Parlamentskorrespondenz Nr. 546 vom 07.06.2006

Verfassungsausschuss setzt weiteren Schritt zur Rechtsbereinigung

Mit Deregulierungsgesetz werden zahlreiche Normen aufgehoben

Wien (PK) - Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat einen weiteren Schritt zur Rechtsbereinigung gesetzt. ÖVP, SPÖ und Freiheitliche stimmten einem von der Bundesregierung vorgelegten Deregulierungsgesetz zu, mit dem zahlreiche nicht mehr erforderliche Normen aufgehoben werden. Überholte verfassungsgesetzliche Bestimmungen werden allerdings - anders als ursprünglich vorgesehen - vorerst noch nicht gestrichen, da, wie es in den Erläuterungen eines entsprechenden Abänderungsantrags heißt, noch in dieser Legislaturperiode eine umfassende Gesetzesvorlage zur Verfassungsbereinigung zu erwarten sei. Die Arbeiten des zur Verfassungsreform eingesetzten Besonderen Ausschusses des Nationalrats seien bereits weit gediehen.

Der Beschluss des Deregulierungsgesetzes ist bereits der zweite Schritt zur Rechtsbereinigung auf Bundesebene, ein erster Schritt wurde vom Nationalrat im Juli 1999 gesetzt. Damals waren alle vor 1946 kundgemachten Gesetze und Verordnungen mit dem Ziel durchforstet worden, überholte und nicht mehr notwendige Vorschriften abzuschaffen. Als Ergebnis wurden mit 1. Jänner 2000 rund 200 Gesetze außer Kraft gesetzt.

Nunmehr sind es vor allem Verordnungen, aber auch einige Bundesgesetze und bundesgesetzliche Bestimmungen, die der Rechtsbereinigung zum Opfer fallen. So finden sich u.a. das 1928 beschlossene Privat-Kraftwagenführergesetz, ein Bundesgesetz von 1958 über die Einführung einer Lizenzabgabe anlässlich der Einfuhr bestimmter eiweißhältiger Futtermittel, ein Bundesgesetz von 1968 über Bundeszuschüsse für die Austria Wochenschau und das Bundestheatersicherheitsgesetz von 1989 in der Liste der abzuschaffenden Bundesgesetze. Gleichzeitig sind - in Anknüpfung an eine EU-Initiative mit dem Titel "Less and Better Regulation" - in einigen Gesetzen textliche Vereinfachungen und eine inhaltliche Harmonisierung des Normenbestandes vorgesehen.

In der Debatte hielt Abgeordnete Terezija Stoisits (G) fest, die Grünen seien nicht gegen das Deregulierungsgesetz, sie habe bei manchen Bestimmungen aber Zweifel, ob diese tatsächlich hinfällig seien. Als Beispiele nannte sie die Aufhebung einiger Bestimmungen des Richtwertgesetzes und die Abschaffung des Privat-Kraftwagenführergesetzes. In Bezug auf das Arbeitsmarktförderungsgesetz beklagte Stoisits, dass eine befristet eingeführte Bestimmung trotz gegenteiliger Ankündigung nie evaluiert worden sei und nun einfach gestrichen würde. Die Grünen werden sich ihr zufolge bis zur Plenarsitzung noch überlegen, ob sie dem Gesetz zustimmen.

Seitens der Koalitionsparteien begrüßten Abgeordnete Ulrike Baumgartner-Gabitzer (V) und Detlef Neudeck (F) das Deregulierungsgesetz. Bei all der Fülle von Gesetzen sei es notwendig, "das eine oder andere Mal etwas zu entrümpeln", betonte Neudeck. Zum Abänderungsantrag merkte Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer an, der zur Vorberatung einer Verfassungsreform eingesetzte Besondere Ausschuss des Nationalrats habe VfGH-Präsidenten Karl Korinek und andere Verfassungsexperten beauftragt, einen umfassenden Vorschlag zur Verfassungsbereinigung zu erarbeiten.

Staatssekretär Alfred Finz führte aus, die Regierung habe die EU-Initiative "Better Regulation" zum Anlass genommen, auch in Österreich eine Durchforstung von Rechtsvorschriften vorzunehmen. Es sei nicht zuletzt für die Wirtschaft und andere Normadressaten von Vorteil, wenn Gesetze besser verständlich seien, bekräftigte er. ExpertInnen der zuständigen Ressorts versuchten mit detaillierten Erläuterungen Bedenken auszuräumen, dass einige der gestrichenen gesetzlichen Bestimmungen noch gebraucht würden.

Das Deregulierungsgesetz 2006 wurde bei der Abstimmung unter Berücksichtigung des V-F-Abänderungsantrags mit V-S-F-Mehrheit angenommen. Mit dem Abänderungsantrag wurde dabei nicht nur Artikel I des Gesetzes - Aufhebung von Bundesverfassungsgesetzen und in einfachen Bundesgesetzen enthaltenen Verfassungsbestimmungen - aus der Regierungsvorlage herausgelöst, sondern auch einige Gesetzesänderungen im Bereich des Dienstrechts für den öffentlichen Dienst. Der Inhalt dieser Gesetzesänderungen wurde - aus Gründen der Übersichtlichkeit - in eine vom Verfassungsausschuss heute ebenfalls beschlossene Dienstrechtsnovelle eingebaut.

Detailänderungen im Dienstrecht für Bundesbedienstete

Im Dienstrecht für Bundesbedienstete werden einige Detailänderungen vorgenommen. Ein von der Regierung vorgelegter und vom Verfassungsausschuss einhellig gebilligter Gesetzentwurf sieht u.a. eine Ausdehnung der Familienhospizfreistellung auf die Pflege von schwer kranken Kindern von Lebensgefährten, die Ausdehnung des Fahrtkostenzuschusses auf Verwaltungspraktikanten und die Schaffung der Verwendungsbezeichnung "Professor" für Vertragslehrer vor. Zudem werden einem Abänderungsantrag zufolge nicht mehr benötigte Bestimmungen aus dem Beamten-Dienstrechtsgesetz und anderen dienstrechtlichen Gesetzen gestrichen.

Abgeordneter Erwin Niederwieser (S) bedauerte, dass auch mit dieser Gesetzesnovelle keine dienstrechtliche Gleichstellung von Fachhochschul-Absolventen mit Akademikern im Bundesdienst vorgenommen würde. (Schluss)