Parlamentskorrespondenz Nr. 509 vom 23.05.2006

Nationalrat: Breite Mehrheit für Ökostrom-Novelle

Grüne: Gesetz ist umwelt- und wirtschaftspolitisch kontraproduktiv

Wien (PK) – Nach massiver Kritik der Grünen und kritischen Äußerungen der F-Abgeordneten Rosenkranz und Scheuch hat der Nationalrat mit breiter Mehrheit die Novelle zum Ökostrom-Gesetz beschlossen. Unter einem wurden mit dieser Vorlage das Energie-Versorgungssicherheitsgesetz und die Änderung des Versorgungssicherheitsgesetz debattiert.

Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) übte heftige Kritik an der in Aussicht genommenen Novellierung des Ökostromgesetzes. Unter anderem bemängelte er die Reduzierung von Förderungen und die seiner Meinung nach "lachhaften" Fördermittel für Photovoltaik-Anlagen. Mit der Ökostromgesetz-Novelle setzten die Koalitionsparteien und die SPÖ Arbeitsplätze aufs Spiel, warnte er. Zudem ist die Gesetzesnovelle seiner Meinung nach eine Einladung für zusätzliche Atomstromimporte nach Österreich.

Dass die Gesetzesnovelle nicht nur, wie Van der Bellen meinte, umweltpolitisch, sondern auch wirtschaftspolitisch kontraproduktiv sei, begründete er mit der Erwartung, dass der Markt für erneuerbare Energie in den nächsten Jahren vergleichbar mit dem IT-Markt in den achtziger- und neunziger Jahren boomen werde. Für ihn ist es etwa nicht vorstellbar, dass China und Indien ihr derzeitiges Wirtschaftswachstum auf Dauer beibehalten könnten, wenn sie weiter auf die "Energiepolitik des 20. Jahrhunderts" setzten.

Die Regierungsparteien verabsäumten es aber, Anlagen zur Erzeugung von Ökostrom sowie energiesparende und auf Energieeffizienz ausgerichtete Techniken zu fördern, klagte Van der Bellen. Zur Untermauerung seiner Argumentation wies er auf eine kleine Photovoltaik-Firma in Tirol hin, die vor drei Jahren vier Mitarbeiter hatte und heute 180 Mitarbeiter beschäftigt, aber ausschließlich ins Ausland exportiert.

Darüber hinaus wies Van der Bellen darauf hin, dass durch die vorliegende Gesetzesnovelle Kleinverbraucher zusätzlich belastet würden, während die Industrie entlastet werde. Auch die vorgesehene Zusatzförderung für mittelgroße Wasserkraftwerke lehnte er mit dem Argument ab, dass eine ausgereifte Technologie keine neuen Förderungen benötige. Aufmerksamkeit erregte ein von den Grünen neben dem Rednerpult platziertes riesiges gelbes Fass mit einem aufgeklebten Radioaktivitäts-Symbol und der Aufschrift "Nein zu diesem Umweltzerstörungsgesetz".

Abgeordneter KOPF (V) konstatierte, mit diesem Gesetz gelinge es, auch weiterhin erneuerbaren Energieträgern Aufbaumöglichkeiten zu eröffnen und die Kosten für die Haushalte in einem erträglichen Ausmaß zu halten. Österreich bewege sich damit im Spitzenfeld der europäischen Ökostromförderung.

Seinem Vorredner van der Bellen warf Kopf vor, Unrichtiges und Unwahres von sich gegeben zu haben. So stimme es nicht, dass die Förderungen um 80 % gekürzt werden. Vielmehr werde das Fördervolumen bis 2011 auf 300 Mill. € angehoben. Auch gebe es im Gegensatz zu den Behauptungen der Grünen sehr wohl eine Abnahmegarantie, und zwar für weitere zwölf Jahre, betonte Kopf.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) blieb bei der Hauptkritik ihrer Fraktion, wonach die Förderungen für erneuerbare Energieträger gekürzt werden. Mit diesem Gesetz werde Ökostrom in Zukunft verhindert, die Regierung verspiele damit eine Marktchance und öffne dem Import von Atomstrom Tür und Tor, stand für Weinzinger fest.

