Parlamentskorrespondenz Nr. 346 vom 21.04.2006

Chancen bei öffentlichen Ausschreibungen auch für Kleinstbetriebe

Einstimmig angenommener Entschließungsantrag des Bundesrats

Wien  (PK) - Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes lehnte Bundesrat Mag. KLUG (S) ab, weil es seiner Ansicht nicht gelungen sei, verfassungskonforme Regelungen vorzulegen. Auch in den Ausschüssen hätten die Vorwürfe und verfassungsrechtlichen Bedenken nicht entkräftet werden können. Klug versuchte in weiterer Folge seine Sichtweise, dass hier weiter Ungleichheit vorliege, durch ein konkretes Beispiel auf Grund eines Vergleichs zwischen einem ASVG- und einem BSVG-Versicherten zu untermauern. Er stellte daher gemäß § 51 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates den Antrag, nach Ende der Debatte zur Tagesordnung überzugehen.

Bundesrat KÖBERL (V) gab zu, dass es verschiedene Expertenmeinungen gibt. Es gehe darum, das es der Verfassungsgerichtshof für sachlich nicht gerechtfertigt hält, dass ein BSVG-Versicherter nach einem Arbeitsunfall oder auf Grund einer Berufskrankheit keinen Anspruch auf eine Betriebsrente hat, wenn er bereits eine Pension nach dem ASVG bezieht. Zweck der bäuerlichen Betriebsrente ist, die Fortführung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zu unterstützen und den Verlust der zukünftigen Erwerbschance auszugleichen. Die Bestimmung werde nun korrigiert, wobei eine geringere Bemessungsgrundlage für ASVG- und GSVG-Versicherte vorgesehen sei. Die Neuregelung sei mit einem zusätzlichen finanziellen Aufwand verbunden, man rechne mit jährlich 70 bis 80 Betroffenen. Ein Verzicht auf eine Novellierung würde unfinanzierbar sein, warnte der Bundesrat. Die Novelle gewährleiste den Erhalt der bäuerlichen Rentenversicherung. Schließlich brachte Bundesrat Köberl den Antrag ein, gegen das eingebrachte Gesetz keinen Einspruch zu erheben. 

Bundesrätin KONRAD (G) erwiderte, es gehe weniger ums Geld, sondern mehr um Gleichbehandlung. Der vom VfGH beanstandete Widerspruch werde ihrer Meinung nach nicht behoben, sodass es bei der Ungleichbehandlung bleibe. Dennoch bedeute das Gesetz eine Verbesserung, weshalb es die Grünen nicht noch weiter hinauszögern wollen.

Bundesrat Ing. KAMPL (o.F.) wies darauf hin, dass die bisherige Ausschlussregelung große Probleme mit sich gebracht habe. Noch 1980 hätte es 318.085 Betriebe gegeben, 2003 nur mehr 190.382. Die Nebenerwerbslandwirte müssten doppelte Versicherung bezahlen.

Der Antrag der Bundesräte Klug (S) und Konrad (G) gemäß § 51 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates zur Tagesordnung überzugehen, wurde mehrheitlich angenommen. Damit erübrigte sich eine Abstimmung über den Antrag, keinen Einspruch zu erheben. Der Verhandlungsgegenstand ist somit erledigt, ohne dass vom Bundesrat selbst eine Entscheidung getroffen wurde.

Zur Verhandlung gelangte hierauf der S- Entschließungsantrag betreffend "Wählen ab 16" auf Bundesebene.

Bundesrat Mag. HIMMER (V) sah sowohl Gründe für als auch wider ein niedrigeres Wahlalter, wobei die Betroffenen selbst eine frühere Wahlberechtigung nicht vorrangig verlangen, wie der Redner Umfragen entnahm. Für problematisch hält Himmer eine bundesgesetzliche Regelung, die es den Landtagen unmöglich machen würde, ihr Wahlrecht bei 18 Jahren zu halten. Daher überwiege in der Volkspartei die Skepsis gegenüber dieser Initiative, sie stimmt daher nicht zu.

