Parlamentskorrespondenz Nr. 544 vom 07.06.2006

Thema Finanzmarktaufsicht im Finanzausschuss

FMA personell am Limit, Obmann sieht Handlungsbedarf für Gesetzgeber

Wien (PK) - Der Finanzausschuss hielt in seiner heutigen Sitzung eine aktuelle Aussprache zum Thema Finanzmarktaufsicht ab, bei der die FMA-Vorstände Kurt Pribil und Heinrich Traumüller über die Tätigkeit ihrer Aufsichtsbehörde im Jahr 2005 berichteten und Fragen der Abgeordneten beantworteten. Dabei erfuhren die Ausschussmitglieder, dass sich der österreichische Finanzmarkt im Vorjahr sehr lebhaft entwickelt hat. Die Kreditinstitute haben in Zentral- und Osteuropa gute Gewinne gemacht und auch die Pensionskassen bilanzierten überaus positiv. Auf ihrem Weg in den Osten will die FMA die Banken begleiten, sagten Pribil und Traumüller. Bei der Erfüllung ihrer zunehmenden Aufgaben stoße die FMA aber an personelle Grenzen.  

Wegen der großen Bedeutung des Themas und der zahlreichen Wortmeldungen von Abgeordneten schlug Ausschussobmann Günther Stummvoll den Ausschussmitgliedern vor, die Aussprache über die Finanzmarktaufsicht an einem anderen Tag im Ausschuss fortzusetzen, was die Sprecher der Fraktionen einhellig begrüßten. Der Finanzausschuss werde künftig eng mit der Finanzmarktaufsicht zusammenarbeiten, kündigte Stummvoll an, der auch Handlungsbedarf beim Gesetzgeber sah.

In seinem Einleitungsstatement sprach FMA-Vorstand Kurt Pribil von einer Erfolgsstory des österreichischen Finanzmarkts im vergangenen Jahr. Die Kreditinstitute steigerten ihre Gewinne bei gleich bleibendem Kostenwachstum um 15,7 %. Ein Großteil der Gewinne stammt aus den zentral- und osteuropäischen Märkten. Das Eigenkapital stieg um 22 Mrd. € und liegt über dem gesetzlichen Mindestmaß.

Auch die Versicherungswirtschaft habe ein gutes Jahr 2005 erlebt, Impulse wurden im Bereich Lebensversicherungen und bei der prämienbegünstigten Pensionsvorsorge wirksam. Sowohl betriebliche als auch überbetriebliche Pensionskassen verzeichneten weitere Ergebnisverbesserungen. 2005 bildete das dritte positive Jahr seit der Krise 2000 bis 2002, die durchschnittliche Jahresprämie stieg gegenüber 2004 von 7,3 % auf 11,4 %.

Sehr positiv habe sich auch die Börse entwickelt. Der ATX stieg gegenüber dem Jahr 2004 um 51 %.

Die Schwerpunkte der Finanzmarktaufsicht lagen 2005 zunächst in ihrer Strategie, die Bankinstitute auf ihrem Weg nach Osteuropa zu begleiten. In diesem Zusammenhang wurden Abkommen mit Schwesterbehörden in Bulgarien, Kroatien und Rumänien abgeschlossen und Vorortprüfungen gemeinsam mit Schwesterbehörden und mit der Österreichischen Nationalbank intensiviert.

Die Finanzmarktaufsicht war 2005 auch bemüht, ihre Effizienz zu erhöhen und hat Abläufe durchleuchtet, Normen hinterfragt und Maßnahmen gesetzt, um Mitarbeiter für die Erfüllung neuer Aufgaben frei zu spielen. Eine dieser neuen Aufgaben, nämlich die Prospektaufsicht, habe sich als sehr arbeitsaufwendig erwiesen.

Beim Kampf gegen Insider-Geschäfte habe sich die enge Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft sehr bewährt, berichtete Kurt Pribil.

FMA-Vorstand Heinrich Traumüller stellte klar, dass die FMA nicht das Ziel verfolge, Pleiten generell auszuschließen, das Ausscheiden nicht wettbewerbsfähiger Unternehmen gehöre zu einer Marktwirtschaft. Dies soll aber in geordneter Form ohne Erschütterung des Finanzmarktes geschehen können.

Traumüller erläuterte das sechsstufige System der Finanzmarktaufsicht mit Innenrevision, Aufsichtsrat, Wirtschaftsprüfern, Bankprüfern, Staatskommissären und der Finanzmarktaufsicht. Einen Ansatz zur Verbesserung des Systems sah Traumüller in der Stärkung der internen Revision, die frei und unabhängig arbeiten, kritisch prüfen und dem Aufsichtsrat und nicht nur dem Aufsichtsratsvorsitzenden berichten solle. Weiters plädierte Traumüller für eine Aufstockung der Vor-Ort-Prüfungen und der Follow-Up-Prüfungen zur Kontrolle von Auflagen. Verbesserungen bei der Qualität der Risikoprüfungen erwartete Traumüller von Basel II. Außerdem plädierte er dafür, die Bemühungen um eine weitere Professionalisierung der Aufsichtsräte fortzusetzen.