Abgeordneter OBERHAIDINGER (S) replizierte, sämtliche Argumente der Grünen würden sich auf die Regierungsvorlage aus dem Jahr 2004 beziehen, der die SPÖ "nie und nimmer" zugestimmt hätte. In der Zwischenzeit habe es aber intensive Verhandlungen gegeben, die SPÖ habe sich nicht von den Regierungsparteien über den Tisch ziehen lassen. Es sei vielmehr gelungen, in einem Kompromiss das Gesetz wesentlich zu verbessern. Klar war für den Redner überdies, dass die Förderung erneuerbarer Energie untrennbar mit der Förderung der Energieeffizienz und des Energiesparens verbunden sei.

Bundesminister Dr. BARTENSTEIN widersprach ebenfalls den Grünen und unterstrich mit Nachdruck, es handle sich nicht um eine Kürzung, sondern vielmehr um einen weiteren Anstieg der Förderungen. Das ungebremste Wachstum der Ausgaben sei aber nun gebremst worden. Dieses Gesetz ermögliche es, Ökostrom weiter zu fördern und dabei diese Technologie auch marktgerecht zu gestalten und die Kosten für die Haushalte in Grenzen zu halten. Er warf den Grünen vor, bei ihrer Argumentation den Kostenfaktor der Alternativenergie für die Haushalte ausgeklammert zu haben.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) gab zu bedenken, mit diesem Gesetz sei eine große Chance verspielt worden, zumal durch den Ausbau des Ökostroms auch heimische Arbeitsplätze gefördert werden könnten.

Abgeordneter DI HOFMANN (F) erwartete sich von diesem Gesetz eine Anhebung des Ökostromanteils auf 10 % und meinte, Österreich sei beim Ausbau der Ökoenergie richtungweisend in Europa. Angesichts der Kosten für die Haushalte erachtetete es Hofmann als wichtig, die Mittel möglichste effizient einzusetzen. Die Argumente der Grünen bezeichnete er als haltlos und wenig seriös.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) kam auf die Atomkraft zu sprechen und forderte in einem Entschließungsantrag Verhandlungen mit Tschechien mit dem Ziel, die Sicherheitsmängel im AKW Temelin zu beheben beziehungsweise das AKW stillzulegen. Weiters drängte sie auf Initiativen Österreichs gegen die Errichtung grenznaher AKW.

Abgeordneter KOPF (V) brachte einen V-F-S-Abänderungsantrag ein, der unter anderem eine EU-konforme Gestaltung des Aufbringungsmechanismus für die Förderungen zum Gegenstand hatte.

Abgeordneter KRAINER (S) rechnete aufgrund dieses Gesetzes mit 5.000 neuen Arbeitsplätzen und meinte überdies, es sei dem Verhandlungserfolg der SPÖ zu verdanken, dass nun wieder Geld für die Photovoltaik flüssig sei, und dass die erneuerbare Energie insgesamt gegenüber der Regierungsvorlage wesentlich angehoben werden konnte.

Abgeordnete ROSENKRANZ (F) kritisierte, dieses Gesetz sei nicht geeignet, die Energieautarkie Österreichs sicherzustellen. Sollte es nun zur geplanten Fusion der ÖMV mit der Verbundgesellschaft kommen, dann sei auch die Verfügungsgewalt über die heimische Wasserkraft nicht mehr gewährleistet.

Abgeordneter GRILLITSCH (V) forderte eine Gesamtstrategie für die Energiepolitik, die sowohl Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit, soziale Verträglichkeit und Innovation umfasst. Hinsichtlich innovativer Neuerungen hätten sich Biomasse und nachwachsende Rohstoffe als besonders wichtig herausgestellt. Er, Grillitsch, beschäftigte sich schon lange mit diesen Fragen, wie auch der Bauernbund und die ÖVP. Den Grünen warf er vor, das Gesetz nicht seriös zu beurteilen. Die Anlagenbetreiber würden laut Grillitsch klare Perspektiven brauchen, weshalb er eine baldige Vorlage der Tarifverordnung verlangte.

