Parlamentskorrespondenz Nr. 199 vom 22.03.2007

Nationalrats-Sondersitzung zum Thema Sicherheit

BZÖ sieht Regierung als Sicherheitsrisiko für Österreich

Wien (PK) – Mit der öffentlichen Sicherheit befasste sich der Nationalrat heute in einer Sondersitzung, die auf Antrag des BZÖ einberufen wurde. Den Ausgangspunkt der Debatte bildete dabei ein Dringlicher Antrag des Abgeordneten Peter Westenthaler mit dem Titel "Die Große Koalition als Sicherheitsrisiko für Österreich". Gegenstand einer Kurzen Debatte war im Anschluss daran eine Anfragebeantwortung des Innenministers auf eine Anfrage des Abgeordneten Lutz Weinzinger (F) betreffend Erstaufnahmezentrum Thalham.  

Abgeordneter Ing. WESTENTHALER (B) schlug unter Hinweis auf die jüngste Kriminalstatistik Alarm und sprach von einem Sicherheitsproblem in Österreich: die Verbrechenszahlen steigen ständig, gleichzeitig sinke aber die Aufklärungsquote und damit das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Der Redner warf der Regierung Untätigkeit vor und meinte vor allem, das Zehn-Punkte-Programm der Justizministerin mit seinen vorzeitigen Haftentlassungen könne keine geeignete Antwort auf die gestiegene Kriminalität sein. Auch trage der Zank zwischen den Koalitionsparteien nicht zu konstruktiven Lösungen bei.

Handlungsbedarf sah Westenthaler insbesondere im Sexualstrafrecht, dessen derzeitige Strafrahmen er als zu niedrig beurteilte. Angesichts der steigenden Zahl von Kindesmissbrauchsfällen forderte er eine Verschärfung im Sinne höherer Mindeststrafen, aber auch lebenslange Haft, wobei er argumentierte, jemand, der sich an einem Kind vergreift, habe kein Recht auf Milde, sondern gehöre weggesperrt.

Überdies verlangte Westenthaler konkrete Maßnahmen des Innenministers, um eine Sicherheitszone Österreich einzurichten. Vorrang dabei müsste seiner Meinung nach eine Aufstockung des Budgets und des Personals haben, um wieder mehr Exekutivbeamte auf die Straße zu bringen. Daneben schlug Westenthaler auch vor, leerstehende Bundesheerkasernen zu Gefängnissen umzubauen.

Bundeskanzler Dr. GUSENBAUER ging in seinen Worten von einem weiter reichenden Sicherheitsbegriff aus und meinte, es gehen nicht nur um die Bekämpfung der Symptome, sondern auch darum, die Sicherheitsproblematik an der Wurzel zu erfassen. Es gelte daher, umfassende soziale Sicherheit herzustellen, damit sich die Menschen sicher fühlen können. Die Regierung sei sich der Herausforderung bewusst und habe daher bereits 230 zusätzliche Planstellen im Innenressort vorgesehen, bei Bedarf sei aber auch noch eine weitere Erhöhung des Personalstands möglich. Geplant sei zudem auch, nach dem Beitritt der Nachbarstaaten zum Schengen-Raum, Exekutivbeamte von der Grenze abzuziehen und für die innere Sicherheit einzusetzen.

Beim Thema Kindesmissbrauch zeigte Gusenbauer Verständnis für die Anliegen Westenthalers und betonte, im Mittelpunkt der Überlegungen müssten die Opfer stehen, vorrangig sei es daher, den Opfern zu helfen und ihre Rechte zu stärken. Eine Erhöhung des Strafrahmens sei bereits vorgenommen worden. Sollte sich aber herausstellen, dass dieser nicht ausreicht, dann könnte man auch über eine weitere Erhöhung reden, meinte der Kanzler.

Zum Einsatz österreichischer Soldaten im Ausland bemerkte Gusenbauer, dieser werde Fall für Fall genau geprüft. Außer Streit stehe dabei aber, dass sich Österreich nicht durch Bedrohungen von einer Beteiligung seiner Soldaten an friedensstiftenden Missionen abbringen lassen werde. Österreich sei nicht erpressbar, hielt Gusenbauer mit Nachdruck fest.