Staatskommissäre üben eine Systemaufsicht aus, keine Geschäftsaufsicht, stellte Traumüller klar.

Die Finanzmarktaufsicht sei mit ihren personellen Kapazitäten am Limit, hielt der FMA-Vorstand fest und machte die Abgeordneten auf die große Verantwortung der Finanzmarktaufsicht und auf das Risiko der Amtshaftung für den Steuerzahler aufmerksam.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) sah die 2002 geschaffene Finanzmarktaufsicht als eine sehr junge Institution, die noch am Anfang ihrer Entwicklung stehe. Der Abgeordnete nannte die Fälle BHI, Riegerbank, Trigonbank, Bank Burgenland, BAWAG, Tiroler Sparkasse und ging dann im einzelnen auf die Vorkommnisse in der Hypo-Alpen-Adria-Bank ein, wo er eine Verlustverteilung über mehrere Jahre ortete, die Bestellung des Bankprüfers problematisierte und die FMA-Vorstände zu einer Stellungnahme gegenüber den Angriffen des Kärntner Landeshauptmanns aufforderte.

Er freue sich über die positiven Ergebnisse der Pensionskassen, sagte Matznetter, kritisierte aber, dass unmittelbar nach der wegen der Notlage der Kassen erfolgten Aufhebung der Mindestgarantie im Jahr 2003 Gewinne an die Eigentümer ausgeschüttet wurden.

Große Bedeutung maß Matznetter einer verstärkten Aufsicht in Osteuropa zu, weil es dort zu verhindern gelte, "was in der anderen Himmelsrichtung zu Problemen geführt hat".

In der Struktur der Finanzmarktaufsicht hielt es Matznetter für problematisch, dass junge, bescheiden bezahlte Mitarbeiter ihre Karrierechancen nicht in der Finanzmarktaufsicht, sondern oft in den von ihnen geprüften Instituten finden.

Bei den Wirtschaftsprüfern hielt Matznetter die externe Rotation für wichtig, um Monopole aufzubrechen. Außerdem sprach sich Matznetter für verbesserte Informationen an die Wirtschaftsprüfer und für Rückmeldungen von Seiten der Finanzmarktaufsicht aus.

Abgeordneter Jakob Auer (V) hielt es für wünschenswert, Betrugsfälle auszuschließen, stellte realistischerweise aber fest, dass dies auch dann nicht gelingen könne, wenn man die Zahl der FMA-Mitarbeiter verdreifachte. Wenn interne Revision, Eigentümervertreter und Vorstandsvorsitzender zusammenarbeiten, sei die Finanzmarktaufsicht chancenlos. Freie Berichte der internen Revision an den gesamten Aufsichtsrat sollten obligatorisch werden, sagte Auer und erkundigte sich in Detailfragen nach der Kooperation mit osteuropäischen Schwesterbehörden.

Werner Kogler (G) interessierte sich für den zusätzlichen Personalbedarf bei der Finanzmarktaufsicht und hielt es für notwendig, über die Bestellung von Staatskommissären zu diskutieren. Denn wenn diese nicht stärker auftreten, stelle sich die Frage, ob man sie überhaupt brauche. "Ich habe nicht den Eindruck, dass hier ein Kompetenzteam unterwegs ist", sagte Werner Kogler.

Auf die aufgeworfenen Fragen eingehend, charakterisierte Heinrich Traumüller sowohl die Zusammenarbeit mit der Österreichischen Nationalbank als auch mit Schwesterbehörden in Osteuropa als sehr gut. Die Qualität der Finanzmarktaufsicht in Osteuropa habe gute Fortschritte gemacht, stellen österreichische Finanzmarktprüfer bei gemeinsam durchgeführten Prüfungen fest.

Hinsichtlich des Personalbedarfs führte Heinrich Traumüller vergleichsweise aus, dass belgische Banken im Durchschnitt alle zwei Jahre, niederländische Banken alle drei Jahre, österreichische Banken aber nur alle zehn Jahre mit einer Prüfung durch die Finanzmarktaufsicht rechnen müssen.

Kurt Pribil erläuterte den Abgeordneten die Abstimmung der Prüfungstätigkeit mit der Nationalbank, um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden.

Das Ermittlungsverfahren bei der Hypo-Alpen-Adria werde in sachlicher Form fortgesetzt, sagte Kurt Pribil.

Kurt Pribil verteidigte das System der Staatskommissäre als effizient; ihre Aufgabe bestehe darin, die Einhaltung des Bankwesengesetzes zu kontrollieren.

Ausschussvorsitzender Günther Stummvoll (V) schlug den Ausschussmitgliedern schließlich vor, die Aussprache über die Finanzmarktaufsicht wegen der großen Bedeutung des Themas zu einem anderen Zeitpunkt fortzusetzen. Der Finanzausschuss werde künftig eng mit der Finanzmarktaufsicht zusammenarbeiten, kündigte Stummvoll an und fügte hinzu, dass er beim Thema Finanzmarktaufsicht auch Handlungsbedarf für den Gesetzgeber sehe. (Schluss)