Parlamentskorrespondenz Nr. 723 vom 10.10.2007

Wirtschaftsausschuss für EU-konformes Patentrecht und Kesselgesetz

Anträge der Opposition vertagt

Wien (PK) - Im weiteren Verlauf seiner Sitzung stimmte der Wirtschaftsausschuss zunächst weiteren EU-Anpassungen österreichischer Gesetze zu. Eine Revision des Europäischen Patentübereinkommens macht Änderungen im Patentgesetz, im Gebrauchsmustergesetz, im Patentverträge-Einführungsgesetz, im Schutzzertifikatsgesetz, im Markenschutzgesetz und im Patentamtsgebührengesetz (216 d.B.) notwendig. Zugleich werden EU-Verordnungen über Kinderarzneimittel und zum Schutz von Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel gesetzlich verankert. Entwicklung und Zugänglichkeit von Arzneimitteln für Kinder und Jugendliche werden durch Bonusse und Anreize erleichtert, etwa durch die Verlängerung der Laufzeit ergänzender Schutzzertifikate. Beim Schutz geographischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel wird den Mitgliedstaaten im Rahmen des neu gestalteten Prüfungsverfahrens mehr Eigenverantwortung übertragen und der öffentliche Einfluss auf nationale Prüfungsverfahren gestärkt. - Die Zustimmung erfolgte mit S-V-F-B-Mehrheit. Abgeordneter Werner Kogler (G) machte auf Bedenken von Seiten der Landwirtschaft aufmerksam und behielt sich die Zustimmung seiner Fraktion für das Plenum vor.

Eine Änderung des Kesselgesetzes (148 d.B.) passierte den Ausschuss einstimmig. Auslöser der Gesetzesänderung ist ein EU-Vertragsverletzungsverfahren mit der EuGH-Feststellung, das bisher geltende Erfordernis für Kesselprüfstellen - ein Sitz in Österreich - widerspreche der Dienstleistungsfreiheit. Künftig sollen nicht nur österreichische Stellen, sondern auch solche mit Sitz in EU oder EWR Kessel in Österreich prüfen können. Neben der erforderlichen Ausweitung des Sitzerfordernisses werden Maßnahmen getroffen, die eine Kontrolle und Überwachung in Österreich erlauben sowie einen fairen Wettbewerb sicherstellen.

Wie nachhaltig ist die EZA der Europäischen Union?

Für die Stärkung der Entwicklungspolitik traten hierauf im Wirtschaftsausschuss einmal mehr die Grünen ein. Bei der Begründung ihres Entschließungsantrages 213/A(E) kritisierte Abgeordnete Ulrike Lunacek Form und Inhalt der Verhandlungen, die die EU derzeit mit den AKP-Staaten (Afrika, Karibik, Pazifik) über neue Wirtschaftspartnerschaftsabkommen führt. Statt mit regionalen Gemeinschaften zu verhandeln, werde die regionale Integration unterminiert, lautete die Klage der Grünen, die die Behinderung nachhaltiger Entwicklung in vielen AKP-Staaten befürchten. Werde der Handel - wie geplant - liberalisiert, würden billige, hochsubventionierte Agrarprodukte aus der EU eingeführt und lokale Märkte und Produktionen ruiniert. Ähnliches gelte für den Dienstleistungssektor. Dazu kommt die beabsichtigte Eliminierung von Zöllen für EU-Produkte, die bis zu 25 % der Staatseinnahmen afrikanischer Länder ausmachen. Sinkende Staatseinnahmen gefährden die Millennium-Entwicklungsziele (Grundschulen für alle Kinder, Senkung der Müttersterblichkeit, ökologische Nachhaltigkeit).

Schließlich kritisieren die Grünen die zu gering dotierte "Aide for Trade"-Hilfe zur Unterstützung der Anpassung an die Liberalisierung in den AKP-Ländern und die zu geringe Einbindung von Parlamenten und Organisationen der Zivilgesellschaft. Wirtschaftsminister Bartenstein soll sich daher in der EU für eine Verlängerung der Verhandlungen, die Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungsstandes der einzelnen AKP-Länder, für flexible Liberalisierungspläne, für regionale Integration, die Entwicklung lokaler Märkte, für die Hebung der sanitären und phytosanitären Standards in den AKP-Ländern, für mehr Transparenz der Verhandlungen gegenüber Parlamenten und Zivilgesellschaft, für die  Einbeziehung des EU-Parlaments und für die Mitsprache der Zivilgesellschaft einsetzen, verlangten die Grünen.

Auf Detailfragen Lunaceks eingehend führte Bundesminister Martin Bartenstein aus, die Verhandlungen sollen bis Ende 2007 abgeschlossen werden, weil Ausnahmeregelungen der WTO auslaufen. An den Abkommen seien die meisten der 77 AKP-Länder stark interessiert. Die EU habe kein Interesse daran, lokale Produktionen in den AKP-Ländern zu zerstören, es gehe lediglich darum, den Handel zwischen der EU und den AKP-Ländern zu erleichtern. Der Minister ging davon aus, dass es Übergangsfristen von bis zu 25 Jahren für bestimmte Produkte geben werde. Eine Revisionsklausel, die es erlaube, die Verträge nach einer bestimmten Zeit zu ändern, wenn Probleme auftreten, werde Österreich zustimmen, wenn dies von der Europäischen Union vorgeschlagen werde. - Der Entschließungsantrag wurde auf Vorschlag des Abgeordneten Klaus Hubert Auer (V) mit S-V-Mehrheit vertagt.

