Parlamentskorrespondenz Nr. 560 vom 09.06.2006

Bundespensionsamt wird in Beamtenversicherungsanstalt integriert

Bundesrat erhebt Einspruch gegen Sozialvorlagen

Wien (PK) - Bundesrätin Dr. LICHTENECKER (G) sprach im Zusammenhang mit dem Bundespensionsamtsübertragungs -Gesetz von "einem Schritt vorwärts". Bei näherer Betrachtung müsse man jedoch kritisch feststellen, dass durch dieses Gesetz das Prinzip der Sonderversicherungsanstalten verfestigt werde. Die Grünen wünschen sich aber, dass in Hinkunft alle Versicherten beim jeweils zuständigen Versicherungsträger zusammengefasst werden.

Bundesrat KONECNY (S) bezeichnete es als positiv, dass das bisherige Bundespensionsamt nun in die Beamtenversicherungsanstalt integriert wird. Damit werde eine zentrale Anlaufstelle für alle Bereiche der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung geschaffen. Nicht nachvollziehen könne er jedoch eine Reihe von Bestimmungen, die für jene Mitarbeiter gelten, die in den neuen Strukturen tätig werden. Es sei nicht einzusehen, warum sie zum Beispiel als Neueintretende behandelt und ihnen nur fünf Jahre als Vordienstzeit angerechnet werden. Diese Fehler müssen "noch ausgebügelt werden", forderte der S-Redner.

Im Namen der ÖVP-Fraktion begrüßte Bundesrat BIERINGER die geplante Zusammenführung von BPA und BVA, weil damit eine effektivere, schnellere und bessere Dienstleistung gewährleistet werde. Was die Mitarbeiterfrage anbelangt, so unterstrich er, dass sich im Prinzip nichts ändere. Die bisherigen öffentlich Bediensteten und Vertragsbediensteten behalten ihren Status, nur für jene, die ins neue System wechseln, gelten die Rahmenbedingungen des Sozialversicherungsrechts.

Die Aufgaben des Pensionsamts werden in Hinkunft von der Bundesversicherungsanstalt im übertragenen Wirkungsbereich durchgeführt, erläuterte Staatssekretär Dr. FINZ. Dies sei deshalb sinnvoll, weil der betroffene Personenkreis schon bisher im Kranken- und Unfallbereich von der BVA betreut wird. Außerdem erspare sich der Bund durch diese Maßnahme ein eigenes Amt. Im Gegensatz zu den Ausführungen von Bundesrat Konecny wolle er noch einmal darauf hinweisen, dass für das Personal keine Verschlechterungen eintreten. Wenn ein Bediensteter im Rahmen des übertragenen Wirkungsbereichs tätig ist, bedarf es keiner Dienstprüfung, unterstrich Finz. Außerdem ist in der Dienstordnung der BVA festgelegt, dass nur fünf Jahre Vordienstzeit angerechnet werden können. Der Bund werde sicher nicht in den eigenen Wirkungsbereich der BVA eingreifen.

Bundesrat BIERINGER (V) appellierte an seine Kollegen, sich am Wort befindliche Regierungsmitglieder nicht durch Schreiorgien am Sprechen zu hindern.

Bundesrat KONECNY (S) schloss sich dem Appell seines Vorredners vollinhaltlich an; er war nur an die falsche Adresse gerichtet. Wenn Regierungsmitglieder polemisieren, dann müsse man damit rechnen, dass es Aufregung gibt.

Mehrheitlich kein Einspruch.

Unter einem wurden verhandelt: das Strukturanpassungsgesetz 2006, das Betrugsbekämpfungsgesetz 2006 und die Änderung des BG über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft m.b.H.

