Parlamentskorrespondenz Nr. 676 vom 11.07.2006

Reiche Diven, arme Poeten

Kunstbericht 2005 bilanziert Kunstpolitik der Regierung

Wien (PK) – Zur Förderung der heimischen Kunst griff der Staat auch 2005 tief in die Tasche. 84,5 Millionen Euro wurden im Berichtszeitraum für die Kunst aufgewendet, dazu kamen noch 134 Millionen Euro, die Staats- und Volksoper, Burg- und Akademietheater den Spielbetrieb erleichtern. Die darstellende Kunst erweist sich generell einmal mehr als der große Nutznießer heimischer Förderung, während die Literatur, schon bisher Stiefkind der Nation, neuerliche Abstriche hinnehmen musste. Nicht einmal mehr jeder 10. Euro geht an die Epigonen von Musil, Horvath, Zweig und Co., während die Festspiele und die großen Bühnen über mehr Mittel denn je verfügen. Dies sind die zentralen Erkenntnisse des "Kunstberichts" der Bundesregierung (III-217 d.B.), der in der Sitzung des Kulturausschusses am Mittwoch, dem 12. Juli, verhandelt wird. Nach der Absicht der Koalitionsfraktionen soll der Bericht im Ausschuss enderledigt werden; in diesem Fall ist die Sitzung des Kulturausschusses öffentlich.

"Kunstpolitik bedeutet aber nicht nur, finanzielle Mittel zu verteilen. Kunstpolitik ist horizontal mit anderen politischen Bereichen wie etwa der Wirtschafts- und Marktpolitik oder der Steuer- und Sozialpolitik eng verknüpft und findet – sozusagen vertikal – auf verschiedenen Ebenen statt: Sie agiert auf lokaler und regionaler, auf nationaler und europäischer und nicht zuletzt auf internationaler und globaler Ebene. Für die Kunstförderung und die Kulturpolitik ist es selbstverständlich wichtig, vor Ort, d.h. auf regionaler und nationaler Ebene, zu fördern, zu unterstützen und aktiv zu sein. Jedoch darf sie keinesfalls die europäische und internationale Perspektive außer Acht lassen." Unter diese Präambel stellt Staatssekretär Franz Morak seine Bilanz der Kunstpolitik 2005.

Gerade sein vielfältiges Engagement im Ausland habe mehr und mehr zu einem grundlegenden Vorteil für die heimische Kunst geführt, hält Morak fest, der zudem konstatiert, "dass die Kulturpolitik einen wesentlichen Beitrag zur europäischen Integration und Entwicklung leisten kann und dass Österreich sowohl aus seiner geschichtlichen Rolle wie auch aus seiner geographischen Lage heraus verpflichtet ist, ein lebendiger Umschlagplatz für Ideen und ein Ort für den Dialog zu sein." Morak verweist in diesem Zusammenhang auf die vielen internationalen Konferenzen zum Thema, insbesondere auf die Anfang März 2006 in der Hofburg abgehaltene Tagung zur Stärkung der europäischen Kreativwirtschaft: "Mit dieser Tagung hat die österreichische Ratspräsidentschaft gezeigt, dass Kultur und Wettbewerb, aber auch Kultur und Wirtschaft zwar nach unterschiedlichen Spielregeln funktionieren, deswegen jedoch noch lange keine Gegensätze sein müssen. Wenn wir Europäer uns das Ziel gesetzt haben, die EU zu einem besonders wettbewerbsfähigen, dynamischen, auf Wissen basierenden Raum zu machen, dann wird dabei die so genannte Content- und Kreativwirtschaft, also Film, Fernsehen, Musik, Online-Inhalte, Printmedien und Bücher, eine ganz entscheidende Rolle spielen."

2005 habe es, so Morak weiter, eine Vielzahl österreichischer Kunstinitiativen im europäischen Rahmen gegeben, so die Aktivitäten des Vereins "Central & Eastern European Musiktheater" oder die Wanderausstellung "Wonderland", es wurden aber auch zahlreiche interessante Vorhaben im internationalen Rahmen umgesetzt. Hier reicht die Palette vom Österreich-Pavillon bei der Architekturbiennale in Sao Paolo bis zu Großausstellungen in Venedig und Madrid, wo im Rahmenprogramm auch das zeitgenössische österreichische Filmschaffen mit Werken von Michael Haneke, Barbara Albert oder Ulrich Seidl vor den Vorhang gebeten wurde. Der österreichische Film habe auch 2005 mit Hanekes "Caché" und "Grbavica" von Jasmila Zbanic für Aufsehen gesorgt und entsprechende Würdigung erfahren.

Von ebensolch großer Bedeutung war die Präsentation heimischer Gegenwartsmaler in der Volksrepublik China. Rund 200 Arbeiten wurden unter dem Titel "Neue abstrakte Malerei aus Österreich" in Peking, Shanghai und Xian gezeigt: "Über 145.000 Kunstinteressierte aus dem Reich der Mitte besuchten die Ausstellung, die im Anschluss daran im MuMoK in Wien lief."

