kerschbaum aus einer Schweizer Studie. In diesem Sinn zeigte sie auch kein Verständnis für die Zustimmung der SPÖ zum vorliegenden Gesetz.

Konkrete Bedenken äußerte Kerschbaum gegen den Bau der Weinviertler Schnellstraße. Sie sprach sich dafür aus, stattdessen Umfahrungsvarianten in Betracht zu ziehen. Generell vermisst die Bundesrätin ein Konzept zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs.

Bundesrat KALTENBACHER (S) meinte, mit dieser Vorlage würden weitere wichtige Verkehrsverbindungen ins hochrangige Straßennetz aufgenommen, was im Sinne einer verbesserten Infrastruktur zu begrüßen sei, zumal auch für einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs entsprechend Sorge getragen werde. Die Bedeutung der in Rede stehenden Vorschläge erläuterte der Redner sodann anhand konkreter Beispiele. Die Bevölkerung hätte kein Verständnis, würde man diesen Initiativen nicht zustimmen, meinte der Redner.

Bundesrat BADER (V) unterstrich gleichfalls die Bedeutung der geplanten Maßnahmen für die Bevölkerung wie für die wirtschaftliche Entwicklung der jeweiligen Regionen. Zumal sei es in gewissen Gebieten notwendig, infrastrukturelle Initiativen zu setzen, um wirtschaftliche Vorteile zu erzielen. Für Niederösterreich sei dies heute ein guter Tag, meinte der Redner, der sich mit den geplanten Verbesserungen im Interesse des Bundeslandes zufrieden zeigte, würden dadurch doch wichtige Impulse für die Wirtschaft und den Tourismus sowie zur Schaffung neuer Arbeitsplätze gesetzt. Mithin sei dies eine massive Investition in die Hebung der Lebensqualität, unterstrich der Bundesrat.

Bundesrat MITTERER (o.F.) votierte gleichfalls für die geplanten Maßnahmen, die im Interesse des Landes lägen. Er sei sehr froh, dass das Bundesstraßennetz entsprechend erweitert werde, wovon gerade sein Bundesland profitieren könne. Diese Ansicht untermauerte er anhand des konkreten Beispiels der Verkehrsverbindung von Klagenfurt nach Scheifling. Gerade die Bundesländer hätten durch die Verkehrspolitik der aktuellen Bundesregierung viele Vorteile gewonnen, betonte der Redner.

Bundesrat MAYER (V) würdigte gleichfalls die in Rede stehenden wichtigen Infrastrukturmaßnahmen, mit denen der Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig gesichert und ausgebaut werde. Die Menschen würden davon profitieren, die Vorlage sei daher zu begrüßen, so Mayer. In diesem Sinne äußerte sich auch sein Fraktionskollege EINWALLNER, der zudem in eine Diskussion mit dem Bundesrat KALTENBACHER (S) über die verkehrspolitische Zukunft des Bezirks Murau eintrat.

Staatssekretär Mag. KUKACKA erläuterte die verkehrspolitischen und infrastrukturellen Pläne der Regierung, die sich mehr für diese Bereiche einsetze als alle ihre Vorgängerinnen, wie er betonte, und ging sodann auf die in der Diskussion aufgeworfenen Fragen ein. Ausbau der Infrastruktur sei Investition in die Zukunft, und von dieser Erkenntnis lasse sich die Regierung im Interesse der Menschen und des Standorts Österreich leiten. Dieser Infrastrukturausbau werde positive Auswirkungen für Österreich haben, zeigte sich der Staatssekretär überzeugt, zumal man sich bemühe, diesen Ausbau so umweltverträglich wie möglich vorzunehmen.

In einer zweiten Wortmeldung unterstrich Bundesrätin KERSCHBAUM (G) nochmals den Standpunkt ihrer Fraktion und präzisierte diesen. Konkret forderte sie einen adäquaten Bahnausbau für Pendler und Reisende nach Tschechien und legte den Standpunkt der Grünen zur Pkw-Maut dar.

Staatssekretär Mag. KUKACKA erläuterte sodann abermals die rechtlichen Grundlagen der in Rede stehenden Thematik und ging auf die Initiativen der Regierung zum Ausbau der Bahn ein.

Kein Einspruch.

Einstimmig wurde beschlossen, gegen die Änderung des Verkehrs-Arbeitsinspektionsgesetzes keinen Einspruch zu erheben.

Auch die Revision des Europäische Patentübereinkommens passierte ohne Einspruch die Länderkammer.

Nächster Tagesordnungspunkt: Änderung des Universitätsgesetzes 2002.

