Parlamentskorrespondenz Nr. 229 vom 29.03.2007

Nationalrat beschließt Importverbot für Asbestabfälle

Winkler: Bei der Visa-Affäre handelt es sich um Einzelfälle

Wien (PK) – Der nächste Verhandlungsgegenstand betraf den V-S-G-B-Antrag 161/A betreffend Änderung des Abfallwirtschaftsgesetzes.

Abgeordneter HORNEK (V) beschrieb die krebserregende Wirkung des Baumaterials Asbest, dessen Verwendung seit den siebziger Jahren immer stärker eingeschränkt und schließlich verboten wurde. Nun stelle die Entsorgung von Asbestabfällen, die bei Gebäudesanierungen anfallen, eine große Herausforderung dar. Zuletzt stiegen die Importanträge für Asbestabfälle nach Österreich enorm, erinnerte Hornek. Angesichts beschränkter heimischer Deponiemöglichkeiten sollte Österreich nun von der Möglichkeit eines Importverbots Gebrauch machen. Dies auch deshalb, um lange Transportwege für Asbestabfälle zu vermeiden.

Abgeordnete BAYR (S) sprach von einem sinnvollen Importverbot und setzte sich grundsätzlich mit der Abfallwirtschaft auseinander. Abfälle sollten nicht nur verwertet, sondern vermieden werden. Bayr schlug in diesem Zusammenhang ein Abfallvermeidungsgesetz vor und trat einmal mehr dafür ein, Lebendviehtransporte einzuschränken.

Abgeordnete Dr. LICHTENECKER (G) nannte das Importverbot einen richtigen Schritt, der dem Verursacherprinzip entspricht und dazu führen wird, dass Abfälle dort entsorgt werden, wo sie anfallen. Die Importmengen seien in den letzten zwei Jahren auf das Siebenfache gestiegen, daher sei es sinnvoll, die Einfuhr zu verbieten. In der Abfallwirtschaft sei Kostenwahrheit einzuführen, sagte die Rednerin und plädierte dafür, alle Ressourcen so sparsam wie möglich zu nutzen. Auch Lichtenecker fragte, warum so wenig für die Abfallvermeidung getan werde, warum Mehrwegverpackungen immer mehr zurückgehen und so wenig auf Recycling gesetzt werde. Die Rednerin sprach auch Probleme bei der Entsorgung gefährlicher Abfälle an und mahnte die diesbezügliche Verantwortung des Umweltministers ein.

Abgeordneter Ing. HOFER (F) wies darauf hin, dass der "Katalysator" für den heutigen Beschluss ein Bericht über problematische Asbestablagerungen auf zwei Mülldeponien war. Generell hielt er fest, man müsse, was Abfallentsorgung und Abfallvermeidung betrifft, "vor der eigenen Tür kehren". Als eine Initiative zur Abfallvermeidung schlug Hofer vor, bei "Plastiksackerln" künftig auf biogene Kunststoffe zu setzen. Diese würden innerhalb von zehn Wochen verrotten. Hofer brachte dazu einen Entschließungsantrag ein.

Strikt wandte sich Hofer gegen die von Österreich erteilten Exportgarantien für das Staudammprojekt Ilisu in der Türkei. Bei diesem Projekt, für das die Österreicher mit ihrem Steuergeld hafteten, würden Leute vertrieben und Völkerrecht gebrochen, skizzierte er.

Abgeordneter SCHALLE (B) signalisierte seitens seiner Fraktion Zustimmung zur vorliegenden Gesetzesänderung. Die EU gestehe den Mitgliedstaaten zu, bei fehlenden Deponiekapazitäten Importverbote zu verhängen, unterstrich er. Gleichzeitig gab er allerdings zu bedenken, dass Österreich fünfmal so viele Problem-Abfälle exportiere als importiere. Kritisch äußerte sich Schalle auch zum grenznahen AKW Temelin und forderte, Umweltminister Pröll müsse so schnell wie möglich handeln.

Umweltminister DI PRÖLL zeigte sich darüber erfreut, dass in Hinkunft der Import von Asbestabfällen verboten sein werde, und machte darauf aufmerksam, dass die Importanträge zuletzt rapide zugenommen hätten. Grundsätzlich mache es durchaus Sinn, Abfall innerhalb der EU zu transportieren, meinte er, da in einzelnen Ländern verschiedene Deponieklassen zur Verfügung stünden, in diesem Fall habe man aber die "Notbremse" ziehen müssen. Zum AKW Temelin merkte Pröll an, er habe die "Null-Variante" noch nicht abgeschrieben und tue alles, was möglich sei.

