Parlamentskorrespondenz Nr. 544 vom 03.07.2007

Verfassungsausschuss beschließt Dienstrechts-Novelle 2007

Sabbatical für alle öffentlich Bediensteten kommt

Wien (PK) – Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat in seiner heutigen Sitzung die Dienstrechts-Novelle 2007 beschlossen. Mit dieser Novelle werden zahlreiche Änderungen im Beamtendienstrecht und weiteren dienst- und besoldungsrechtlichen Vorschriften für den öffentlichen Dienst vorgenommen. Wichtigste Neuerungen sind die Schaffung von Sabbatical-Regelungen für alle Beamte und Vertragsbedienstete, die besoldungsrechtliche Gleichstellung von FachhochschulabsolventInnen mit UniversitätsabsolventInnen, Verbesserungen im Pensionsrecht analog zum ASVG-Bereich, die Ausdehnung der Pflegefreistellung sowie mehr Transparenz bei der Besetzung von Leitungsfunktionen.

Auch hinsichtlich der Abschaffung schulfester Stellen konnte letztlich eine Einigung erzielt werden. Wie die für den öffentlichen Dienst zuständige Ministerin Doris Bures mitteilte, erhalten die Länder für das kommende Schuljahr zwar noch die Ermächtigung, schulfeste Stellen zu vergeben, spätestens ab 1. September 2008 ist eine solche Neuverleihung schulfester Stellen aber nicht mehr möglich. Für InhaberInnen schulfester Stellen ändert sich nichts.

Im Konkreten ermöglicht es die Sabbatical-Regelung Beamten und Vertragsbediensteten künftig, sich auf Wunsch innerhalb einer Rahmenzeit von zwei bis fünf Jahren gegen anteilige Bezugskürzung zwischen sechs und zwölf Monate vom Dienst freistellen zu lassen. Voraussetzung dafür ist allerdings eine bereits fünfjährige Tätigkeit im Bundesdienst, zudem dürfen keine wichtigen dienstlichen Gründe entgegenstehen. Ansprüche auf Nebengebühren und Zulagen bestehen während des "Sabbaticals" nicht. Lehrerinnen und Lehrer können sich – wie bisher – nur für ein ganzes Schuljahr freistellen lassen.

Die im ASVG-Bereich vorgenommenen pensionsrechtlichen Verbesserungen werden auch im öffentlichen Dienst umgesetzt. Im Wesentlichen geht es dabei um die Verlängerung der so genannten "Hacklerregelung" (abschlagsfreier Pensionsantritt für Langzeitversicherte mit 60) bis zum Jahr 2010, geringere Abschläge bei Inanspruchnahme der Korridorpenison und eine Wertsicherung der Beitragsgrundlage für Kindererziehungszeiten. Bei der Pflegefreistellung gibt es künftig Erleichterungen für "Patchworkfamilien", sie kann künftig auch für im gemeinsamen Haushalt lebende Kinder des Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin in Anspruch genommen werden.

Änderungen im Ausschreibungsgesetz sollen nicht nur mehr Transparenz in die Besetzung von Leitungsfunktionen bringen, sondern, wie es in den Erläuterungen heißt, auch eine Verbesserung der Karrierechancen von Frauen im öffentlichen Dienst bewirken. So ist in Hinkunft in jeder Ausschreibung offen zu legen, mit welcher Gewichtung besondere Kenntnisse und Fähigkeiten der BewerberInnen bei der Beurteilung berücksichtigt werden. Zudem muss in den Begutachtungskommissionen und Aufnahmekommissionen jedenfalls ein weibliches Mitglied vertreten sein.

Neu ist auch, dass die Dienstbehörde künftig eine unzulässige Nebenbeschäftigung untersagen kann. Damit sollen Missstände schneller und unkomplizierter abgestellt werden. Schließlich werden auch die Mitwirkungs- und Informationsrechte der Personalvertretung bei der Einführung von Kontrollmaßnahmen und bei der automationsunterstützten Verarbeitung personenbezogener Daten von Bediensteten geregelt. Ebenso wird der Umwandlung der Pädagogischen Akademien in Pädagogische Hochschulen Rechnung getragen.

Zustimmung bekam die Dienstrechts-Novelle von SPÖ, ÖVP und Grünen. So sprach Abgeordneter Otto Pendl (S) von einer zeitgemäßen und zukunftsorientierten Novelle mit frauenpolitischen, sozialpolitischen und schulpolitischen Elementen, seine Fraktionskollegin Elisabeth Hlavac hob die Ausdehnung der Pflegefreistellung und die neuen Bestimmungen für Ausschreibungen hervor. Frauen seien überall mit der "gläsernen Decke" konfrontiert, auch im Bundesdienst, meinte sie. 

Seitens der Grünen begründete Dritte Nationalratspräsidentin Eva Glawischnig-Piesczek die Zustimmung ihrer Fraktion zur Dienstrechts-Novelle damit, dass diese eine Reihe wichtiger Punkte enthalte. Die Grünen hätten nicht alle Details des Abänderungsantrags durchleuchten können, erklärte sie, die Ausdehnung des Sabbaticals, die Ausweitung der Pflegefreistellung und die Gleichstellung von FachhochschulabsolventInnen mit UniversitätsabsolventInnen seien aber jedenfalls positiv. In manchen Bereichen hätte man jedoch durchaus offensiver sein können, sagte Glawischnig-Piesczek, etwa bei der Verbesserung der Karrierechancen von Frauen. Glawischnig-Piesczeks Fraktionskollege Dieter Brosz zeigte sich überrascht, dass sich die Regierung durch die Einführung des Sabbaticals 10%-ige Einsparungen erwarte.

