Parlamentskorrespondenz Nr. 752 vom 17.10.2007

Verbesserungen bei Mitbestimmung und Ausländerbeschäftigung

Wien (PK) – Mitbestimmungsmöglichkeiten von ArbeitnehmerInnen und Erleichterungen bei Beschäftigungsbewilligungen für ausländische WissenschaftlerInnen standen im Mittelpunkt der weiteren Beratungen des Nationalrats.

Abgeordneter KICKL (F) warf der Regierung vor, die Chance vertan zu haben, durch die EU-Verschmelzungsrichtlinie eine durchgehende Sicherstellung der Vertretung der Arbeitnehmer zu erreichen. Er kritisierte, dass die Mitbestimmung nach wie vor von der Existenz eines Betriebsrates abhängt.

Abgeordnete Dr. KARL (V) betonte, die Vorlage entspreche der EU-Vorgabe und bedeute eine Verbesserung für die Mitbestimmung. Sie erinnerte zudem daran, dass die Regelungen des österreichischen Arbeitsverfassungsgesetzes weiterhin Anwendung finden.

Abgeordneter SPINDELBERGER (S) beurteilte die Regelung grundsätzlich positiv, bedauerte aber, dass für Betriebe ohne Betriebsrat keine entsprechende Vorsorge getroffen wurde.

Auch Abgeordnete Mag. SCHATZ (G) bemängelte, dieses Gesetz lege nur die Mitbestimmungsrechte von Betrieben mit einem Betriebsrat fest. In einem Entschließungsantrag schlug sie eine Regelung vor, die es ermöglicht, in Betrieben ohne Betriebsrat die Interessen durch die überbetrieblichen Interessenvertretungen wahrzunehmen.

Abgeordneter DOLINSCHEK (B) sah bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen in erster Linie die Gewerkschaft aufgerufen, sich für die Interessen der Arbeitnehmer einzusetzen.

Bundesminister Dr. BARTENSTEIN erinnerte daran, dass über dieses Gesetz ein Konsens der Sozialpartner erzielt wurde, und erwartete sich von der Regelung eine wesentliche Verbesserung der Mitbestimmung. Den Entschließungsantrag der Grünen lehnte er als Systembruch ab.

Abgeordnete GRANDER (V) zeigte kein Verständnis für die Kritik der Opposition und verwies auf die Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes, die das Bestehen eines Betriebsrats voraussetzen.

Abgeordneter EHMANN (S) begrüßte, dass nunmehr auch bei grenzüberschreitenden Unternehmen Mitbestimmungsrechte für die Arbeitnehmer geschaffen wurden. Er betrachtete es aber als Schönheitsfehler, dass diese Regelung nur in Betrieben mit einem Betriebsrat gilt. Österreich hätte die Möglichkeit gehabt, einen entsprechenden klärenden Passus einzubringen, habe davon aber nicht Gebrauch gemacht, bedauerte er.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) äußerte sich ebenfalls grundsätzlich zustimmend, kritisierte aber das Fehlen einer Regelung für Betriebe ohne Betriebsrat.

Abgeordneter DOBNIGG (S) begrüßte die Vorlage, um sicher zu stellen, dass bei den immer häufiger werdenden grenzüberschreitenden Verschmelzungen von Unternehmen die Arbeitnehmerrechte nicht auf der Strecke bleiben. Der betriebliche Interessenausgleich habe sich in Österreich als Garant für den sozialen Frieden, für die Vermeidung von Arbeitskämpfen und bei der Schaffung von Wohlstand erwiesen, erinnerte der Abgeordnete.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage mit S-V-G-B-Mehrheit angenommen. Der Entschließungsantrag der Grünen betreffend Vertretung von Arbeitnehmerrechten in Betrieben ohne Betriebsrat blieb in der Minderheit der Antragsteller und wurde abgelehnt.

Änderungen bei der Ausländerbeschäftigung

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) begrüßte die Gleichstellung subsidiär Schutzberechtigter mit Asylanten auf dem Arbeitsmarkt, besprach die übrigen Bestimmungen des Gesetzentwurfs aber kritisch. Das Aufenthaltsrecht von Forschern und ihrer Familienmitglieder sei nach wie vor schikanös geregelt, weil auch Forschern, an sich eine erwünschte Gruppe von Zuwanderern, ein dauerhaftes Niederlassungsrecht verweigert werde - das sei unverständlich. Statt dessen würden immer mehr Saisoniers beschäftigt, wobei die Rednerin arbeitsrechtliche Bedenken anmeldete. In einem Entschließungsantrag ihrer Fraktion verlangte Abgeordnete Weinzinger, ein vernünftiges System geregelter Zuwanderung zu schaffen.

