Parlamentskorrespondenz Nr. 730 vom 11.10.2007

Ausschuss für neue Bestimmungen bei der Ausländerbeschäftigung

Bartenstein: Fachkräfte-Verordnung 2008 geht nun in Begutachtung

Wien (PK) - Teils mit S-V-Mehrheit, teils mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und der Grünen beschlossen die Mitglieder des Ausschusses für Arbeit und Soziales eine Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (215 d.B.). Kritik gab es von Oppositionsseite; die Grünen beanstandeten aus arbeitsmarktpolitischer Sicht u.a. den Sonderstatus für Wissenschafter und Forscher, die FPÖ sprach von einer Entwertung des echten Asylstatus durch subsidiär Schutzberechtigte und von einer Durchlöcherung der Schutzinteressen der heimischen Arbeitnehmer und dem Vertreter des BZÖ fehlten etwa Kriterien, was eine wissenschaftliche Tätigkeit ist.

Die Regierungsvorlage sieht die Gleichstellung subsidiär Schutzberechtigter mit Asylberechtigten auf dem Arbeitsmarkt vor; subsidiär Schutzberechtigte können daher sofort nach Zuerkennung dieses Status bewilligungsfrei eine Beschäftigung aufnehmen. Geltende Ausnahmen für Besatzungsmitglieder von See- und Binnenschiffen werden auf grenzüberschreitend tätige Unternehmen mit Sitz im Inland ausgedehnt. Ausnahmen für Wissenschaftler und Forscher werden auf alle wissenschaftlichen Tätigkeiten in öffentlichen und privaten Einrichtungen und Unternehmen sowie auf Ehegatten und Kinder erweitert. Erweitert wird auch die Verordnungsermächtigung zur Zulassung von Saisoniers in der Land- und Forstwirtschaft. EU-Angehörige ohne Freizügigkeit werden bevorzugt und die Beschäftigungsdauer künftig nach dreijähriger Tätigkeit auf neun Monate verlängert.

Schließlich werden die Regelungen für Arbeitskräfte, die von Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat des EWR zur Erbringung vorübergehender Arbeitsleistungen nach Österreich entsandt werden, an EU-Bestimmungen angepasst. Meldepflichten des Arbeitgebers entfallen, da sie wegen des verbesserten EDV-Informationsaustausches zwischen Arbeitsmarktservice und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger nicht mehr erforderlich sind.

Es gibt kaum einen Bereich, in den die Regeln der Niederlassung und des Aufenthaltes so unübersichtlich sind wie in diesem Fall, sagte G-Abgeordneter Karl Öllinger. Warum gibt es aus arbeitsmarktpolitischer Sicht einen Sonderstatus für Forscher und Wissenschafter?

B-Abgeordneter Sigisbert Dolinschek wollte wissen, wie viele subsidiär Schutzberechtigte es in diesem Bereich gebe. Auch fehlten ihm Kriterien für die Feststellung, was eine wissenschaftliche Tätigkeit ausmacht. Zudem wollte er wissen, warum bei den Saisoniers auf eine Arbeitsmarktprüfung verzichtet werde.

S-Abgeordneter Franz Riepl meinte unter Bekanntgabe eines Falles – eine italienische Firma erhält in Österreich einen Auftrag und erfüllt diesen mit Personal aus Asien, das aus einer Tochterfirma des Konzerns stammt -, es sei notwendig, zu einer vernünftigen Kontrolle zu kommen.

Das ist der nächste Schritt in eine falsche Richtung, sagte Abgeordneter Herbert Kickl (F) mit der schrittweisen Öffnung des Arbeitsmarktes werden die Schutzinteressen der österreichischen Arbeitnehmer durchlöchert. Mit der Vorlage würden keine Probleme gelöst, sondern zusätzliche importiert.

Auch S-Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig sprach die Definition der Tätigkeit eines Forschers an. Unverständlich ist ihr die Ausnahme für die Ehegatten von Wissenschaftern und Forschern.

Abgeordneter Josef Muchitsch (S) befasste sich in seiner Wortmeldung u.a. mit den Sanktionen für die illegale Beschäftigung.

Abgeordneter Werner Amon (V) betonte, die Regierungsvorlage sei ausgewogen und es komme nicht, wie Kickl zuvor meinte, zu einer Koppelung von Aufenthalt und Arbeitsplatz, sondern zu einer Koppelung von Aufenthalt und Arbeitsgenehmigung. Zu den Wissenschaftern und Forschern strich er heraus, in einem hochentwickelten Industrieland müsse diesen Personen breiter Raum eingeräumt werden.

Welches arbeitsmarktpolitische Interesse steht dahinter, dass Forschern die Möglichkeit zu einem unbefristeten Aufenthalt nicht eröffnet wird?, fragte G-Abgeordnete Brigid Weinzinger. Warum können Wissenschafter und Forscher erst nach 15 Jahren die Staatsbürgerschaft erhalten? Warum haben Nachwuchswissenschafter keine besseren Möglichkeiten?, fragte sie.

Staatssekretärin Christine Marek wies in ihrer Fragenbeantwortung darauf hin, dass die subsidiär Schutzberechtigten nicht mit Asylwerbern, sondern mit Asylberechtigten gleichgestellt werden und sie somit ohne Einschränkung Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Zurzeit gebe es 5.000 subsidiär Schutzberechtigte.

