Parlamentskorrespondenz Nr. 669 vom 06.07.2006

Umweltausschuss nimmt UVP-Bericht einstimmig zur Kenntnis

Abgeordnete drängen auf Unterzeichnung des Alpen-Verkehrsprotokolls

Wien (PK) - Im weiteren Verlauf seiner Sitzung nahm der Umweltausschuss den Dritten Bericht über die Vollziehung der Umweltverträglichkeitsprüfung in der Zeit von März 2002 bis Februar 2006 einstimmig zu Kenntnis. Die UVP habe als ein wirksames Instrument der Umweltvorsorge große Anerkennung erlangt, heißt es im Bericht, trotz starker Zunahme der Verfahren sei es gelungen, die Dauer von Umweltverträglichkeitsprüfungen erheblich zu senken. Die Umweltverträglichkeitsprüfung führe bereits in der Planungs- und Projektierungsphase zu einer Optimierung des Vorhabens, weil Genehmigungshindernisse frühzeitig aufgezeigt werden. Konflikte können unter effektiver Beteiligung der Öffentlichkeit ausgeglichen werden, die Planungs- und Investitionssicherheit nehme zu, die Akzeptanz der Projekte werde verbessert.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) leitete die Debatte mit der Feststellung ein, das UVP-Gesetz habe sich nicht als ein Verhinderungsgesetz, sondern als ein Qualitätsverbesserungs- und Beschleunigungsgesetz erwiesen. Er fühle sich daher in seiner Auffassung bestätigt, die UVP-Novelle des Vorjahres sei falsch gewesen. Das Projekt Spielberg sei nicht umweltverträglich und nicht genehmigungsfähig gewesen. Die ÖVP aber habe das UVP-Gesetz schlecht machen wollen. Ähnlich liege der Fall bei Hochwasserprojekten an der March, die nicht wegen der UVP, sondern wegen Versäumnissen niederösterreichischer Landesräte verzögert wurden. Wien würde seine Projekte wesentlich lieber einer UVP statt dem nunmehr vorgesehenen Feststellungsverfahren unterziehen, das oft nur zusätzlich Zeit beanspruche.

Abgeordnete Brigid Weinzinger (G) würdigte die Qualität des Berichts, dem sie zustimme, klagte aber zugleich über die Verwässerung des UVP-Gesetzes und über Qualitätsverluste in den Verfahren. Als Beispiel nannte die Rednerin das Projekt Spielberg, wobei sie kritisierte, dass Bundesländer in Feststellungsverfahren entscheiden könnten, dass ihre eigenen Projekte nicht UVP-pflichtig seien. Der Umweltminister möge sich diese Vorgangsweise prüfen, lautete der Appell Weinzingers.

Abgeordneter Matthias Ellmauer (V) wies darauf hin, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen Wissen produzierten und dem technischen und ökologischen Fortschritt dienten. Beim Industrieprojekt "Linz 2010" der VA Stahl etwa lieferte eine im Zuge der UVP erstellte Studie Hinweise auf zusätzliche Energieeffizienz-Potentiale der geplanten Anlage. Als Motor des ökologischen Fortschritts wirkte die UVP etwa beim Kraftwerksprojekt Gamp an der Salzach, wo eine spezielle Gestaltung des Ufers die Wiederansiedlung der Deutschen Tamariske und des Uferreitgrases ermöglicht habe.

VP-Abgeordneter Anton Doppler wies den Vorwurf zurück, in der Steiermark würde die Rechtsstaatlichkeit nicht eingehalten und ersuchte, die Themen UVP-Gesetz und steirische Landespolitik nicht miteinander zu verquicken.

Abgeordnete Heidrun Walther (S) berichtete, das Projekt Spielberg entwickle sich gut und werde letztlich auch einer Umweltverträglichkeitsprüfung standhalten.

Bundesminister Josef Pröll versicherte den Abgeordneten, er beobachte die Umsetzung des UVP-Gesetzes sehr genau und prüfe jeden Fall. Um den Ländern unter die Arme zu greifen, habe er Leitfäden herausgegeben und Arbeitsgruppen eingerichtet. Eine von Abgeordneter Weinzinger verlangte Verordnung mit neuen Luft-Schwellenwerten werde demnächst fertig gestellt, sagte der Minister.