Abgeordneter SCHEIBNER (BZÖ) forderte konkrete Maßnahmen als Antwort auf die gestiegene Kriminalität nach dem Motto "Hilfe für die Opfer, aber keine Milde für die Täter". Die Bevölkerung müsse vor Straftätern geschützt werden, dies gelte insbesondere für die Kinder. Es gehe nicht an, dass die Gesellschaft, und nicht der Täter, bei Sexualstraftaten das Restrisiko einer Wiederholung trägt.

Scheibner forderte in diesem Zusammenhang in einem Entschließungsantrag neben der Einrichtung einer Sexualstraftäterdatei auch eine Datei für Verdachtsfälle der Misshandlung und Vernachlässigung von Kindern und Unmündigen.

Weitere Anliegen des Redners waren darüber hinaus eine rigorose Abschiebung von straffälligen Ausländern, eine stärkere Ahndung von Gewaltdelikten im Verhältnis zu Vermögensdelikten sowie eine entsprechende finanzielle Ausstattung des Bundesheeres sowie die Aufrechterhaltung der Luftraumüberwachung.

Abgeordneter Dr. CAP (SPÖ) erwiderte, das BZÖ habe seit dem Jahr 2000 als Regierungspartner der ÖVP maßgeblich an der Sicherheitspolitik mitgewirkt, doch gerade in dieser Zeit sei die Kriminalität eklatant gestiegen. Es stelle sich daher die Frage, ob die BZÖ-Politiker die "Richtigen" für diesen Antrag seien.

Cap warf Westenthaler vor allem eine zu starke Konzentration auf die ausländischen Straftäter vor, kritisierte aber auch die Aussagen des Antrages zur Landesverteidigung. Hätte Scheibner als Minister die Eurofighter verhindert, dann müsste er heute nicht jammern, dass das Bundesheer keine Geld hat, stand für Cap fest. 

Abgeordneter DI MISSETHON (VP) stellte eingangs fest, für die ÖVP stehe Integration vor Zuwanderung. Man dürfe nicht nur Systembekämpfung betreiben, sondern müsse vor allem die Aufmerksamkeit stärker dorthin lenken, wo sich kriminelle Aktivitäten entwickeln. Integration heißt für Missethon das Lernen und Akzeptieren unserer Spielregeln, und von den Zuwanderern erwartet er sich die Erfüllung von drei Pflichten: Deutsch zu lernen, Arbeiten zu wollen und sich in unsere Lebensordnungen und Werthaltungen einzuordnen. Er trat daher dafür ein, sich in diesen Fragen stärker zu positionieren. Zugleich müsse man den Einwanderern klar machen, dass sie sich von einigen kulturellen Eigenheiten wie Zwangsehen, Beschneidungen verabschieden müssen, sagte Missethon, und dass in Österreich die Grundgesetze gelten. Was das Sexualstrafrecht betrifft, so hielt Missethon die Rechtsprechung in Österreich für zu milde. Er zeigte auch kein Verständnis dafür, dass man sich aus solchen Delikten durch Geldstrafen freikaufen kann und meinte, man müsse auch in Bezug auf das Berufsverbot weitere Überlegungen anstellen.

Abschließend wandte er sich der Europäischen Union zu und brachte einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Schüssel (V) und Einem (S) ein, in dem die Bundesregierung u.a. aufgefordert wird, anlässlich des 50. Jahrestages der Römer Verträge die geplante Berliner Erklärung zu unterstützen.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) übte harte Kritik an den Aussagen seines Vorredners, die er als "gefährlich" bezeichnete. Wer Menschen signalisiere, so Pilz, dass ihr Glaubensbekenntnis per se zur Unterdrückung von Frauen führen muss, verkenne den Koran genauso wie man die Bibel verkennen könne. In allen Religionen gebe es menschenfreundliche Auslegungen der Schriften, betonte Pilz und appellierte, die offenen, partnerschaftlichen und humanistischen Tendenzen in allen Religionen gleichermaßen zu unterstützen.

Im Hinblick auf das BZÖ wies er auf den Leibwächter Westenthalers hin, der bereits mehrere Verurteilungen hinter sich habe. Pilz nannte dies ein "seltsames Resozialisierungsprogramm".