Bundesrat Mag. BAIER (V) skizzierte die Ausgangslage, die durch das EuGH-Urteil über den Universitätszugang entstanden ist, und sprach von der Notwendigkeit, auf den daraus resultierenden massiven Zustrom deutscher Studierender zu reagieren. Die nunmehr geplanten Aufnahmeverfahren würden den freien Hochschulzugang in keiner Weise gefährden, zumal in der Praxis diese Verfahren erst nach der Zulassung stattfinden, versicherte er. Auch seien die Tests nur an solchen Universitäten vorgesehen, wo tatsächlich ein massiver Zustrom an deutschen Studierenden zu verzeichnen war. Dazu komme noch, dass die Zahl der Studienplätze aufgestockt werden konnte.

Zur EU-Konformität bemerkte Baier, die Regelung sei mit Vertretern der EU-Kommission und mit EU-Experten aus Deutschland und dem in ähnlicher Weise wie Österreich betroffenen Belgien erarbeitet worden, es gebe plausible Signale und Argumente, dass das Gesetz vor dem EuGH halten werde. Insgesamt meinte Baier, mit der vorliegenden Regelung sei es gelungen, die Studienplätze für die österreichischen Studierenden zu sichern. Wenn die Opposition gegen diesen Beschluss des Nationalrats heute einen Einspruch erhebt, dann führe sie die bestehende Unsicherheit für die österreichischen Studierenden weiter fort, ohne auch nur irgend eine Alternative vorlegen zu können, warnte Baier. Der Redner brachte zudem einen Antrag ein, gegen den Beschluss keinen Einspruch zu erheben.

Bundesrätin Mag. NEUWIRTH (S) warf der Regierung vor, säumig gewesen zu sein und vor dem zu erwartenden EuGH-Urteil den Kopf in den Sand gesteckt zu haben. Mit Nachdruck lehnte die Rednerin die geplanten Auswahlverfahren ab, in denen sie eine Zulassungsbeschränkung sah. Dieser bereits mit der Einführung der Studiengebühren beschrittene Weg führe systematisch zu einer Verringerung der Zahl der Studierenden, was angesichts der im internationalen Vergleich niedrigen österreichischen Akademikerquote nicht hingenommen werden könne, kritisierte Neuwirth.

Bundesrat Dr. SCHNIDER (V) hielt den Ausführungen seiner Vorrednerin die positiven Stellungnahmen der Bundesländer einschließlich Salzburgs entgegen und erinnerte überdies auch an die Zustimmung seitens der Arbeiterkammer und der Rektorenkonferenz. Sogar die Hochschülerschaft habe diese Regelung unter der Voraussetzung der EU-Konformität akzeptiert, betonte er. Solange es keine bessere Alternative gibt, sollte man bei allen möglichen Bedenken diese Lösung "als das kleinere Übel" annehmen und für die Zukunft gemeinsam nach neuen Wegen suchen, empfahl Schnider.

Bundesrätin KONRAD (G) interpretierte die Aufnahmeverfahren als Probelauf für Zugangsbeschränkungen und gab zu bedenken, angesichts der niedrigen Akademikerquote in Österreich gehe es nicht an, die Zahl der Studierenden weiter zu reduzieren. Als Alternativen zur gegenständlichen Regelung schlug Konrad ein Modell von Ausgleichszahlungen bzw. das Herkunftslandprinzip vor. Vorstellbar war für die Rednerin auch eine entsprechende Initiative Österreichs im Rahmen der EU-Präsidentschaft.

Bei der Abstimmung wurde gegen den Beschluss des Nationalrates mehrheitlich Einspruch erhoben. Der Antrag des Bundesrates Baier erübrigte sich dadurch.

Im Zusammenhang mit der Änderung des ÖIAG-Gesetzes 2000 bezeichnete es Bundesrat KNEIFEL (V) als legitimes Recht des Eigentümers, die Gewinne der ÖIAG für die Forschung und Entwicklung zu verwenden, und meinte, es sei darüber hinaus auch vertretbar, diese Gewinne nicht nur am Ende eines Geschäftsjahres, sondern bereits unterjährig auszuschütten. Er stellte zudem den Antrag, gegen den Beschluss keinen Einspruch zu erheben.

Bundesrat SODL (S) widersprach seinem Vorredner und argumentierte, der Regierung gehe es bei diesem Gesetz bloß darum, den Privatisierungserlös der Post direkt in das Budget fließen zu lassen und dadurch Wahlkampfmunition zu erhalten. Sodl untermauerte bei diesem Anlass die Kritik seiner Fraktion an der Privatisierung der Post, wobei er insbesondere vor einer Verschlechterung der Versorgung durch weitere Schließungen von Postämtern im ländlichen Raum warnte.