Änderungen im Espoo-Abkommen von für Umweltverträglichkeitsprüfungen

Änderungen im Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen von Espoo mit Anpassungen des Begriffs "Öffentlichkeit" an das Übereinkommen von Aarhus und der Öffnung des Abkommens für Länder, die nicht Mitglieder des ECE (United Nations Economic Commission for Europe) sind, wurden einstimmig angenommen.

SPÖ für Änderung des UVP-Gesetzes (Windkraftwerke, Tiermastbetriebe)

Dann beantragte SP-Abgeordneter Anton Heinzl eine Änderung des UVP-Gesetzes, zur Prüfung der Auswirkungen von Windkraftwerken und zur Herstellung des Einvernehmens mit den Anrainern vor der Errichtung. Außerdem wird eine Absenkung der Schwellenwerte bei der Neuerrichtung landwirtschaftlicher Tiermastbetriebe gefordert.

Abgeordneter Klaus Wittauer (F) warnte davor, Schwellenwerte in der Absicht zu senken, landwirtschaftliche Projekte zu verhindern. Für die Genehmigung von Windkraftanlagen seien die Bundesländer zuständig.

Abgeordnete Brigid Weinzinger (G) erinnerte daran, dass zu Windkraftprojekten bereits 17 UVP stattgefunden haben. Man sollte nicht nur die Grenzwerte in der Massentierhaltung absenken, sondern auch die Spanplattenproduktion einbeziehen.

Abgeordneter Hannes Bauer (V) gab zu bedenken, dass Windkraftanlagen der neuen Generation doppelt so groß seien wie ältere und Probleme durch Lärm und Schattenbildung nach sich ziehen. Betriebe mit Massentierhaltung belästigten ihre Anrainer durch beträchtliche Geruchsemissionen.

Bei der Abstimmung wurde der Vertagungsantrag des Abgeordneten Norbert Sieber (V) mit der Mehrheit der Koalitionsparteien angenommen. Sieber hatte das Argument geltend gemacht, die bestehenden Grenzwerte reichten aus.

EU soll endlich Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention unterzeichnen

Das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention wird übereinstimmend von Regierung und Opposition als Schüsselelement dieses Vertragswerks eingeschätzt, weil es die Errichtung neuer Alpentransitstrecken unterbindet, heißt es in der Einleitung eines Entschließungsantrages der Grünen. Bundesregierung und insbesondere der Minister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, sich mit Nachdruck für die Unterzeichnung und Ratifizierung des Verkehrsprotokolls einzusetzen.

Nachdem Abgeordneter Klaus Wittauer (F) von der Ankündigung des italienischen Ministerpräsidenten Romano Prodi, ausgesprochen beim Spatenstich für den Brenner-Basis-Tunnel-Sondierungsstollen, berichtete, Italien werde das Protokoll bald ratifizieren, legte Abgeordneter Nornbert Sieber (V) einen gesamtändernden Vier-Parteien-Abänderungsantrag vor, der die Bundesregierung aufforderte, ihre engagierten Bemühungen für die Unterzeichnung der Alpenkonvention fortzusetzen.

Bundesminister Josef Pröll zeigte sich optimistisch, die Frage des Verkehrsprotokolls in der zweiten Jahreshälfte 2006 lösen zu können. - Einstimmige Annahme des Vier-Parteien-Antrags.