Abgeordneter STEIER (S) bezeichnete das Gesetz als einen Meilenstein, wenn es auch einen Kompromiss darstelle. Seiner Ansicht nach werde man die Probleme sicherlich korrigieren können. Für den Ökostrom werde mehr Geld ausgegeben, hielt Steier fest. Der Energiemarkt sei großen Veränderungen unterworfen und die Energiepolitik habe sowohl die Interessen der Umwelt als auch der Menschen und der Konsumenten zu berücksichtigen, gleichzeitig aber auch den Ansprüchen der Ökologie zu genügen.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) bewertete das Gesetz grundsätzlich positiv. Erneuerbare Energiegewinnung habe unter schwierigen Voraussetzungen zu bestehen, da man auch sozial verträgliche Preise garantieren müsse. Das gelinge mit dem Ökostromgesetz, so Scheuch. Er betonte, dass in bestehende Projekte nicht eingegriffen werde. Seiner Meinung nach werde der Windenergie jedoch ein zu hoher Anteil zugewiesen. Kritik übte Scheuch an den seiner Auffassung nach negativen Auswirkungen für bäuerliche Betriebe. Für diese bedeute das Gesetz eine wesentliche Verschlechterung, weshalb er nicht zustimmen werde.

Für Abgeordneten PREINEDER (V) war bereits das Ökostromgesetz 2002 ein voller Erfolg. Der Anteil der Haushalte, die mit erneuerbarer Energie versorgt werden, habe rasch auf 7 % erhöht werden können. Es sei daher wichtig, den beschrittenen Weg fortzusetzen und klare Planungsmöglichkeiten für neue Anlagen zu schaffen. Hinsichtlich der Stromproduktion sei man mit dem Gesetz gut unterwegs.

Auch Abgeordneter EDER (S) äußerte sich zufrieden über das Gesetz, fügte aber hinzu, dass man auf das Energiesparen nicht vergessen dürfe. Eder versuchte, die Auswirkungen des Gesetzes in Hinblick auf das Biogas zu erläutern, und wies darauf hin, dass weitere fünfzig Betriebe gefördert werden können. Biogas könne auch in die Erdgasleitungen eingespeist und damit bis zum Kraftfahrzeug transportiert werden. Von Stadtverwaltungen würden auch Pilotprojekte für die Müllabfuhr entwickelt und auch mit Polizei und Taxiunternehmen sei man bereits in Verhandlung, so die positive Einschätzung Eders.

Abgeordneter ZWEYTICK (V) hielt fest, dass das Ökostromgesetz Planungs- und Rechtssicherheit bringe und fünfzig neue Biogasanlagen sowie vierzig neue Biomasseanlagen und vierzig neue Windräder ermögliche. Insgesamt stellte er eine erfreuliche Entwicklung des Ökostroms in Österreich fest und zeigte kein Verständnis für die Haltung der Grünen sowie von Abgeordnetem Scheuch.

Auch wenn das Gesetz nicht das Gelbe vom Ei sei, sei es dennoch ein gutes Gesetz, meinte Abgeordneter MARIZZI (S). Er unterstrich die Notwendigkeit des Energiesparens und rechnete vor, dass allein das Standby bei den Computern die Energie eines Kraftwerks benötige. Die Wasserkraft hielt er für eine Zukunftstechnologie, denn mit 60 % Wirkungsgrad sei sie der Photovoltaik mit 25 % Wirkungsgrad weit überlegen.

Abgeordneter HORNEK (V) gab zu bedenken, dass für die Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit die Situation des weltweiten Energiemarktes relevant sei. Deswegen müsse der Ökostrom unterstützt werden, der sich mittlerweile zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig entwickelt habe. Er gebe bereits 5.400 Menschen Arbeit. Die Photovoltaik hält Hornek noch lange nicht für konkurrenzfähig.