Bundesrätin Mag. NEUWIRTH (S) ging zunächst auf die Gesetzesvorlage betreffend Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft ein, wo es im Wesentlichen um die Verbesserung der Zugangsmöglichkeiten von KMU an öffentlichen Ausschreibungen geht. Damit werde eine langjährige Forderung der Sozialdemokraten umgesetzt. Es handle es sich allerdings nur um einen ersten Schritt in die richtige Richtung, der einige Fehler beinhalte, urteilte Neuwirth. Falsch sei ihrer Ansicht nach, dass nun auch die Gemeinden unter das Regime des BBG gestellt werden. Gerade diese Gebietskörperschaften hätten in der Vergangenheit bewiesen, dass sie regionale KMU und damit die Interessen des ländlichen Raums besonders berücksichtigen. Positiv äußerte sie sich zum Betrugsbekämpfungsgesetz, weil dadurch effiziente Maßnahmen in diesem Bereich gesetzt werden. Dies führe zu mehr Steuergerechtigkeit, einer Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und einer Stärkung des Wirtschaftsstandortes. Nicht einverstanden zeigte sie sich hingegen mit der organisatorischen Zuordnung der KIAB zu den Finanzämtern; dies komme ihrer Auffassung nach einer Zerschlagung der bisher sehr erfolgreichen Einheit gleich. Schließlich befasste sich Neuwirth noch mit dem Strukturanpassungsgesetz, wodurch eine – zweckmäßige - Verknüpfung der steuerlichen Gewinnermittlung mit der handelsrechtlichen Rechnungslegung erreicht werden soll.

Bundesrätin Dr. LICHTENECKER (G) kündigte an, dass die Grünen allen drei Gesetzesvorlagen zustimmen werden. Besonders positiv sei, dass sich in der Frage der Bundesbeschaffungsagentur alle vier Parteien auf eine Maßnahme einigen konnten, die zur Stärkung der kleinen und mittleren Unternehmen in Österreich beitragen wird. Skeptisch beurteilte die Rednerin jedoch, dass alle öffentlichen Einrichtungen miteinbezogen werden.

Auch die Sozialdemokraten begrüßten die Gesetzesinitiative im Bereich der Bundesbeschaffung, konstatierte Bundesrat SCHIMBÖCK (S). Wenn sich aber in Hinkunft immer mehr Gemeinden der Agentur bedienen, dann bestehe natürlich die Gefahr, dass Aufträge für die lokale Wirtschaft verloren gehen, gab der Redner zu bedenken. Die SPÖ werde sicherlich die zukünftige Entwicklung kritisch beobachten.

Bundesrätin ZWAZL (V) wies – ebenso wie Bundesrätin Lichtenecker – darauf hin, dass die Änderungen bei der Bundesbeschaffungsagentur auf einen Entschließungsantrag des Bundesrates zurückgehen. Betroffen davon seien u.a. Reinigungsdienstleistungen für Gebäude, Güter und Dienstleistungen der Informationstechnologie, Büro- und EDV-Verbrauchsmaterial, Lebensmittel für Großabnehmer, Betriebsverpflegung, Essensbons, Wäschereien, Metallprodukte, Elektrogeräte sowie deren Instandhaltung.

Staatssekretär Dr. FINZ: Mit der vorliegenden Änderung des BBG-Gesetzes wird den Gemeinden und Ländern nicht die Möglichkeit eröffnet, sich der Bundesbeschaffungsagentur zu bedienen; auf freiwilliger Basis können sie das schon längst. Es soll damit ermöglicht werden, dass auch die ausgegliederten Bereiche, zum Beispiel Krankenanstalten, Pflegeheime, auf die Agentur zurückgreifen können. Damit komme man einem Wunsch des Gemeinde- und Städtebundes nach, informierte Finz. Was die KIAB angeht, so gehe es keinesfalls darum, dass diese Einheit zerschlagen werden soll. Es handle sich dabei um eine äußerst erfolgreiche Truppe, die aber noch schlagkräftiger gemacht werden soll, betonte Finz. Die Überführung von den Zoll- zu den Abgabenbehörden war deshalb notwendig, weil vor Ort festgestellte allgemeine Abgabendelikte bisher nicht behandelt werden konnten.

Mit Stimmeneinhelligkeit wurde beschlossen, keinen Einspruch zu erheben.

