Parlamentskorrespondenz Nr. 142 vom 07.03.2007

Budgetüberschuss durch Kurs des sorgsamen Haushaltens bis 2010

Molterer: Sinkende Arbeitslosigkeit, steigende Realeinkommen

Wien (PK) - Vor Beginn der Debatte über das Budgetprovisorium gab der Vorsitz führende Zweite Präsident des Nationalrates Dr. SPINDELEGGER bekannt, dass seitens der Grünen ein Dringlicher Antrag betreffend "Frauenpolitische Maßnahmen – wo bleiben sie?" (119/A [E]) eingebracht worden sei. Die Debatte darüber werde kurz nach 16 Uhr beginnen.

Weiters kündigte der Präsident eine Kurzdebatte über die schriftliche Beantwortung 201/AB zur Anfrage 213/J des G-Abgeordneten Zinggl betreffend Frauen bei den Wiener Philharmonikern im Anschluss an die Diskussion über den Dringlichen Antrag an.

In der Debatte über das gesetzliche Budgetprovisorium 2007 kritisierte Abgeordneter Mag. ROSSMANN (G) grundsätzlich, dass man aufgrund der langen Regierungsverhandlungen heute über ein Budgetprovisorium und nicht bereits über das neue Budget diskutieren müsse. Die Grünen werden diesem Provisorium keine Zustimmung geben, betonte er, da dieses an falsche Budgetstrukturen anknüpfe. Seiner Ansicht nach stehe das Provisorium unter dem Motto "sparen und verwalten statt gestalten". Die Deckelung der Ermessensausgaben nannte Rossmann einfallslos und Existenz gefährdend, da diese nach Rasenmähermethode durchgeführt werde und für viele, die im Kunst-, Kultur- und im NGO-Bereich tätig seien, das Ende oder starke Einschränkung bedeuten würde. Er bezweifelte auch, ob man das Provisorium angesichts der "sprudelnden Steuereinnahmen" tatsächlich brauche und mutmaßte, dass ohne Provisorium die Schuldenbremse wegen der Kosten der Eurofighter wirksam werden könnte.

Hinsichtlich des kommenden Doppelbudgets befürchtete Rossmann die Fortsetzung des "Sparkurses von Schwarz, Blau und Orange", und meinte, dass damit zu wenig Mittel für Bildung, Forschung, Klimaschutz, Pflege und Frauenpolitik zur Verfügung stehen würden. Offensichtlich, so der Grün-Abgeordnete, werde es für die Landesverteidigung um 100 Mill. € mehr geben, und das sei eine falsche Schwerpunktsetzung. Damit werde man den Wohlstand in Österreich nicht sichern können, sagte Rossmann, der es auch als "skandalös" bezeichnete, über das Budgetprovisorium diskutieren zu müssen, ohne den Gebarungserfolg von 2006 zu kennen.

Abgeordneter AUER (V) konterte, Abgeordneter Rossmann habe noch im letzten Budgethearing eine schlechte Wirtschaft und Konjunktur prognostiziert, heute spreche er von sprudelnden Steuereinnahmen. Leise Kritik übte er auch an den früheren Aussagen des nunmehrigen Staatssekretärs Matznetter, der eine Broschüre mit dem Titel "Schummelbudget" 2006 präsentiert hatte. Heute sei sein Blickwinkel offenbar ein anderer, meinte Auer. Die Vorlage des gesetzlichen Budgetprovisoriums begründete Auer mit der Notwendigkeit einer neuen Schwerpunktsetzung und den neuen Zuständigkeiten aufgrund des Bundesministeriengesetzes. Die neuen Ministerinnen und Minister könnten ohne dieses Provisorium ihre Aufgaben nicht wahrnehmen, stellte er fest.

Abgeordneter THEMESSL (F) bedauerte aus seiner Sicht, dass man die guten Rahmenbedingungen, die die ÖVP-FPÖ-Regierung vor zwei Jahren hinterlassen habe, von ÖVP und BZÖ nicht genützt worden seien. Leider sei ein Mittelmaß herausgekommen. Die FPÖ werde daher dem Provisorium nicht zustimmen, weil man das "Wursteln" der letzten zwei Jahre nicht billigen könne.