Herbe Kritik an der Energiepolitik der ÖVP übte Abgeordneter Mag. MOSER (S). Die ÖVP stelle seit zwanzig Jahren den Energieminister und sei nicht in der Lage gewesen, eine Gesamtstrategie zu erstellen. Die Versorgungssicherheit in Österreich habe abgenommen, die Produktion sei zurückgegangen und der Leitungsbau liege in Agonie, so die Analyse Mosers. Die steirische Stromversorgung hänge bereits jetzt an einem seidenen Faden, sagte er, das Kartenhaus Stromliberalisierung sei zusammengebrochen und die Vorteile habe nur der Finanzminister lukriert. Österreich sei von einem Stromexporteur zu einem Stromimporteur geworden.

Bei der Abstimmung wurde die Novelle zum Ökostromgesetz, zum Elektrizitätswirtschafts- und –organisationsgesetz sowie zum Energie-Regulierungsbehördengesetz unter Berücksichtigung eines Zusatz- bzw. Abänderungsantrages mit der verfassungsmäßigen Zwei-Drittel-Mehrheit von ÖVP, SPÖ und von F-BZÖ-MandatarInnen mehrheitlich angenommen. Der Rückverweisungsantrag der Grünen wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und F-BZÖ mehrheitlich abgelehnt. 

Der Entschließungsantrag der Grünen betreffend Stilllegung des AKW Temelin und Ökostrom statt Atomstrom wurde mehrheitlich abgelehnt.

Das Energie-Versorgungssicherheitsgesetz 2006 wurde unter Berücksichtigung eines Zusatz- und Abänderungsantrags sowie einer Druckfehlerberichtigung einstimmig beschlossen.

Ebenso einstimmig passierte die Novelle zum Versorgungssicherheitsgesetz den Nationalrat.

Anlagenrechtsnovelle 2006

Abgeordnete SBURNY (G) kündigte die Ablehnung der Anlagenrechtsnovelle seitens ihrer Fraktion an, da diese ihrer Ansicht nach eine Verschlechterung für die Bevölkerung bedeute. Sburny kritisierte, dass in Hinkunft Betriebsanlagen auch in jenen Gebieten errichtet werden können, die schon jetzt durch Schadstoffe besonders belastet sind. Die Meldepflicht der Unternehmen hinsichtlich der Lärmemissionen hielt sie für grundsätzlich positiv, nicht nachvollziehen kann sie aber die Bestimmung, dass die Lärmwerte erst nach der Bewilligung zu melden sind. Damit könnten die Anrainer nicht mitreden, bedauerte sie. Sie verstehe auch nicht, warum keine Sachverständigen eingeschaltet werden.

Abgeordneter LEDOLTER (V) stellte die Behauptungen Sburnys in Abrede und warf ihr eine ideologisch verbrämte Wirtschaftspolitik vor. Das Gesetz sehe ausdrücklich Regelungen vor, die dafür sorgen, dass die Menschen ihr Recht behalten, dass aber auch der Wirtschaftsstandort erhalten bleibe. Die Bundesregierung betreibe in diesem Sinne eine Politik mit Augenmaß, sagte er.

Abgeordneter HOSCHER (S) unterstrich die Notwendigkeit, die wirtschaftliche Zumutbarkeit zu berücksichtigen. Deshalb halte er die Einbindung von Betriebsinhabern für wichtig, da diese die Verhältnismäßigkeit betriebswirtschaftlich am besten einschätzen können.

Zustimmung zum vorliegenden Gesetz wurde auch von Abgeordnetem DI HOFMANN (F) signalisiert, der darauf hinwies, dass die Anlagenrechtnovelle auf eine EU-Richtlinie zurückgeht.

Abgeordneter DI KUMMERER (S) ging näher auf den Lärmschutz ein und erinnerte daran, dass die SPÖ dem Anlagenrecht im Jahr 2005 vor allem wegen des Kompetenzwirrwarrs nicht zugestimmt habe. Die heutige Novelle gebe diesen Bedenken recht, sagte er. Die Betriebe brauchten ein konzentriertes Umwelt- und Anlagenrecht.

