Parlamentskorrespondenz Nr. 413 vom 30.05.2007

Justizielle Zusammenarbeit mit den EU-Staaten wird ausgeweitet

Justizausschuss: Fekter und Stoisits nahmen Abschied

Wien (PK) – Im Justizausschuss standen heute eine Regierungsvorlage über die Ausweitung der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen innerhalb der EU und eine Reihe von Anträgen auf der Tagesordnung. Abgeordnete  Maria Theresia Fekter (V) führte bei der Sitzung zum letzten Mal den Vorsitz; sie steht auf dem Wahlvorschlag des Hauptausschusses für die Volksanwaltschaft, den der Nationalrat am Dienstag der kommenden Woche debattieren wird. Die neuen VolksanwältInnen für die nächsten sechs Jahre treten ihr Amt am 1. Juli an. Aus dem Ausschuss ausscheiden wird auch G-Abgeordnete Terezija Stoisits, die ebenfalls in die Volksanwaltschaft wechselt.

Fekter und Stopisits verabschiedeten sich zum Schluss der Sitzung von ihren KollegInnen, wobei beide das konstruktive Klima im Ausschuss würdigten. Ausschuss-Vorsitzende Fekter erklärte, in den 13 Jahren ihrer Mitgliedschaft habe ihr die Arbeit im Ausschuss immer große Freude bereitet. Stolz zeigte sich Fekter vor allem auf das Gesetz über die Patientenverfügung und das Heimaufenthaltsgesetz. Beide MandatarInnen wurden vom SP-Fraktionsführer im Ausschuss, Abgeordnetem Joahnnes Jarolim, mit Blumensträußen und besten Wünschen für ihre Tätigkeit als Volksanwältinnen verabschiedet.

Durch eine Novellierung des Bundesgesetzes über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen wird diese Zusammenarbeit mit den Mitgliedsstaaten der EU auf vermögensrechtliche Anordnungen und Geldsanktionen ausgeweitet (48 d.B.). Damit werden zwei Rahmenbeschlüsse des EU-Rates in der nationalen Gesetzgebung umgesetzt. Dies bezieht sich nur auf Entscheidungen von Gerichten; Entscheidungen von Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten sollen von den Bezirksverwaltungsbehörden vollstreckt werden. Die Vollstreckung richtet sich in Österreich nach österreichischem Recht. Der Erlös fällt bis zu einer Höhe von 10.000 € dem Bund zu, ab 10.000 € wird der Erlös im Verhältnis 50:50 zwischen dem Entscheidungs- und dem Vollstreckungsstaat aufgeteilt.

Die Regierungsvorlage wurde ohne Debatte – in der Form eines Abänderungsantrag, der zitatenmäßige Berichtigungen vorsieht -einstimmig dem Plenum des Nationalrats zur Annahme empfohlen. Ebenso einstimmig wurde eine Ausschussfeststellung angenommen. Die sieben Anträge wurden nach zum Teil ausführlicher Diskussion teils mit Mehrheit, teils einstimmig vertagt.

SP-Initiative zum Bauträgervertragsgesetz vertagt

SP-Abgeordnete mit Johann Maier an der Spitze haben einen Entschließungsantrag betreffend die Novellierung des Bauträgervertragsgesetzes (63/A[E]) eingebracht. Das Justizministerium wird in dem Antrag ersucht, die Probleme beim Schutz der Erwerber von Immobilien und bei Ansprüchen von Professionisten zu evaluieren und einen Gesetzentwurf in Begutachtung zu versenden. Ein diesbezüglicher Vierparteien-Antrag in der XXII. GP war unerledigt geblieben.

In der Debatte im Ausschuss anerkannten die Abgeordneten Michael Ikrath (V) und Gabriela Moser (G) die Notwendigkeit und Dringlichkeit entsprechender Regelungen, um die nach derzeitiger Rechtslage schwache Position der Wohnungswerber zu stärken. Antragsteller Abgeordneter Johann Maier unterstrich die Dringlichkeit des Anliegens. Justizministerin Maria Berger erklärte, dass die entsprechenden Arbeiten in ihrem Ressort laufen.

