Parlamentskorrespondenz Nr. 599 vom 22.06.2006

Freiwillige HelferInnen sollen besser abgesichert werden

Bartenstein sagt Ausarbeitung entsprechender Vorschläge zu

Wien (PK) – Der nächste Tagesordnungspunkt betraf den V-F- Antrag betreffend gesellschaftliche Anerkennung der Tätigkeit von Freiwilligen im allgemeinen gesellschaftlichen Interesse.

Abgeordneter Dr. FASSLABEND (V) hob die Leistungen der österreichischen Zivilgesellschaft hervor, die seiner Ansicht nach mitverantwortlich dafür sind, dass Österreich in Europa oftmals als Modellland angesehen werde. Infolge der Hochwasserkatastrophe 2002 hat ihm zufolge eine Diskussion darüber eingesetzt, inwieweit es notwendig wäre, freiwilligen Helferinnen und Helfern nicht nur immaterielle Anerkennung zu zollen, sondern sie auch besser sozial- und arbeitsrechtlich abzusichern und materiell zu unterstützen. Die zuständigen Minister seien angehalten, bis zum Herbst konkrete Vorschläge vorzulegen, unterstrich Fasslabend.

Abgeordnete SILHAVY (S) stimmte ihrem Vorredner zu, wonach ehrenamtliche Helferinnen und Helfer einen wesentlichen Beitrag zum Wohlstand in Österreich leisten würden. Sie bedauerte allerdings, dass der Entschließungsantrag der Koalitionsparteien, der auf eine bessere arbeits- und sozialrechtliche Absicherung von freiwilligen Helferinnen und Helfern abzielt, keine konkreten Forderungen enthalte.

Silhavy legte daher einen eigenen Entschließungsantrag ihrer Fraktion vor. Demnach soll die Regierung aufgefordert werden, eine Gesetzesvorlage auszuarbeiten, um alle arbeits- und sozialrechtlichen Nachteile für freiwillige Helferinnen und Helfer zu beseitigen. Insbesondere spricht sich die SPÖ dafür aus, eine verpflichtende Dienst- und Arbeitsfreistellung für freiwillige Helferinnen und Helfer mit Entgeltanspruch für die Dauer des Einsatzes zu verankern. Kleine und mittlere Unternehmen sollten die durch den Arbeitsausfall entstehenden Kosten ersetzt bekommen.

Abgeordneter WALCH (F) zeigte sich über die in Aussicht stehende Zustimmung aller Fraktionen zum Entschließungsantrag der Koalitionsparteien erfreut und wies darauf hin, dass viele Helferinnen und Helfer ihr Leben bei Hochwasserkatastrophen aufs Spiel gesetzt hätten, und dies unentgeltlich. Als wichtig wertete es Walch, die Länder in die Verhandlungen über eine bessere arbeits- und sozialrechtliche Absicherung der Betroffenen miteinzubeziehen.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) gab zu bedenken, dass es zwar immer wieder viel Dank für freiwillige Helferinnen und Helfer gebe, aber keine materielle Hilfe. Es gehe nicht um eine generelle finanzielle Entschädigung der Betroffenen, betonte er, freiwillige Helferinnen und Helfer bräuchten aber oftmals Überbrückungshilfen, Karenzierungsmöglichkeiten und einen entsprechenden sozialversicherungsrechtlichen Schutz. Dem Entschließungsantrag der Koalitionsparteien will Öllinger, wie er erklärte, zustimmen, auch wenn er ihn für ungenügend erachtet.

Wirtschaftminister Dr. BARTENSTEIN hielt fest, Freiwillige würden sich für ihre Tätigkeit keine Bezahlung erwarten, sondern eine solche in den allermeisten Fällen sogar ablehnen. Er habe den Eindruck, dass Freiwilligenarbeit in Österreich noch ein Stück besser funktioniere als in anderen Ländern, sagte er.

Sollte jemand wegen eines notwendigen Einsatzes im Katastrophenfall gekündigt oder entlassen werden, wäre das Bartenstein zufolge unberechtigt, auch wenn es in Ermangelung konkreter Anlassfälle keine Judikatur dazu gebe. Auf Basis dieser Rechtsansicht werde sein Ressort - unter Einbeziehung der Sozialpartner - Vorschläge für eine bessere arbeitsrechtliche Absicherung der freiwilligen Helferinnen und Helfer machen, kündigte er an. Einen generellen Anspruch auf Dienstfreistellung und Entgeltfortzahlung im Katastrophenfall wertete Bartenstein allerdings als überschießend. Das könnte sich ihm zufolge negativ auf potentielle freiwillige Helferinnen auswirken.

