Parlamentskorrespondenz Nr. 741 vom 12.10.2007

Kulturausschuss arbeitet Berichte ab

Schmied für offene Diskussion über künftige Museumspolitik

Wien (PK) – Der Kulturausschuss befasste sich in seiner heutigen Sitzung in erster Linie mit Berichten. So standen der Kunstbericht  und der Kulturbericht 2006 sowie der Restitutionsbericht auf der Tagesordnung. Weiters wurde über zwei grüne Anträge diskutiert. Die Berichte wurden im Ausschuss enderledigt.

In der Debatte zum "Kunstbericht 2006" meinte Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G), das Auffälligste an diesem Bericht sei, dass der Trend, viel Geld für Großveranstaltungen, Festivals und so genannte Events auszugeben, weiter anhalte, während es immer weniger für kleinere Initiativen gebe. Hier finde eine Art von Zentralisierung statt, die, würde dieser Kurs fortgesetzt, in eine einzige Großveranstaltung einmündete, was klar der UNESCO-Konvention über die kulturelle Vielfalt widerspreche.

Vor allem die Aussage der Ministerin, dass ja auch große Kulturinitiativen Zeitgenössisches und kleine Künstlergruppen unterstützten, weise in die falsche Richtung, betonte Zinggl der diese Politik damit verglich, dem Ruderklub Stadlau nicht länger zu subventionieren, weil man ja auch beim ASKÖ rudern könne. Er hoffe sehr, dass es hier zu einer Umkehr komme, denn dieser falsche Weg dürfe nicht länger verfolgt werden. Hier sei ein Kurswechsel dringend erforderlich, denn das Verhältnis in der Förderung von Großen und Kleinen sei ein denkbar trauriges, ja, das diesbezügliche Missverhältnis sei evident. Zinggl thematisierte auch die Filmförderung, wo er mangelnde Stringenz ortete und eine Evaluierung anregte.

Abgeordnete Christine Muttonen (S) lobte die Zeitnähe und die optische Gestaltung des Berichts, die sehr ansprechend sei, und kam dann auf die wichtigen Ansätze und Projekte zu sprechen, welche die Ministerin initiiert habe. So habe es de facto erstmals seit 1989 ein umfassendes Kulturmonitoring gegeben, und die Maßnahmen zur Förderung der kulturellen Partizipation, die dringend notwendig gewesen seien, würden endlich gesetzt. Auch eine Studie zur kulturellen Bildung sei in Arbeit, man könne also positiv vermelden, dass an den Grundlagen gearbeitet werde. Zudem erwähnte Muttonen noch das Jahr des interkulturellen Dialogs, welches 2008 über die Bühne gehen wird.

Abgeordneter Peter Sonnberger (V) sprach sich für eine weitergehende Regionalisierung der Kunstförderung aus und nannte als konkreten Anwendungsbereich den Wiener Theatervertrag, der in vergleichbarer Form auch für die Bundesländer abgeschlossen werden sollte. Zudem ging Sonnberger auf die aktuelle Situation rund um das Linzer Kunstmuseum "Lentos" ein. Seine Fraktionskollegin Andrea Eder-Gitschthaler erkundigte sich nach der geplanten Unterstützung für die Salzburger Festspiele.

Nachdem in der Folge die S-Mandatare Gerhard Reheis, Ulrike Königsberger-Ludwig und Hermann Krist einige Detailfragen bezüglich der Filmförderung, des Gender Budgeting und der Kulturhauptstadt 2009 gestellt hatten, wollte Abgeordneter Gerhard Kurzmann (F) von der Ministerin wissen, in welche Richtung sie bei ihrer Förderpolitik gehen werde. Abgeordnete Theresia Haidlmayr (G) setzte sich mit der Barrierefreiheit auseinander, Abgeordneter Veit Schalle (B) plädierte für eine effizientere Dotierung kleinerer Kulturinitiativen, da nur auf einer breiten Basis auch eine entsprechende Spitze entstehen könne. Diese These konkretisierte Schalle am Beispiel der Filmförderung. Abgeordneter Franz Morak (V) schließlich erkundigte sich bei der Ministerin, wie es um die Umsetzung der im Koalitionsabkommen vereinbarten Maßnahmen im Kunst- und Kulturbereich stehe.