Der Vertagungsantrag wurde einstimmig angenommen.

G-Initiativen für gleichgeschlechtliche Partnerschaften vertagt

Unter einem debattierte der Ausschuss dann drei Anträge der Grünen, in denen die Schaffung eines Zivilpaktes gefordert wird (3/A), der nicht vor einem Notar, sondern vor dem Standesamt geschlossen werden soll (126/A[E]). Außerdem treten die Grünen dafür ein, im § 44 des ABGB die Wortfolge "zwei Personen verschiedenen Geschlechts" durch die Wortfolge "zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts" zu ersetzen und so die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu ermöglichen (5/A).

Abgeordnete Karin Hakl (V) stellte mit Hinweis auf die in Vorbereitung befindliche Familienrechtsreform einen Vertagungsantrag. Zudem seien die Anträge der Grünen "inkonsequent und Rosinenpickerei".

Abgeordnete Terezija Stoisits (G) wandte sich gegen eine Vertagung und wies auf das gestiegene Grundrechtsbewusstsein hin. Die "Heiligkeit der Ehe" werde durch die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare nicht in Mitleidenschaft gezogen, argumentierte Stoisits, sei doch die vor dem Standesamt geschlossene Ehe "etwas Säkulares" und eine Öffnung der kirchlich geschlossenen Ehe für Homosexuelle nicht absehbar. Politik sei den Menschenrechten verpflichtet, Regelungen im Sinn der Anträge würden "vielen Menschen Kummer ersparen".

Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) wies darauf hin, dass in den Niederlanden, in Belgien und "im katholischen Spanien" Eheschließungen für homosexuelle Paare möglich und auch ÖsterreicherInnen davon betroffen seien. Entsprechende Erkenntnisse des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte seien zu erwarten. Sowohl für heterosexuelle wie auch für homosexuelle Paare sollte es zudem möglich sein, sich für die Ehe oder, als Alternative, für einen Zivilpakt zu entscheiden, wobei durch letzteren keine Unterhaltsverpflichtung im Fall der Scheidung entstünde. Der Zivilpakt solle nicht vor einem Notar, sondern, aus Gründen der staatlichen und öffentlichen Anerkennung, vor dem Standesamt ermöglicht werden, betonte Lunacek.

Abgeordnete Beatrix Karl (V) ortete im Eintreten der Grünen für einen Zivielpakt und die gleichzeitige Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare einen Widerspruch und sah die Ehe zu einer Einrichtung zur Sicherung des Unterhalts abgewertet. – Der Zivilpakt, der nur Rechte, aber keine Pflichten vorsieht, ist auch für Abgeordneten Gernot Darmann (B) kein geeigneter Weg zur Beseitigung der Diskriminierung von Homosexuellen.

Abgeordnete Stoisits wies den Vorwurf der Widersprüchlichkeit zurück und verteidigte die Anträge als Ausdruck eines "realistischen Zugangs zur Lebenswirklichkeit der Menschen". Mit der Ermöglichung der freien Wahl zwischen Zivilpakt und Ehe für alle sorge man für die den bürgerlichen Fraktionen sonst so hoch gehaltene Wahlfreiheit. Außerdem sollte der "Wille zur Kinderzeugung" als diskriminierende Bestimmung generell aus dem ABGB gestrichen werden, betonte die grüne Abgeordnete.

Justizministerin Maria Berger ging auf die umfangreichen Arbeiten ihres Ressorts, in Zusammenarbeit mit dem Familien- und mit dem Innenministerium, am Familienrechtspaket ein. Dabei werde es auch darum gehen, einen rechtlichen Rahmen für gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu finden; an die Öffnung der Ehe in diese Richtung sei allerdings nicht gedacht. Bis Ende des laufenden Jahres sollten in sechs interministeriellen Arbeitskreisen die wichtigsten Festlegungen getroffen werden.

