Parlamentskorrespondenz Nr. 670 vom 06.07.2006

Pröll zieht sehr positive Bilanz bezüglich der EU-Präsidentschaft

Debatte über Umweltförderungsbericht des Bundes 2005

Wien (PK) – Im ersten Teil der heute Nachmittag stattfindenden Sitzung des Umweltausschusses standen ein Rückblick auf die österreichische EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr sowie der Bericht über die Umweltförderungen des Bundes 2005 im Mittelpunkt der Debatte. Der zuständige Ressortchef, Josef Pröll, zog eine sehr positive Bilanz über den österreichischen Vorsitz, da zahlreiche Vorhaben umgesetzt und in vielen Bereichen Fortschritte erzielt werden konnten. - Der vor Eingang in die Tagesordnung gestellte Antrag des Abgeordneten Kai Jan Krainer (S), die Berichte im Ausschuss nicht endzulerdigen, fand keine Mehrheit.

S-Abgeordneter Kai Jan Krainer berichtete zudem noch kurz über das im Parlament abgehaltene Treffen der europäischen Umweltausschüsse, bei dem es besonders um die Themen Energieeffizienz und erneuerbare Energie ging. Die spannenden Diskussionen brachten teilweise sehr unterschiedliche Standpunkte zu Tage (insbesondere im Bereich Atompolitik), Einigung bestand jedoch darin, die Energieeffizienz als prioritäres Ziel zu betrachten. Insgesamt handelte es sich um eine sehr interessante Veranstaltung, die es ermöglicht habe, über den "eigenen Tellerrand hinauszusehen", resümierte Krainer.

Abgeordneter Erwin Hornek (V) sprach ebenfalls von einer hochinteressanten Veranstaltung. Das große Interesse - vor allem von Seiten der neuen Mitgliedstaaten - an den heimischen Projekten in den Bereichen Biomasse und erneuerbare Energien, habe gezeigt, dass Österreich hier eine Vorbildwirkung hat. Außerdem wurde klar, welche große Chancen sich für österreichische Umwelttechnologiefirmen in Zukunft noch bieten.

Bilanz des Umweltministers über die EU-Präsidentschaft Österreichs

Auch Bundesminister Josef Pröll ging zunächst auf die Konferenz der europäischen Umweltausschüsse ein, die er für extrem wichtig hielt. Sie habe nämlich die Gelegenheit geboten, die Positionen der anderen Mitgliedstaaten in wichtigen Fragen besser kennen zu lernen. Unter Bezugnahme auf die Jahresvorschau 2006 der Kommission sowie des Rates zog Pröll dann Bilanz über die abgelaufene österreichische EU-Präsidentschaft, wobei er sich auf den Bereich Umwelt konzentrierte.

Erfreut zeigte sich Pröll insbesondere darüber, dass es gelungen sei, weitere Protokolle der Alpenkonvention (Energie, Bodenschutz und Tourismus) zu ratifizieren. Keinen Erfolg konnte man leider hinsichtlich des Verkehrsprotokolls erzielen; dieses scheiterte an der ablehnenden Position Italiens.

Bei einer Reihe von Themen habe man versucht, gemeinsam mit dem Europäischen Parlament Lösungen zu finden, führte Pröll weiter aus. Als Beispiel führte er die klimarelevanten fluorierten Gase an, wo im Vermittlungsverfahren eine Einigung erreicht wurde. Was die Batterie-Richtlinie angeht, so habe man es geschafft, dass gefährliche Schwermetalle auch in Haushaltsbatterien verboten und in allen Ländern Sammelsysteme eingerichtet werden müssen. Darüber hinaus wurde in Luxemburg ein gemeinsamer Standpunkt über LIFE+, das Finanzierungsinstrument für Naturschutz- und Biodiversitätsprojekte, verabschiedet. Weitere wichtige Beschlüsse bzw. Fortschritte gab es bei REACH, in der Abfallpolitik, beim Biomasse-Aktionsplan sowie bei der Richtlinie über Luftqualität und saubere Luft.

Für Umweltminister Josef Pröll gehörte auch die Hochwasser-Richtlinie zu den Prioritäten der österreichischen Präsidentschaft. Die neue Richtlinie für die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken sieht eine verbesserte Koordination und Kooperation der Mitgliedsstaaten beim Hochwasserschutz vor. Die Verpflichtung zur gemeinsamen Vorgangsweise erfolge stufenweise in drei Schritten durch die Identifizierung der Risikogebiete bis 2012, die Ausarbeitung von detaillierten Karten zur Darstellung der Gefahrenzonen bis 2013 sowie die gemeinsame Ausarbeitung von Plänen zum Management von Risiken bis 2015.

