Parlamentskorrespondenz Nr. 502 vom 20.06.2007

Wirtschaftsausschuss: Grünes Licht für längere Öffnungszeiten

Opposition weist auf Nachteile für Familien und kleine Betriebe hin

Wien (PK) - Eine Novelle zum Öffnungszeitengesetz (140 d.B.) wurde im heutigen Wirtschaftsausschuss mit den Stimmen der Koalitionsparteien an das Nationalratsplenum verabschiedet. Die Regierungsvorlage will den Händlern das Offenhalten der Geschäfte von Montag bis Freitag, 6 Uhr bis 21 Uhr und am Samstag von 6 Uhr bis 18 Uhr ermöglichen. Der wöchentliche Öffnungsrahmen soll von 66 auf 72 Stunden angehoben werden. Besondere Einkaufsbedürfnisse von Pendlern und Touristen oder anlässlich von Events sollen per Verordnung des Landeshauptmannes berücksichtigt werden können. Die geltenden Bestimmungen zur Sonn- und Feiertagsruhe werden beibehalten. Der Beschluss erfolgte in der Fassung eines S-V-Abänderungsantrages mit dem 1.1.2008 als Termin des Inkrafttretens. Während die Vertreter der Regierungsparteien und Bundesminister Bartenstein von einem vertretbaren Kompromiss zwischen den Sozialpartnern sowie großen und kleinen Händlern sprachen, bei dem die Vorteile, vor allem in Grenz- und Tourismusregionen überwiegen, begründeten die Oppositionsparteien ihre Ablehnung mit den aus ihrer Sicht negativen Auswirkungen erweiterter Ladenöffnungszeiten auf die überwiegend weiblichen Arbeitnehmer im Handel, auf die Familien und die kleinen Handelsunternehmen, die immer stärker unter Druck von Seiten großer Ketten kommen würden. Auf Antrag von Abgeordnetem Konrad Steindl (V) schob der Ausschuss der Praxis mancher Bürgermeister einen Riegel vor, das Öffnungszeitengesetz zu unterlaufen, indem sie Verkaufsstände von Supermärkten als "Märkte" definieren.

Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) kritisierte die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten, indem er darauf aufmerksam machte, dass im Handel viele Frauen, unter ihnen auch viele alleinerziehende Mütter, beschäftigt seien, die künftig noch größere Probleme haben werden, ihre beruflichen Pflichten und ihre Versorgungspflichten miteinander zu vereinbaren. Gefahr drohe auch Familien, in denen beide Partner arbeiten, weil sie immer weniger Möglichkeiten haben, gemeinsam Freizeit zu verbringen. Problematisch seien die neuen Öffnungszeiten auch für kleine Händler ohne Personal, die im Wettbewerb mit Großunternehmen stehen.

Abgeordneter Hannes Bauer (S) sprach hingegen von einer guten Verhandlungslösung der Sozialpartner. Er kenne die Belastungen für das Personal im Handel, insgesamt bringe das neue Gesetz aber deutlich mehr Vorteile als Nachteile mit sich.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) zeigte sich überzeugt, dass die Konsumenten auf der Basis des bisherigen Öffnungszeitengesetzes ausreichend Zeit zum Einkaufen haben, und wies darauf hin, dass Einzelhändler gegen eine Ausdehnung der Öffnungszeiten seien, da diese nur den großflächigen Handelsformen nütze.

Abgeordneter Franz Riepl (S) ersuchte Bundesminister Bartenstein, ausreichende personelle Kapazitäten für die neuen Kontrollaufgaben in den Arbeitsinspektoraten sicher zu stellen.

Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) verlangte Begleitmaßnahmen wie die Bereitstellung von Kinderbetreuungseinrichtungen und die Prüfung der Auswirkungen auf kleine Handelsbetriebe in den Altstadtkernen.

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) sah keinen Bedarf für die Änderung des Gesetzes, das schon bisher flexibel genug sei.

Abgeordneter Reinhold Mitterlehner (V) wies auf die Situation in den Grenzgebieten und auf die Interessen der Touristen hin, und hielt die vorgeschlagene Gesetzesänderung für zweckmäßig. Sie entspreche einem Kompromiss zwischen der Position der Familienbetriebe, die gegen eine Ausweitung des Öffnungsrahmens seien, und jener der Großbetriebe, die einen Öffnungsrahmen von 96 Stunden verlangten. Den vorgeschlagenen Rahmen von 72 Stunden hielt Mitterlehner für eine vertretbare Lösung.

Auch Abgeordneter Franz Kirchgatterer (S) sprach von einem guten Kompromiss, riet aber dazu, die Entwicklung der Kleinbetriebe im Handel im Auge zu behalten.

Abgeordneter Hubert Kuzdas (S) lobte die konstruktiven Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern, zeigte sich befriedigt über die Beibehaltung der Sonn- und Feiertagsruhe, hielt es aber für notwendig, die Öffnungszeiten der Kindergärten anzupassen und die Angebote des öffentlichen Nahverkehrs zu erweitern.

Bundesminister Martin Bartenstein nannte Beispiele von Familienbetrieben, die die Änderung des Öffnungszeitengesetzes unterstützten. Der Minister hielt fest, dass die Sonntagsruhe unverändert bleibe, und stellte heraus, dass die Kapazitäten des Arbeitsinspektorates ausreichten, um die Einhaltung des Gesetzes zu kontrollieren.

Bartenstein: Kein spezielles Gewerberecht für Schutzhütten

Ein Entschließungsantrag der Freiheitlichen zur Vereinfachung der Betriebsanlagen- und sonstigen Genehmigungsverfahren für Schutzhütten (121/A(E)) wurde auf Antrag der ÖVP vertagt. 

Abgeordneter Bernhard Themessl (F) hatte in der Debatte gewerberechtliche Vorschriften problematisiert, die Hüttenwirte zwingen, Handwaschbecken mit berührungsfreier Armatur oder Halterungen für Einweghandtücher zu installieren. Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) konnte dem Anliegen der Freiheitlichen einiges abgewinnen und drängte auf Vereinfachungen für Hüttenwirte.

Während Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) in der Debatte an einen Entschließungsantrag zur Umsetzung der Alpenkonvention erinnerte, trat Abgeordneter Hannes Bauer (S) für Vereinfachungen im Sinne der Antragsteller ein, hielt aber auch Qualitätsverbesserungen für notwendig und meinte, man sollte den Antrag vertagen, um ihn weiter zu diskutieren. Abgeordnete Gabriele Tamandl (V) sagte, die Gewerbebehörden sollten ihre Entscheidungsspielräume nützen, und beantragte die Vertagung des F-Antrages.

Abgeordneter Franz Riepl (S) hielt es für zweckmäßig, mit den Alpinvereinen zu verhandeln, da diese in den allermeisten Fällen die Eigentümer der Schutzhütten seien.

Wirtschaftsminister Bartenstein wandte sich gegen eine lex specialis für Hüttenwirte und meinte, das Problem sei lösbar, wenn gut geschulte Beamte der Gewerbebehörde ihre Entscheidungsspielräume nützten. Im Übrigen informierte der Minister über die Umsetzung des Hüttensanierungsprogramms, das vom ehemaligen Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel in Leben gerufen worden sei. (Schluss)


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