Generell stellte er fest, dass es Sinn habe, wenn RichterInnen mit Augenmaß und Vernunft urteilen. Er hinterfragte auch die seiner Auffassung nach bestehende Unverhältnismäßigkeit zwischen der unverständlichen Milde gegenüber Bordellbesitzern und Menschenhändlern einerseits und die unverständliche Härte gegenüber Menschen in Österreich, die zu spät einen Antrag gestellt haben.

Pilz ging auch auf das Problem der Wiener Polizei ein und hielt es insbesondere für problematisch, dass offensichtlich Einzelfälle schon zum Regelfall werden. Die politische Verantwortung dafür sah er bei den letzten drei ÖVP-InnenministerInnen, da die Vorwürfe gegen die leitenden Polizeibeamten seit Jahren bekannt gewesen seien, kein Minister jedoch etwas unternommen habe. Abschließend kritisierte Pilz den Kauf der Eurofighter als den "dubiosesten und zwielichtigsten Beschaffungsvorgang der Zweiten Republik".

Abgeordnete ROSENKRANZ (F) replizierte auf Pilz und meinte, dieser habe vorgeführt, wie sehr man durch die Ideologie Scheuklappen vor Augen haben könne. Es sei offensichtlich, dass es insbesondere mit muslimischen Einwanderern massive Probleme gebe und es sei höchst an der Zeit, durchzusetzen, dass unsere Regeln für alle gelten. Für Rosenkranz übt sich die Politik derzeit mehr in Sicherheitsrhetorik als in Sicherheitspolitik, da die Kriminalität seit Jahren steige, die Zahl der PolizistInnen seit Jahren aber sinke. Die Kriminalität sei in erster Linie eine importierte, stellte Rosenkranz fest und dies sei nur durch unsere Maßnahmen und Gesetze möglich geworden.

Als eine wesentliche Ursache nannte sie die Ostöffnung und Schengen und wies darauf hin, dass die Kriminalität in den letzten sechs Jahren um 20 % gestiegen sei. In diesem Zeitraum habe es auch viel Zuwanderung und eine große Anzahl von Einbürgerungen gegeben. Wohnungseinbrüche seien das Werk von organisierten Banden, weil das eben in Österreich so einfach gehe, und der Drogenhandel liege in der Hand von Schwarzafrikanern, meist Asylwerber. Das komme u.a. auch davon, weil sich das Asylwesen vom ursprünglichen Zweck weit entfernt habe. Die Grenzkontrollen seien darüber hinaus schlecht, daher trete die FPÖ entschieden dagegen auf, die Schengen-Außengrenzen zu verlegen und den Schengen-Besitzstand für die neuen Mitgliedstaaten voll anzuwenden. Rosenkranz brachte auch einen diesbezüglichen Entschließungsantrag an den Innenminister ein, diesem Vorhaben in der EU nicht zuzustimmen.

Bundesminister PLATTER bezeichnete die Sicherheit als ein Grundrecht und hielt abermals fest, dass Österreich eines der sichersten Länder der Welt sei und man tagtäglich darum bemüht sei, diesen hohen Standard weiter zu gewährleisten. In den Jahren 2004 bis 2005 sei die Kriminalität um 6 % gesunken, sagte er und räumte ein, dass es im Jänner und Februar dieses Jahres einen Anstieg gegeben habe. Für eine Beurteilung sei dieser Betrachtungszeitraum jedoch zu gering und derzeit gehe die Kriminalitätsrate wieder zurück. Er nehme jedoch die Dinge sehr ernst und führe daher in jedem Bundesland mit den zuständigen Personen Sicherheitsstrategiegespräche, um punktgenaue Maßnahmen setzen zu können.