Auch Abgeordneter KRAINER (S) wies auf die Notwendigkeit des gesetzlichen Budgetprovisoriums aufgrund des Ministeriengesetzes hin und sprach von einer Übergangsregelung. Er räumte aber ein, dass es durch die Eurofighter eine Vorbelastung gebe. Gleichzeitig zeigte er sich zuversichtlich, dass das kommende Doppelbudget neue Schwerpunkte zeigen werde. Diese werden laut Krainer bei Forschung und Entwicklung, Infrastruktur sowie Wachstum und Beschäftigung liegen. Auch im Bereich Soziales zeigten erste Schritte, dass der Weg nun in eine andere Richtung führe, und das werde sich auch im Budget niederschlagen. Das Gleiche gelte für den Bildungssektor, wo der Spielraum eng sei. Krainer bewertete es positiv, dass die Regierung gemeinsame Schritte setze, um die Schieflage zu korrigieren, wobei seiner Meinung nach das Tempo erhöht werden müsse.

Vizekanzler Mag. MOLTERER bestätigte, dass das gesetzliche Budgetprovisorium aufgrund der neuen Kompetenzverteilung in den Ministerien notwendig geworden sei. Hätte man das nicht gemacht, hätten einige Regierungsmitglieder keine solide Arbeitsgrundlage. Zur Kritik des Abgeordneten Rossmann im Hinblick auf den fehlenden Rechnungsabschluss bemerkte Molterer, er werde wie bisher auch eine transparente Vorgangsweise wählen, aber diese müsse auf Fakten beruhen, welche jedoch derzeit nicht vollständig vorlägen.

Der Finanzminister bedankte sich bei seinem Staatssekretär und seinen MitarbeiterInnen für die gute Zusammenarbeit bei der Erstellung des Doppelbudgets, das vom Geist der Sparsamkeit und den richtigen Investitionen in die Zukunftsentwicklung, wie Forschung und Entwicklung, sozialer Zusammenhang, Sicherheit und Infrastruktur, getragen sei. Der Bundesvoranschlag werde den politischen Ausdruck einer Schwerpunktsetzung darstellen, die Molterer mit den Worten "Wachstum stärken und Arbeit schaffen" umschrieb. Die derzeit stabile Wachstumsperiode müsse als ein positives Zeichen gewertet werden für die Arbeit, die geleistet wurde und geleistet werden wird. Molterer erinnerte in diesem Zusammenhang auf die sinkende Arbeitslosigkeit und die Steigerung des Realeinkommens. Faktum sei, dass das Wachstum auf Export und auf der eigenen Wirtschaftskraft beruhe, und daher brauche man keinen neuen Kurs suchen, denn man habe ihn bereits.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) wollte die Aussagen des Finanzministers aus seiner Sicht zurechtrücken und die Feststellungen seines Klubkollegen Rossmann untermauern. Vor allem konstatierte Kogler eine Schwäche bei der Ausgaben- und Einnahmenstruktur und wandte sich gegen eine Steuersenkung, ohne diese Schwachstellen zu beheben. Er lehne es nicht ab, eine Abgabenquote festzulegen, aber man müsse, so Kogler, die Frage stellen, welche Struktur des Steueraufkommens man anstrebe. Darüber hinaus sei festzulegen, was öffentlich finanziert werden soll, wo der Staat einspringen muss. Derzeit herrsche aber in der Ausgabenstruktur ein eklatantes Missverhältnis. Kogler lehnte in diesem Zusammenhang die Abschaffung der Erbschaftssteuer ab und trat dafür ein, die Privilegien bei der Stiftungsbesteuerung zu beseitigen. Auch bei den Lohnnebenkosten sah er Handlungsbedarf.

Abgeordneter BUCHER (B) bezeichnete das Budgetprovisorium als sinnvolle Maßnahme und zeigte kein Verständnis für die Position der Grünen. Er, Bucher, sei aber neugierig, wie die Bundesregierung die ehrgeizigen Maßnahmen im Doppelbudget unterbringen werde. Vor allem mutmaßte er, dass Staatssekretär Matznetter nicht zu seinem Wort stehen werde, wenn man sich dessen Aussagen, etwa zur Gruppenbesteuerung noch vor kurzer Zeit, vergegenwärtige. Das BZÖ wolle in erster Linie die Steuerzahler entlasten, bekräftigte Bucher, und trat für die Aufhebung der Erbschaftssteuer sowie für eine spürbare Reduzierung des Bürokratie- und Verwaltungsaufwandes ein.

