Parlamentskorrespondenz Nr. 670 vom 27.09.2007

Eine gemeinsame Ausbildung für alle PädagogInnen?

Nationalrat verabschiedet weitere Anpassung im Bildungsbereich

Wien (PK) - Vor Eingang in die Tagesordnung kündigte Nationalratspräsidentin Barbara PRAMMER die Behandlung eines Dringlichen Antrags (309/A[E]) an, der von der FPÖ eingebracht worden war. Thema des Antrags ist "Strikte Anwendung der Rechtsordnung zur Unterbindung der fortschreitenden Islamisierung und der damit verbundenen Terrorgefahr, anstatt Errichtung eines Polizei- und Überwachungsstaates." Die Diskussion darüber findet um 15 Uhr statt.

Erster Punkt der Tagesordnung war eine Regierungsvorlage betreffend Änderungen im Zusammenhang mit Umwandlung der Pädagogischen Akademien in Pädagogische Hochschulen. Abgeordneter BROSZ (G) kündigte die Ablehnung des vorliegenden Gesetzes an, obwohl es sich dabei in erster Linie um notwendige Umstellungen für die Pädagogischen Hochschulen handelt. Er begründete diese Haltung mit der weiterhin getrennten Ausbildung von PflichtschullehrerInnen und LehrerInnen an höheren Schulen. Brosz sprach sich in diesem Zusammenhang für eine gemeinsame pädagogische Ausbildung aller in einem pädagogischen Beruf Tätigen aus, das heißt auch für die Ausbildung von KindergärtnerInnen an den Pädagogischen Hochschulen. Er trat weiters dafür ein, allen Kindern vom dritten bis zum sechsten Lebensjahr ein Recht auf einen kostenlosen Kindergartenplatz einzuräumen, zumal eine Studie gezeigt habe, dass Kinder, die den Kindergarten besucht haben, später um ein Lernjahr besser abschneiden.

Brosz brachte dazu einen Entschließungsantrag ein, der neben der Forderung auf kostenlose Kindergartenplätze für die 3- bis 6jährigen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur das Ersuchen richtet, auch die KindergärtnerInnen an den Pädagogischen Hochschulen auszubilden und einen Bildungsplan für die Frühförderung zu erstellen.

Brosz stellte auch die Frage nach den finanziellen Auswirkungen des Gesetzes, nach dem die LehrerInnen im Rahmen der Fremdsprachenassistenz in Hinkunft bei der Sozialversicherung abgesichert werden. Die Regierungsvorlage spreche aber von keinen zusätzlichen Kosten, und das könne nicht sein, es sei denn, die Betreffenden müssten auch für den Arbeitgeberanteil aufkommen.

Abgeordneter DDr. NIEDERWIESER (S) sah in dem Antrag der Grünen ein verfassungsrechtliches Problem, da die Forderungen in die Zuständigkeit von Ländern und Gemeinden fallen. Zum Gesetz selbst meinte er, dieses sei notwendig, damit die Pädagogischen Hochschulen ihre Arbeit aufnehmen können. Grundsätzlich gebe er aber zu, dass die Pädagogischen Hochschulen aus der Sicht der SPÖ nur teilweise einer modernen pädagogischen Ausbildung entsprechen. So sei es in Zukunft notwendig, eine gemeinsame Ausbildung aller LehrerInnen zu installieren und die KindergartenpädagogInnen einzubeziehen.

Abgeordneter Dr. GRAF (F) lehnte den Antrag der Grünen ebenfalls ab, da man einer Institution, die man nicht wolle, keine neuen Aufgaben aufbürden dürfe. Was die AssistenzlehrerInnen betrifft, so gab er dem grünen Abgeordneten jedoch recht. Graf unterstrich, dass die FPÖ den Weg in die falsche Richtung nicht mitgehen werde, denn notwendig sei eine universitäre Ausbildung aller PädagogInnen. Ihm fehlte auch eine kurz-, mittel- und langfristige Strategie, um dieses Ziel zu erreichen. Gleichzeitig betonte Graf, dass eine gemeinsame Ausbildung keineswegs eine Vorstufe zur Gesamtschule darstelle. Abschließend stellte er die Frage in den Raum, ob Österreich tatsächlich 17 Pädagogische Hochschulen braucht.