Bundesminister Dr. BARTENSTEIN reagierte auf die Kritik der Grünen und hielt fest, es gehe nicht an, dass man in belasteten Gebieten überhaupt keine neuen Betriebe mehr errichten könne. Dies sei in Hinkunft möglich, wenn es zu nicht relevanten Emissionen komme. Sollten diese aber relevant sein, dann seien solche Anlagen zu genehmigen, wenn über den Stand der Technik hinausgegangen wird und wenn entsprechende kompensatorische Maßnahmen gesetzt werden.

Bei der Abstimmung wurde die Anlagenrechtsnovelle mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und F-BZÖ mehrheitlich beschlossen.  

Änderung des Wirtschaftskammergesetzes

Abgeordnete SBURNY (G) bezeichnete die Änderung des Wirtschaftskammergesetzes als völlig unzureichende Antwort auf die Herausforderungen einer modernen und veränderten Wirtschaftswelt. Wenn zum Beispiel die Bäcker- mit der Konditorinnung zusammengelegt würden, dann sei das zwar in Ordnung, aber sicher nicht der Schlüssel für eine echte Reform, die ihren Namen auch verdient. Die Wirtschaftskammer scheine – ähnlich wie der ÖGB – hinsichtlich der eigenen Strukturen etwas reformresistent zu sein, mutmaßte Sburny. Die Rednerin wies darauf hin, dass es derzeit 1.300 Gremien mit 17.000 FunktionärInnen in der Wirtschaftskammer gibt. Darüber hinaus werde wieder einmal das alte Wahlrecht einbetoniert und keine Direktwahl der Gremien ermöglicht. Dadurch komme es zu extremen Verzerrungen zwischen Branchen und Bundesländern, gab Sburny zu bedenken. Extrem störend sei auch die Tatsache, dass es nach wie vor kein passives Wahlrecht für UnternehmerInnen mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft gibt. Schließlich brachte die G-Mandatarin im Namen ihrer Fraktion einen Entschließungsantrag ein, der auf eine radikale Straffung der Strukturen in der Wirtschaftskammer und eine Reform des Wahlrechts abzielte.

Die Wirtschaftskammer erfreut sich bei ihren über 350.000 Mitgliedern einer ganz besonders hohen Akzeptanz, konstatierte Abgeordneter KOPF (V). Bei Befragungen geben weit über 70 % der Unternehmer an, dass sie mit der Organisation zufrieden sind. Dies sei seiner Ansicht nach auch nicht verwunderlich, da die Wirtschaftskammer höchst wirkungsvoll in der Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder agiere. Außerdem passe sie sich in ihren Strukturen regelmäßig und konsequent den notwendigen Erfordernissen an, war Kopf überzeugt. Ein Vergleich mit dem ÖGB sei daher völlig unangebracht. Mit dem vorliegenden Gesetz werden nun die Voraussetzungen geschaffen, dass die Kammer ihre Organisationsstruktur neuerlich zu überprüfen hat.

Mit dem heutigen Beschluss soll ein weiterer Schritt in einem fortlaufenden Reformprozess gesetzt werden, meinte Abgeordneter Dr. MATZNETTER (S). Es bestehe kein Zweifel, dass im Demokratiebereich noch mehr möglich gewesen wäre, aber es wurde doch etwas erreicht. So seien etwa in den mittleren Ebenen die Minderheitsmandate auch für die zwischenzeitlichen Vertretungen vorgesehen.

Abgeordneter NEUDECK (F) sprach von einem großen Schritt in die richtige Richtung. Den Grünen müsse man vorwerfen, dass sie teilweise zu den Sitzungen im Wirtschaftsparlament gar nicht kommen oder einige Mandate, die sie erreicht haben, nicht besetzt haben. Zur Ehrenrettung der vielen Funktionäre möchte er festhalten, dass es in der WKÖ im Gegensatz zum ÖGB keine Pensionsverträge, fast keine Aufwandsentschädigungen und auch keine Penthäuser gebe.