Abgeordneter WEINZINGER (F) übte Kritik an der Regierungspolitik der letzten zwei Jahre. Die FPÖ habe erkannt, dass man damit die tatsächlichen Probleme des Landes nicht lösen könne. So sei etwa das Problem der EU-Nettozahlungen nicht gemeistert worden, obwohl die Menschen mit der EU immer unzufriedener würden. Es gebe keine Klarstellung, was die EU anstrebe, sagte Weinzinger, einen Staatenbund oder einen Bundesstaat. Er forderte auch eine Volksabstimmung über den Verfassungsvertrag. Als Begründung für die Ablehnung des Budgetprovisoriums führte er ins Treffen, dass die Regierungspolitik von 2005 und 2006 nicht weitergeführt werden sollte.

Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) stellte daraufhin fest, dass die FPÖ dem Provisorium im Budgetausschuss zugestimmt habe. Das Provisorium, so Stummvoll, beruhe auf einer erfolgreichen und soliden Budget- und Finanzpolitik, die Österreich vom letzten ins oberste Drittel der EU-Staaten katapultiert habe. Österreich weise heute ein höheres Wirtschaftswachstum als der EU-Durchschnitt und Deutschland auf, und auch die Prognosen bis 2011 seien positiv. Berücksichtige man die gesunkene Arbeitslosenquote, so könne man von einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik sprechen. Auch die Wirtschaft selbst zeige sich laut einer Market-Umfrage äußerst zufrieden und sehe optimistisch in die Zukunft. Ein größeres Kompliment gebe es nicht, sagte Stummvoll. Abschließend sprach er sich für die Abschaffung der Erbschaftssteuer aus, da er dagegen sei, etwas dreifach zu besteuern.

Abgeordneter Ing. GARTLEHNER (S) räumte zwar ein, dass man das alte Budget bekämpft habe, da das Provisorium aber notwendig sei, kündigte er die Zustimmung der SPÖ an. Gartlehner verlieh seiner Überzeugung Ausdruck, dass das neue Budget einen Kurswechsel bringen werde. Im Gegensatz zu seinem Vorredner beurteilte er die Budget- und Finanzpolitik der letzten Jahre nicht positiv. Während unter SPÖ-Alleinregierung das Wachstum doppelt so hoch gewesen sei, obwohl man die Probleme der Verstaatlichten zu finanzieren hatte, habe man in den letzten Jahren die erfolgreich sanierte Verstaatlichte verkauft, bemängelte er. Gartlehner sprach sich auch dagegen aus, Steuern abzuschaffen.

Abgeordneter DOLINSCHEK (B) nahm zu den unterschiedlichen Aussagen der Regierungsmitglieder zur Mobilitätsprämie und Mindestsicherung Stellung. Auch wenn man eine Mobilitätsprämie vergeben würde, so blieben nach Ansicht Dolinscheks die hohe Mineralölsteuer und die geplante Valorisierung der Vignettenpreise sowie die Erhöhung der KFZ-Prämien ein großes Hindernis für die Mobilität. Die Mindestsicherung bezeichnete er als ein festgeschriebenes Wunschdenken, das nicht ohne die Länder umzusetzen sei. Außerdem stelle eine Mindestsicherung keinen Anreiz dar, eine Arbeit anzunehmen. Dolinschek kritisierte auch die Überlegungen, die Krankenversicherungsbeiträge zu erhöhen, und hielt die Besteuerung der Arbeitskraft für zu hoch.

Staatssekretär Dr. MATZNETTER hielt fest, das gesetzliche Budgetprovisorium sei ausschließlich deshalb notwendig, damit die neuen Ministerien ein entsprechendes Budget zur Verfügung hätten. Grundsätzlich wäre man mit dem automatischen Budgetprovisorium bis Mitte des Jahres ausgekommen, betonte er.

Generell merkte Matznetter an, die Koalition habe sich darauf verständigt, durch einen "entschiedenen Kurs des sorgsamen Haushaltens" bis zum Jahr 2010 einen Budgetüberschuss zu erzielen. Dann solle es auch eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger durch eine Steuerreform geben. "Auf Pump" wolle die Regierung, so Matznetter, keine Steuerreform machen.