Abgeordnete STADLER (V) lobte die Arbeit der freiwilligen Helferinnen und Helfer. Für die Gesellschaft sei es wichtig, dass es Leute gebe, die bereit seien zu helfen, ohne nachzudenken, was sie dafür bekommen, meinte sie.  Eine bessere arbeits- und sozialrechtliche Absicherung der Betroffenen kann Stadler zufolge nur unter Einbeziehung von Freiwilligenorganisationen, der Sozialpartner und der Länder erarbeitet werden.

Abgeordneter Dr. LEUTNER (S) führte aus, hinsichtlich der gesellschaftlichen Anerkennung von freiwilligen Helferinnen und Helfern gebe es eine breite Übereinstimmung, bei der rechtlichen Absicherung der Betroffenen bestehe aber noch Handlungsbedarf. Seiner Ansicht nach werde man nicht umhinkommen, eine verpflichtende Dienstfreistellung mit Anspruch auf Entgeltfortzahlung gesetzlich zu verankern. Es gebe in dieser Frage nämlich, so Leutner, verschiedene Rechtsauffassungen, wie sich in Katastrophenfällen immer wieder zeige.

Abgeordnete MITTERMÜLLER (F) unterstrich, die Anerkennung von freiwilligen Helferinnen und Helfern sei der Regierung immer ein besonderes Anliegen gewesen. Sie wies in diesem Zusammenhang auf zahlreiche Ehrungen und die Einführung des Freiwilligenpasses hin, der Betroffenen auch beruflich zugute kommen könne. Ohne die große Anzahl freiwilliger Helferinnen und Helfer würde das österreichische Rettungswesen zusammenbrechen, zeigte sich Mittermüller überzeugt.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) mahnte eine bessere Absicherung auch jener Helferinnen und Helfer ein, die in ihrer Freizeit ehrenamtliche Hilfe leisteten. Die Betroffenen müssten beispielsweise gegen gesundheitliche Risken oder Wegunfälle abgesichert werden, sagte sie und regte konkret etwa kostenlose Hepatitis-Impfungen an. Generell sprach sich die Abgeordnete dagegen aus, im Sozial- und Gesundheitsbereich ausgebildete DienstnehmerInnen durch Freiwillige zu ersetzen. Freiwillige dürften nicht überhand nehmen und könnten nur eine Ergänzung zu ausgebildetem Personal sein, bekräftigte sie.

Abgeordnete STEIBL (V) verwies darauf, dass ehrenamtliches Engagement auch im Berufsleben nützlich sein könne. Freiwillige Helferinnen und Helfer lernten, im Team zu arbeiten, andere zu motivieren und zu organisieren, skizzierte sie. Diese Fähigkeiten spielten auch in der Berufswelt eine wachsende Rolle. Konkretes Lob äußerte Steibl für die ehrenamtliche Hilfe im Zuge der Beseitigung von Schneemassen in der Steiermark im vergangenen Winter.

Abgeordnete KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) erklärte, es sei wichtig, dass die Politik nicht nur danke zu den freiwilligen Helferinnen und Helfern sage, sondern endlich auch Taten setze und diese arbeits- und sozialrechtlich besser absichere. Sie bedauerte in diesem Sinn, dass die Koalition dem Entschließungsantrag der SPÖ nicht zustimmen werde. Den Entschließungsantrag der Koalition erachtet sie als zu vage.

Sozialministerin HAUBNER hielt fest, die Regierung habe in ihrer Amtszeit freiwillige Helferinnen und Helfer nicht nur durch Auszeichnungen und Ehrungen in den Blickpunkt gerückt, sondern mit der Einrichtung des Freiwilligenrates auch signalisiert, dass ihr die Anliegen und Sorgen der Betroffenen wichtig seien. Nunmehr gilt es ihr zufolge zu prüfen, wo es bei der sozial- und arbeitsrechtlichen Absicherung noch Lücken gebe. Haubner gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass für Rettungs- und Hilfsorganisationen die Länder zuständig seien.

Abgeordneter WÖGINGER (V) konstatierte, in Österreich gebe es ein sehr gut funktionierendes Freiwilligensystem, auch was die Verfügbarkeit von Freiwilligen betreffe. Seiner Auffassung nach ist es aber dennoch notwendig, eine bessere sozialrechtliche Absicherung zu prüfen, um die hohe Zahl der Freiwilligen aufrecht zu erhalten. Wöginger regte etwa einen Karenztag für Fortbildungsmaßnahmen oder die bevorzugte Einstellung von Freiwilligen im öffentlichen Bereich an. Verpflichtende Dienstfreistellungen mit Entgeltfortzahlungspflicht könnten Freiwilligen hingegen Nachteile im Berufsleben bringen, warnte er. 