Abgeordneter STEIER (S) betonte, ein Importverbot für Asbestabfälle im Allgemeinen und Asbestzement im Speziellen sei angesichts der aktuellen Entwicklung mehr als vordringlich. Durch das Vorziehen dieses Schrittes könne das Importverbot bereits im Juli in Kraft treten, zeigte er sich zufrieden.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) bekräftigte, dem Import von Asbestabfällen müsse ein Riegel vorgeschoben werden. Sie sei generell für das Abstellen auf das Verursacherprinzip und gegen das Importieren und Exportieren von Müll, erklärte sie. In Bezug auf das AKW Temelin ortete Moser Versäumnisse seitens des Umweltressorts.

Abgeordneter Mag. KUZDAS (S) hielt fest, das heute zu beschließende Importverbot für Asbestabfälle sei "nur die halbe Miete". Es gebe in Europa einen intensiven Mülltourismus, kritisierte er und sprach sich dafür aus, mehr Augenmerk auf Abfallvermeidung zu richten.

Abgeordnete PFEFFER (S) führte aus, Österreich mache mit dem Importverbot von Asbestabfällen von einer Möglichkeit Gebrauch, die die EU einräume. Außerdem erhöhten lange Transportwege die Gefahr von Unfällen mit negativen Folgen für die Umwelt, betonte sie.

Abgeordneter SCHOPF (S) wies auf Prognosen hin, wonach in den nächsten Jahren zigtausende Männer und Frauen an Lungenkrebs und anderen bösartigen Tumoren durch das Einatmen von Asbestfasern erkranken werden. Seiner Meinung nach hat die Politik die Verpflichtung, möglichen Betroffenen den Zugang zu notwendigen Untersuchungen zu gewährleisten.

Die Änderung des Abfallwirtschaftsgesetzes wurde vom Nationalrat einstimmig angenommen. Der Entschließungsantrag der FPÖ betreffend sukzessive Reduktion des Einsatzes von Tragetaschen aus nicht verrottbarem Material blieb in der Minderheit.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) wies darauf hin, dass es beim Abkommen mit Ungarn um die wechselseitige Vertretung zwischen ungarischen und österreichischen Behörden in Visa-Angelegenheiten gehe. Die Grünen würden dem Abkommen ihre Zustimmung verweigern, betonte sie. Es handle sich um kein Routine-Abkommen, sondern gehe weit über ähnliche Abkommen mit Slowenien und Malta hinaus. Besonders stößt sich Stoisits daran, dass eine Verfassungsbestimmung die Erfassung biometrischer Daten erlaubt. Überdies sei die Haftungsfrage bei einem Fehlverhalten ungarischer Behörden nicht geklärt.

Abgeordneter KÖSSL (V) zeigte kein Verständnis für die Argumentation der Grünen und machte geltend, dass die Erfassung biometrischer Daten grundsätzlich die Sicherheit erhöhe. Die beiden Länder müssten sich überdies wechselseitig vertrauen, dass nach bestem Wissen und Gewissen vorgegangen werde. Mit dem vorliegenden Abkommen wird Kößl zufolge wieder einmal bestätigt, wie wichtig und sinnvoll internationale Kooperationen seien.

Auch Abgeordneter PARNIGONI (S) meinte, er könne die Ängste der Grünen nicht ganz nachvollziehen. Für ihn ist das vorliegende Abkommen ein weiterer Schritt zur bilateralen Zusammenarbeit mit Ungarn, der nicht zuletzt im Sinne guter Nachbarschaftsbeziehungen zu begrüßen sei. Von Staatssekretär Winkler wollte Parnigoni wissen, wie der aktuelle Stand der "Visa-Affäre" ist.

Abgeordnete ROSENKRANZ (F) bewertete das vorliegende Abkommen als vernünftig und zweckmäßig. Zur "Visa-Affäre" merkte sie an, es sei "bestürzend", wie wenig hier aufgeklärt worden sei. Rosenkranz sieht eine kausale Abfolge zwischen verkauften Visa, verschleppten Asylverfahren und letztendlich durchgesetzten Einbürgerungen.

Abgeordneter DOLINSCHEK (B) hielt fest, es sei nichts dagegen einzuwenden, dass sich Österreich und Ungarn in Visa-Verfahren gegenseitig vertreten, wenn das eine oder das andere Land in einem Staat keine Vertretung hätte. Das spare Kosten, skizzierte er.

Staatssekretär Dr. WINKLER erläuterte, bei dem im Abkommen verankerten Haftungsausschluss handle es sich um einen völkerrechtlichen Haftungsausschluss zwischen zwei Staaten, wie er in vielen Abkommen vorkomme. Bürgerinnen und Bürger, die sich ungerecht behandelt fühlten, sei aber unbenommen, sich zu beschweren und im Falle von Fehlentscheidungen Schadenersatz zu verlangen. Als ein Beispiel für eine mögliche Kooperation mit Ungarn nannte Winkler eine von Ungarn geplante Visa-Annahmestelle in der Hauptstadt Moldawiens, Chisinau.

