Parlamentskorrespondenz Nr. 200 vom 22.03.2007

Finanzausschuss einig im Kampf gegen Produktpiraterie

Weitere Themen: EU-Richtlinien, Doppelsteuerungsabkommen

Wien (PK) - Während der Unterbrechung der heutigen Sondersitzung des Nationalrates tagte der Finanzausschuss und erledigte unter der Vorsitzführung seines Obmannes Günter Stummvoll eine sieben Punkte umfassende Tagesordnung. Zunächst vertrat Abgeordneter Johann Maier mit Erfolg seinen Antrag auf die alljährliche Vorlage eines Produktpiraterieberichts (37/A), indem er auf die großen Gefahren hinwies, die von gefälschten Produkten für die europäischen Volkswirtschaften und - vor allem durch Medikamentenimitate - für die Konsumenten ausgehen. Maier bezifferte den Umsatz, der weltweit mit gefälschten Produkten erzielt wird, mit 350 Mrd. € und wies darauf hin, dass die Schweizer Uhrenindustrie 26 Mill. € umsetzte, die Fälscher von Schweizer Uhrenmarken aber 40 Mill. €. F-Abgeordneter Zanger (F) merkte an dieser Stelle an, der Schaden des heimischen Schmuckhandels durch Fälschungen betrage bereits 30 Mill. € jährlich. Da Imitate vielfach über das Internet vertrieben werden, plädierte Maier für die Abhaltung einer Enquete über Internet-Kriminalität im Herbst. Abgeordneter Günther Stummvoll (V) sprach sich für eine Aufklärungskampagne aus, da viele Konsumenten gar nicht wüssten, dass sie gefälschte Produkte erwerben.

Abgeordneter Bruno Rossmann (G) stimmte inhaltlich zu, regte aber an, über die Formulierung des Antrages noch bis zur Zweiten Lesung zu diskutieren. Seine Fraktionskollegin Bettina Hradesny (G) trat für die Vorlage eines kurz und prägnant gefassten Berichtes ein, woraufhin Finanzstaatssekretär Matznetter darüber informierte, sein Ressort sei bei der Abfassung des Berichtes an Vorgaben der EU gebunden. Matznetter sagte den Ausschussmitgliedern zu, den Produktpirateriebericht zur besseren Information der Konsumenten auf die Homepage des Ministeriums zu stellen. - Der SP-Antrag wurde einstimmig angenommen.

Sonderrechnungslegungsgesetz plenumsreif

Ein von ÖVP und BZÖ beantragtes und von einer S-V-F-B-Mehrheit befürwortetes Sonderrechnungsgesetz für Unternehmen, die zur getrennten Buchführung verpflichtet sind, soll die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen der öffentlichen Hand und Unternehmen erhöhen und dadurch die Wettbewerbskontrolle der Europäischen Kommission erleichtern (81/A).

Abgeordneter Josef Bucher (B) bezeichnete die Vorlage als plausibel und im allgemeinen Interesse liegend, wollte aber zugleich ausgeschlossen sehen, dass bürokratischer Mehraufwand zu höheren Kosten für die Unternehmen führt. Bucher wollte wissen, ob die Vorgangsweise mit den Banken akkordiert sei, wobei er namentlich Sparkassen mit Landeshaftungen ansprach.

Auch Abgeordneter Bruno Rossmann (G) begrüßte die Vorlage grundsätzlich, sah aber bei der Definition von "Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse", wie sie in den Erläuterungen verwendet wird, Probleme und meldete bis zur Abstimmung im Plenum Änderungsbedarf an.

Während Abgeordneter Bernhard Themessl (F) vor zusätzlichem privaten Aufwand für die Betriebe warnte, brachte Abgeordneter Michael Ikrath (V) mögliche Probleme für Gemeindesparkassen zur Sprache.

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) beantragte eine Ausschussfeststellung, um zu verhindern, dass das Sonderrechnungslegungsgesetz einen zusätzlichen bürokratischen und administrativen Aufwand, der über das europarechtlich gebotene Ausmaß hinausgeht, nach sich zieht.

Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter stellte fest, Österreich müsse diese EU-Rechnungslegungsrichtlinie rasch umsetzen, weil die Frist bereits 2001 abgelaufen und das EU-Klagsverfahren bereits weit fortgeschritten sei. Der Mehraufwand für die Banken sei nicht größer als infolge europarechtlicher Vorschriften schon bisher.