Es stehe außer Streit, dass die Freiwilligenarbeit eine der herausragendsten Leistungen der Zivilgesellschaft ist, konstatierte Abgeordneter LACKNER (S). Wenn man das aber so sieht, dann sollten entsprechende Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden. Bei dem heute vorliegenden Antrag handle es sich aber nur um eine Absichtserklärung; außerdem werde keine Rechtssicherheit geschaffen. Er hoffe daher, dass in diese Richtung weitergearbeitet wird.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) gab seinen Vorrednern darin Recht, dass es notwendig sei, die vorhandenen Defizite bezüglich der rechtlichen, vor allem der sozialrechtlichen, Absicherung von freiwilligen Helfern zu beseitigen. Alle haben ein Interesse daran, dass es auch in Zukunft Menschen gibt, die sich freiwillig bereit erklären, einen wichtigen Dienst für die Sicherheit des Landes zu leisten. Der Nutzen dieser Leistungen übersteige die Kosten um ein Vielfaches, war Scheibner überzeugt. Was ihm am Antrag der Sozialdemokraten störe, sei die Tatsache, dass die freiwilligen Milizsoldaten, die in Katastropheneinsätzen ihre Gesundheit und ihr Leben einsetzen, nicht erwähnt werden.

Die dem Ausschussbericht angeschlossene Entschließung wurde einstimmig angenommen; der S-Entschließungsantrag betreffend Dienstfreistellung für freiwillige Helfer und Helferinnen bei Katastrophen und Ausgleich für Dienstgeber fand keine Mehrheit.

Im Rahmen der Debatte über das Ingenieurgesetz 2006 und das Abkommen mit Luxemburg über Beziehungen im audiovisuellen Bereich meinte Abgeordnete STEIBL (V), der Ingenieurtitel genieße nicht nur in Österreich, sondern auch im Ausland ein hohes Ansehen. Aufgrund der großen Anzahl an Verwaltungsverfahren, die für die Verleihung des Titels notwendig sind, wird nun mit dem vorliegenden Gesetz eine Vereinfachung angestrebt. In Hinkunft ist vorgesehen, dass nur mehr eine dreijährige fachbezogene Praxis die Voraussetzung für den Ingenieurtitel ist. Grundsätzlich stellte sie fest, dass es unter Bundeskanzler Schüssel gelungen sei, zahlreiche Beschäftigungsinitiativen zu starten und damit neue Arbeitsplätze – in den letzten Jahren weit über 120.000 Jobs - zu schaffen. Wichtig sei es auch, über neue Arbeitsformen, wie etwa Teilzeitbeschäftigungen, nachzudenken. "Sozial ist, was Arbeit schafft", schloss die Rednerin.

Abgeordneter Mag. MOSER (S) kündigte an, dass die Sozialdemokraten dem Abkommen zwischen Österreich und Luxemburg über Beziehungen im audiovisuellen Bereich zustimmen werden. Dadurch wird es möglich sein, größere Filmprojekte zu realisieren und mehr Gemeinschaftsproduktionen durchzuführen. Er würde sich wünschen, dass die Bundesregierung generell mehr Mittel für die österreichische Filmwirtschaft, die mit 5.000 Beschäftigten einen wichtigen Teil der Kreativwirtschaft darstellt, zur Verfügung stellt. Trotz der finanziellen "Aushungerung" sei der österreichische Film international aber sehr erfolgreich. Moser bedauerte, dass den zahlreichen heimischen Talenten viel zu wenig Verwirklichungsmöglichkeiten geboten werden. So müsste etwa der ORF viel stärker als Auftraggeber und Partner für innovative Produkte eingesetzt werden.

Ziel des Ingenieurgesetzes sei eine Entbürokratisierung, erläuterte Abgeordneter DI HOFMANN (F). Es soll nämlich die Anzahl der Verwaltungsverfahren, die mit der Verleihung der Standesbezeichnung Ingenieur verbunden sind, reduziert werden. Neben der Vereinfachung der Glaubhaftmachung der beruflichen Tätigkeit kommt es unter anderem noch zu einer rascheren, unbürokratischeren Verleihung. Was das Abkommen zwischen Österreich und Luxemburg angeht, so soll damit die Möglichkeit geschaffen werden, dass auch gemeinsame Filmprojekte in den Genuss einer Förderung kommen können.