Unbeeinsprucht blieb auch die Änderung des Zahnärztegesetzes.

Im Zusammenhang mit der Urheberrechtsgesetz -Novelle 2006 befasste sich Bundesrat SCHIMBÖCK (S) in seiner Wortmeldung vor allem mit den AKM-Gebühren. Währenddessen der ORF hervorragende Konditionen erhalten hat, wurde der gewerbliche Bereich "ganz schön zur Ader gelassen", gab der Redner zu bedenken. Was das Kopieren von Musik aus dem Internet anbelangt, so warnte er davor, junge Menschen zu kriminalisieren. Die Gesetzesvorlage sollte daher seiner Meinung nach in diesem Bereich abgeändert werden.

Bundesrat Dr. SPIEGELFELD-SCHNEEBURG (V) sprach von zwei wichtigen Vorlagen, die mit dem Verband der österreichischen Musikwirtschaft, dem über 65.000 Musiker, Sänger, Komponisten und Autoren angehören, abgestimmt worden sind. Es sollen nicht junge Menschen kriminalisiert, sondern den Künstlern ein gerechtes Einkommen garantiert werden. Er brachte sodann zwei Anträge ein, gegen die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Da die Entwürfe in wesentlichen Bereichen noch ergänzt wurden, werden die Grünen heute beiden Vorlagen die Zustimmung erteilen, erklärte Bundesrat SCHENNACH (G). Wichtig sei vor allem, dass der Auskunftsanspruch und die Begründungspflicht in das Urheberrecht aufgenommen wurden.

Bundesministerin Mag. GASTINGER erinnerte daran, dass den Änderungen im Urheberrecht und im Verwertungsgesellschaftsrecht lange Diskussionen vorangegangen sind. In Zusammenarbeit mit den Abgeordneten konnte schließlich ein pragmatischer und vernünftiger Weg gefunden werden, um die Umsetzung der EU-Vorgaben bezüglich der Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums auch tatsächlich zu ermöglichen.

Die beiden Anträge, gegen die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, wurden mehrheitlich angenommen.

Ferner wurden das Sachwalterrechts -Änderungsgesetz 2006, die Änderung der Rechtsanwaltsordnung und die Änderung des Heimaufenthaltsgesetzes unter einem beraten.

Bundesrätin Mag. NEUWIRTH (S) ging zunächst näher auf Inhalt und Ziele der Gesetzesvorlage ein und fasste zusammen, dass diese im großen und ganzen Verbesserungen sowohl für besachwaltete als auch für behinderte Menschen bringe. Sie begrüßte vor allem die Einführung einer Clearing-Stelle im Vorfeld der Sachwalterschaftsverfahren sowie die Begrenzung der Sachwalterschaften pro Person auf fünf Fälle und für Rechtsanwälte und Notare auf 25. Dieses Gesetz bringe sicherlich ein Mehr an Selbstbestimmung für die einzelnen Menschen, zeigte sie sich überzeugt. Seitens der SPÖ hätte man sich eine Begrenzung der Aufwandsentschädigung für die Sachwalter sowie eine Veröffentlichung in einer "Easy-to-Read-Fassung" gewünscht, merkte die Bundesrätin an. Abschließend begrüßte sie den vom Nationalrat zu dieser Gesetzesvorlage beschlossenen Entschließungsantrag, der eine Evaluierung der Neuerungen nach drei Jahren vorsieht.

Auch Bundesrat KRITZINGER (V) erachtete eine Reduzierung der Sachwalterschaften als richtigen Weg. In den letzten Jahren habe es einen Boom gegeben und oft sei eine Sachwalterschaft verhängt worden, wo diese nicht notwendig gewesen sei. Die nunmehrige Lösung werde eine bessere Betreuung ermöglichen, erwartete er sich. Kritzinger befürwortete aber auch die Ausnahme von Vereinen in Bezug auf die Begrenzung. Diese müssten aber Bericht über ihre Tätigkeit erstatten. Er hielt es überdies für richtig, den Vereinen Geld zukommen zu lassen, damit diese ehrenamtlich Tätige verpflichten können.