Die Definition der Daseinsvorsorge werde mit jedem Gesetz, das in diesem Bereich verabschiedet werde, weiter entwickelt, sagte der Finanzstaatssekretär, auch er begrüße aber klare Festlegungen, um Rechtsunsicherheit zu vermeiden.

Fragen über die Auswirkungen auf Gemeindesparkassen beantwortete Matznetter mit dem Hinweis auf die Grenze von 800 Mill. € bei der  Bilanzsumme sowie darauf, dass eine umfassende Gemeindehaftung nicht zu einem neuen Rechnungskreis führe. Mehr als sechs Jahre Übergangszeitraum könne man nicht einräumen, sagte der Finanzstaatssekretär, der sich nachdrücklich dazu bekannte, Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass Verstöße gegen das gemeinschaftliche Beihilfenrecht als Daseinsvorsorge getarnt werden. Für die Zukunft plädierte Staatssekretär Matznetter dafür, bei der Umsetzung von EU-Richtlinien nicht bis zum letzten Tag zu warten.

Mehr Transparenz bei Wertpapieren

Änderungen in Bankwesengesetz und Börsegesetz, beantragt von ÖVP und BZÖ, dienen der Harmonisierung der Transparenzanforderungen im Wertpapierhandel. Informations- und Veröffentlichungspflichten sollen  künftig für alle Emittenten auf einem geregelten Markt im amtlichen Handel und im geregelten Freiverkehr in gleichem Maße gelten (82/A).

Bei der Abstimmung wurde der Antrag unter Berücksichtigung eines V-S-Abänderungsantrages mit formalen Änderungen und dem 20. April 2007 als neuem Datum des Inkrafttretens teils einstimmig, teils mit S-V-F-B-Mehrheit verabschiedet. Zwei Ausschussfeststellungen wurden einhellig beschlossen. Änderungen in der Ausgleichs- und der Konkursordnung wurde dem Plenum mit der Mehrheit der Koalitionsparteien zur Annahme empfohlen. Der S-V-Antrag war von Abgeordnetem Hermann Schultes (V) im inhaltlichen Zusammenhang (§27 GOG) mit der Änderung des Börsegesetzes und des Bankwesengesetzes eingebracht worden, um Notwendigkeiten im Zuge der Umsetzung von "Basel 2" Rechnung zu tragen.

In den beiden einstimmig angenommenen Ausschussfeststellungen, eingebracht ebenfalls von Abgeordnetem Hermann Schultes, geht der Ausschuss davon aus, dass die Quartalsberichte von Emittenten als "vorgeschriebene Informationen" im Sinne des Börsegesetzes gelten. Die Finanzmarktaufsicht soll ihre Veröffentlichungsermächtigung nutzen, auf ihrer Website Informationen und Servicehinweise geben und "Links" einrichten, verlangen die Abgeordneten.  

In der Debatte protestierte Abgeordneter Bruno Rossmann (G) gegen die knappe Vorlage des Antrags zur Änderung der Konkurs- und der Ausgleichsordnung und erinnerte daran, dass Abgeordnete, die in der vergangen Nacht im Bankenuntersuchungsausschuss arbeiteten, keine Gelegenheit hatten, diesen Antrag zu studieren. Rossmann problematisierte dann die Einräumung einer weiteren Verordnungsermächtigung an die Finanzmarktaufsicht und stellte die Frage, wer künftig für die Normensetzung in der Republik zuständig sei. Überdies sei fraglich, ob die FMA personell ausreichend ausgestattet sei, um zusätzliche Aufgaben zu übernehmen. Rechtssetzende Akte sollten aus verfassungsrechtlichen Gründen beim Ressort bleiben.

Abgeordneter Josef Bucher (B) unterstrich die Notwendigkeit, laufend Anpassungen im Bankwesengesetz und im Börsegesetz vorzunehmen, räumte aber ein, dass man sich über die Zukunft der FMA Gedanken machen sollte.

Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter erinnerte daran, dass die Umsetzungsfrist für die Transparenzrichtlinie bereits im Jänner 2007 abgelaufen ist; es sei dringlich, die Richtlinie umzusetzen. "Die Ereignisse zwingen uns nachzudenken, ob wir auf dem richtigen Weg sind", sagte Matznetter. Es gehe darum, Chancengleichheit zwischen Kleinanlegern und institutionellen Anlegern herzustellen und den Weg der Attraktivierung der Wiener Börse fortzusetzen. Dazu gehört laut Matznetter Transparenz und gleiche Bedingungen für alle. Matznetter zeigt sich auf Anregung von Ausschussobmann Günter Stummvoll bereit, bis zur Abstimmung im Plenum über Änderungen im Sinne sensiblerer Transparenzbestimmungen zu verhandeln.