Die Grünen werden dem Filmabkommen mit Luxemburg zustimmen, erklärte Abgeordnete SBURNY (G). Positiv beurteilte die Rednerin auch das Ingenieurgesetz 2006, weil nunmehr der Begriff "dreijährige Berufspraxis" durch eine "dreijährige fachbezogene Praxis" ersetzt wird. Damit werde der Entwicklung in der Arbeitswelt Rechnung getragen, da immer mehr Menschen keine Berufspraxis im klassischen Sinne vorweisen können. Gut sei auch, dass der Prozess der Anrechnung von Praxiszeiten insgesamt erleichtert wird und dass es nun auch die weibliche Form der Berufsbezeichnung (Ingenieurin) gibt. Der Abgeordneten Steibl gegenüber merkte sie, dass es keinen Grund gebe, darauf stolz zu sein, dass immer mehr Frauen in Teilzeitjobs zu finden sind. Aufgrund der schwierigen Arbeitsmarktlage seien viele Frauen nämlich gezwungen, nur Teilzeit zu arbeiten, gab Sburny zu bedenken.

Abgeordneter Dr. MAIER (V) sprach von einem bedeutenden Gesetz für Ingenieure. Es gewährleiste nämlich, dass in Hinkunft die Titel rascher und unbürokratischer verliehen werden können. Dem SPÖ-Abgeordneten Moser empfahl er, nicht alles schlecht zu reden; stattdessen sollte einmal der BAWAG-Skandal aufgearbeitet werden.

Abgeordneter Ing. GARTLEHNER (S) begrüßte die neuen Regelungen im Ingenieurgesetz, das es in der Vergangenheit wirklich oft sehr mühsam war, den Titel verliehen zu bekommen. Nicht alle haben es so leicht gehabt wie Peter Westenthaler, der im FPÖ-Klub wohl kaum eine ingenieurmäßige Tätigkeit versehen, aber trotzdem den Titel erhalten hat.

Bundesminister Dr. BARTENSTEIN hielt die neuen Bestimmungen im Ingenieurgesetz für gut, auch wenn sie noch ein, zwei Schritte weitergehen hätten können. Mit dieser Gesetzesvorlage verbunden sei auch das Auslaufen des gesamten zweiten Abschnitts per Ende des Jahres, gab der Minister bekannt. Damit gehören die Bezeichnungen Diplom-HTL-Ingenieur und Diplom-HLFL-Ingenieur der Vergangenheit an.

In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordneter SCHEIBNER (F) gegenüber Gartlehner fest, dass Ing. Peter Westenthaler eine Ausbildung zum EDV-Ingenieur absolviert habe und im freiheitlichen Parlamentsklub dann für den Aufbau eines modernen EDV-Systems zuständig war. Die Verleihung des Titels war daher völlig korrekt.

Auch Abgeordnete MIKESCH (V) erläuterte die Eckpunkte des Ingenieurgesetzes. Da sich der Schulsektor in den letzen Jahren so stark verändert habe und es mittlerweile sehr viele verschiedene Ausbildungsarten, Sonderformen und Spezialisierungen gibt, war eine Neuregelung erforderlich.

Das vorliegende Ingenieurgesetz bringe eine wesentliche Vereinfachung im Zusammenhang mit der Verleihung des Ingenieurtitels, erklärte Abgeordneter SCHARER (S). Positiv sei vor allem, dass zu einer kürzeren Verfahrensdauer und zu einem Bürokratieabbau komme. Noch transparenter wäre es jedoch, wenn man die Vergabe und Verleihung der Titel – analog zu den Universitäten – in Eigenverantwortung der HTL übergeben würde. Wichtig wäre es zudem, durch entsprechende wirtschafts-, arbeitsmarkt- und bildungspolitische Maßnahmen dafür sorgen, dass genügend existenzsichernde Jobs für die jungen Menschen zur Verfügung stehen.

Abgeordneter ZWEYTICK (V) kam auf die Ziele des Ingenieurgesetzes zu sprechen, wobei vor allem die Entbürokratisierung des Verfahrens zur Verleihung des Titels im Mittelpunkt stehe.

Das Ingenieurgesetz 2006 wurde einstimmig angenommen. Das Abkommen zwischen Österreich und Luxemburg über Beziehungen im audiovisuellen Bereich wurde ebenfalls einstimmig genehmigt. (Forts.)