Die drei Anträge wurden mit Mehrheit vertagt.

FPÖ: Kein Schadenersatzanspruch aufgrund einer Geburt - vertagt

Durch OGH-Urteil wurde kürzlich aufgrund der Geburt eines behinderten Kindes ein Schadenersatzanspruch gegen einen Arzt zugesprochen. Dies nahm die FPÖ zum Anlass für einen Antrag (46/A) auf Änderung des ABGB. Konkret ist vorgesehen, dem § 22 des ABGB einen 2. Absatz anzufügen: "Aus der Tatsache der Geburt eines Menschen ist ein Anspruch auf Schadenersatz ausgeschlossen." Bereits jetzt bestehende Ansprüche sollten erlöschen.

FP-Abgeordneter Peter Fichtenbauer betonte, mit seiner Initiative sei nicht beabsichtigt, Fehler bei der Geburtshilfe straffrei zu stellen. Vielmehr solle klargestellt werden, dass die Tatsache einer Geburt nicht als Schadensfall zu sehen sei. Fichtenbauer zeigte sich offen für eine breitere Diskussion im Rahmen einer Enquete, zumal mit dem Thema auch ethische und theologische Fragen angesprochen seien. Auch Abgeordnete Anna Franz ortete noch Diskussionsbedarf und stellte daher einen Vertagungsantrag.

Die scheidende Ausschuss-Vorsitzende Maria Theresia Fekter (V) trat ebenfalls für die baldige Durchführung einer Enquete ein. Dazu sollten auch einschlägige internationale Regelungen studiert werden – was von Justizministerin Maria Berger aufgegriffen und zugesagt wurde. Abgeordnete Stoisits sah zwar ebenfalls eine Regelungsnotwendigkeit, lehnte eine Regelung nach dem Muster des Antrags allerdings vehement ab. Nachdem sich auch die Abgeordneten Johannes Jarolim (S) und Gernot Darmann (B) für weitere intensive Diskussion des Themas ausgesprochen hatten, wurde der Antrag einstimmig vertagt.

Reform des Unterhaltsrechtes: Anträge von FPÖ und BZÖ werden vertagt

Anträge der FPÖ und des BZÖ auf Änderungen im Unterhaltsrecht wurden schließlich einstimmig vertagt, zumal sich eine Arbeitsgruppe im Justizministerium derzeit mit dieser Materie befasst und eine Reform, wie Ausschussvorsitzende Maria Theresia Fekter (V) es formulierte, bereits auf Schiene ist.

Im Einzelnen fordern die Freiheitlichen in ihrer Initiative eine Ausweitung der Unterhaltsvorschüsse, und zwar dahin gehend, dass volljährige unterhaltsberechtigte Personen, die sich noch in Schulausbildung befinden oder die aufgrund ihrer Behinderung erwerbsunfähig sind, einen Anspruch auf Unterhaltsvorschüsse erhalten.

Das BZÖ wiederum will bestehende Lücken beim Unterhalt für Minderjährige schließen, wobei Abgeordneter Gernot Darmann in seinem Antrag zu bedenken gibt, dass trotz ausgebauter Familienförderung die Versorgung der minderjährigen Kinder aus in Not geratenen Familien noch immer nicht gesichert ist.

Justizministerin Maria Berger rechnete mit Ergebnissen der Arbeitsgruppe für den kommenden Herbst, betonte aber, für eine substanzielle Reform des Unterhaltsvorschussrechts bedürfe es vor allem der Mitwirkung des Finanzministers. Geplant sei seitens des Ministeriums jedenfalls auch eine Grundsicherung für jene Kinder, die überhaupt keinen Unterhaltsanspruch gegen irgendjemanden stellen können. (Schluss)