Bundesministerin Claudia Schmied meinte eingangs, auch große Kulturinitiativen setzten wichtige Schritte für kleinere, wie etwa das "Young Director's Project" der Salzburger Festspiele belege. Die budgetäre Situation der Kulturpolitik sei bekannt, doch mit den knappen Mitteln werde sehr sorgsam umgegangen. So widme man etwa der soziale Lage der KünstlerInnen verstärktes Augenmerk. Ein großes Anliegen sei ihr auch die Kunst- und Kulturvermittlung, was einen klaren Schwerpunkt ihrer Tätigkeit bilden werde.

Die Ministerin nannte Einzelbeispiele, die belegten, dass die Mittel für kleinere Initiativen schon 2007 leicht angehoben wurden, diesen Weg wolle man im Rahmen der Möglichkeiten auch weitergehen. Bei der Filmförderung lege man einen Schwerpunkt auf die Talent- und Nachwuchsförderung, die diesbezüglichen Mittel habe man verdoppelt, wie auch die ÖFI-Mittel aufgestockt wurden. Das Jahr des interkulturellen Dialogs werde man intensiv nutzen, wobei man sich hier auch mit dem Bildungsbereich vernetzen wolle.

Sie werde versuchen, eine faire Verteilung der Mittel zwischen den Bundesländern vorzunehmen, für die Salzburger Festspiele etwa gebe es eine Sonderfinanzierung durch das BMF, wofür sie dankbar sei, zumal diese Hilfe wegen baulicher Notwendigkeiten keine Kompetenzverschiebung in Kulturagenden bedeute. Zudem befasse man sich mit Möglichkeiten kultureller Förderung durch steuerliche Absetzbarkeit, Steuerbegünstigung und dergleichen, diesbezügliche Details seien in Ausarbeitung. Auch hinsichtlich Linz 2009 sei man auf einem guten Weg, wobei man entsprechendes Augenmerk auf die Nachhaltigkeit lege. Schließlich umriss die Ministerin ihre Position zum Thema Gender Budgeting, sprach sich für weitere Maßnahmen zur Barrierefreiheit aus und meinte, man sei bei der Umsetzung der im Koalitionsabkommen getroffenen Übereinkünfte gut in der Zeit.

Im Jahr 2006 wurde das Kunstbudget des Bundes von zuletzt 84,5 auf 87,8 Millionen Euro angehoben. Für das überwältigende Gros der heimischen Kunstschaffenden änderte sich dadurch jedoch nichts, da die zusätzlichen 3,3 Millionen Euro ausschließlich in den Topf kultureller Großveranstaltungen wie die Salzburger oder die Bregenzer Festspiele und die Großbühnen wie Josefstadt oder Volkstheater gingen, während man vor allem bei der Literatur, der Aus- und Weiterbildung sowie beim internationalen Kulturaustausch empfindlich einsparte.

Der Bericht wurde einstimmig angenommen.

Schmied für offene Diskussion über künftige Museumspolitik

Im Anschluss an den Kunstbericht wandten sich die Mitglieder des Kulturausschusses dem Kulturbericht 2006 zu. In der Diskussion ging es dabei unter anderem um die künftige Museumspolitik, die barrierefreie Gestaltung von Kulturstätten, die UNESCO-Konvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt, die Frage der Notwendigkeit eines "Sprachschutzes" und die Förderung öffentlicher Bibliotheken.

So kritisierte beispielsweise Abgeordnete Theresia Haidlmayr (G) den eingeschränkten Zugang von Menschen mit Behinderung zu Museen und anderen Kultureinrichtungen und wollte von der Ministerin wissen, ob sie daran denke, künftig Förderungen an die Forcierung von Barrierefreiheit zu knüpfen. Abgeordneter Gerhard Kurzmann (F) wollte in Erfahrung bringen, welche Initiativen die Ministerin zum Schutz der deutschen Sprache ergreife. Er kritisierte, dass Anglizismen vor allem in der Werbung überhand nehmen, und sieht die deutsche Sprache auch durch die verstärkte Nutzung des Internets gefährdet.

