Parlamentskorrespondenz Nr. 366 vom 27.04.2006

Am Ende Kunst und Kultur

Wien (PK) – Mit Themen aus Kunst und Kultur ging die 145. Sitzung des Nationalrats knapp nach Mitternacht zu Ende. Auf der Tagesordnung standen ein Antrag der Koalition und ein G-Antrag.

Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S) bedauerte, dass heute nicht über den Kulturbericht 2004 gesprochen werden kann, da er im Ausschuss leider wieder enderledigt worden sei. Was die Änderungen beim Bundesgesetz zur vorübergehenden sachlichen Immunität von Leihgaben betrifft, so habe ihre Fraktion zugestimmt, da die Vorteile überwiegen. Die vorgeschlagenen Änderungen seien zu begrüßen, da sie eine Präzisierung vornehmen. Dem Antrag der Grünen betreffend "Freier Eintritt in die Bundesmuseen" habe man nach langem Überlegen nicht zugestimmt, erklärte Muttonen. Ein Grund dafür war, dass man die Frage der kulturellen Partizipation nicht ausschließlich aus dem Blickwinkel der Eintrittspreise sehen könne. Man brauche ein umfassendes Konzept und Maßnahmenpaket, das auf einer breiten Basis diskutiert werde. Außerdem haben die Grünen den freien Eintritt nur für die ständigen Schausammlungen vorgesehen, nicht aber für die Sonderausstellungen, gab Muttonen zu bedenken. Ihrer Meinung nach sollte einmal der freie Eintritt an einem Tag in alle Sammlungen getestet werden.

Abgeordnete Dr. WOLFMAYR (V) befasste sich mit dem Antrag betreffend die Immunität von Leihgaben. Dies sei eine notwendige Initiative, die auch auf einen Wunsch der Landeskulturreferenten zurückgeht. Nunmehr soll es für die Dauer einer Ausstellung keinen Zugriff Dritter auf das ausgestellte Kulturgut geben können. Insgesamt handle es sich um eine Erleichterung für die moderne Museumspraxis, war Wolfmayr überzeugt. Außerdem wurde damit die Voraussetzung geschaffen, dass ausländisches Kulturgut ohne unverhältnismäßige Kostenbelastung in Österreich gezeigt werden kann. Ablehnend äußerte sie sich zum Antrag der Grünen; die ÖVP sei für keinen Gratiseintritt in die Museen, sondern für eine akzentuierte und gezielte Werbung ohne Nivellierung. "Kunst ist etwas wert, und auch das Betrachten von Kunstwerken muss etwas wert sein", unterstrich sie.

Abgeordneter Dr. ZINGGL (G) machte darauf aufmerksam, dass seit der Ausgliederung der Bundesmuseen im Jahr 2000 die Eintrittspreise radikal gestiegen und die Besucherzahlen gesunken seien. Wenn heute eine Familie mit einem Kind in die Albertina gehe, dann zahle sie 21 Euro. Vor einigen Jahren konnte man für diesen Betrag noch ein Jahr lange alle Museen besuchen, hob Zinggl hervor. Jede Eintrittskarte in ein Museum koste den Steuerzahler 20 Euro. Es sei daher überhaupt nicht einzusehen, warum jeder Besucher zu dieser Grundsubventionierung noch einmal etwas drauflegen müsse. Genauso wie die Schulen seien auch die Museen Bildungseinrichtungen, die allen Menschen gratis zur Verfügung stehen müssten. Selbst in Ländern mit extrem liberaler Wirtschaftspolitik, wie den USA oder Großbritannien, gebe es Museen, wo der Eintritt für die ständige Sammlung frei sei; genau diese Häuser weisen auch Rekordbesucherzahlen auf. Kritisch beurteilte Zinggl den Antrag der Regierungsparteien, der seiner Auffassung nach ethisch nicht zu vertreten ist. Damit sollen Ausstellungsexponate nämlich am Recht vorbeigeschleust werden.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) ging auf die Wortmeldung ihres Vorredners ein. Die Argumente seien ihrer Ansicht nach an den Haaren herbeizogen, da es bei dem Antrag lediglich darum gehe, Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Sonderobjekten aus dem Weg zu räumen. Die Haltung der Grünen sei außerdem inkonsequent, da sie einerseits die schlechte finanzielle Situation der Museen beklagen, andererseits aber den freien Eintritt fordern.