Verbesserungsbedarf sah der Finanzstaatssekretär auch bei der Finanzmarktaufsicht, insbesondere zur Bedeutung der Schnittstellenproblematik. Dazu wolle er die Ergebnisse der derzeitigen parlamentarischen Arbeit abwarten. Matznetter hielt aber gleichzeitig fest, dass hohe Kosten zu vermeiden seien. "Mehr Personal alleine löst nicht alle Probleme", hielt Matznetter fest. 

Eine Verordnungsermächtigung für die FMA sei dort sinnvoll, wo es darum gehe, die internationale Vergleichbarkeit zu gewährleisten, sagte Abgeordneter Johann Maier (S). Die darüber hinausgehenden Verordnungsermächtigungen seien aber zu evaluieren, sagte der Abgeordnete. Abgeordneter Kurt Eder (S) schloss sich seinem Fraktionskollegen an, erinnerte an die Aufhebung einer Verordnungsermächtigung bei der Energie Control durch den VFGH und riet dazu, Verordnungsermächtigungen dem Finanzminister zurückzugeben. Abgeordneter Hannes Bauer meinte, es bedürfe gar keiner Evaluierung. "Da wir ohnedies wissen, was wir wollen, sollten wir den Weg einschlagen, den wir gehen wollen".

Abgeordnete Michael Ikrath (V) gab angesichts der jüngsten Ereignisse an der Börse zu bedenken, dass Transparenzbestimmungen wirkungslos seien, wenn über Wandelanleihen und Optionen "Beipässe" gelegt werden.

Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter erinnerte daran, dass Österreich mit Verordnungsermächtigungen in technisch komplexen Bereichen, etwa an die Nationalbank, gute Erfahrungen gemacht habe. Würde man auf die Verordnungsermächtigungen an die FMA verzichten, wäre das Ressort gezwungen, extrem technische Verordnungen zu erlassen, was im Einzelfall oft nicht einfach sei. Matznetters Vorschlag lautete, technische von rechtsetzenden Verordnungen zu unterscheiden. Dies sei aber ein Thema bei der kommenden Reform der Finanzmarktaufsicht, in die auch die Erfahrungen des Bankenuntersuchungsausschusses einfließen sollen. Dieses Problem sei nicht bei der Umsetzung der Transparenzrichtlinie zu lösen.

Abgeordneter Josef Bucher (B) schlug zudem vor, eine Enquete zum Thema "Internationaler Vergleich von Finanzmarktaufsichten" abzuhalten.

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) erinnerte daran, dass man bei der Einrichtung der Finanzmarktaufsicht keineswegs aus der Hüfte geschossen habe und erteile Extremlösungen wie "alles zur OeNB" oder "alles zur FMA" eine Absage. Bei der Reform werde es darum gehen, die Kooperation zu verbessern und die Schnittstellenproblematik zu lösen.

Doppelbesteuerungsabkommen 

Schließlich verabschiedete der Ausschuss ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Lettland (2 d.B.) sowie Änderungen in den bestehenden Verträgen mit Schweden (27 d.B.) und Slowenien (28 d.B.).

In Antworten auf Detailfragen der Abgeordneten erläuterte Finanzstaatssekretär Matznetter: Im Vertrag mit Schweden wird die "Doppelnichtbesteuerung" bei der Veräußerung von Beteiligungen nach einem Wohnsitzwechsel von Schweden nach Österreich ausgeschlossen. Mit Slowenien wurde für Lizenzgebühren eine einheitliche Quellensteuer von 5 % sowie Steuerfreiheit für Zinsen vereinbart, die von einem Vertragsstaat oder der Zentralbank gewährt werden; dasselbe soll bei der Verzinsung von Darlehen der Österreichischen Kontrollbank gelten.

In diesem Zusammenhang kritisierte Abgeordneter Bruno Rossmann (G) die Unterstützung österreichischer Firmen beim Staudammprojekt am Tigris durch die Kontrollbank. Staatssekretär Matznetter reagierte mit dem Hinweis darauf, dass der österreichische Anteil an diesem Projekt nicht entscheidend sei und die Entscheidung auf der Grundlage der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen getroffen werden müsse.

Eingangs der Sitzung hatte der Ausschuss die Abgeordneten Kai Jan Krainer (S) und Michael Ikrath (V) einstimmig zu Obmannstellvertretern gewählt. (Schluss)