Ein wichtiges Anliegen war für Pröll die Verankerung der Nachhaltigkeitsstrategie. Sie müsse durch alle Politikbereiche gezogen werden, damit die Kohärenz der Maßnahmen sichergestellt ist. Ein sehr positives Zeugnis stellte er auch der Gentechnik-Konferenz in Wien aus, mit der ein wichtiges Signal gesetzt wurde. Nachdem er noch kurz auf die Schwerpunkte im Landwirtschaftssektor einging, hob Pröll schließlich noch die gute Zusammenarbeit mit der finnischen Präsidentschaft hervor, die viele Themen weiterführen wird. Ein neuer Akzent, der von den Finnen gesetzt wird, ist u.a. die verstärkte Zusammenarbeit mit Russland, was auch für Österreich von großer Bedeutung ist.

Abgeordnete Petra Bayr (S) ging auf die Nachhaltigkeitsstrategie, die u.a. die Armutsbekämpfung zum Ziel hat, näher ein. Welche Maßnahmen werden im Umweltbereich gesetzt, damit diesem Prinzip Rechnung getragen und die Entwicklungspolitik nicht konterkariert werde, fragte sie.

Abgeordneter Hannes Bauer (S) gab zu bedenken, dass die Kernenergie zwar in vielen Mitgliedsländern kritisch gesehen wird, aber trotzdem voranschreite. Manche sprechen sogar von einer Renaissance der Energiegewinnung aus Atomkraft.

Abgeordnete Brigid Weinzinger (G) zeigte sich verwundert darüber, dass Pröll keine Aussagen zur Atompolitik getroffen hat, zumal im Bericht einige Initiativen auf diesem Sektor angekündigt wurden. Sie frage sich, warum bezüglich der Reform des EURATOM-Vertrags keine Fortschritte vorzuweisen sind. Auf jeden Fall erwarte sie sich, dass Österreich den EURATOM-Forschungsprogrammen, bei denen es u.a. auch um die Entwicklung neuer Reaktoren geht, zustimmt. Eine weitere Frage bezog sich auf den Emissionshandel.

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (G) interessierte sich vor allem für das Thema Luftreinhaltung. Sie verstehe nicht, warum die Ziele im Bereich des Feinstaubs verschoben wurden, zumal es gerade in Wien und Graz sehr große Probleme gebe. Sodann ging sie noch auf die Arhus-Konvention sowie die Beteiligung von Nicht-Regierungsorganisationen in Umweltverfahren ein. An die NGOs werden einerseits immer größere Anforderungen gestellt, andererseits stehen ihnen immer weniger Mittel zur Verfügung, klagte sie.

Die Zielvorgaben in den einzelnen EU-Ländern hinsichtlich Kyoto seien unterschiedlich, meinte Abgeordneter Georg Oberhaidinger (S), aber generell könne man sagen, dass sich alle von den Zielen weg bewegen. Weiters sprach er noch die Themen Energieeffizienz sowie Biomasse-Rohstoffe an.

Abgeordnete Elke Achleitner (F) konzentrierte sich in ihrer Wortmeldung auf die Schaffung einer einheitlichen Geodateninfrastruktur, was insbesondere für den Hochwasserschutz von großer Bedeutung sei.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) gab zu bedenken, dass die Selbstverpflichtung der Wirtschaft in vielen Bereichen nicht funktioniere. Als Beispiel führte er die Senkung des Flottenverbrauchs an. Was die gentechnikfreien Regionen betrifft, so verwies er auf den Vorschlag der SPÖ, der eine Strategie vom "kleinen zum ganzen" vorsieht. Es sollte zunächst versucht werden, jene Gebiete für gentechnikfrei zu erklären, die den höchsten Schutz haben (z.B. Nationalparks). Weitere Fragen betrafen die Luftreinhaltungsmaßnahmen sowie das EURATOM-Forschungsprogramm.