Sie verstehe schon, dass es die Opposition nicht gerne sieht, wenn sich die Museen gut entwickeln, meinte Bundesministerin GEHRER. Vieles sei in den letzten Jahren passiert, zum Beispiel die Neueröffnung des Technischen Museums, des MUMOK, der Albertina, die Eröffnung des Museumsquartiers etc. Der Regierung sei es gelungen, dass die Museen, die jahrlang vernachlässigt wurden, nun wieder gut dastehen. Außerdem konnten die Besucherzahlen seit 1995, als sie die Museen übernommen hat, um 1,2 Millionen auf 3,5 Millionen erhöht werden. Im Kunstbericht könne man nachlesen, was alles in den Bereichen der Forschung, des Ausstellungswesens oder der Didaktik passiert sei. Im Zusammenhang mit dem Antrag der Grünen verwies Gehrer auf das Ergebnis einer Befragung, bei der die Mehrheit der Personen geantwortet habe, dass ein Museumsbesuch zwischen 9 und 10 Euro wert sei. Derzeit liege der Durchschnittspreis bei 8 Euro; außerdem gebe es Ermäßigungen für Familien, Schüler, Senioren und Behinderte.

Abgeordnete Dr. KUNTZL (S) hielt das Anliegen des Antrags der Grünen für besonders dringlich und wichtig. Wenn man sich in einer gutsituierten Position befindet, könne man sehr leicht sagen, Kultur müsse etwas wert sein. Sie sei nicht sicher, ob der von den Grünen vorgeschlagene Weg der einzig richtige sei, aber es sollten unbedingt verschiedene Modelle geprüft werden.

Wenn man den Vorschlag der Grünen realisiere, dann bedeute dies natürlich, dass auch alle Touristen gratis in die Museen kommen, gab Abgeordneter NEUDECK (F) zu bedenken. Nicht ganz stringent sei auch das Argument, wonach die Museen sowieso schon gefördert werden. Würde man dies so weiterdenken, dann müssten auch die öffentlichen Verkehrsmittel oder das Wasser gratis sein. Außerdem ist es bereits heute so, dass ein Großteil der Eintrittskarten in die Museen zu einem günstigeren Preis oder gratis erhältlich sind. Er stehe zu dem Satz, "was nichts kostet, ist nichts wert", schloss Neudeck.

Abgeordneter KRIST (S) erläuterte die Eckpunkte des Bundesgesetzes über die vorübergehende Immunität von Leihgaben. Dadurch wird den Leihgebern von Exponaten garantiert, dass die Kunstwerke zurückgeben werden. Dadurch werde auch der internationale Austausch von Kunst- und Kulturgütern gefördert. Die Frage des freien Eintritts in die Bundesmuseen sei für seine Fraktion unmittelbar mit dem Thema kulturelle Partizipation verknüpft. Freier Eintritt sei gut, aber zu wenig, um Hemmschwellen und Vorbehalte abzubauen, meinte er. 

Abgeordnete FELZMANN (V) sprach sich gegen den freien Eintritt in die Museen aus. Man könne nicht zuerst ein System etablieren, das sehr erfolgreich funktioniere, und dann nach wenigen Jahren das System wieder kippen, indem man sage, freier Eintritt für alle. Außerdem habe man gesehen, dass diese Möglichkeit gar nicht so angenommen wird.

Abgeordneter REHEIS (S) bedauerte, dass die Kulturdebatte heute wieder so spät angesetzt ist und dadurch unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Schließlich setzte er sich noch dafür ein, dass die Saliera auch in Innsbruck, wo sie eigentlich daheim ist, gezeigt wird.