Zu den Vorgängen in der Wiener Polizei bemerkte der Innenminister, es gebe Tausende exzellente PolizistInnen, und er lasse es nicht zu, diese "madig" zu machen. Gegen die einzelnen Problemfälle müsse jedoch mit aller Härte im Rahmen des Dienstrechts vorgegangen werden. Er widersprach auch Abgeordneter Rosenkranz und wies auf die gestiegene Anzahl der PolizistInnen und die zusätzlich geplanten 500 Neuaufnahmen hin. Er ging auch auf die Modernisierung, etwa im EDV-Bereich, im digitalen Funknetz im Hinblick auf Videoüberwachung und Prävention ein. Eine große Rolle spiele die internationale Kriminalität, so Platter, und diese könne nur durch internationale Zusammenarbeit bekämpft werden. In diesem Zusammenhang hob er insbesondere die, wie er sagte, vorbildliche Kooperation mit Deutschland hervor.

In Bezug auf die Kinderpornographie sprach er sich dafür aus, sich den Strafrahmen genauer anzuschauen und über ein Berufsverbot für jene StraftäterInnen, die mit Kindern zu tun haben, nachzudenken. Für die Fußball-Europameisterschaft 2008 kündigte er "null Toleranz gegen Gewalttaten" an und setzte dabei auch auf die Vereine, die über Hooligans ein Stadionverbot verhängen sollten. Er selbst werde über Präventionsmaßnahmen nachdenken, etwa über eine Meldeverpflichtung für jene, die bereits straffällig geworden sind. Sollten sich diese dann nicht melden, so sollte sie in Gewahrsam genommen werden, meinte Platter. Jedenfalls bedürfe es einer guten internationalen Zusammenarbeit, und man werde auch temporär die Schengen-Grenzen wieder aufziehen, kündigte der Innenminister an. Was Schengen betrifft, müssten selbstverständlich die Standards erfüllt werden, er habe aber vor, begleitende Maßnahmen zu setzen, z.B. einen zusätzlichen Sicherheitsgürtel aufzuziehen.

Abgeordneter DARMANN (B) kritisierte Justizministerin Berger und klagte, dass trotz steigender Kriminalität und höherer Häftlingszahlen offenbar kein zusätzlicher Haftraum geschaffen werden solle. Stattdessen plane Berger, Straftäter vorzeitig aus der Haft zu entlassen. "Wir vom BZÖ sind gegen eine Politik er offenen Gefängnistore", stellte Darmann klar und forderte in Form eines Entschließungsantrags die Einrichtung neuer Haftanstalten. Er kann sich etwa einen Umbau aufgelassener Kasernen vorstellen.

In einem zweiten von Darmann eingebrachten Entschließungsantrag mahnt das BZÖ wirksame Maßnahmen zum Schutz gegen Kinderschänder und Sexualstraftäter ein. Justizministerin Berger wird ersucht, von Strafsenkungen und früheren Haftentlassungen Abstand zu nehmen und statt dessen  für Sexualstraftäter und Kinderschänder effektive und erforderlichenfalls lebenslange Kontrollmaßnahmen nach der Haftentlassung vorzusehen. Auch sollen Strafdrohungen überprüft und gegebenenfalls verschärft sowie Berufsverbote und Ansiedelungsverbote angedacht werden.

Abgeordneter PARNIGONI (S) wies darauf hin, dass zwischen 1999 und 2006, also in einer Zeit, als das BZÖ bzw. die FPÖ an der Regierung beteiligt war, nicht nur die Kriminalitätsrate enorm gestiegen, sondern auch die Aufklärungsrate stark zurückgegangen sei. Er machte dafür nicht zuletzt die Reduzierung der Planstellen im Innenministerium in den letzten Jahren verantwortlich. Positiv hob Parnigoni hervor, dass im Stellenplan 2007 im Innenressort keine Stellenkürzungen vorgesehen seien.

Abgeordneter KÖSSL (V) meinte,  für ihn sei der Titel der Sondersitzung nicht nachvollziehbar, Österreich sei eines der sichersten Länder der Welt. Auch für die Zukunft sei er aufgrund der in den vergangenen Jahren durchgeführten Reformen sehr zuversichtlich. Kößl räumte allerdings ein, dass die Kriminalität zuletzt in manchen Bereichen gestiegen sei, wobei er als eine der Ursachen dafür die zunehmende Mobilität der Menschen im Osten nannte.