Bundesrat PREINER (S) will den Jugendlichen ab 16 Jahren das Wahlrecht auf Bundesebene, also bei Nationalratswahlen und bei Bundespräsidentenwahlen, einräumen und führte dafür demokratiepolitische Argumente ins Treffen. Die bisherigen Erfahrungen mit Wählen ab 16 Jahren in vielen Gemeinden und mehreren Bundesländern, so auch im Burgenland, seien positiv. Die Jugendlichen verhalten sich bei der Wahl ähnlich wie die älteren Bevölkerungsgruppen. Es gibt für den Redner daher keinen Grund, ihnen das Wahlrecht vorzuenthalten, aber gute Argumente, sie stärker in die politische Verantwortung und Mitgestaltung einzubinden. Man soll die Jugendlichen nicht nur dann als Erwachsene betrachten, wenn es um Pflichten, sondern auch dann, wenn es um zusätzliche Rechte geht, meinte Preiner. 

    

Bundesrat MITTERER (o.F.) begrüßte grundsätzlich jede Form der Einbindung von Bürgern in die Demokratie und erinnert an die ständige Ausweitung demokratischer Rechte in Österreich. Insbesondere machte er darauf aufmerksam machte, dass es Jörg Haider war, der in Kärnten den ersten Schritt zur Direktwahl der Bürgermeister gesetzt hat. Kärnten bereite auch die Senkung des Wahlalters bei Landtagswahlen auf 16 Jahre vor. Denn es sei wichtig, die jungen Menschen zur aktiven Mitgestaltung in der Politik einzuladen - Mitterer sieht darin ein Mittel gegen die Ausbreitung der Politikverdrossenheit. Er schlug vor, zunächst das Wahlalter bei Kommunal- und Landtagswahlen auf 16 Jahre zu senken. Den vorliegenden Antrag unterstütze er nicht, da dieser bis zur nächsten Nationalratswahl nicht mehr wirksam werden könne. 

    

Bundesrätin KONRAD (G) appellierte dafür, sich seitens der Politik mehr für die jungen Menschen zu interessieren, als auf ein stärkeres Interesse der jungen Menschen an der Politik zu setzen. So sollte die Schuldemokratie, die ansatzweise vorhanden sei, ausgebaut werden. Es würde dem demokratischen System nützen, wenn die Politiker die Anliegen der jungen Menschen ernster nehmen würden als bisher. Eines dieser Anliegen ist, wie Umfragen zeigen, eine sachliche Information über Politik statt bloßer Werbung. Bei der ÖVP registrierte die Rednerin Schwierigkeiten, zu begründen, warum sie diesem Antrag nicht zustimme. "Es gibt keinen Grund, Sechzehnjährigen das Wahlrecht vorzuenthalten", sagte die Bundesrätin.  

    

Bundesrat WEISS (V) bekannte sich zur politischen Vielfalt, wie sie in unterschiedlichen Regelungen der einzelnen Bundesländer zum Ausdruck komme. Zwar könne man Verständnis dafür haben, dass es manchem beim Thema Wahlrecht ab 16 zu langsam voran gehe, sagte Weiss, er hielt es aber für problematisch, das Wahlrecht nur nach dem Kriterium des Alters auszudehnen. Denn bislang seien alle Bemühungen um Einführungen einer Briefwahl gescheitert, obwohl sich diese etwa bei Arbeiterkammerwahlen sehr bewährt habe.

Auch sollte man angesichts des vorliegenden Antrags nicht verschweigen, dass die Homogenitätsbestimmung der Bundesverfassung den Ländern vorschreibe, die Grenzen ihres Wahlrechts nicht enger zu ziehen als der Bund. Daher würde eine bundesrechtliche Herabsetzung des Wahlalters den Landtagen die Zuständigkeit bei der Gestaltung ihres Wahlrechts nehmen. Da es Landtage gibt, die sich in der Frage "Wählen ab 16" abwartend verhalten oder diesbezügliche Anträge abgelehnt haben, könne er sich einem "klammheimlichen Eingriff" in Länderrechte - ausgerechnet im Bundesrat - nicht anschließen, stellte Bundesrat Weiss klar.

Der Entschließungsantrag wurde bei der Abstimmung mehrheitlich angenommen.