Bundesrat PERHAB (V) bezeichnete die Lösung für die Post und ihre Mitarbeiter im Gegensatz zu seinem Vorredner als zukunftsorientiert. Den Vorwurf der Beschönigung des Budgets durch einen Vorschuss wies er entschieden zurück. In Wahrheit gehe es um einen Abschlag auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn, wenn dieser abgedeckt ist, sagte er.

Bundesrätin Dr. LICHTENECKER (G) meinte wiederum, de facto werde nur das Budget aufgefettet. In Hinblick auf die Wirtschaftskompetenz der ÖVP kritisierte sie Bundeskanzler Wolfgang Schüssel scharf, der dem "Bankrotteur Berlusconi", wie sie sich ausdrückte, für die Wahl alles Gute gewünscht hatte. Italien bleibe Europas Klotz am Bein und dafür habe Berlusconi gesorgt, betonte Lichtenecker.

Für Bundesrat SCHIMBÖCK (S) gibt es lediglich für Großaktionäre eine Erfolgsgeschichte des Verkaufs von ÖIAG-Beteiligungen. Die ArbeitnehmerInnen seien auf der Strecke geblieben. Schimböck stellte aus seiner Sicht in Abrede, dass ordentlich verkauft worden sei, und erinnerte an die Austria Tabak. Dieser Dilettantismus sei sogar noch durch den Verkauf der VA-Tech übertroffen worden, bemerkte er. Die Entscheidungszentralen beider Unternehmen seien entgegen den Intentionen des ÖIAG-Gesetzes ins Ausland abgewandert. Sorge äußerte der Bundesrat hinsichtlich der Privatisierung der Post, zumal einige Regionen schon jetzt nicht mehr ausreichend versorgt seien. Die SPÖ sei nicht bereit, bei diesem "Schmäh" mitzutun, so Schimböck abschließend.

Bundesrat GRUBER (S) ging auf die Geschichte der ÖIAG ein, die seit 2006 alle wesentlichen Beteiligungen abgegeben hat. Damit sei es ihm zufolge zur größten Umverteilung in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte gekommen, wobei durch einen schlechten Verkauf ein Schaden von 8,2 Mrd. € entstanden sei. Einen Vermögenszuwachs hätten nur in- und ausländische Investoren und Investmentbanken zu verzeichnen gehabt. Er bedauerte ebenfalls, dass sowohl Austria Tabak als auch VA-Tech von der Bildfläche verschwunden sind, nachdem sie billig verkauft worden waren. Hätte man noch etwas gewartet, hätte man wesentlich höhere Verkaufsgewinne erzielen können, so seine Überzeugung. Nun seien weitere österreichische Betriebe bedroht, allen voran Böhler Uddeholm und die VOEST. Es sei die Chance vertan worden, in Österreich ein entsprechendes Investment-Know-How aufzubauen. Auch sei die ÖIAG keineswegs schuldenfrei, sondern habe mit Ende des Vorjahres noch immer einen Schuldenstand von 457 Mill. €. Gruber kritisierte auch die Bezüge des Aufsichtsrats, dessen Entpolitisierung er in Zweifel zog.

Bundesrat KNEIFEL (V) erwiderte, wer im Glashaus sitzt, solle nicht mit Steinen werfen. Er findet es als äußerst kühn, VOEST-Aktionäre als Spekulanten zu bezeichnen, wenn man bedenkt, dass ein Großteil davon Arbeitnehmer sind. Diese hätten einen Beitrag zur Standortsicherung geleistet. Spekulanten seien eher diejenigen, die Gelder der BAWAG in der Karibik versenken. Die ÖIAG habe im Jahr 2000 noch 6,3 Mrd. € Schulden gehabt, dieser Schuldenstand sei auf Heller und Pfennig abgebaut worden. Das Unternehmen sei noch immer viel wert, der Unternehmenswert sei sogar deutlich gesteigert worden, das Nettovermögen der ÖIAG sei vervielfacht worden. Der Wirtschaftsstandort Österreich sei durch die Politik der Bundesregierung wesentlich gestärkt worden, unterstrich Kneifel abschließend. Es seien Unternehmen geschaffen worden, die im Kern österreichisch, aber international tätig sind.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, gegen die Änderung des ÖIAG-Gesetzes Einspruch zu erheben. (Forts.)


Format