Als ein gutes Gesetz bezeichnete Bundesrat SCHENNACH (G) die vorliegende Materie, denn Großkanzleien mit mehreren hundert besachwalteten Klienten fehle es an der persönlichen Ebene, die diese Tätigkeit aber benötige. Schließlich habe man als Sachwalter eine Schutzfunktion zu erfüllen, sagte er. Durch die neuen Bestimmungen würde die Selbstbestimmung der Betroffenen gestärkt, so Schennach weiter, und es würde ihnen eine bessere Unterstützung zuteil werden.

Bundesministerin Mag. GASTINGER betonte, die persönliche Freiheit sollte nicht mehr als notwendig eingeschränkt werden, und das habe man mit der vorliegenden Novelle zu erreichen versucht. Die Ministerin hob insbesondere die Clearing-Stelle hervor, deren Aufgabe es sein werde zu prüfen, in welchem Bereich betroffene Menschen nicht in der Lage sind, ihre eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln und in welcher Art und Weise man ihnen am besten helfen könne. Die Forderung von Bundesrätin Neuwirth nach einer "Easy-To-Read-Fassung" unterstützte die Ministerin. Sie versprach seitens ihres Ressorts, eine kurze Fassung des Gesetzes in verständlicher Form herauszugeben.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag des Ausschusses, gegen das Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 keinen Einspruch zu erheben, einstimmig angenommen. Ebenso einstimmig beschloss der Bundesrat, keinen Einspruch gegen die Rechtsanwaltsordnung sowie gegen das Heimaufenthaltsgesetz zu erheben.

Bundesrat MAYER (V) begrüßte im Zusammenhang mit dem Strafvollzugsgesetz die Straffung der Organisation im Hinblick auf den Strafvollzug durch die Schaffung einer Strafvollzugsdirektion mit umfassendem Aufsichtsrecht. Dadurch werde ein effizienter Einsatz von Mitteln und Personal möglich, meinte Mayer. Im Sinne einer dezentralen Organisation trat er jedoch dafür ein, Aufgaben an die Justizanstalten zu übertragen. In diesem Sinne brachte er einen Entschließungsantrag der Bundesräte Edgar Mayer (V), Johann Giefing (S) sowie Peter Mitterer und Siegfried Kampl (beide o.F.) betreffend Evaluierung und Weiterentwicklung der Organisation des Justizwesens ein.

Bundesministerin Mag. GASTINGER umschrieb das Ziel der Novelle, die Kräfte bestmöglich zu bündeln und eine effiziente Organisation zu schaffen. Diese Novelle stelle einen ersten Schritt dazu dar, betonte Gastinger, die auch das Anliegen des Entschließungsantrags unterstützte. Mittel- und längerfristig wolle man die Justizanstalten mit mehr Kompetenzen ausstatten, versprach sie. Ihr schwebe auch vor, diesen ein eigenes Budget zur Verfügung zu stellen, da das Prinzip der Selbstverantwortung zur Leistungssteigerung führe.

Der Antrag des Ausschusses, gegen das Gesetz keinen Einspruch zu erheben, wurde mit Stimmenmehrheit angenommen. Der Entschließungsantrag wurde einstimmig beschlossen.

Die nächsten Tagesordnungspunkte betrafen das Versicherungsrechts -Änderungsgesetz 2006, das Publizitätsrichtlinie -Gesetz, das Genossenschaftsrechtsänderungsgesetz 2006 und die Änderung des Luftfahrtgesetzes.

Bundesrat SCHIMBÖCK (S) wies auf die zunehmende Bedeutung der Genossenschaften hin und bedauerte, dass anlässlich dieser Novellierung nicht die Chance genützt wurde, das Genossenschaftsrecht näher an das Aktienrecht heranzurücken. Die SPÖ könne daher dem Genossenschaftsrechtsänderungsgesetz 2006 keine Zustimmung geben.

