Parlamentskorrespondenz Nr. 746 vom 20.09.2006

Eurofighter-Kauf abermals auf Tagesordnung des Bundesrates

Platter verteidigt einmal mehr die getroffene Entscheidung

Wien (PK) - Der Kauf der Eurofighter beschäftigte einmal mehr das Parlament. Auf Verlangen der SPÖ und der Grünen trat der Bundesrat zu einer Sondersitzung zusammen, um über einen Entschließungsantrag der beiden Parteien betreffend den sofortigen Stopp der Beschaffung von Eurofightern und eine Offenlegung der Verträge zu beraten.

Eingeleitet wurde die Diskussion im Bundesrat durch Bundesrat LINDINGER (S), der den Bericht des Landesverteidigungsausschusses der Länderkammer über den S-G-Entschließungsantrag verlas. Darin wird der Regierung unter anderem vorgeworfen, sich auf Grund "falscher bzw. geschönter Preiskalkulationen" für den Eurofighter entschieden zu haben, und vermerkt, dass der Rechnungshof "enorme Mängel" bei der Gestaltung des Kaufvertrags festgestellt habe.

Heftig kritisiert wird darüber hinaus die Weigerung von Verteidigungsminister Günther Platter, die Kaufverträge offen zu legen, obwohl Vertragsteile in der Zeitschrift "News" veröffentlicht wurden. Beim Kauf der Eurofighter handle es sich um die teuerste Beschaffung der Zweiten Republik, heißt es, es widerspreche demokratischen Prinzipien und sei ein "Riesen-Skandal", das Parlament komplett von der Kontrolle auszuschließen. Dem Bericht zufolge vertreten führende Verfassungsrechtler die Meinung, dass zumindest die kaufmännischen Teile des Kaufvertrags nicht Teil der von Platter vorgebrachten Verschwiegenheitspflicht sein könnten.

Die Vertragsgestaltung selbst wird im Bericht als "katastrophal" gewertet, wobei u.a. auf eine kurze Garantiefrist, eingeschränkte Weiterverkaufsmöglichkeiten und verpflichtende Ratenzahlungen der Republik Österreich auch bei mangelhafter Leistungserfüllung hingewiesen wird. Es gebe eine Reihe von Pflichten für Österreich und zahlreiche Rechte für den Lieferanten, zitiert der Bericht den Verfassungsrechtsexperten Heinz Mayer.

Resümierend berichtete Lindinger, die Ausschussberatungen hätten Zweifel an der Korrektheit des Beschaffungsvorgangs keinesfalls entkräften können, die enorme Belastung des Budgets durch den Eurofighter-Kauf unterstrichen und aufgezeigt, dass es durch die Vertragsgestaltung zu einer bedenklichen Benachteiligung der Republik Österreich komme.

Bundesrat Dr. KÜHNEL (V) sprach sich dem gegenüber entschieden gegen den Stopp des Beschaffungsvorgangs aus und gab unter anderem zu bedenken, dass ein solcher Stopp massive negative Auswirkungen auf die internationale Reputation Österreichs hätte. Seiner Meinung nach sind Abfangjäger zum Schutz der Bevölkerung, zum Schutz des Landes und zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten unbedingt erforderlich. Es liege ihm am Herzen, dass das Bundesheer für alle möglichen Fälle gewappnet sei, meinte Kühnel, man wisse aus heutiger Sicht nicht, was das Jahr 2010 oder 2015 bringen werde. Ein Verzicht auf Abfangjäger würde ihm zufolge überdies dem europäischen Solidaritätsgedanken widersprechen.

Um seine Argumentation zu untermauern, zitierte Kühnel aus dem Neutralitätsgesetz, wonach Österreich seine Neutralität mit allen zu Gebote stehende Mitteln aufrecht erhalten und verteidigen müsse. Österreich sei eines der reichsten Länder der Welt, sagte Kühnel, daraus sei ableitbar, dass es entsprechende Mittel für die Landesverteidigung einzusetzen habe. Hätte die Regierung Klima zeitgerecht agiert, wäre es schon früher zum Kauf neuer Abfangjäger gekommen. Überlegungen, ein anderes Land mit der Überwachung des österreichischen Luftraums zu betrauen, wertete Kühnel auf Grund des Neutralitätsgesetzes als nicht gangbaren Weg. 