Bundesminister Josef Pröll ging auf die aufgeworfenen Fragen ein und unterstrich, dass die österreichische Präsidentschaft die Nachhaltigkeitsstrategie massiv als übergeordnetes Thema auf allen Ebenen eingebracht hat. Dies habe man auch deshalb gemacht, weil er überzeugt sei, dass sich alle Politikbereiche an den Zielen in der Entwicklungspolitik orientieren müssen, erklärte er gegenüber Abgeordneter Bayr. Die EU bringe sich in diesem Sinne auch in die WTO-Verhandlungen ein; so habe man u.a. den europäischen Zuckermarkt geöffnet. Allerdings gebe er zu bedenken, dass die EU jetzt bereits mehr aus den Entwicklungsländern importiere als alle anderen Länder zusammen.

Das Thema Energieeffizienz war ein ganz prioritäres Anliegen der österreichischen Präsidentschaft, bestätigte Pröll. Man müsse jedoch berücksichtigen, dass die einzelnen Staaten auf sehr unterschiedliche Entwicklungen im Energiebereich zurückblicken und verschiedenste Rahmenbedingungen haben. So verfügen manche Länder z.B. über keine Wasserkraftressourcen, andere wiederum, wie z.B. Frankreich, treten offen für die Atompolitik ein. Die EU-Präsidentschaft biete die Gelegenheit, diesen verschiedenen Meinungen eine Plattform zu geben, aber man dürfe auch die Realität nicht aus dem Auge verlieren: "Der österreichische Schwanz könne nicht mit dem EU-Hund wedeln". Es gebe einfach unterschiedliche Meinungen, die man als Demokrat akzeptieren müsse. Österreich werde aber ganz sicher nicht zustimmen, wenn Geld für den Ausbau der Atomkraft bereit gestellt werden soll.

Er war persönlich auch sehr enttäuscht darüber, dass das geplante EURATOM-Hearing im EU-Parlament nicht zustande gekommen ist. Fest stehe, dass die Grünen im EU Parlament zunächst im Rahmen eines Koordinationstreffens der Fraktionen der Tagesordnung samt Rednerliste zum Hearing zugestimmt haben, wenige Tage später die Zustimmung aber wieder zurückgezogen haben. Durch diese Vorgehensweise haben die EU-Grünen dem offenkundig pro-nuklear gesinnten Ausschussvorsitzenden einen willkommenen Vorwand geboten, das Hearing insgesamt abzusagen.

Sodann ging Pröll auf die Richtlinie über Luftqualität und saubere Luft in Europa ein, die eine Vereinheitlichung der Bestimmungen und Änderungen bei den Berichtspflichten bringe (u.a. Regelungen für Partikel-PM 2,5). Österreich habe sich für eine allgemeine Ausrichtung entschieden, um möglichst viele Punkte bereits frühzeitig einer Einigung zuzuführen. "Keine Lösung wäre sicher die schlechteste gewesen", unterstrich Pröll.

Nicht ganz nachvollziehbar sei ihm die Kritik Rest-Hinterseers an der mangelnden Beteiligung von NGOs in Umweltprüfungsverfahren. Er verwies auf die Aarhus-Konvention, die den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen über die Umwelt, die Beteiligung der Öffentlichkeit bei bestimmten umweltbezogenen Entscheidungen sowie den Zugang zu Gerichten bzw. Tribunalen in Umweltangelegenheiten ermöglicht.

In Bezug auf den Emissionshandel stellte Pröll fest, dass die einzelnen nationalen Allokationspläne schwer vergleichbar sind, da es immer unterschiedliche Ausgangsdaten gibt. Wenn ein Industrieunternehmen expandiere und Arbeitsplätze schaffe, dann ergebe sich natürlich ein ganz anderes Emissionsvolumen. Auch durch den Wegfall von Firmen ergibt sich wieder eine andere Ausgangsposition. Auf jeden Fall werde in den nächsten Wochen an einer Lösung gearbeitet.

Dem Abgeordneten Krainer gegenüber stellte er fest, dass die Selbstverpflichtung der Industrie ein Modell der Zukunft sei. Allerdings müsse diese auch ernst genommen werden. Sollte sie nicht funktionieren, dann müsse man andere Wege suchen, betonte Pröll. Bezüglich der gentechnikfreien Regionen vertrete er einen anderen Ansatz. Seiner Meinung nach sei es am besten, wenn es europäische Vorgaben gibt, sonst "laufe man ins offene Messer". Er könne nicht sehen, in welcher Weise der gentechnikfreie Nationalpark rechtlich abgesichert sei. Was die Geodaten angeht, so trete er für einen möglichst liberalen Zugang ein, allerdings bei Wahrung des Datenschutzes.

Einstimmige Kenntnisnahme.