Da im Ausschuss bei der Abstimmung Stimmengleichheit herrschte, brachte Bundesrat Dr. KÜHNEL (V) zum Genossenschaftsrechtsänderungsgesetz 2006 den Antrag ein, dagegen keinen Einspruch zu erheben.

Bundesministerin Mag. GASTINGER verteidigte die gefundene Lösung mit dem Hinweis, dass man das Auskunftsrecht für die Aufsichtsratsmitglieder bei den Genossenschaften gestärkt habe. Eine weitergehende Determinierung wäre dem Genossenschaftsrecht fremd, sagte sie, weil es dort eine große Satzungsfreiheit gebe. Außerdem stelle die genossenschaftliche Revision einen zusätzlichen Kontrollfaktor dar, womit alles in allem das Auslangen gefunden werden könne.

Bei der Abstimmung wurde der Ausschussantrag, gegen das Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2006 keinen Einspruch zu erheben, einstimmig angenommen. Ebenso einstimmig passierte das Publizitätsrichtlinie-Gesetz den Bundesrat.

Der Antrag von Bundesrat Kühnel (V), gegen das Genossenschaftsrechtsänderungsgesetz 2006 keinen Einspruch zu erheben, wurde mit Mehrheit angenommen.

Einstimmig beschlossen die Bundesrätinnen und Bundesräte, keinen Einspruch gegen das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr zu erheben.

Einstimmigkeit herrschte im Bundesrat weiters, keinen Einspruch gegen folgende drei Gesetzesvorlagen zu erheben: das Verkehrs- Arbeitsinspektionsgesetz; das Patentgesetz 1970, das Halbleiterschutzgesetz und Markenschutzgesetz 1970; das Abkommen über die Förderung, Bereitstellung und Nutzung von Galileo und GPS-Satellitennavigationssystem und verbundenen Anwendungen samt Antrag.

Im Rahmen der Debatte über die Änderung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes bezeichnete Staatssekretär DOLINSCHEK die Neuerungen beim Kinderbetreuungsgeld als eine Erleichterung für die Familien. In Zukunft werde es einen 50-prozentigen Zuschlag bei Mehrlingsgeburten sowie bei Kindern, die innerhalb von zwei Jahren geboren werden, geben.

Gegen das Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird, wurde nach einstimmigem Votum ebenfalls kein Einspruch erhoben.

Bundesrat HALLER (V) begrüßte die zahlreichen Verbesserungen des Sozialversicherungs -Änderungsgesetzes 2006. Unter anderem nannte er die Verkürzung des Verwaltungswegs, die Neuregelungen der Berechnung der Witwenpension und der Hinterbliebenenpension, die Schwerarbeiterregelung, die e-card, die Erweiterung der Liste der Berufskrankheiten sowie die Verschärfung der Meldepflicht bei Arbeitsunfällen. Da sich die Ausschussmitglieder mehrheitlich für einen Einspruch gegen das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz ausgesprochen hatten, brachte Haller nun im Plenum des Bundesrats den Antrag ein, gegen das genannte Gesetz keinen Einspruch zu erheben.

Bundesrat Mag. KLUG (S) warf der Regierung vor, im Rahmen der Pensionsreform permanent das Leistungsrecht reduziert zu haben, und sprach von Pensionsraub. Zur gegenständlichen Regelung meinte er, es sei inakzeptabel, bei der Schwerarbeit auf das 60. Lebensjahr sowie zehn Jahre Schwerarbeit innerhalb der letzten 20 Jahre abzustellen. Diese unterschiedliche Bewertung der zeitlichen Lagerung der Schwerarbeit innerhalb eines Arbeitslebens hielt der Redner für eine unsachliche Differenzierung und deshalb für verfassungswidrig. Er vermutete, der Regierung gehe es bloß darum, eine Regelung zu finden, von der möglichst wenige erfasst werden.