Grüne für fünfjährigen EU-Gentechnik-Stopp

Für einen fünfjährigen EU-Gentechnik-Stopp traten Abgeordnete der Grünen in einem Entschließungsantrag ein. "Wegweisend" für die Antragsteller ist die Schweizer "Gentechfrei-Initiative", die per Referendum ein fünfjähriges Verbot gentechnisch veränderter Agrarprodukte in der Schweiz erwirkt hat. Dieses klare Nein der Schweiz zur Gentechnik wollen die Grünen als Impuls für eine neue Gentechnik-Diskussion in der Europäischen Union nutzen. Österreich sollte gemeinsam mit Gentechnik-kritischen Staaten wie Frankreich oder Deutschland eine Initiative für ein fünfjähriges EU-Gentechnik-Moratorium starten, um KonsumentInnen und Landwirtschaft vor den ungeklärten ökologischen und gesundheitlichen Risken der Gentechnik zu schützen, hieß es in dem von G-Abgeordneter Brigid Weinzinger (G) im Ausschuss vertretenen Entschließungsantrag.

Abgeordneter Norbert Sieber (V) machte darauf aufmerksam, dass die österreichischen Gentechnikbestimmungen wesentlich besser seien als die der Schweiz. Bundesminister Josef Pröll merkte an, er habe wenig Hoffnung auf ein Moratorium und informierte die Abgeordneten über seine engagierte Haltung gegenüber der Gentechnik auf europäischer wie auf globaler Ebene. - Siebers Vertagungsantrag wurde mit V-F-Mehrheit angenommen.

Grüne fordern klare Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgase

Dann forderten die Grünen den Umweltminister in einem Entschließungsantrag auf, so rasch als möglich einen Gesetzesvorschlag zur Verankerung nationaler Ziele zur Reduktion der österreichischen Treibhausgasemissionen um 30% bis 2030 und um 80% bis 2050 vorzulegen.

Abgeordneter Christoph Kainz (V) machte auf Erfolge bei der Umsetzung des Kyoto-Programms in Österreich aufmerksam, insbesondere auch in der Abfallwirtschaft sowie im Rahmen der Wohnbauförderung durch die Bundesländer. Österreich bestätige einmal mehr seine umweltpolitische Vorreiterrolle.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) konnte keine Vorreiterrolle Österreichs erkennen, es sei denn, man beschränke sich auf die Formulierung ambitionierter Ziele. Tatsächlich liege Österreich bei der Umsetzung beziehungsweise Nichtumsetzung von Kyoto Kopf an Kopf mit den USA. Österreich sei kein Vorreiter, sondern ein schlechtes Beispiel, sagte Abgeordneter Krainer. Abgeordnete Brigid Weinzinger (G) stimmte Krainer zu. Schein und Sein klafften bei der Umsetzung der Kyoto-Ziele weit auseinander. - Der Vertagungsantrag des Abgeordneten Kainz wurde mit V-F-Mehrheit angenommen.

Grüne: Besserer Schutz der Bevölkerung vor Mobilfunkstrahlung

G-Abgeordnete Brigid Weinzinger argumentierte in einem Entschließungsantrag ihrer Fraktion mit der Belastung von Mensch und Umwelt durch elektromagnetische Felder. Die bestehende Rechtslage entspreche nicht dem Vorsorgeprinzip. Die wenigen wissenschaftlichen Daten berechtigten zur Annahme, Mobilfunkstrahlung habe gesundheitsschädliche Wirkungen, insbesondere für Kinder. Aus diesem Grund trat Weinzinger für die Ausarbeitung eines Gesetzes ein, mit dem die Bevölkerung und die Umwelt besser vor nichtionisierender Strahlung geschützt werden sollen.

Abgeordneter Christoph Steindl (V) erinnerte an die langjährigen Diskussionen über dieses Thema und machte die Empfehlung der WHO geltend, bis zum Abschluss der derzeit laufenden Forschungsprojekte die bisher geltenden Grenzwerte beizubehalten. - Er beantragte die - von den Koalitionsparteien letztlich angenommene - Vertagung.

Abgeordnete Brigid Weinzinger (G) hielt es demgegenüber für angebracht, mit der Ausarbeitung eines Bundesgesetzes zu beginnen, es sei ohnehin bekannt, dass dies seine Zeit brauche.

Abgeordnete Elke Achleitner (F) sah keine Notwendigkeit für ein Gesetz, da keine Gesundheitsgefährdung unterhalb der geltenden WHO-Grenzwerte festgestellt worden sei. (Schluss)