Mit der Stärkung der Klein- und Mittelbetriebe (KMU), basierend auf einem S- Entschließungsantrag, befassten sich die Bundesräte in weiterer Folge.

Bundesrat PERHAB (V) setzte sich grundsätzlich mit dem Wirtschaftsprogramm der SPÖ auseinander und machte darauf aufmerksam, dass sich die Sozialdemokraten jahrzehntelang nie für die kleinen und mittleren Unternehmen im ländlichen Raum eingesetzt haben. Perhab hielt es daher nicht für angebracht, sich mit dem vorliegenden Antrag zu beschäftigen.

Bundesrat SCHIMBÖCK (S) kritisierte einmal mehr die zentrale Bundesbeschaffung, die dazu führe, dass kleine und mittlere Unternehmen in den Regionen zunehmend von Bundesaufträgen ausgeschlossen werden. Die KMU brauchen stimulierende Rahmenbedingungen statt weiterer Einschränkungen ihrer Wettbewerbschancen. Gerade die kleinen Betriebe mit weniger als 50 Mitarbeitern zählten zu den Spitzenreitern in der Insolvenzstatistik und 48 % der Gewerbebetriebe schreiben rote Zahlen, klagte der Redner. "Die KMU brauchen Schutz und faire Regeln", schloss Schimböck.

Bundesrat MITTERER (o.F.) bekannte sich zur Stärkung der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Österreich, "sie schaffen den Großteil der Arbeitsplätze und bilden das Rückgrat der heimischen Wirtschaft". Seinem Vorredner schloss sich Mitterer in der Forderung nach Unterstützung der KMU an, machte ihn aber zugleich darauf aufmerksam, was die Bundesregierung auf steuerlichem Gebiet in den letzten Jahren für die KMU geleistet habe. Auch Förderungsmittel für Forschung und Entwicklung seien nun für kleinere Betriebe zugänglich, lobte Mitterer. Die wirtschaftspolitischen Konzepte der SPÖ entsprächen hingegen der Vergangenheit.

Bundesrätin Dr. LICHTENECKER (G) betonte, es sei wichtig, den Klein- und Mittelbetrieben den Rücken zu stärken, diese seien das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. Ihrer Ansicht nach ist es wichtig, fraktionsübergreifend für die Interessen der KMU zu kämpfen.

Bundesrätin ZWAZL (V) machte darauf aufmerksam, dass ein großer Teil der Betriebe in Österreich weniger als zehn Mitarbeiter hätte. Die österreichische Wirtschaft brauche aber nicht nur die kleinen und mittleren Unternehmen, sondern auch große Leitbetriebe, unterstrich sie.

In Bezug auf das öffentliche Beschaffungswesen brachte Zwazl einen eigenen Entschließungsantrag ein, der auch von Bundesrat Peter Mitterer unterstützt wurde. Ziel des Antrags ist es, für all jene Warengruppen besondere Ausschreibungsbestimmungen festzulegen, die für kleine und mittlere Unternehmen von Bedeutung sind. Zwazl zufolge sind das Reinigungsdienstleistungen für Gebäude, Güter und Dienstleistungen für Informationstechnologie, Büro- und EDV-Verbrauchsmaterial, Lebensmittel für Großabnehmer, Betriebsverpflegung, Wäscherei, Metallprodukte inkl. Maschinen, Werkzeuge und Werkstattausrüstung sowie Elektro- und Elektronikgeräte. Diese Warengruppen sollten, so Zwazl, so ausgeschrieben werden, dass sich auch Kleinstbetriebe an den Ausschreibungen beteiligen könnten, wobei bei der Auftragsvergabe insbesondere auf die Nahversorgungsstruktur Rücksicht genommen werden müsse. Den Entschließungsantrag der SPÖ wertete sie hingegen als "vergaberechtlich nicht in Ordnung".

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag der SPÖ betreffend Stärkung der Klein- und Mittelbetriebe in den Regionen mit Stimmenmehrheit angenommen. Der von Zwazl vorgelegte Entschließungsantrag wurde einhellig verabschiedet.