Bundesrätin DIESNER-WAIS (V) wies die Vorwürfe ihres Vorredners zurück und betonte, gerade mit der Schwerarbeiterregelung habe man sozialpolitische Akzente gesetzt für jene Menschen, die unter besonderen Belastungen stehen. Die Regelung bezüglich der letzten 20 Jahre, die von Klug heftig kritisiert wurde, begründete Diesner-Wais mit dem Argument, die gesundheitliche Belastung am Arbeitsplatz steige mit dem Alter.

Bundesrätin KONRAD (G) konnte hingegen weder Fairness noch Gerechtigkeit in der vorliegenden Schwerarbeiterregelung erkennen und meinte, von den Kriterien würden nicht alle profitieren, die es auch nötig hätten, vor allem Frauen hätten keinen Zugang zur Schwerarbeiterregelung. Als ungerecht empfand sie es auch, dass Schwerarbeit vor dem 40. Lebensjahr nicht angerechnet wird. Es sei geradezu zynisch, dieses Gesetz den Menschen als Erfolg für die Schwerarbeit zu verkaufen.

Bundesrat SCHIMBÖCK (S) kritisierte, der Großteil der Schwerarbeiter werde durch dieses Gesetz nicht berücksichtigt. Die Antwort darauf werde der Regierung einmal mehr der Verfassungsgerichtshof geben.

Staatssekretär DOLINSCHEK verteidigte die Pensionsreform als notwendigen Ausgleich zwischen den Generationen. Das Abstellen auf die zehn Jahre Schwerarbeit innerhalb der letzten 20 Jahre sei darüber hinaus eine Verbesserung gegenüber dem Nachtschwerarbeitsgesetz. Dolinschek gab in diesem Zusammenhang ferner zu bedenken, in höherem Alter sei Schwerarbeit noch wesentlich beschwerlicher. Insgesamt wertete er das Gesetz als Erleichterung für jene Menschen, die schwer gearbeitet haben, und stellte fest, Österreich sei damit europaweit ein Vorreiter für die Schwerarbeiter.

Bundesrat Mag. HIMMER (V) gab zu bedenken, angesichts der demographischen Entwicklung könne man sich die Pensionsregelung in der bisherigen Form nicht mehr leisten. Ziel der Pensionsreform sei es daher gewesen, die Pensionen auch für die zukünftigen Generationen zu sichern. Klar war dem Redner allerdings auch, dass bei der Beurteilung von Schwerarbeit eine 100-prozentige Trennschärfe nicht möglich sei.

Bundesrat REISENBERGER (S) kritisierte Belastungen für Menschen, die ohnehin nur geringe Pensionen haben, etwa von Frauen, durch die gegenwärtige Regierung. Für die Fehler "einer Handvoll Menschen" beim ÖGB und bei der BAWAG habe sich ÖGB-Präsident Hundstorfer bereits entschuldigt, sagte Reisenberger und stellte sich hinter die vielen Funktionäre und Mitarbeiter des ÖGB und der BAWAG, die zum Wohle des Landes tätig sind. Er werde es nicht zulassen, dass die Arbeit dieser Menschen schlecht geredet werde, schloss Bundesrat Reisenberger.

Bundesrat KRITZINGER (V) wollte den Ausdruck "Pensionsraub" nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen und erinnerte Bundesrat Klug daran, um wieviel höher die Mindestpension in Österreich im Vergleich etwa zu Italien sei. Die Fakten sprechen gegen die Behauptung, die Regierung habe "Pensionsraub" betrieben. So seien etwa die Erhöhungen bei den Mindestpensionen über dem Durchschnitt der anderen Pensionen und über der Inflationsrate gelegen, sagte Bundesrat Kritzinger.

Bundesrätin BACHNER (S) nannte die Vorgänge bei der BAWAG eine "Katastrophe" und sah den ÖGB vor der Aufgabe stehen, diese Vorfälle aufzuarbeiten, um neues Vertrauen zu gewinnen. Man dürfe aber nicht die gesamte Organisation schlecht machen. Auch sollte niemand glauben, dass sich jene Menschen, die nicht von der vorliegenden Schwerarbeitsregelung profitieren können, in erster Linie für "Pensionen à la Elsner" interessierten - diese schwer arbeitenden Menschen werden die Regierung für diese Regelung verantwortlich machen, zeigte sich Bachner überzeugt.