Auch Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) begrüßte die Ausdehnung der Pflegefreistellung, die Gleichstellung von Universitäts- und FachhochschulabsolventInnen, die Ausdehnung des Sabbaticals und die Abschaffung schulfester Stellen. Er fragte sich allerdings, warum das Sabbatical beispielsweise nicht für Staatsanwälte gelte.

Um Schülerinnen und Schülern mit einem oder mehreren "Nicht genügend" kostenlosen Nachhilfeunterricht anzubieten, forderte Dolinschek eine Verpflichtung für Lehrerinnen und Lehrer, in den letzten drei Wochen der Hauptferien für Nachhilfeunterricht an den Schulen zur Verfügung zu stehen. Einer Studie der Arbeiterkammer zufolge müssten Eltern derzeit immerhin 140 Mill. € für Nachhilfe ausgeben, argumentierte er. Ein entsprechender Abänderungsantrag des BZÖ blieb bei der Abstimmung jedoch in der Minderheit.

Scharfe Kritik am Gesetzentwurf kam von Abgeordnetem Peter Fichtenbauer (F). Für ihn sei die Gesetzesvorlage ein Musterbeispiel eines Gewerkschafts-Regierungs-Deals, die der Befriedigung von Klientelinteressen diene, mit den Interessen der Bevölkerung aber nichts zu tun habe, sagte er. Fichtenbauer sprach von "traumhaften Privilegien" für öffentlich Bedienstete und nannte in diesem Zusammenhang etwa das Sabbatical. Kritisch äußerte er sich auch in Bezug auf die Kosten der Gleichstellung von FachhochschulabsolventInnen mit UniversitätsabsolventInnen. Ausdrücklich lobte Fichtenbauer hingegen die Abschaffung schulfester Stellen.

Die Einwände Fichtenbauers wurden u.a. von den Abgeordneten Fritz Neugebauer (V), Peter Eisenschenk (V), Erwin Niederwieser (S) und Otto Pendl (S) zurückgewiesen. So machte Abgeordneter Neugebauer geltend, dass im Beamtendienstrecht viele Maßnahmen nachvollzogen würden, die im Bereich des ASVG bereits Gültigkeit hätten. Die Gleichstellung von FachhochschulabsolventInnen mit UniversitätsabsolventInnen ist ihm zufolge auf Grund des "Bologna-Prozesses" geboten. Abgeordneter Eisenschenk verwies auf die aliquoten Gehaltskürzungen bei Inanspruchnahme des Sabbaticals. 

Abgeordneter Heribert Donnerbauer und Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (beide V) brachten im Zusammenhang mit den neuen Ausschreibungsrichtlinien einen konkreten Fall zur Sprache, wo bei der Besetzung der Leitung der Justizanstalt Eisenstadt ein schlechter qualifizierter Mann einer besser qualifizierten Frau vorgezogen worden sei. Rauch-Kallat mahnte in diesem Zusammenhang deutliche Worte von Ministerin Bures gegenüber ihrer Regierungskollegin Maria Berger ein.

Bundesministerin Doris Bures unterstrich, die Dienstrechts-Novelle 2007 bringe wesentliche Verbesserungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Den Privilegien-Vorwurf von FPÖ-Abgeordnetem Fichtenbauer wies sie allerdings zurück und bekräftigte, alle Bürgerinnen und Bürger profitierten von motivierten Beschäftigten und hoher Qualität in der öffentlichen Verwaltung.

Die Sabbatical-Regelung steht Bures zufolge allen öffentlich Bediensteten mit Ausnahme von RichterInnen und StaatsanwältInnen offen, da sich dort Vertretungsregelungen als schwierig erwiesen hätten. Einsparungseffekte stünden beim Sabbatical nicht im Mittelpunkt, erklärte sie, auch wenn sich solche dadurch ergeben könnten, dass jemand die Regelung kurz vor Pensionsantritt nütze und seine Stelle nicht nachbesetzt werde. Die Gleichstellung von FachhochschulabsolventInnen und UniversitätsabsolventInnen verursacht nach Darstellung von Bures keine zusätzlichen Kosten, da keine zusätzlichen A1-Dienstposten vorgesehen seien.

Mit den neuen Ausschreibungsrichtlinien sollen laut Bures etwa Fälle wie jener ausgeschlossen werden, wo bei der Besetzung von Leitungsfunktionen im Bereich der Exekutive körperliche Eignung plötzlich viel stärker als Wissen bewertet worden sei und Frauen dadurch von vorderen Stellen in der Reihungsliste nach hinten rückten. Hinsichtlich der von ÖVP-Seite kritisierten Besetzung der Leitung der Justizanstalt Eisenstadt verwies sie auf die gesetzlichen Gleichbehandlungsbestimmungen und appellierte, die verankerten Möglichkeiten auch wahrzunehmen.

Zu Kritik von Abgeordnetem Brosz (G) an unterschiedlichen Regelungen für Beamte und Vertragsbedienstete hielt Bures fest, sie strebe ein einheitliches Dienstrecht für alle öffentlich Bediensteten an. Dies sei auch im Koalitionsübereinkommen vereinbart. Es brauche dafür aber eine budgetäre Bedeckung, erklärte Bures, da eine Neuverteilung der Lebensverdienstsumme – höhere Anfangsgehälter, flachere Einkommenskurve – in den ersten Jahren Mehrkosten verursache.

Basis für die Beschlussfassung der Dienstrechts-Novelle 2007 bildete ein formeller S-V-Antrag, zu dem ÖVP-Abgeordneter Fritz Neugebauer heute einen umfassenden gesamtändernden Abänderungsantrag vorlegte. Dieser ersetzt die beiden bei der letzten Sitzung des Verfassungsausschusses eingebrachten Abänderungsanträge. (Schluss)