Forscher erhalten unbefristeten Aufenthalt; sie erfüllen auch die Schlüsselkraft-Kriterien. Dies stelle gegenüber dem Status quo eine Verbesserung dar. Die Erweiterung auf die Ehepartner sei erfolgt, da Forscher in der Regel hoch qualifizierte Ehepartner haben und man diesen einen leichteren Arbeitsmarktzugang ermöglichen möchte.

Die Regierung sei bemüht, betonte das Regierungsmitglied, qualifiziertes Personal aus Österreich zu bekommen. Fehlen Facharbeitskräfte, dann müsse man neues Personal aus den neuen EU-Mitgliedstaaten rekrutieren.

Zu den Ausführungen von Kickl zu den subsidiär Schutzberechtigten meinte Marek, es gehe nicht darum, Schleppern Tür und Tor zu öffnen, sondern Menschen, denen man die Schutzberechtigung zuerkannt hat, den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern.

Die Definition der Forscher richte sich danach, wie im Universitätsgesetz die Forscher beschrieben sind, teilte sie Königsberger-Ludwig mit.

Studenten haben bereits einen Arbeitsmarktzugang, sie können etwa während der Semesterferien eine Beschäftigungsbewilligung erhalten.

Bundesminister Martin Bartenstein verwies auf den Sozialpartnerkonsens vor eineinhalb Wochen, wonach der Arbeitsmarkt schrittweise und bedarfsgerecht nach bestimmten Regeln geöffnet werde. Die Experten des AMS haben ihm eine Liste mit 50 – nicht wie in Zeitungen kolportiert 70 – Berufsgruppen übermittelt, für die ab 1. Jänner 2008 der Arbeitsmarkt geöffnet werden soll. Derzeit gebe es einen Facharbeitermangel von 6.000 bis 7.000 Personen. Betroffen sind etwa der metallverarbeitende Bereich, das Bau(neben)gewerbe, Köche und Diplom-Ingenieure für Maschinenbau. Umgesetzt werde dies mittels einer Verordnung, die er heute Vormittag vorgestellt habe und die nun in die Begutachtung gehe.

Abgeordneter Karl Öllinger  wollte erklärt haben, warum man Facharbeitskräfte sucht und gleichzeitig im Land befindliche als Facharbeiter beschäftigte Asylwerber abschiebt.

Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Kapitalgesellschaften

Der Umsetzung der EU-Richtlinie über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften dient die Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes, die heute mehrheitlich (ohne die Stimmen der FPÖ) im Sozialausschuss angenommen wurde.

Darin geht es vor allem um Regelungen, die die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Gesellschaften, die aus grenzüberschreitenden Verschmelzungen hervorgehen, betreffen. Unter anderem ist vorgesehen, ein besonderes Verhandlungs- oder Entsendungsgremium einzusetzen, das mit dem zuständigen Organ der beteiligten Gesellschaften Vereinbarungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der neuen Gesellschaft trifft. Das den Arbeitnehmern eingeräumte Mitbestimmungsrecht auf grenzüberschreitender Ebene habe ‑ in Ergänzung der gesetzlichen Betriebsverfassung ‑ die Herbeiführung eines Interessenausgleichs zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zum Ziel, heißt es in der Vorlage.

Die in Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung ergangenen §§ 217, 218 ArbVG sehen für Arbeitnehmer in Betrieben ohne Betriebsrat keine Möglichkeit der Teilnahme an der Entsendung in das besondere Verhandlungsgremium vor. Diese Umsetzung ist im Hinblick darauf richtlinienkonform, dass nach dem Arbeitsverfassungsgesetz kein Fall denkbar ist, in dem unabhängig vom Willen der Arbeitnehmer kein Organ der Arbeitnehmerschaft besteht, da es den Arbeitnehmern die Wahl eines Betriebsrates jederzeit freisteht.

Abgeordneter Erwin Spindelberger (S) befürwortete grundsätzlich die Vorlage. Ein kleiner Wermutstropfen sei jedoch, dass eine Entsendung nur dann möglich ist, wenn es im Unternehmen Betriebsräte gibt. Auch Abgeordneter Karl Öllinger (G) schloss sich dieser Position an und erinnerte an den Fall der Firma KiK, wo von der Unternehmensseite her sehr lange eine Betriebsratswahl verhindert wurde. Abgeordneter Herbert Kickl (F) plädierte im Sinne des Arbeitnehmerschutzes für die Festschreibung eines Vertretungsmechanismus. Die Abgeordneten Werner Amon und Beatrix Karl (beide V) begrüßten die Vorlage. Amon verwies darauf, dass die Arbeitnehmer selbst entscheiden sollen, ob sie einen Betriebsrat wählen. Außerdem habe der Fall KiK gezeigt, dass man mit den Verhinderungsstrategien nicht durchkomme. Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B), der die Umsetzung der EU-Richtlinie unterstützte, gab zu bedenken, dass viele Arbeitnehmer unter Druck geraten, wenn sie einen Betriebsrat einsetzen wollen. Die Arbeiterkammer sollte daher gestärkt werden, um gegen solche Repressalien vorgehen zu können.

Bundesminister Martin Bartenstein zeigte sich erfreut darüber, dass für einen bisher regelungsfreien Bereich, in dem es um die Mitbestimmung der Arbeitnehmer geht, nun eine Lösung gefunden wurde. Die Umsetzung der EU-Richtlinie wurde mit den Sozialpartnern akkordiert und darauf basiere auch der Entwurf seines Ressorts, konstatierte er.

Einstimmig wurde V-Abgeordneter Werner Amon zum Stellvertreter der Ausschussobfrau gewählt. (Schluss)