Bundesrat Mag. KLUG (S) sah die Finanzierbarkeit des Pensionssystems von mehreren Faktoren abhängen: der demographischen Entwicklung, dem Gesundheitszustand der älteren Arbeitnehmer und der Beschäftigung. Bei guter Entwicklung reiche ein geringer Zuschuss von Steuermitteln aus. Das zeige die Entwicklung des Bundesbeitrages zu den Pensionen. Sein Anteil an den Staatsausgaben sank seit 1970 von 18,4 % auf 14,7 % und am BIP von 5 % auf 4,4 %. Der Staat habe sich im drittreichsten Land der EU sukzessive aus der Pensionsvorsorge zurückgezogen, weil diese Regierung das Geld lieber für Eurofighter ausgebe. "Das werden wir im Herbst korrigieren".

Der Antrag auf Einspruch des Bundesrates wurde mehrheitlich angenommen.

Gegen das Bundes-Behindertengleichstellungs- Begleitgesetz wurde kein Einspruch erhoben.

Die Debatte über das Sozialrechts- Änderungsgesetz 2006 nahm Bundesrat MAYER (V) zum Anlass, die Bundesregierung für ihre zukunftsorientierte Sozialpolitik zu loben. Er nannte als deren jüngste Erfolgsgeschichte die Einführung der E-Card, die europaweit bestaunt werde und auf dem besten Weg sei, zu einer Bürgerkarte zu werden. Der Redner bekannte sich auch zu erweiterten Frauenförderungsmaßnahmen, zu den vorgesehenen Verbesserungen im Unfallversicherungsrecht und bei der Prävention gegen Berufskrankheiten und -unfälle. Beim Thema begünstigte Mitversicherung für Lebenspartner wandte sich der Bundesrat gegen jede Diskriminierung und Privilegierung und betonte, dass die begünstigte Mitversicherung ihren Grund in der Versorgung von Kindern sowie in Pflegeleistungen habe. Mayers Antrag lautete, keinen Einspruch zu erheben.

Bundesrat KONECNY (S) räumte ein, das Sozialrechts-Änderungsgesetz enthalte auch positive Teile, denen die SPÖ zustimmen könne. Seine Fraktion habe sich dennoch zu einem Einspruch entschieden. Einerseits deshalb, weil sie der Argumentation, die sein Vorredner betreffend Lebensgemeinschaften vorgetragen habe, nicht folgen könne und jeden Beschluss vermeiden wolle, der die Diskrimierung einer sexuellen Orientierung bedeute. Außerdem wandte sich Konecny gegen die Belastung einer kleinen, etwa 40 Menschen umfassenden Gruppe von Eisenbahnern. Es handle sich um eine "Strafexpedition" gegen soziale Rechte, die die Sozialdemokratie nicht hinnehmen wolle.

Bundesrätin KONRAD (G) wandte sich dagegen, kinderlose Lebensgemeinschaften von der begünstigten Mitversicherung auszuschließen, wie dies die ÖVP mit einem Abänderungsantrag zum ASVG tat. Die begünstigte Mitversicherung soll nicht nur für die vom Staat bevorzugte Formen des Zusammenlebens gelten, sagte Konrad und wandte sich gegen die Unterstellung, Lebensgemeinschaften seien weniger stabil als Ehen. Die Behauptung, Menschen in Lebensgemeinschaften würden sich in schwierigen Situationen aus dem Staub machen und den Partner der Versichertengemeinschaft überlassen, ist abzulehnen. Es sei hoch an der Zeit, die verschiedenen Formen des Zusammenlebens auch rechtlich zu berücksichtigen.