In Richtung Abgeordnetem Parnigoni hielt Kößl fest, die Planstellenkürzungen im Innenressort in den vergangenen Jahren seien überwiegend im Innendienst erfolgt. Im Außendienst gebe es gegenüber 1999 nunmehr 1.800 Beamte mehr.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) übte scharfe Kritik an der Integrationspolitik der Regierung. Entgegen dem immer wieder zitierten Motto "Integration statt Neuzuzug" würden Menschen, die seit ihrer Geburt in Österreich lebten, gut deutsch sprechen, arbeiten wollten und sich in die österreichische Lebensordnung eingefügt hätten, in Schubhaft genommen, abgeschoben und von ihren Familien getrennt, klagte sie. Und dies allein aufgrund der Tatsache, dass sie irgendwann einmal eine Frist versäumt hätten. Für Stoisits ist das Vorgehen der Sicherheitsbehörden in derartigen Fällen unverhältnismäßig. Die Gnade des Innenministeriums entscheide, so Stoisits, über das Lebensschicksal von Menschen, für die Österreich ihre Heimat sei.

Abgeordneter VILIMSKY (F) verglich mit Verweis auf die "Prügelaffäre" das vom BZÖ gestellte Verlangen auf eine Sondersitzung des Nationalrats zum Thema Sicherheit mit einem Seminar des Blindenverbandes über Farbenlehre. Seiner Ansicht nach ist die abgelöste Regierung überdies für "den größten Anschlag auf die Sicherheitspolitik der Zweiten Republik" verantwortlich, indem sie fünf Mrd. €  für die Eurofighter in die Luft geblasen und im selben Atemzug 3.000 Polizisten weggespart habe. Aktuell sieht er, wie er sagte, die Gefahr, dass die SPÖ das BZÖ als "Steigbügelhalter" für die ÖVP ablöse und ihre sicherheitspolitischen Versprechen ebenso wie viele andere Versprechen breche.

Ein von Vilimsky eingebrachter Entschließungsantrag der FPÖ zielt darauf ab, Asylanträge von straffälligen Asylwerbern sofort zurückzuweisen und die Betroffenen umgehend auszuweisen. 

Justizministerin Dr. BERGER hielt fest, es sei Aufgabe der Justiz, für Sicherheit und Gerechtigkeit zu sorgen. Unter diesem Motto stünden auch alle Maßnahmen, die sie für den Justizbereich vorgeschlagen habe. Berger appellierte an die Abgeordneten, ihr Maßnahmenpaket als Ganzes zu sehen und nicht selektiv Maßnahmen herauszupicken. So seien etwa im Zusammenhang mit dem Jugendkompetenzzentrum sehr wohl zusätzliche Haftplätze geplant. Überdies verwies sie auf die Einigung auf EU-Ebene, wonach ausländische Häftlinge ihre Haft künftig in ihrem Heimatland verbüßen sollen.

Generell gab Berger zu bedenken, dass die Haftanstalten derzeit überfüllt seien. Man könne die Häftlinge momentan nur noch verwahren und nicht mehr betreuen, skizzierte sie. Das wirke sich negativ auf die Rückfallsrate aus. In den vergangenen Jahre habe es radikale Einsparungen im Justizbereich gegeben, klagte die Ministerin und verwies etwa auf den 5%igen Personalrückgang bei der Justizwache.

Zum Sexualstrafrecht merkte Berger an, die Strafen in einigen Bereichen seien zuletzt im Jahr 2004 verschärft worden. Ihrer Ansicht nach ist es zudem bei Sexualstraftätern besonders wichtig, dass man Strafe mit Therapie verbindet. Es gebe auch bereits zahlreiche Meldepflichten und ein gutes Informationssystem, das zumindest für den öffentlichen Bereich gewährleiste, dass verurteilte Sexualstraftäter nach ihrer Haftentlassung nicht mit Kindern in Berührung kämen. Es wäre jedenfalls falsch, so Berger, von einzelnen Urteilen auf eine Fehlentwicklung in der Justiz zu schließen.

Abgeordneter WESTENTHALER (B) hielt Justizministerin Berger vor, entscheidende Antworten schuldig geblieben zu sein. Er sprach sich klar gegen vorzeitige Haftentlassungen und eine Amnestie aus und meinte, dies wäre eine falsche Antwort auf die steigende Kriminalitätsrate. Gleichzeitig räumte er ein, dass Berger in ihrem Programm auch Punkte habe, über die man diskutieren könne.

