Parlamentskorrespondenz Nr. 721 vom 10.10.2007

Rechnungshofausschuss debattiert über Einkommensentwicklung

Weiter große Einkommensschere zwischen Männern und Frauen

Wien (PK) – Der sogenannte Allgemeine Einkommensbericht 2006 des Rechnungshofes, der Auskunft gibt über die durchschnittlichen Einkommen der gesamten Bevölkerung getrennt nach Branchen, Berufsgruppen und Funktionen, war für die Abgeordneten des Rechnungshofausschusses heute Anlass, die Entwicklung und Verteilung der Einkommen in Österreich einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Im Mittelpunkt der Debatte stand dabei vor allem der nach wie vor feststellbare große Unterschied zwischen Männer- und Fraueneinkommen.

Rechnungshofpräsident Josef Moser teilte hierzu mit, dass Frauen im Durchschnitt insgesamt nur 60 % des mittleren Männereinkommens verdienen, vollbeschäftigte Frauen erzielen 78 % des mittleren Männereinkommens. Ausschlaggebend für diese Einkommensschere sei nach Einschätzung Mosers u.a. die Branche, in der die Arbeitnehmer beschäftigt seien. So werden die höchsten Einkommen in der Energie- und Wasserversorgung erzielt, die niedrigsten Einkommen hingegen im Beherbergungs- und Gastronomiesektor, wo traditionell viele Frauen arbeiten. Moser gab darüber hinaus aber auch zu bedenken, dass die Einkommensschere auch bei den selbstständig Erwerbstätigen, so etwa im Bereich der Fachärzte, sehr groß ist.

Als weiteren Grund für die Unterschiede zwischen Männer- und Fraueneinkommen nannte Moser die Teilzeitbeschäftigung. 20 % der Beschäftigten seien Teilzeitbeschäftigte, 89 % aller Teilzeitbeschäftigten seien aber Frauen.

Unter den Kernpunkten des Berichtes strich Moser ferner den Umstand heraus, wonach im öffentlichen Dienst relativ hohe Einkommen erzielt werden. Der Rechnungshofpräsident führte dies auf den hohen Akademikeranteil, das höhere Dienstalter der öffentlich Bediensteten, aber auch auf den eher geringen Anteil an Teilzeitbeschäftigten zurück.

Was die Entwicklung der Einkommen insgesamt betrifft, lagen die durchschnittlichen Einkommen der österreichischen Bevölkerung im Jahr 2005 um ein bis zwei Prozentpunkte hinter jenen von 1998 zurück, gab Moser überdies zu bedenken.

In der Debatte kam Abgeordneter Bruno Rossmann (G) auf eine weitere Feststellung des Berichtes zu sprechen, wonach sich generell die Einkommensschere zwischen niedrigen und hohen Einkommen ab 2002 weiter geöffnet hatte. Einkommensverluste seien dabei vor allem in den untersten Einkommensbereichen eingetreten, kritisierte er. Die Steuerreform habe keinerlei Einfluss auf die Einkommensschere gehabt, lautete Rossmanns Schlussfolgerung aus dieser Entwicklung. Hinsichtlich der großen Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen wiederum sah Rossmann vor allem Politik und Gewerkschaften gefordert.

Abgeordnete Christine Lapp (S) sah in einer Absicherung der prekären Beschäftigungsverhältnisse einen wichtigen Schritt gegen das Auseinanderklaffen der Einkommensschere zwischen Männern und Frauen, rief aber auch zu einer Verbesserung der Kinderbetreuungseinrichtungen auf.

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (V) kritisierte, dass Bezüge von Personen in öffentlichen Institutionen nicht offen gelegt werden können, und zeigte sich darüber hinaus "erschüttert" über die Einkommenssituation der Frauen.

Abgeordnete Andrea Eder-Gitschthaler (V) schlug vor, der Rechnungshof sollte sich in seinem nächsten Bericht auch mit den Auswirkungen von Kindern auf das Einkommen der Frauen auseinandersetzen.

Abgeordneter Gerald Hauser (F) forderte ebenfalls eine Offenlegung der Bezüge in staatsnahen und öffentlichen Unternehmungen und vermisste überdies Anregungen des Rechnungshofs, um die aufgezeigten Einkommensunterschiede zu mindern.