Bundesministerin Mag. GASTINGER wies auf die zahlreichen Verbesserungen in den vorliegenden Gesetzesmaterien hin, die auch von der Opposition dankenswerterweise anerkannt werden. Die Ministerin begrüßte Erweiterungen in der Funktion der E-Card und bekannte sich nachdrücklich auch zur erweiterten Frauenförderung. Ihre eigene Position zur Frage der Gleichstellung von hetero- und homosexuellen Lebensgemeinschaften sei bekannt. Die Entscheidung, die die Mehrheit des Nationalrates auf der Basis eines VfGH-Urteils getroffen hat, sei zu respektieren. Die kritisierte Änderung in der Eisenbahnerversicherung entspreche dem Wunsch der Versicherung, um Mehrbelastungen durch die gleichzeitige Leistung von Krankengeld und Versehrtengeld zu vermeiden, erläuterte die Ministerin.

Der Bundesrat beschloss mehrheitlich, Einspruch zu erheben.

Gegen die Novellierung des Notarversicherungsgesetzes wurde einstimmig kein Einspruch erhoben.

Der vorletzte Tagesordnungspunkt betraf die Änderung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, des Pensionsgesetzes 1965, des Bundestheaterpensionsgesetzes, des Bundesbahn-Pensionsgesetzes und des Gehaltsgesetzes 1956.

Bundesrat MAYER (V) wies darauf hin, dass mit der vorliegenden Gesetzesnovelle die Schwerarbeiterregelung auch im Beamten-Dienstrecht verankert werden solle. Im Sinne der Pensionsharmonisierung gibt es seiner Meinung nach dazu keine Alternative, auch wenn er einräumte, dass es bei der Schwerarbeitspension einige Unabwägbarkeiten und mögliche Härtefälle geben könne. Mayer brachte daher den Antrag ein, gegen den vorliegenden Gesetzesbeschluss keinen Einspruch zu erheben.

Bundesrat MOLZBICHLER (S) meinte, den Ausführungen von Bundesrat Klug bei der Diskussion über das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 sei nichts hinzuzufügen. Er sprach sich in diesem Sinn dafür aus, auch gegen die vorliegende Gesetzesnovelle Einspruch zu erheben. Molzbichler fürchtet zudem eine weitere Auseinanderentwicklung der Dienstrechte des Bundes und der einzelnen Bundesländer.

Bundesrat SCHENNACH (G) wertete die Schwerarbeiterregelung als "Marketing-Gag" und prophezeite darüber hinaus, dass es im Sinne des Gesetzes keine Schwerarbeiterinnen geben werde. Männer könnten vielleicht mit "viel, viel Glück" die Schwerarbeitspension in Anspruch nehmen, sagte er, Frauen hätten jedoch nichts von dieser Regelung.

Großes Lob zollte Schennach der mit Ende dieses Monats scheidenden Bundesratspräsidentin Sissy Roth-Halvax. Diese habe viel Engagement gezeigt und ungewöhnliche Initiativen gesetzt, "die uns allen sehr gut getan haben", betonte er, und damit die Latte für ihre Nachfolger hoch gelegt.

Gegen die Änderung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes und damit im Zusammenhang stehende Gesetzesänderungen erhob der Bundesrat mit Stimmenmehrheit Einspruch. Damit erübrigte sich eine Abstimmung über den Antrag von Bundesrat Mayer, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben.

Zum Abschluss nahm der Bundesrat die Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das zweite Halbjahr 2006 vor. Zur ersten Vizepräsidentin wurde Anna Elisabeth Haselbach, zum zweiten Vizepräsidenten Jürgen Weiss gewählt. Als SchriftführerInnen werden Mag. Susanne Neuwirth, Sissy Roth-Halvax, Ernst Winter und Josef Saller, als OrdnerInnen Karl Boden, Dr. Franz Eduard Kühnel und Elisabeth Kerschbaum fungieren.

Turnusgemäß übernimmt Oberösterreich ab Juli den Vorsitz im Bundesrat, zur Vorsitzführung wurde Bundesrat Gottfried Kneifel berufen. (Schluss)


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