Sowohl Ausschussvorsitzende Christine Muttonen (S) als auch die Abgeordneten Elisabeth Hlavac (S) und Veit Schalle (B) brachten das Thema Museumspolitik zur Sprache. Muttonen erinnerte daran, dass es in der Museenlandschaft zuletzt viele Probleme gegeben habe und verwies etwa auf die schwierige Sammlungstätigkeit und die Forderung nach Profilschärfung der Museen. Abgeordnete Hlavac zeigte wenig Verständnis dafür, dass die Museumsdirektoren versuchten, einander Konkurrenz zu machen und einander zu übertreffen. Museen dürften nicht nur auf die "Quote" schielen, sondern müssten auch ihr Aufgaben als wissenschaftliche Institutionen wahrnehmen, mahnte sie.

Seitens der ÖVP plädierte Kultursprecher Franz Morak für einen Verzicht der Gemeinde Wien auf die Kommunalabgabe im Kulturbereich. Massive Kritik übte er an der Bestellung von Grün-Abgeordnetem Wolfgang Zinggl zum Kuratoriumsvorsitzenden des Museums Moderner Kunst. Sein Fraktionskollege Peter Sonnberger wies auf die Tausenden ehrenamtlichen Mitarbeiter in Bibliotheken hin und beklagte, dass die Bundeszuschüsse immer geringer würden. Das wirkt sich seiner Meinung nach negativ auf die Motivation der Mitarbeiter aus. Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (V) trat für ein klares Bekenntnis des Bundes zu regionalen Kulturinitiativen ein.

Abgeordnete Bettina Hradecsni (G) erkundigte sich nach der Umsetzung der UNESCO-Konvention zum Schutz der Vielfalt kultureller Lebensformen in Österreich.

Kulturministerin Claudia Schmied kündigte an, in rund drei Wochen einen Fahrplan in Bezug auf die Neuausrichtung der Museumspolitik vorzustellen. Ihr Ziel sei eine breite öffentliche Zukunftsdiskussion, bei der es etwa um die Frage einer besseren Koordinierung der Museen, die Rolle des Ministeriums selbst und Möglichkeiten einer zeitgemäßen Kunst- und Kulturvermittlung gehen werde. Die Ausgliederung der Bundesmuseen Ende der 90-er Jahre sei ein großer Erfolg gewesen und habe zu einem höheren Maß an Professionalisierung geführt, sagte Schmied, nun gehe es um eine Weiterentwicklung der Museumspolitik. Aufgrund des von ihrer Vorgängerin in Auftrag gegebenen Evaluierungsberichts sind laut Schmied bereits einige Schritte gesetzt worden, etwa Verbesserungen im Controlling und bei der Kennzahlenentwicklung.

Die Barrierefreiheit von Kulturstätten will Schmied, wie sie erläuterte, nicht zum Gegenstand von Rahmenvereinbarungen machen, vielmehr sollen notwendige Maßnahmen vom Ministerium selbst geplant und budgetiert werden. Für den Bereich der Bibliotheken will sie in Zusammenarbeit mit Ländern und Gemeinden ein Konzept entwickeln. Was die UNESCO-Konvention betrifft, sind bereits Umsetzungsschritte eingeleitet worden.

Auf das Thema Sprachschutz sei sie nicht vorbereitet, meinte Schmied, sie werde sich das aber anschauen. Verteidigt wurde von der Ministerin die Bestellung von Abgeordnetem Zinggl zum Kuratoriumsvorsitzenden des MUMOK.

Der Kulturbericht wurde von den Abgeordneten einstimmig zur Kenntnis genommen. Für das Jahr 2006 wird in Bezug auf die Tätigkeit der Kulturinstitutionen wie des Ministeriums eine "grundsätzlich positive Bilanz" gezogen. Besonders die Besucherstatistiken von Bundesmuseen wie Österreichischer Nationalbibliothek und der hohe Anteil zahlender BesucherInnen bestätigten dieses Resümee. Der Modernisierung der Sammlungsbestände des Bundes wurde auch 2006 verstärkt Augenmerk geschenkt. Eine laufende Optimierung der Angebote und Strukturen der Kulturinstitutionen solle auch künftig sichergestellt werden.