Zum Abschluss seiner Rede brachte Kühnel einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein. Darin spricht sich die ÖVP für ein Bekenntnis des Bundesrats zu einer effektiven und lückenlosen Luftraumüberwachung aus und tritt ausdrücklich für die Nachbeschaffung von Luftraumüberwachungsflugzeugen ein. An Verteidigungsminister Günther Platter soll der Bundesrat, geht es nach der ÖVP, das Ersuchen richten, den Beschaffungsvorgang für die Eurofighter plangemäß zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Hinsichtlich des Berichts von Bundesrat Lindinger merkte Kühnel an, die ÖVP habe einen eigenen Minderheitsbericht vorgelegt.

Bundesrat Konecny (S) setzte sich einleitend mit dem Minderheitsbericht der ÖVP auseinander und warf ihr vor, das Recht verwirkt zu haben, künftig von einer Aufwertung des Bundesrates zu reden. Zu acht Sitzungen des Verteidigungsausschusses, in denen man sich eingehend mit der Materie auseinandergesetzt und Auskunftspersonen gehört habe, "fällt Ihnen nur ein, der Ausschuss habe seine Kompetenzen überschritten", kritisierte Konecny.

In der Sache habe der Ausschuss bedauerlicherweise keine restlose Klarheit schaffen können, sagte Konecny, man habe "keine rauchende Pistole gefunden, wohl aber viele Hände mit Schmauchspuren". Zahlreiche Merkwürdigkeiten, auf die die Bundesräte stießen, mache auch künftig eine intensive Auseinandersetzung mit der Typenentscheidung für den Eurofighter erforderlich. Dabei lautet die Kernfrage für Bundesrat Konecny: "Muss sich ein kleines Land mitten in Europa das teuerste Flugzeug für die Luftraumüberwachung leisten?"

Auf die Detailarbeit des Ausschusses eingehend, berichtete Konecny von den Kontakten Finanzminister Grassers mit EADS-Vertretern im Vorfeld der Entscheidung und vom Ausscheiden des Eurofighter-Angebots in der ersten Phase der Entscheidungsvorbereitung. Überraschenderweise habe sich die Regierung dann für einen Flugzeugtyp entschieden, der die Kriterien übererfülle, aber 700 Mill. € teurer sei als der zunächst erstgereihte Gripen. "Man hat einen Mittelklassewagen gesucht, aber ein Luxusauto gekauft". In diesem Zusammenhang erinnerte Konecny von dem bemerkenswerten Meinungsumschwung Finanzminister Grassers, dem es auch gelungen sei, den zunächst für den Gripen plädierenden Verteidigungsminister Scheibner vom Eurofighter zu überzeugen, der den diesbezüglichen Ministerratsvortrag änderte.

Konecny erinnerte weiter an die Reduzierung der Anzahl der Flugzeuge von 24 auf 18, um nach der Hochwasserkatastrophe des Jahres 2002 den Kaufpreis unter 2 Milliarden € zu drücken. Er berichtete vom "sanften Verscheiden der Wirtschaftsplattform" Kanzler Schüssels, die die Finanzierung der Eurofighter übernehmen sollte, und setzte sich kritisch mit dem Kaufvertrag auseinander, "den wir nicht kennen dürfen", der schließlich so geändert wurde, dass nicht Eurofighter der Tranche II, sondern einer nachgerüsteten Tranche I geliefert werden.

Dann ging Konecny auch auf die Zwischenfinanzierung durch die BAWAG ein, um Eurofighter-Kosten zunächst nicht im Budget aufscheinen zu lassen, die für die Republik aber keinerlei Ersparnis bringe. Heftige Kritik übte der Redner an den hohen Betriebskosten von 50 Mill. € jährlich, die der Eurofighter nach sich ziehen werde. Dieser Betrag werde das Landesverteidigungsbudget belasten und das Bundesheer in wichtigen Bereichen, etwa bei den Auslandseinsätzen, "aushungern".

Bundesrat Konecny schloss mit der Feststellung, es sei richtig, diesen Beschaffungsvorgang abzubrechen. Grüne und SPÖ seien keine Feinde der Landesverteidigung, es gehe ihnen um eine sparsame und zielorientierte Verwendung von Mitteln, die die Österreicher als Steuerzahler aufbringen.