FPÖ für Nahversorger ...

FPÖ-Abgeordneter Wolfgang Zanger erinnerte daran, dass die Grenze für die Buchführungspflicht von Lebensmitteleinzel- und Gemischtwarenhändlern - für die bis 31.12.2006 eine Ausnahmebestimmung in der Bundesabgabenordnung galt - von 600.000 € auf 400.000 € herabgesetzt wurde. Dadurch entstehe für die 2.000 Lebensmitteleinzel- und Gemischtwarenhändler mit einem Umsatz zwischen 400.000 € und 600.000 € ein existenzgefährdender Arbeits- und Kostenaufwand. Da diese Betriebe vor allem im ländlichen Raum zur lebensnotwendigen Infrastruktur zählten, sei zu befürchten, dass diese Kleinstbetriebe über kurz oder lang den Betrieb einstellen und die schlechte Situation der Lebensmittelnahversorgung im ländlichen Raum weiter verschärft werde.

Die Antragsteller forderten die Bundesregierung daher auf, zur Sicherung der Nahversorgung und im Sinne der kleinen Lebensmitteleinzel- und Gemischtwarenhändler den Ausnahmetatbestand bei der Buchführungspflicht - ab Jahresumsatz von 600.000 € - wieder einzuführen (260 A/(E)). Der Entschließungsantrag wurde nach zustimmenden Wortmeldungen der Abgeordneten Veit Schalle (B) und Werner Kogler (G) auf Antrag von Abgeordnetem Hannes Bauer (S) vertagt. Bauer hatte sich dafür ausgesprochen, das Anliegen im Rahmen eines Gesamtkonzepts zur Förderung der Nahversorgung zu beraten.

... und grenzüberschreitend tätige Handwerker

FPÖ-Abgeordneter Bernhard Themessl erläuterte schließlich seinen Entschließungsantrag 261/A(E) zur Beseitigung aktueller Probleme von Unternehmen, die grenzüberschreitend in der Schweiz tätig sind. Zunächst klagte der Abgeordnete über das jüngst verschärfte  - achttägige - Arbeitsverbot für grenzüberschreitend tätige Unternehmen nach Eingang der vorgeschriebenen Meldung in der Schweiz. Dies sei unter den Bedingungen der modernen Wirtschaftswelt ein nicht akzeptables Handelshemmnis, schreibt Themessl. Ungeahnte Probleme bereite auch der Vergleich der Bruttolöhne, bei dem die Behörden des Nachbarlandes von den Schweizer Gesamtarbeitsverträgen ausgingen, wodurch Lohnnebenkosten in Österreich unzureichend berücksichtigt würden. Zudem lasse die Schweiz neuerdings Personal österreichischer Personalbereitsteller nicht mehr zu. Schweizer Behörden würden bürokratische Hemmnisse aufbauen, um ihren Markt abzuschotten, ein fairer Wettbewerb sei nicht mehr möglich, klagte Themessl und forderte den Wirtschaftsminister zu einem diesbezüglichen Gespräch  mit seinem Schweizer Amtskollegen auf. Themen sollten die Beseitigung von Arbeitsverboten nach "Vorab-Meldungen", gerechte Vergleichswerte, die Zulassung indirekter Personalbereitstellung und die Beseitigung von Beitragspflichten an Schweizer Berufsverbände sein, verlangte die FPÖ.

In der Debatte zeigte Abgeordneter Elmar Mayer (S) Verständnis für das spezifisch Vorarlberger Anliegen und bekundete die Bereitschaft der SPÖ, einen gemeinsamen Antrag vorzubereiten.

Abgeordnete Ridi Steibl (V) begründete ihren Vertagungsantrag mit dem Hinweis darauf, die genannten Probleme würden in den nächsten Tagen mit verantwortlichen Stellen in der Schweiz besprochen werden.

Bundesminister Martin Bartenstein berichtete den Abgeordneten, seine Schweizer Gesprächspartner seien bereit, zur Problemlösung beizutragen, wenn Österreich ihnen Einzelfälle nenne, solche Einzelfälle seien seinem Ressort aber nicht bekannt.

Abgeordneter Bernhard Themessl (F) machte darauf aufmerksam, dass vor allem Firmen im Anlagenbau Geld und Aufträge verlieren, weil Service und Reparaturarbeiten nicht acht Tage warten könnten.

Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) ortete das Problem, dass in der Schweiz engagierte Firmen offenbar ihre Namen nicht nennen wollen. Das Ministerium brauche aber Einzelfälle, um auf Lösungen drängen zu können. - Die Vertagung erfolgte mit S-V-Mehrheit. (Schluss)


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