Bericht über die Umweltförderungen des Bundes im Jahr 2005

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Josef Pröll hat den Bericht betreffend Umweltförderungen des Bundes 2005 vorgelegt. Heuer wurde erstmals ein gesonderter Bericht zum österreichischen Joint-Implementation-/Clean-Development-Mechanism-Programm (JI/CDM-Programm) vorgelegt. Der Fokus des Programms liegt darin, einen Beitrag zur Erreichung des österreichischen Kyoto-Ziels zu leisten, und zwar durch den Ankauf von Emissionsreduktionseinheiten oder die Finanzierung von immateriellen Leistungen, die für die Durchführung von JI- und CDM-Projekten erforderlich sind.

Abgeordnete Brigid Weinzinger (G) stellte kritisch fest, dass die österreichische Wirtschaft die Chancen bei den JI/CDM-Projekten nicht genutzt habe. Weiters erkundigte sie danach, ob dezentrale Lösungen von den Änderungen im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft profitieren werden.

Auch Abgeordneter Hannes Bauer (S) ging auf die Siedlungswasserwirtschaft ein. In den Gemeinden gebe es sehr viel Anpassungsbedarf, da viele Kanalstränge Schäden aufweisen. Seiner Meinung nach solle die Instandhaltung der bestehenden Anlagen stärker forciert werden.

Aus eigener Erfahrung wisse er, so Abgeordneter Erwin Hornek (V), dass sich bei der Instandhaltung von Anlagen sehr viel getan hat (Dichtheitsproben, Kamerabefahrungen etc.), weitere Verbesserungen sei aber natürlich sinnvoll. Raschere Maßnahmen wünschte er sich beim Hochwasserschutz, da Prävention gerade in diesem Bereich enorm wichtig sei. Was den Bau von kleineren, dezentralen Anlagen betrifft, so freue er sich, dass sich diese Lösungen immer mehr durchgesetzt haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) kritisierte massiv die Projekte im Rahmen des JI/CDM-Programms, da sie weder zur österreichischen Wertschöpfung beitragen noch effizient seien. Seiner Meinung nach müsste dort angesetzt werden, wo mit möglichst wenig Mitteln möglichst große Wirkungen erzielt werden. Die im Bericht vorgestellten Projekte seien jedoch nur eine Verschleuderung von Steuergeld, die teilweise den Betreibern zu höheren Margen verhelfen. Beim Hochwasserschutz habe er den Eindruck, dass Teilen in der ÖVP der Ackerschutz wichtiger sei als der Menschenschutz.

Abgeordneter Karl-Heinz Kopf (V) räumte ein, dass die österreichische Wertschöpfung bei den Projekten zu gering sei. Es werden daher bereits Gespräche mit Vertretern der Wirtschaft geführt und versucht, die Informationen zu verbessern. Generell sei das Programm aber ein wertvoller Beitrag zum Klimaschutz, war er überzeugt. Man müsste im Inland nämlich viel mehr Geld in die Hand nehmen, um ähnliche Effekte zu erreichen.

Bundesminister Josef Pröll schloss sich der Meinung an, wonach die österreichische Wertschöpfung bei den Projekten erhöht werden sollte.

Bezüglich der neuen Siedlungswasserwirtschafts-Richtlinie, die ab Herbst gelten wird, wies er darauf hin, dass der Fokus auf dezentrale Anlagen gerichtet wurde. Die Instandhaltungsproblematik, die vor allem den Betreiber betreffe, sei aber sicher ein Thema, das "uns noch länger begleiten wird". In der Frage des Hochwasserschutzes soll gemeinsam mit den Bundesländern ein ambitioniertes und langfristiges Programm erarbeitet werden; die Länder haben jedoch ihre eigenen Prioritätenreihung. Die dafür notwendigen Mittel werden um mehr als ein Drittel aufgestockt, gab er bekannt.

In Richtung der Abgeordneten Rest-Hinterseer teilte er mit, dass für LIFE+-Projekte jährlich 3,5 Mill. € zur Verfügung stehen werden. Es gab eine totale Umstellung des Systems hin zu einem Globalbudget; letztlich werden aber ungefähr gleich viel Gelder ausbezahlt wie im alten System. Zur Kritik an den Projekten des JI/CDM-Programms merkte Pröll an, dass es viele Maßnahmen, die für den Klimaschutz hochwirksam sind, ohne diese Förderung nicht gegeben hätte. Abschließend informierte er noch darüber, dass heuer 47 % aller zugelassenen PKW mit Dieselpartikelfilter ausgestattet sind. (Fortsetzung)