Bundesrat Mag. HIMMER (V) fasste das Ergebnis der Arbeit des Landesverteidigungsausschusses mit der Feststellung zusammen, er habe nicht Neues gebracht, aber bestätigt, dass die Bundesregierung im Sinne der Sicherheit und der Wirtschaftlichkeit richtig gehandelt hat. Grundsätzlich sagte Himmer, Nationalrat und Bundesrat sollen die Regierung kontrollieren, die von SPÖ und Grünen verlangte Aktenvorlage entspreche aber nicht der Geschäftsordnung und sei daher abzulehnen. Die Amtsverschwiegenheit gelte beim Eurofighter-Kaufvertrag wegen militärischer wirtschaftlicher und außenpolitischer Interessen der Republik und aus Gründen des Datenschutzes bei Geschäftsgeheimnissen, erläuterte Himmer mit Hinweis auf die diesbezüglichen Expertenaussagen.

Für in höchstem Maße unseriös hielt es Himmer, auf Grund unbestätigter Vertragsentwürfe, die in einer Zeitung veröffentlicht wurden, den Kaufvertrag bewerten zu wollen. Hingegen habe der Rechnungshof - als Organ des Parlaments - bestätigt, dass EADS Bestbieter und die der Kaufentscheidung zugrunde liegende Kosten- Nutzenanalyse nachvollziehbar sei. "Die Skandalisierungsversuche der Opposition sind gescheitert", resümierte Himmer und erinnerte die SPÖ daran, dass ihre Gewerkschafter zwei Milliarden € verzockt haben, während die Bundesregierung für den selben Betrag die Sicherheit Österreichs gewährleiste, wirtschaftpolitischen Nutzen stifte und Arbeitsplätze schaffe.

Bundesrat SCHENNACH (G) erinnerte seinen Vorredner daran, dass der Rechnungshof die Vorgangsweise bei der Eurofighter-Beschaffung als "hoch riskant" bezeichnet und festgestellt habe, dass die Effizienz des Flugzeugs nicht voll genutzt werden könne. Man habe ein Jagdflugzeug bestellt, erhalte aber einen Jagdbomber, den man eigentlich nicht brauche, kritisierte Schennach. Bundesminister Platter könne nichts für diese Entscheidung, wohl treffe ihn aber der Vorwurf, jenen die Mauer zu machen, die die Kontrolle des Parlaments nicht zulassen wollten.

Auch Schennach erinnerte an die Präferenz von Verteidigungsminister Scheibner für den Gripen und sprach von einer erzwungenen Vergabeentscheidung, für die der damalige und jetzige Finanzminister Grasser die Verantwortung trage, weil es nicht im Interesse der Steuerzahlers liege, das teuerste Flugzeug für die Luftraumüberwachung anzuschaffen.

Der Redner berichtete, es gehe aus dem Akt keineswegs hervor, dass der Eurofighter das Bestgebot gewesen sei, vielmehr hätte man dem Gripen den Vorzug geben müssen. Zu diesem Schluss sei auch die entsprechende Bewertungskommission gekommen, und trotzdem sei es zum Kauf des Eurofighters gekommen, wobei die Bundesregierung weiterhin den Einblick in den wirtschaftlichen Teil des Vertrages verweigere. Hier sei politische Kontrolle höchst erforderlich, betonte der Redner, der auch auf die Kritik des Rechnungshofes in diesem Zusammenhang verwies.

Sodann setzte sich Schennach mit den Aspekten der so genannten Gegengeschäfte auseinander, wo gleichfalls Anlass zu massiver Kritik bestehe, wie der Mandatar betonte. Die Frage der Gegengeschäfte harre nach wie vor der Klärung, meinte er. Die Steuerzahler müssten tief in die Tasche greifen für ein Gerät, das in dieser Form nicht nötig gewesen wäre, und die Verantwortung des Finanzministers für diese Entscheidung wäre gleichfalls zu klären, sagte Schennach, die um breite Zustimmung zum in Rede stehenden Entschließungsantrag warb.

Bundesrat KAMPL (o.F.) zeigte sich überzeugt, dass sich die Bevölkerung mit breiter Mehrheit für die Anschaffung dieser Eurofighter ausspreche. Österreich müsse bestmöglich geschützt und verteidigt werden, die Sicherheit der heimischen Bevölkerung brauche auch entsprechenden militärischen Schutz in der Luft. Der Redner würdigte die großen Leistungen des heimischen Bundesheeres, und um ihre Aufgaben erfüllen zu können, brauche es, auch in der Luftüberwachung, bestmögliche Ausrüstung.