Eine positive Bilanz zieht der Bericht auch über die Förderung heimischen Musikschaffens sowie hinsichtlich der Künstlersozialversicherung. Auch vom Stipendienwesen profitierten Österreichs Künstler, hält der Bericht fest.

Moraks Resümee: "Ich bin der festen Überzeugung, dass wir im Konzert der europäischen und internationalen Kunst auch in Zukunft erfolgreich mitspielen werden, weil wir über ein großes Potential an hervorragenden Künstlerinnen und Künstlern verfügen. Die Aufgabe für die Kulturpolitik heißt, mit Hilfe zielgerichteter Förderungsprogramme und gesetzlicher Maßnahmen eine Basis dafür zu schaffen, dass Kunst entstehen und professionell vermittelt ihr Publikum erreichen kann."

Budget für Groß und Klein

Neben der fixen Basisabgeltung für die Bundestheater im Ausmaß von 134 Millionen Euro stellte der Bund 2005 insgesamt 84,5 Millionen Euro für die heimische Kunst zur Verfügung. Mehr als die Hälfte dieser Summe ging an die übrige Bühnenlandschaft, immerhin noch 17 Millionen gab es für den heimischen Film, etwas mehr als 10 Millionen wurden für Literatur und 8,4 Millionen Euro für die Bildende Kunst aufgewendet. 4,4 Millionen Euro gingen an regionale Kulturinitiativen.

Zieht man die Bundestheaterförderung ab, so bleiben den heimischen Bühnen immer noch mehr als 42 Prozent des Kunstbudgets. 18 Prozent entfallen auf das Filmschaffen, 10 Prozent auf Bildende Kunst und 9,6 Prozent auf die Literatur. Großempfänger der Kunstsubvention sind einmal mehr Bühnen wie die Josefstadt (6 Mio. Euro), das Volkstheater (4,6 Mio. Euro) und das Theater der Jugend (1,8 Mio. Euro) sowie die Bregenzer (9,2 Mio. Euro) und die Salzburger (5,2 Mio. Euro) Festspiele.

Die Förderung im Detail

Als leicht rückläufig erwies sich im Jahr 2005 die Förderung für Architektur und Design. Das Gros dieser Mittel ging neuerlich an Künstlergemeinschaften und Kunstvereine, aber auch die Galerienförderung, die Ausstellungsförderung und die direkte Künstlerunterstützung war ansprechend dotiert, während vor allem die Einzelprojektförderung und die Subvention von diesbezüglicher Vereinstätigkeit im Berichtszeitraum leicht zurückgefahren wurde.

Im Bereich der darstellenden Kunst wurde das schon in den letzten Jahren übliche Verhältnis weitgehend beibehalten. Großbühnen, Festspiele und die großen Konzertveranstalter erhielten den überwältigenden Löwenanteil der für diesen Bereich vorgesehenen Mittel, Klein- und freie Bühnen mussten jeweils mit Dotationen von einigen tausend Euro das Auslangen finden. Insgesamt erhielten diese Künstler – insgesamt 72 Spielstätten und Gruppen - rund ein Drittel jener Summe, die allein für das Wiener Volkstheater zur Verfügung gestellt wird. Aber auch die zahlreichen Sommerfestspiele – von Kobersdorf bis Retz und von Mörbisch bis Lockenhaus – erhielten für ihr Kunstschaffen einiges an Unterstützung.

Die Filmförderung fließt zum Großteil in das Österreichische Filminstitut, welches in der Folge das heimische Filmschaffen entsprechend koordiniert und promotet. Darüber hinaus gab es aber auch im Berichtszeitraum wieder konkrete Mittel für Drehbuch- und Projektentwicklung, für Herstellung und Verwertung. Über das ÖFI wurden unter anderen Werke wie Michael Glawoggers "Workingman´s Death", Jessica Hausners "Hotel" und Pepe Danquarts "C(r)ook" gefördert.

Knapp zwei Drittel der Mittel für die Literatur gingen im Berichtszeitraum an literarische Vereine und Veranstaltungen, die Verlage erhielten knapp drei Millionen Euro für ihre Tätigkeit. Für Personenförderung – Reise-, Werk und Projektstipendien – wurden 1,2 Millionen Euro aufgewendet. 161.000 Euro gab es für die Übersetzerförderung.

4,2 Millionen Euro wurden für die Förderung regionaler Kulturinitiativen zur Verfügung gestellt, die zum überwältigenden Großteil in die Vereinsförderung flossen.

Auch 2005 wurden wieder etliche Preise im Bereich der Kunst verliehen. So erhielt Julian Barnes den "Staatspreis für Europäische Literatur". Der "Große österreichische Staatspreis für Architektur" ging an Günther Domenig, Michael Donhauser erhielt den "Ernst-Jandl-Preis", und der "Würdigungspreis für grenzüberschreitende Kulturarbeit" ging an Gabriel Lipus, dessen Vater Florjan Lipus den "Würdigungspreis für Literatur" erhielt.

Ein umfangreicher Serviceteil, ein Glossar zur Kunstförderung und ein Register, welches die Benutzung des Abschnitts über die Förderungen im Detail erleichtert, runden den umfangreichen Bericht ab. (Schluss)


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