Derzeit keine Novellierung des Restitutionsgesetzs geplant

Weiters befasste sich der Kulturausschuss des Nationalrats in seiner heutigen Sitzung mit dem nunmehr bereits siebenten Restitutionsbericht des Kulturministeriums, der über den aktuellen Stand der Provenienzforschung und die in den Jahren 2005 und 2006 erfolgte Rückgabe von Kunstgegenständen und anderen Objekten Auskunft gibt. Dabei teilte Kulturministerin Claudia Schmied den Abgeordneten mit, dass sie derzeit keine Änderung des Restitutionsgesetzes plane. Zunächst einmal wolle sie mit dem neuen Vorsitzenden des Restitutionsbeirates, VwGH-Präsident Clemens Jabloner, intensive Gespräche führen. Erste Verbesserungen konnten Schmied zufolge durch eine Erhöhung der Anzahl der Sitzungen des Beirats – geplant sind künftig sechs Sitzungen jährlich – und durch mehr Transparenz aufgrund der Veröffentlichung der Beschlüsse des Beirats auf der Homepage erreicht werden. Hinsichtlich des Leopold-Museum würden Überlegungen angestellt.

Abgeordneter Christine Lapp (S) gab Schmied die Auskunft, dass aufgrund der seit Oktober 2006 eingerichteten Kunstdatenbank bislang nur in einem einzigen Fall Hinweise auf die Erben gefunden hätten werden können.

Offen blieben die Fragen von Abgeordnetem Wolfgang Zinggl (G), wann mit einem Ende der Verhandlungen über das nach wie vor in New York befindliche "Bildnis Wally" gerechnet werden könne, und von Abgeordnetem Gerhard Kurzmann (F), ob aus heutiger Sicht bereits ein Abschluss der Restitutionsfälle absehbar sei.

Federkrone Montezumas: G-Antrag auf Rückgabe an Mexiko vertagt

Gleichfalls nicht geklärt ist die Frage des weiteren Schicksals der so genannten Federkrone Montezumas, die sich im Museum für Völkerkunde in Wien befindet. Ein neuerlicher Anlauf der Grünen, die Federkrone Mexiko zu schenken und damit ein Zeichen der Dankbarkeit zu setzen, da Mexiko 1938 als erstes Land gegen den "Anschluss" Österreichs an Hitler-Deutschland protestiert hatte, war vorläufig nicht erfolgreich, der entsprechende Entschließungsantrag wurde von den anderen Fraktionen vertagt. Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (S ) äußerte allerdings die Hoffnung auf einen "guten Ausgang" der Causa und verwies auf laufende bilaterale Gespräche.

Zuvor hatte sich Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) ausdrücklich für eine Rückgabe der Federkrone stark gemacht und argumentiert, die Federkrone habe für die Bewohner Mexikos eine ganz andere Bedeutung als für Österreich, nämlich eine mythologische und symbolische.

Grüne fordern soziale Absicherung für alle Künstlerinnen und Künstler

Ebenfalls vertagt wurde ein Antrag der Grünen, der darauf abzielt, die soziale Absicherung von Künstlerinnen und Künstlern zu verbessern. Viele Künstlerinnen lebten aufgrund unregelmäßiger Einkünfte an bzw. unter der Armutsgrenze, heißt es in Begründung, eine soziale Kulturpolitik müsse aber verhindern, dass diese "ein arbeitsreiches Leben im kalten Zimmer ohne Einkommen" führen müssten. Das geltende Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz halten die Grünen für unzureichend.

Abgeordneter Franz Morak (V) begründete den Vertagungsantrag damit, dass sehr intensive Gespräche mit dem Ministerium über eine Novellierung des Künstlersozialversicherungsgesetzes laufen würden und man auf gutem Weg sei, einen Konsens zu erzielen. Das, was die Grünen verlangten, gehe allerdings in Richtung bedarfsorientierte Grundsicherung, erklärte Morak, insofern wäre der Antrag im Sozialausschuss besser aufgehoben.

Sowohl Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) als auch seine Fraktionskollegin Theresia Haidlmayr wiesen auf die prekäre Situation vieler Künstlerinnen und Künstler hin. Zinggl gab dabei zu bedenken, dass Künstlerinnen und Künstler wertvolle Dienste an der Gemeinschaft leisteten und verwies etwa auf frei Werknutzungsrechte nach dem Ablauf von 70 Jahren. (Schluss)


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