Westenthaler brachte namens des BZÖ zwei Entschließungsanträge ein. Zum einen urgiert seine Fraktion eine Mindeststrafe für alle Sexualstraftaten im Zusammenhang mit Kindern, zum anderen mahnt das BZÖ einen ungestörten Ablauf der EURO 2008 ein. Unter anderem sprach sich Westenthaler für effiziente Stadionverbote und Zutrittskontrollen sowie für befristete Grenzkontrollen während der Fußball-Europameisterschaft aus.

Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) verwies auf die Bedeutung der adäquaten Betreuung von Häftlingen, die vor der Haftentlassung stehen, und gab zu bedenken, dass zuletzt auf 120 Häftlinge eine einzige Psychologin gekommen sei. Heftige Vorwürfe richtete er an BZÖ-Klubobmann Westenthaler. Westenthaler habe in seine Schutztruppe jemanden aufgenommen, der neunfach vorbestraft sei, konstatierte er, zudem habe er in der BAWAG-Affäre interveniert.

Abgeordnete Dr. FEKTER (V) forderte die Justizministerin in einem V-S-Entschließungsantrag auf, die Rechtsprechung im Bereich der Sexualdelikte einer eingehenden Evaluierung zu unterziehen, dies insbesondere hinsichtlich der tatsächliche verhängten Strafen unter Berücksichtigung der bereits vollzogenen Strafverschärfung und der Rückfallshäufigkeit. Strafverschärfung verlangte der Antrag auch für lang anhaltende, qualvolle Freiheitsentziehung.

Grund der Evaluierung sei es zu prüfen, ob eine weitere Verschärfung notwendig ist, erklärte Fekter. Mit Nachdruck bekannte sich die Rednerin zur bedingten Entlassung, gab allerdings zu bedenken, diese müsse mit konkreten Auflagen verbunden sein.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) brachte einen Entschließungsantrag ein, in dem sie die Bundesregierung aufforderte, angesichts der bevorstehenden Berliner Erklärung einen Verfassungszusatz zu verlangen, mit dem die Sozialunion gestärkt wird. Darüber hinaus sollte sich die Regierung nach den Intentionen der Initiative für eine Regierungskonferenz zur Gesamtrevision des Euratom-Vertrags einsetzen, die einen Ausstieg aus dem Vertrag ohne gleichzeitigen Austritt aus der EU ermöglicht.

Abgeordneter MAYERHOFER (F) brachte die aktuellen Vorkommnisse bei der Wiener Polizei mit der gegenwärtigen Sicherheitslage in Zusammenhang und richtete schwere Vorwürfe an die Adresse der ÖVP, die er der Untätigkeit bezichtigte. Trotz Wissens über den Skandal habe man jahrelang geschwiegen, sagte er. In einem Entschließungsantrag forderte Mayerhofer eine Erhöhung der Planstellen der Exekutive.

Abgeordnete Mag. WURM (S) ortete hingegen eine sicherheitspolitische Wende und unterstrich, zum ersten Mal seit 2000 sei es nicht zu einem Stellenabbau der Exekutive gekommen. Vielmehr werde das Personal aufgestockt, zusätzliche Beamte für den Exekutivdienst würden überdies auch frei, wenn die Nachbarstaaten die Schengen-Reife erreicht haben, erwartete Wurm.

Abgeordneter GAAL (S) bemerkte, Österreich sei mit seinem Bundesheer "gut unterwegs", nun gehe es darum, die Empfehlungen der Bundesheer-Reformkommission umzusetzen. Ein klares Bekenntnis legte Gaal in diesem Zusammenhang zur allgemeinen Wehrpflicht ab. Die Leistungen des Bundesheeres insbesondere beim Katastrophenschutz wären mit einem Berufsheer nicht zu bewältigen, argumentierte der Redner. Die Vorkommnisse bei der Wiener Polizei wiederum führte Gaal auch auf die Umstrukturierung unter Minister Strasser zurück.