Zur "Visa-Affäre" führte Winkler aus, sämtliche Prüfungen, auch durch die Justiz, hätten ergeben, dass es sich um Einzelfälle handle und nicht um ein Netzwerk. Lediglich in zwei Fällen sei Anklage erhoben worden, in vier weiteren Fällen prüfe die Staatsanwaltschaft noch.

Abgeordnete STADLER (V) begrüßte die in Rede stehende Maßnahme als einen ersten Schritt in Richtung gemeinsame Vertretung nach außen. Das vertrauensvolle Miteinander in Europa müsse angestrebt werden, und dem dienten auch die in Umsetzung befindlichen Schritte, an denen Österreich führend beteiligt sei. Man sei hier auf einem guten Weg.

Auch Abgeordneter HEINZL (S) zeigte sich zufrieden mit der Entwicklung in Richtung Zusammenwachsen der Union und sprach sich für die Umsetzung der geplanten Schritte aus, die er ausdrücklich begrüßte, sei dieses Abkommen doch ein wichtiger Mosaikstein im europäischen Gebäude.

Abgeordneter HAUBNER (V) schloss sich der positiven Rezeption des Abkommens an und nannte dieses gleichfalls einen wichtigen Schritt, dabei auch auf bereits umgesetzte Abkommen ähnlicher Natur verweisend.

Abgeordnete PFEFFER (S) zeigte sich erfreut über die geplante Kooperation mit Ungarn, zumal sie eine besondere Beziehung zu diesem Staat habe. Sie sei daher froh über die gute Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten.

Schließlich sprachen sich auch Abgeordneter FREUND (V) und Abgeordnete KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) im Sinne von verstärkter europäischer Integration für das gegenständliche Abkommen aus, während Abgeordnete Mag. STOISITS (G) in einer neuerlichen Wortmeldung abermals erläuterte, weshalb ihre Fraktion dieser Vorlage nicht zustimmen könne, dabei auch auf die Lage der Staaten des Westbalkans verweisend.

Das Abkommen wurde mehrheitlich genehmigt.

Abgeordnete Mag. PRAMMER (S) bedankte sich bei allen Fraktionen dafür, dass es sehr rasch möglich war, das Entschädigungsfondsgesetz, das auf einem Fünf-Parteien- Antrag basiert, im geplanten Sinne ändern zu können. Die Rednerin erläuterte den Inhalt der vorliegenden Novelle und nutzte sodann die Gelegenheit, über die Arbeit des Fonds zu berichten und den Mitarbeitern des Fonds zu danken. Sie zeigte sich zuversichtlich, dass man noch heuer alle Anträge bearbeitet haben werde, sodass bereits 2008 mit den Auszahlungen begonnen werden könne, womit Österreich einer wichtigen Aufgabe entsprechend nachkomme.

Abgeordneter Dr. SONNBERGER (V) erläuterte den Hintergrund des Fonds und würdigte das Engagement führender Mitglieder seiner Fraktion in dieser Angelegenheit. Er dankte den an den entsprechenden Abkommen Beteiligten und sprach sich dafür aus, die vorliegende Novelle zu unterstützen.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) votierte ebenfalls für den vorliegenden Entwurf, bemängelte aber, dass die entsprechenden Maßnahmen viel zu spät initiiert wurden. Österreich habe wenig Anlass, sich an dieser Stelle zu berühmen, habe es doch jahrzehntelang Versäumnisse gegeben, die eigene Geschichte aufzuarbeiten und entsprechende Konsequenzen aus dieser zu ziehen, so Stoisits, die dabei insbesondere auf die Beraubung der österreichischen Roma verwies.

Abgeordneter Dr. ASPÖCK (F) beleuchtete die bisherige Praxis in Bezug auf den Fonds und nannte die Entschädigungsbereitschaft der heutigen Republik mustergültig. Gleichzeitig beklagte auch Aspöck, dass diese Entschädigung jahrzehntelang gebraucht habe. Dabei erinnerte er daran, dass die beiden Großparteien auch damals schon die politische Verantwortung getragen hatten. Der Redner brachte einen Entschließungsantrag ein, die Bundesregierung möge sich in bilateralen Verhandlungen mit den Nachfolgestaaten der SFRJ und der CSSR und auf europäischer Ebene dafür einsetzen, den Geschädigten der Benes-Dekrete und der AVNOJ-Beschlüsse zu ihrem Recht zu verhelfen.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) sprach sich gleichfalls für die Vorlage aus und schloss sich der Kritik an, dass es so lange gedauert habe, bis die entsprechenden Schritte gesetzt worden seien. Immerhin aber sei es die Regierung Schüssel gewesen, die dieses Versäumnis behoben habe. Auch Scheibner dankte den Mitarbeitern des Fonds. Zudem trat der Redner für die Aufhebung des Unrechts, das sein Vorredner angesprochen habe, ein, denn "Unrecht ist nicht teilbar". Dennoch dürfe man nicht das Eine gegen das Andere aufrechnen, schloss der Redner.