Abgeordneter FREUND (V) kam auf den Entschließungsantrag der Grünen zu sprechen. Er wies darauf hin, dass die Mehrheit der zahlenden Bundesmuseumsbesucher Ermäßigungen nutzt; Vollzahler sind lediglich 28 % der Besucher. Bundesministerin Gehrer habe den Museen eine neue Art des Wirtschaftens ermöglicht und dies geschehe mit großem Erfolg. Den Museen stünden heute doppelt so viele Mittel zur Verfügung als noch vor zehn Jahren. Das Angebot habe sich wesentlich verbessert, sei spannender, lebendiger und spreche jährlich ein Millionenpublikum an.

Abgeordnete KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) sprach ihr Bedauern darüber aus, dass der Kulturbericht nicht im Plenum behandelt wird, sondern im Ausschuss enderledigt wurde. Freier Eintritte in die Bundesmuseen würde auch Kindern weniger kunstinteressierter Eltern die Möglichkeit bieten, Interesse an Ausstellungen zu gewinnen. Dies sei auch deshalb wichtig, weil das kreative Angebot der Schulen immer mehr eingeschränkt werde.

Abgeordneter DI HÜTL (V) unterstrich das Interesse der Länder an der vorliegenden Gesetzesänderung, mit der die internationale Ausstellungstätigkeit heimischer Kulturinstitutionen erleichtert werde.

Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S) hielt es für verfehlt, den Wert eines Museumsbesuchs dem Eintrittspreis gegenzurechnen. Die Abgeordnete unterstützte die Initiative für den Gratisbesuch in Museen für sozial Bedürftige und betonte die Notwendigkeit, Schulkinder an die Kultur heranzuführen. Zu warnen sei davor, kreative Schulfächer als "Orchideenfächer" abzutun.

Abgeordneter KAINZ (V) machte auf die hervorragende Museumslandschaft in seinem Bundesland Niederösterreich aufmerksam und sah in der Ausgliederung der Bundesmuseen die Voraussetzung für ihre erfolgreiche Entwicklung.

Abgeordnete WALTHER (S) zeigte sich enttäuscht darüber, dass es nicht gelungen sei, Klimts "Goldene Adele" zu behalten und bedauerte, dass diesbezügliche Möglichkeiten nicht genutzt wurden. Die Rednerin drängte auf die möglichst rasche Einrichtung einer Restitutionsdatenbank und verlangte ein umfassendes Kulturkonzept, das auch sozial Schwachen den Zugang zur Kultur offen hält.

         

Abgeordneter PACK (V) unterstützte den vorliegenden Antrag, der es den Ländern erleichtere, Sonderausstellungen zu organisieren. Die Opposition sollte damit aufhören, die österreichischen Museen schlecht zu reden.

Abgeordneter Ing. SCHULTES (V) machte darauf aufmerksam, dass es in Niederösterreich möglich sei, mit der "Niederösterreich-Card" ein Jahr lang zu einem guten Preis 150 Ausflugsziele, darunter zahlreiche Museen und Ausstellungen, zu besuchen.   

    

Abgeordneter Dr. SONNBERGER (V) meinte gegenüber der SPÖ, es sei zu spät, sich erst im Wahljahr der Kulturpolitik zu besinnen und zitierte Aussagen von Kulturschaffenden, die zeigten, dass die SPÖ deren Vertrauen verloren habe. Dem gegenüber zeigten die Erfolge der Bundesmuseen, dass die Regierung mit ihrer Kulturpolitik gut unterwegs sei.

Abgeordnete TURKOVIC-WENDL (V) unterstrich die Bedeutung des internationalen Austauschs künstlerischer Exponate, der die Voraussetzung für große internationale Ausstellungen darstelle. Der Leihbetrieb brauche rechtliche Rahmenbedingungen, dem diene der vorliegende Antrag, den es daher zu unterstützen gelte.  Den freien Museumsbesuch für Kinder und Jugendliche begrüßte die Rednerin, lehnte einen genereller Gratisbesuch der Museen aber ab, weil dies den Museen dringend notwendige Mittel entziehen würde.

Das Bundesgesetz über die sachliche Immunität von Leihgaben wurde mit Mehrheit verabschiedet, der Antrag der Grünen auf freien Eintritt in die Bundesmuseen verfiel mehrheitlicher Ablehnung.

Die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachten Fristsetzungsanträge der Koalitionsparteien wurden jeweils mit Mehrheit angenommen. (Schluss)


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