Abgeordneter Günther Kräuter (S) plädierte für Gesetzesänderungen, die eine Offenlegung der Bezüge im staatsnahen Bereich ermöglichen, und kündigte Gespräche über diesbezügliche Schritte im Ausschuss an.

Abgeordneter Josef Bucher (B) regte an, in Zukunft auch die Stundenlöhne auszuweisen, um die Aussagekraft des Berichtes zu verstärken.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) gab schließlich zu bedenken, gerade die mittleren Einkommen würden heute auf der Basis von 1998 stagnieren. Einer der Gewinner dieser Nivellierung sei der Staat. Gradauer forderte deshalb eine vorgezogene Steuerreform im Bereich dieser mittleren Einkommen.

Rechnungshofpräsident Josef Moser meinte dazu, jede steuerliche Entlastung sei gut, weil sie den Wirtschaftsstandort und die Kaufkraft stärke. Die budgetäre Sichtweise dürfe dabei aber nicht aus den Augen verloren werden. Eine Steuerreform sei deshalb immer auch mit Strukturmaßnahmen zu verbinden, mahnte er.

Was die Weitergabe von Individualdaten betrifft, so sei diese aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich, dazu bedürfe es einer Gesetzesänderung, erklärte Moser auf die Kritik der Abgeordneten über das Fehlen von Daten betreffend die Bezüge im staatsnahen Bereich.

Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Einstimmige Kenntnisnahme des Berichtes über die EU-Finanzmittel

Ebenfalls einstimmig zur Kenntnis genommen wurde im Anschluss daran ein Bericht des Rechnungshofes über die EU-Finanzmittel, der eine Analyse über die Einnahmen und Ausgaben der Union und die Verwendung der Mittel in Österreich bietet.

Rechnungshofpräsident Josef Moser präsentierte die Kernaussagen des Berichts und strich dabei vor allem auch die Rückflüsse aus der EU nach Österreich heraus. 69 % aller EU-Rückflüsse gehen in die Landwirtschaft, rund 17 % fließen in strukturpolitische Maßnahmen, rund 13 % der EU-Rückflüsse erhält Österreich aus dem Titel der internen Politik. An sämtlichen EU-Ausgaben für die Landwirtschaft partizipiert Österreich mit einem Ausmaß von 2,6 %. 7,6 % aller EU-Ausgaben im Bereich der ländlichen Entwicklung gehen nach Österreich, bei den EU-Ausgaben für Strukturpolitik beträgt der Österreich-Anteil 1 %. Im Bereich der internen Entwicklung wiederum fließen 2,9 % aller EU-Ausgaben an Österreich, wobei der Großteil für Forschung und Entwicklung aufgewendet wird.

Zur Ausnützung der EU-Programme teile Moser mit, im Bereich ländliche Entwicklung würden 100 % abberufen, bei den Strukturprogrammen betrage der Anteil 65 %.

Für die Zukunft plädierte der Rechnungshofpräsident für eine stärkere Einbindung nationaler Kontrollinstanzen in die Prüfung der EU-Mittel. Auch sollten Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit stärker untersucht werden. Vorstellbar war für Moser überdies eine eingehendere Prüfung der Folgekosten von EU-Maßnahmen.

Der Vorschlag Mosers nach einer verstärkten Prüfung wurde vom Abgeordneten Bruno Rossmann (G) positiv aufgegriffen, der sich dafür aussprach, sämtliche Kontrolllücken zu schließen, um damit auch die Betrugsbekämpfung voranzutreiben.

Abgeordneter Christian Faul (S) wiederum kritisierte, viele kleinere Gemeinden hätten keinen Zugang zu den Förderungstöpfen der EU, weil sie nicht in spezielle Förderungskriterien fallen.

Abgeordneter Josef Bucher (B) stellte die Einrichtung einer Clearing-Stelle für sämtliche Rückflüsse nach Österreich zur Debatte, während sich Abgeordneter Norbert Sieber (V) grundsätzlich erfreut über die hohen Rückflüsse von EU-Geldern nach Österreich zeigte. (Schluss)