Der Redner verteidigte die getroffene Entscheidung für die Eurofighter als zweckdienlich. Und auch der Rechnungshof habe die Entscheidung nicht negativ bewertet. Die Gegengeschäfte befand der Redner, der auch die heimische Wirtschaftsplattform positiv beurteilte, für zweckmäßig. Der Minister solle sich nicht beirren lassen, wenn man Herr im eigenen Haus bleiben wolle, brauche man das beste Fluggerät, und dies sei nun einmal der Eurofighter.

Bundesrat VILIMSKY (o.F.) nannte die ganze Angelegenheit einen "Skandal", weil dieser Beschaffungsvorgang weiterhin jeder Kontrolle entzogen werden solle. Der Redner zeigte sich überzeugt davon, dass hier viele Leichen im Keller zu finden wären. Auf den ersten Blick handle es sich hierbei um einen reinen ÖVP-Skandal, doch profitierten auch Personen von diesem Deal, die etwa der Sozialdemokratie zuzuordnen seien. In deren Umfeld habe sich eine Gruppe von "Luxuslinken" breitgemacht, die zugriffen, wo immer es sich zugreifen ließe. Doch dieser Umstand entbinde die ÖVP nicht von ihrer Verantwortung für diesen "Skandal".

Die ganze Sache stinke zum Himmel, erklärte Vilimsky, der es für unumgänglich hielt, diese Causa lückenlos und in allen Details aufzuklären. Rote und schwarze Skandale seien im übrigen systemimmanent in dieser Republik, schloss der Mandatar, und dies zeige sich nicht nur beim Eurofighter, sondern auch bei der BAWAG. Der Redner sprach von einer "Chronique Scandaleuse" in diesem Zusammenhang und trat für eine Stornierung des Vertrags sowie dessen Offenlegung und für einen Untersuchungsausschuss zur Klärung der Verantwortlichkeiten aus. In diese Geschichte müsse endlich Licht gebracht werden, schloss Vilimsky.

Bundesminister PLATTER meinte, man habe dieses Thema in der Vergangenheit schon oft behandelt und er könne klarstellen: in dieser Sache gebe es nichts Neues. Es würden immer wieder dieselben Argumente vorgebracht, doch diese Fragen seien schon längst geklärt. Offenbar gehe es nicht um die Luftraumüberwachung, sondern um Wahlkampf, vermutete der Minister, der sodann die getroffene Entscheidung verteidigte. Die Luftraumüberwachung sei unumgänglich, sie sei in der Vergangenheit auch von der Sozialdemokratie anerkannt worden, so der Minister, der entsprechende Aussagen führender Sozialdemokraten zitierte.

In der Tat sei Luftüberwachungsgerät heute wichtiger denn je, habe sich doch im sicherheitspolitischen Bereich in den letzten Jahren sehr viel geändert, und keine Regierung könne es sich leisten, diesen Beschaffungsvorgang zu stoppen, das gebiete der Schutz des heimischen Luftraums. Es sei unumgänglich nötig, dass heimische Piloten den heimischen Luftraum überwachen könnten. Und auch die Typenentscheidung sei richtig, denn sie sei im Wettbewerb gefallen und habe die bestmögliche Lösung erbracht. Auch der Rechnungshof habe festgehalten, der Eurofighter sei zutreffend als Bestbieter ermittelt worden, betonte Platter, der auch darauf verwies, dass Italien und Deutschland mit demselben Gerät arbeiteten, was für Österreich ein großer Vorteil sei.

Man habe also die richtige Entscheidung getroffen, schloss Platter, der auf die negativen Konsequenzen hinwies, die ein Stopp dieser Beschaffung bedeuten würde, während die Beschaffung zahlreiche positive Effekte für den Wirtschaftsstandort Österreich bedinge. Hinsichtlich des Bedürfnisses nach Offenlegung des Vertrages verwies der Minister auf die Wahrung des Datenschutzes. Sodann widersprach der Minister der Kritik der Opposition und verteidigte die Entscheidung der Bundesregierung nochmals als bestmögliche Lösung. (Forts.)


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