Als letzten Punkt debattierten die Bundesräte den S-G- Entschließungsantrag betreffend rechtliche Sicherstellung der Gentechnikfreiheit österreichischer Nationalparks.

Bundesrat HÖFINGER (V) machte geltend, im Bereich Gentechnik in der Landwirtschaft gebe es große Unsicherheiten. Es gehe darum, jenen, die gentechnikfrei wirtschaften wollten, Gentechnik-Freiheit zu garantieren. Österreich hat dieses Problem seiner Meinung nach gut gelöst. Zum vorliegenden Entschließungsantrag der SPÖ und der Grünen äußerte sich Höfinger ablehnend. Zum einen seien Nationalparks Ländersache, zum anderen gehe es um eine Gesamtlösung in Sachen Gentechnik, argumentierte er.

Bundesrat BODEN (S) führte aus, die österreichischen Nationalparks seien Vorzeigemodelle, Impulsgeber und wichtig für den Tourismus. Die SPÖ wisse, dass Nationalparks Ländersache seien, meinte er, seine Fraktion wolle mit dem vorliegenden Entschließungsantrag aber verhindern, dass jedes Land "extra nach Brüssel fahren muss", um eine Lösung auszuverhandeln. Boden wünscht sich, dass Österreich Vorreiter in Bezug auf die Ablehnung gentechnisch veränderter Organismen wird.

Bundesrat Ing. KAMPL (o.F.) erklärte, es müsse selbstverständlich sein, dass die österreichischen Nationalparks gentechnikfrei blieben. Er strebt, wie er sagte, generell ein gentechnikfreies Österreich an. Schließlich gehöre Österreich zu den artenreichsten Ländern Europas. Kampl sprach sich für eine Einigung aller Parteien hinsichtlich der Gentechnikfreiheit von Nationalparks aus.

Bundesrätin KERSCHBAUM (G) trat dafür ein, die Gentechnik-Gesetze der Länder zu koordinieren. Die EU mache immer mehr Druck, damit restriktive Gesetzesbestimmungen im Gentechnikbereich beseitigt würden, skizzierte sie. Bund und Länder müssten daher gemeinsam dafür kämpfen, dass die Wahlfreiheit nicht gefährdet werde. Mit gut argumentierten Gesetzesbestimmungen, wie etwa dem Verweis auf die Notwendigkeit der Beibehaltung der Biodiversität in den Nationalparks, könnte ihrer Meinung nach Gentechnik-Freiheit am ehesten gesichert werden.

Ein zweiter von Kerschbaum eingebrachter gemeinsamer Entschließungsantrag der SPÖ und der Grünen zum Thema Gentechnik hat den Verzicht auf gentechnisch verändertes Saatgut im österreichischen Agrarumweltprogramm ÖPUL zum Ziel.

Bundesrat HÖFINGER (V) lehnte den von Kerschbaum vorgelegten Entschließungsantrag mit der Begründung ab, dass auch jenen Landwirte, die nicht am ÖPUL-Programm teilnehmen, die Entscheidung offen stehen müsse, kein gentechnisch verändertes Saatgut zu verwenden. Generell machte er geltend, dass es den Ländern vorbehalten sei, gentechnikfreie Zonen festzulegen.

Bundesrätin KERSCHBAUM (G) zeigte für Höfingers Argumentation kein Verständnis. 

Sowohl der S-G-Entschließungsantrag betreffend rechtliche Sicherstellung der Gentechnik-Freiheit österreichischer Nationalparks als auch der G-S-Entschließungsantrag betreffend Verzicht auf Gentechnik-Saatgut beim österreichischen Agrarumweltprogramm wurden vom Bundesrat mit Stimmenmehrheit angenommen.

Zum Abschluss stimmte der Bundesrat mehrheitlich den beiden Fristsetzungsanträgen der Opposition zu. Demnach wird dem Wissenschaftsausschuss zur Berichterstattung über den Beschluss des Nationalrates betreffend die Errichtung eines "Institute of Science and Technology - Austria" und der entsprechenden 15 a-Vereinbarung mit dem Land Niederösterreich eine Frist bis zum 10. Mai gesetzt. (Schluss)


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