Abgeordneter Ing. WESTENTHALER (B) wies die Vorwürfe des Abgeordneten Jarolim an ihn zurück und betonte, beide Fälle seien bereits von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden.  Empört zeigte er sich über die Behauptung Jarolims, das BZÖ sei eine Belästigung für das Parlament, wobei er ankündigte, seine Fraktion werde jedes Mal "lästig" werden, wenn es um den Kampf für mehr Sicherheit geht.

Bei der Abstimmung blieben die Entschließungsanträge des BZÖ, der FPÖ und der Grünen in der Minderheit. Mit den Stimmen der Regierungsparteien wurden der V-S-Entschließungsantrag betreffend sichere Zukunft in der EU und der V-S-Entschließungsantrag betreffend Verbesserung des Sanktionensystems insbesondere im Bereich der Sexualdelikte angenommen. 

Kurze Debatte über Anfragebeantwortung Platters zu Thalham

Abgeordneter WEINZINGER (F) sah durch das Erstaufnahmezentrum für Asylwerber in Thalham eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit und reagierte irritiert auf eine Anfragebeantwortung des Innenministers, nach deren Grundton "alles in Ordnung" sei. Faktum sei aber, dass die Lage für die Bevölkerung unerträglich geworden ist, die Menschen lebten in Angst, gab Weinzinger zu bedenken. Es gehe nicht an, Asylwerber aufzunehmen, die bereit sind, den Pfad des Rechtes zu verlassen. Der Redner meinte, es wäre besser, Aufnahmezentren in weniger dicht besiedelten Regionen einzurichten.

Innenminister PLATTER bekannte sich zum Asylrecht und wies auf die Notwendigkeit des diesbezüglichen Zulassungsverfahrens hin. Die Entwicklung der Kriminalität liege in Thalham im Durchschnitt der anderen oberösterreichischen Regionen, auch sei das Exekutivpersonal von 12 auf 40 aufgestockt worden, teilte er mit.

Abgeordnete Dr. HLAVAC (S) wies auf die Notwendigkeit von Begleitmaßnahmen für die Betreuung der Asylwerber hin und warf der FPÖ vor, mit der Angst der Menschen zu spielen. Wichtig waren für die Rednerin rasche Entscheidungen, aber auch Konsequenzen für den Fall, dass Asyl nicht erteilt wird. Wer aber in Österreich Asyl erhält, der sollte integriert werden, betonte Hlavac. 

Abgeordneter Mag KUKACKA (V) unterstrich mit Nachdruck, die zuständigen Behörden würden sich den Problemen stellen und umfassende Maßnahmen ausarbeiten. Ziel des Pakets sei es, den Asylwerbern klar zu vermitteln, dass es Regeln gibt, an die sich alle zu halten haben, und dass es bei Zuwiderhandlungen harte Konsequenzen gibt. Vehement lehnte Kukacka eine Politik des "billigen Populismus" ab, die die Probleme "aufbläst" und in der Bevölkerung Ressentiments und Vorurteile gegen die Asylanten schürt.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) sprach von "aufgeschaukelter Hysterie" und meinte, gerade die Erstaufnahmestelle Thalham sei nicht geeignet als Beispiel für eine verfehlte Asylpolitik in Österreich. Der "Skandal" sei ein anderer: Nach wie vor gebe es zahlreiche Asylwerber, die perfekt integriert sind, aber seit Jahren auf eine Entscheidung über ihren Antrag warten. Vom Ziel der rascheren Abwicklung der Asylverfahren sei man heute so weit entfernt wie nie, kritisierte Stoisits.

Abgeordneter Dr. FICHTENBAUER (F) entgegnete, es handle sich um ernste Probleme einer kleinen Gemeinde, das könne man nicht als "politisches Kleingeld" bezeichnete. Ein Teil des Problems sei der "Skandal" des jahrelangen Rückstaus bei den Asylverfahren, gab Fichtenbauer seiner Vorrednerin Recht.

Abgeordneter DOLINSCHEK (B) meinte, es sei bekannt, dass es in der Nähe von Asylantenheimen zu verstärkter Kriminalität kommt, und sah Handlungsbedarf. Es müsse verhindert werden, dass Menschen, die nicht verfolgt sind, ins Land kommen und Asyl beantragen. Österreich sei ein attraktives Land, es sollte aber nicht ein attraktives Asylland sein, betonte Dolinschek. (Schluss)