In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordnete SBURNY (G) in Richtung Matznetter fest, dass der Sprecher der Grünen Wirtschaft, Volker Plass, deshalb nicht zu den Verhandlungen kam, weil er von Präsident Leitl nicht mehr eingeladen wurde.

Abgeordneter STEINDL (V) erinnerte daran, dass sehr viele Funktionäre ehrenamtlich in der Wirtschaftskammer tätig seien. Es sei klar, dass große Unternehmen immer wieder verändert werden müssten, um die notwendige Effizienz sicherzustellen. Das erweiterte Präsidium der Bundeswirtschaftskammer werde vorsichtig und umsichtig an die Reformarbeit herangehen und nach Maßgabe der Branchenvertretungen die neuen Zahlen festlegen, war Steindl überzeugt.

In einer tatsächlichen Berichtigung korrigierte Abgeordneter NEUDECK (F) eine Aussage von Sburny und stellte klar, dass Unternehmer mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft in der Wirtschaftskammer wählen dürfen.

Abgeordneter Dr. BAUER (S) sprach von einer relativ breiten Konsensmaterie. Er glaube, dass die geplante Reduzierung der Fachorganisationen um ein Drittel richtig sei; damit werde ein Versäumnis der letzten Reform nachgeholt. Wichtig sei auch, dass ein gewisser demokratiepolitischer Schub eingeleitet wurde.

Der – längst überfällige - Reformprozess der Wirtschaftskammer habe bereits im Jahr 2000 begonnen, wobei man auf einige Erfolge zurückblicken kann, meinte Abgeordneter DI HOFMANN (F). Die Änderung des Wirtschaftskammergesetzes sei nun ein weiterer notwendiger und richtiger Schritt. So wird u.a. dem erweiterten Präsidium der Bundeswirtschaftskammer die Aufgabe übertragen, konkrete Kriterien für die Errichtung von Fachverbänden und Fachgruppen zu formulieren. Außerdem sollen die derzeitigen 128 Fachorganisationen auf eine Größenordnung von rund 80 reduziert werden.

Es zeige sich, dass große und traditionelle Organisationen oft sehr langsam und mühevoll zu reformieren sind, gab Abgeordneter GARTLEHNER (S) zu bedenken. Dass heute wieder ein Reformschritt verwirklicht werden könne, sei auch den handelnden Personen zu verdanken. Es handle sich um "eine gute, kleine Reform", weitere Reformen würden folgen.

Abgeordneter KOPF (V) ging auf die Vorwürfe von G-Mandatarin Sburny ein. Unmittelbar nach der Wirtschaftskammerwahl 2005 habe man sich mit allen Fraktionen darauf verständigt, dass der nächste Reformschritt in der WKÖ der Straffung der Fachorganisationsstruktur gewidmet sein soll. Als dann klar wurde, dass die Grünen nicht zustimmen werden, wenn nicht auch das Wahlrecht geändert wird, gab es wenig Sinn, die bilateralen Gespräche weiterzuführen. Der Vertreter der Grünen war aber selbstverständlich beim abschließenden Gespräch eingeladen; er sei aber unentschuldigt nicht gekommen. Was die unterschiedliche Gewichtung der Stimmen bei den Wahlen angeht, so müsse man bedenken, dass manche Fachorganisationen 300 Mitglieder haben, andere wiederum 30.000 Mitglieder.

Die Änderungen im Wirtschaftskammergesetz seien sicherlich nicht das Optimum, aber ein Schritt vorwärts, konzedierte Abgeordneter DI KUMMERER (S). Für alle Organisationen gelte der Spruch "Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit". Für die Zukunft wünsche er sich, dass die Sozialpartnerschaft wieder gestärkt wird.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf mehrheitlich angenommen; der Entschließungsantrag der Grünen betreffend Demokratiepaket fand keine Mehrheit. (Schluss Wirtschaft/Forts. NR)


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