Zum VfGH-Erkenntnis betreffend Erbschaftssteuer sagte Matznetter, die Regierungspartner würden in der gesetzten Frist eine gemeinsame Lösung erarbeiten. Eine Abschaffung der Erbschaftssteuer kann er sich jedoch nicht vorstellen, schließlich sei die Erbschaftssteuer, so der Staatssekretär, mit einem Ertrag von deutlich über 130 Mill. € keine Bagatellsteuer. Die Erben von "kleinen Häuselbauern" will er allerdings von der Erbschaftssteuer ausnehmen.

Abgeordnete LENTSCH (V) zeigte sich zuversichtlich, dass bis zum Jahr 2010 der angestrebte Budgetüberschuss erreicht werden kann. Die SPÖ-Minister hätten zur Kenntnis genommen, was der Staatshaushalt hergebe, meinte sie, die ÖVP habe gesehen, dass es im Gesundheitsbereich ohne zusätzliche Beiträge nicht gehen werde, auch wenn in den letzten Jahren sehr viel gespart worden sei. Positiv strich Lentsch die gute Konjunktur hervor.

Abgeordneter ZACH (S) führte aus, ein Budgetprovisorium brauche, wer nicht rechtzeitig zu arbeiten beginne. Seiner Meinung nach ist durch die langwierigen Regierungsverhandlungen viel Zeit verloren gegangen. Im Zusammenhang mit der von der OECD festgestellten hohen Steuerbelastung für Arbeitseinkommen übte Zach massive Kritik am früheren Finanzminister Grasser. Generell sprach er sich für die Besteuerung fossiler Brennstoffe mit einem "Energie-Euro" aus, um alternative Energieträger wettbewerbsfähiger zu machen.

Abgeordneter Dr. MAIER (V) übte scharfe Kritik am geplanten Bau eines neuen Einkaufszentrums im Süden von Wien und machte für die Entscheidung eine "Achse SPÖ - FPÖ" verantwortlich. Er sieht durch das Einkaufszentrum kleine und mittlere Unternehmen gefährdet.

Abgeordnete Mag. TRUNK (S) unterstrich, die Zustimmung der SPÖ zum gesetzlichen Budgetprovisorium könne keinesfalls als Zustimmung zum ÖVP-BZÖ-Budgetkurs der letzten Jahre verstanden werden. Die neue Regierung strebe einen Kurswechsel an, bekräftigte sie, wobei insbesondere der Bildungs-, Sozial- und Wirtschaftsbereich Priorität hätten. Die vorgesehenen Budgetmittel für das Verteidigungsressort sind ihr zufolge notwendig, um die Bundesheerreform umzusetzen.

Abgeordnete TAMANDL (V) stellte fest, die langen Regierungsverhandlungen hätten bewirkt, dass die Budgetverhandlungen nunmehr innerhalb einer Woche abgeschlossen hätten werden können. Die hohen Staatsschulden stammen ihr zufolge aus den Jahren vor 1999.

Abgeordnete RINNER (S) skizzierte, die Erstellung eines Budgets sei immer eine Gratwanderung. Das Geld werde immer knapper, die Mittel sollten aber so gerecht wie möglich verteilt werden. Die Regierung Gusenbauer hat ihrer Auffassung nach das Doppelbudget 2007/08 nicht nur in Rekordzeit erstellt, es sei auch gelungen, "trotz schweren Erbes der vergangenen Regierung" für eine ausgewogene Verteilung zu sorgen. Rinner hofft, wie sie sagte, dass die "einseitige Belastung" kleiner und mittlerer Einkommensbezieher künftig ein Ende habe.

Abgeordneter STEINDL (V) gratulierte Finanzminister Molterer zu den "zügigen" Budgetverhandlungen. Für einen verantwortungsvollen Politiker sei es ein gutes Gefühl, dass über den Konjunkturzyklus hinweg ein ausgeglichener Staatshaushalt angepeilt werde, unterstrich er. Ohne eine jährliche Zinsbelastung von 7 Mrd. € hätte man seiner Meinung nach allerdings mehr Spielraum. Handlungsbedarf sieht Steindl bei der Erbschaftssteuer.

Das gesetzliche Budgetprovisorium 2007 wurde vom Nationalrat mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und BZÖ beschlossen. (Forts./Katastrophenfonds)