Auch Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) war der Meinung, dass die Arbeit der im Entschädigungsfonds beschäftigten Personen nicht hoch genug einzuschätzen sei. Er sei froh darüber, dass nun eine klare Regelung bezüglich der Naturalrestitution und des Datenaustausches zwischen dem Nationalfonds und dem Entschädigungsfonds gefunden wurde und dass die Einreichungsfrist verlängert wird.

Abgeordneter DONABAUER (V) erinnerte zunächst daran, dass am letzten Sonntag 50 Jahre Europäische Union, die ein erfolgreiches Friedensprojekt darstelle, gefeiert wurde. Durch den heutigen Fünf-Parteien-Antrag zum Entschädigungsfonds beweise Österreich, dass es Vorbild für Europa in dieser Frage sei, war Donabauer überzeugt. Dabei dürfe man jedoch nicht vergessen, dass erst durch Bundeskanzler Schüssel dieses Problem wirklich gelöst wurde. Für wichtig erachtete der Redner die Einrichtung eines Dokumentationsarchivs, das die Möglichkeit biete, sich mit der Geschichte kritisch auseinanderzusetzen.

Abgeordnete Dr. HLAVAC (S) fand es erfreulich, dass es gelungen sei, einen Fünf-Parteien-Antrag einzubringen. Ebenso wie ihre Vorredner bedankte sie sich für die ausgezeichnete Arbeit der Mitarbeiter des Entschädigungsfonds.

Abgeordneter PRASSL (V) wies darauf hin, dass das – notwendige und wichtige - Entschädigungsfondsgesetz 2001 auf Schiene gebracht wurde. Man habe zwar jahrelang von einer rechtlichen Lösung des Problems gesprochen, aber es geschah überhaupt nichts. Erst mit dem Kabinett Schüssel I war es möglich, im Bereich des Entschädigungsrechtes einen sehr wichtigen Akzent zu setzen und rechtliche Rahmenbedingungen für die Geschädigten wurden geschaffen. Mit dem vorliegenden Antrag sollen nun Anpassungen des Entschädigungsfondsgesetzes vorgenommen werden, erläuterte Prassl. Es soll unter anderem festgelegt werden, dass auch eine nachträgliche Naturalrestitution möglich ist.

Abgeordneter MARIZZI (S) schloss sich grundsätzlich seinen Vorrednern an. Er stehe nicht an, sich bei der damaligen Bundesregierung zu bedanken, die am 28. Mai 2001 dieses Bundesgesetz eingebracht hat. Der Nationalfonds der Republik Österreich ist eine Institution, die nicht mehr wegzudenken ist, weil sie auf eine sehr gute Weise versucht, gewaltiges Unrecht, das durch den Nationalsozialismus ausgelöst wurde, auszugleichen. Er wolle jedoch klar feststellen, dass mit den Fonds nichts wieder gut gemacht werden könne; dies wäre ein irreführender Ausdruck, denn das Unrecht könne nicht aufgehoben werden.

Der Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz geändert wird, wurde einstimmig angenommen. Der F-Entschließungsantrag betreffend Entschädigung und Restitutionsleistungen für Enteignete und Vertriebene blieb in der Minderheit.

Die Anträge des Immunitätsausschusses, der behördlichen Verfolgung des G-Abgeordneten Mag. Kogler nicht zuzustimmen, wurden einstimmig angenommen.

Der Antrag des Abgeordneten Ing. Westenthaler (B), dem Familienausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 33/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird, eine Frist bis 30. April 2007 zu setzen, fand keine Mehrheit.

Nach Schluss der Plenarberatungen trat der Rechnungshofausschuss zu einer Sitzung zusammen, um die Frist für die Aufnahme der Beratungen über die Berichte des Rechnungshofes III-22 d.B. betreffend Flüchtlingsbetreuung (Bund 2007/1) und III-26 d.B. betreffend Einkaufszentren, Lehrerpersonalplanung, Schulaufsicht sowie Musik-Universitäten (Bund 2007/2) zu wahren. Beide Berichte wurden ohne Debatte vertagt. (Schluss)