Abgeordnete Dr. BRINEK (V) gab zu bedenken, dass die lange Vorbereitungszeit zur Realisierung der Hochschulen berechtigt war. Sie reagierte damit auf eine diesbezügliche Kritik ihres Vorredners. Brinek würdigte auch die Vorarbeiten der betreffenden Hochschulen zur Umsetzung und stellte klar, dass die Pädagogischen Hochschulen ein eigenständiges Profil haben und keine Außenstellen der Universitäten darstellen. Selbstverständlich würden die Hochschulen mit den Universitäten zusammenarbeiten, sagte sie, und die Universitäten könnten von den Hochschulen auch etwas lernen, etwa bei den Zugangsregelungen. LehrerInnen müssten jedenfalls selbständige AkteurInnen in den Klassen sein, so Brinek.

Abgeordnete ZWERSCHITZ (G) konterte, bei den Pädagogischen Hochschulen handle es sich lediglich um ein "Schilderaustauschen". Bezüglich der Ausbildungsphilosophie habe sich nicht viel geändert, so ihre Auffassung. Es gebe weiterhin keine Anrechenbarkeit an den Universitäten, keine gemeinsame Ausbildung aller PädagogInnen und keine Ausbildung in Richtung Gesamtschule. Das Thema Gleichstellung finde sich in keinem Studien- und Forschungsinhalt, es gebe keine Frauenförderung und es werde weiterhin zur Selektion ausgebildet. Von individueller Förderung sei man weit entfernt.

Abgeordnete HAUBNER (B) meinte hingegen, die Umwandlung in Pädagogische Hochschulen sei ein wichtiger Schritt zu mehr Professionalisierung und zur Förderung eines neuen Lehrerbildes geworden. Dass die Ausbildung von LehrerInnen an Höheren Schulen weiterhin an den Universitäten stattfindet, sei ein Schönheitsfehler, mittelfristig müsse es aber das Ziel sein, alle PädagogInnen an den Pädagogischen Hochschulen auszubilden.

Haubner thematisierte auch das Thema Sicherheit an den Schulen und forderte eine wirksame Zugangskontrolle. Sie brachte einen diesbezüglichen Entschließungsantrag ein, in dem die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur darüber hinaus aufgefordert wird, dafür Sorge zu tragen, dass die PflichtschulpädagogInnen in ihrer Ausbildung umfassend zum Thema Sicherheit instruiert werden. Dafür sollten auch entsprechende Lehrpläne ausgearbeitet werden.

Bundesministerin Dr. SCHMIED meinte, das vorliegende Lehrbeauftragtengesetz sei nicht das große Gesetz zur Weiterentwicklung der Pädagogischen Hochschulen, sondern ein Umstellungsgesetz, in dem es in erster Linie darum gehe, dass die Pädagogischen Hochschulen gut starten können. Auch teilte die Ressortleiterin die Meinung von Abgeordneten, den Kindergarten in einen Bildungsgarten umzuwandeln; im Regierungsprogramm sei verankert, dass es einen Bildungsplan für den Kindergarten geben wird. Bei der Sicherheit gehe es um eine allumfassende Sensibilisierung und nicht nur um jene der LehrerInnen. Bei der nächsten Präsidentenkonferenz der Landesschulräte werde dieses Thema angesprochen werden.

Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) sprach die gemeinsame universitäre Ausbildung aller Lehrkräfte an und bedauerte, dass in die Pädagogischen Hochschulen nicht die KleinkindpädagogInnen einbezogen werden. Zum Antrag der Grünen hinsichtlich der Gratiskindergärten meinte Kuntzl, dies sei eine Zukunftsperspektive, der sie offen gegenüber stehe. Man müsse in Teilschritten vorgehen, daher gehöre das Angebot an entsprechenden Kinderbetreuungsplätzen ausgebaut. Notwendig sei auch der Ausbau des Vorschulangebots. Die Regierung setze einen ersten Schritt, indem Kinder, die eine besondere sprachliche Förderung brauchen, Unterstützung bekommen. Darüber hinaus bestehe auch anderer Förderungsbedarf, etwa für Kinder mit Legasthenieproblemen oder für Kinder, die logopädische Unterstützung benötigen.

Abgeordneter Mag. EISENSCHENK (V) wies darauf hin, dass die Absolventen Pädagogischer Hochschulen sehr wohl ein akademischen Niveau und auch einen international anerkannten Status haben. Heuer gebe es laut Eisenschenk doppelt so viele Interessenten für vorhandene Ausbildungsplätze als im Vorjahr. Mit der Fremdsprachenassistenz beweise Österreich ein innovatives, international ausgerichtetes Engagement. Diese Regelung bedeute nicht nur das Einbringen einer muttersprachlichen Kompetenz von ausländischen StudentInnen, sondern auch den konkreten Austausch von Kultur zur Förderung eines globalen Verständnisses, sagte er. Jene Länder, die Fremdsprachenassistenten entsenden, sollten einen gemeinsamen Anforderungskatalog an die Kandidaten entwerfen, forderte der Abgeordnete als weiteren Entwicklungsschritt.

Abgeordneter MAYER (S) betonte, beide Einrichtungen, Pädagogische Hochschule und universitäre Ausbildung, hätten ihre Vorteile, aber auch ihre Schwächen. Diese zweigleisige Ausbildung kann nach Ansicht des Abgeordneten kein Modell der Zukunft sein; daher fordert er eine optimale gemeinsame Ausbildung aller Pädagogen. Auch Wissenschaftsminister Hahn habe etwa in den "Vorarlberger Nachrichten" gesagt, dass man die Hauptschullehrer und die AHS-Unterstufenlehrer auf einem einheitlichen Bachelor-Niveau ausbilden sollte. Selbst der Rektor der Pädagogischen Hochschulen trat für eine gemeinsame Lehrerausbildung ein.

Abgeordneter NEUGEBAUER (V): Die Pädagogischen Hochschulen mit dem Start im Oktober haben mehrjährige intensive Vorbereitungsarbeiten des Ministeriums und der LehrerInnen hinter sich. Diese Personen hätten es sich nicht verdient, mit einem "Schilderaustausch", wie Abgeordnete Zwerschitz meinte, abqualifiziert zu werden. Diese neue Konstruktion bringe die Zusammenführung von Ausbildung und Fortbildung; das Gute der Universitäten werde mit dem Guten, der starken Verschränkung zwischen Theorie und Praxis, verbunden, unterstrich er. Zum grünen Antrag hinsichtlich Kindergarten meinte Neugebauer, wenn man es so mache wie in Niederösterreich, wo das Kindergartenjahr gratis angeboten wird, dann werde es von der Bevölkerung auch angenommen werden. Eine Verpflichtung hiezu dürfe es nicht geben.

Die Vorlage wurde mehrheitlich angenommen. Der G-Entschließungsantrag (Gratiskindergarten) fand in einer namentlichen Abstimmung (164 abgegebene Stimmen, 45 Ja-, 119 Nein-Stimmen) keine Mehrheit. Der B-Entschließungsantrag (Schärfung des Sicherheitsbewusstseins der PflichtschulpädagogInnen als Schwerpunkt im Rahmen der Ausbildung) fand gleichfalls keine Mehrheit.

(Schluss Pädagogische Hochschulen/Forts. NR) 


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