Abgeordneter AMON (V) warb mit dem Argument für die Gleichstellung Schutzberechtigter mit Asylanten, diese Menschen könnten nun durch eigene Arbeit für ihren Unterhalt sorgen. Amon begrüßte auch Regelungen, die es Wissenschaftlern und Forschern ermöglichen, in der Privatwirtschaft und bei auch bei kleineren Unternehmen tätig zu werden. Zu begrüßen sei auch die Verlängerung der Saisonarbeit, zumal sich der der Einsatz von Saisoniers in der Land- und Forstwirtschaft bewährt habe.

Abgeordneter KICKL (F) warnte vor einem Umschlagen von Quantität in Qualität infolge immer stärkerer Zuwanderung von Ausländern. Würden immer mehr österreichische Systeme für Ausländer geöffnet "wird es sich bald ausgeösterreichert haben". Insbesondere kritisierte Kickl, dass Menschen, die kein Asyl bekommen, Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten sollen. Dabei handle es sich auch um Menschen, die nur deshalb nicht abgeschoben werden können, weil ihnen im Heimatland ein Verfahren wegen strafrechtlichen Verhaltens drohe. In einem Entschließungsantrag seiner Fraktion trat der Abgeordnete dafür ein, Ausländer nur dann auf dem österreichischen Arbeitsmarkt zuzulassen, wenn kein Österreicher für die jeweilige Arbeit zur Verfügung stehe. "Wir sollten Defizite auf dem Arbeitsmarkt aus eigener Kraft lösen und nicht durch Zuwanderung", schloss Kickl.

Abgeordnete CSÖRGITS (S) begrüßte die vorgeschlagenen Ausnahmen für Wissenschaftler und Forscher sowie die erweiterten Beschäftigungsmöglichkeiten für Saisoniers in der Land- und  Forstwirtschaft sowie die EU-konforme Gestaltung der Beschäftigung von entsendeten Arbeitskräften. Csörgits regte allerdings an, schärfere Maßnahmen beim Lohndumping und bei Verstößen gegen das Arbeitsrecht anzuwenden.

Abgeordneter DOLINSCHEK (B) wandte sich dagegen, subsidiär Schutzberechtigte mit Asylberechtigten auf dem Arbeitsmarkt gleichzustellen. Den Interessen österreichischer Arbeiter sei auf dem Arbeitsmarkt Vorrang einzuräumen. Bei den Ausnahmen für Forscher seien die Kriterien zu wenig präzise, kritisierte Dolinschek, denn nicht jede Tätigkeit in einem Labor sei eine Forschungstätigkeit. Statt Saisoniers zu beschäftigen, sollte man mehr Menschen in Österreich für jene Arbeiten qualifizieren, die auf dem Arbeitsmarkt angeboten werden.

Dem gegenüber bekannte sich Bundesminister Dr. BARTENSTEIN zu einer qualifizierten Zuwanderung. Es habe schon bisher keine Probleme bei der Beschäftigung von Forschern gegeben, und so werde es auch in Zukunft sein. Der Minister plädierte, dafür zu sorgen, dass Forscher auch in KMU tätig werden können. "Wir wollen die besten und talentiertesten Kopfe für Österreich gewinnen". Mit einer weiteren Zuwanderung habe das nichts zu tun, sagte Bartenstein, der G-Abgeordnete Weinzinger daran erinnerte, dass Saisoniers in Österreich vollen Arbeitnehmerschutz genießen.

Bei der Sanierung des EuGH-Erkenntnisses wegen einer nicht EU-konformen Umsetzung der Entsenderichtlinie in Österreich sei zu hoffen, dass die getroffene Regelung nun EU-konform sei, eine Garantie dafür gebe es aber nicht, sagte der Minister.

Die Behauptung, Menschen ohne Asylbescheid könnten deshalb nicht in ihre Heimat abgeschoben werden, weil sie kriminell geworden seien, wies der Minister entschieden zurück. Subsidiär Schutzberechtigte halten sich aus menschenrechtlichen Gründen in Österreich auf, weil im Falle einer Abschiebung eine Verletzung ihrer Menschenrechte drohe. Den rechtlichen Rahmen gegen Lohn- und Sozialdumping bezeichnete der Minister in Österreich als sehr gut, er sei besser als in Deutschland.

Abgeordneter DONABAUER (V) zeigte sich erfreut über die gute Arbeitsmarktsituation in Österreich, die auf die gute Wirtschaftspolitik der letzten Jahre und auf die Steuerreform zurückzuführen sei. "Betriebe  sind hier geblieben und neue Betriebe sind gekommen". Um den wachsenden Bedarf auf dem Arbeitsmarkt zu decken, plädierte der Abgeordnete dafür, Schülern einen realistischen Überblick darüber zu geben, welche Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt verlangt werden. Im Übrigen bekannte sich Donabauer dazu, Forscherpersönlichkeiten samt ihren Familien nach Österreich zu holen, und er sah auch den erweiterten Einsatz von Saisoniers in der Landwirtschaft positiv.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) hielt es für widersprüchlich, die Saisonierregelung auszuweiten, während man seit Jahren integrierte Asylwerber abschieben wolle. Jeder wisse, dass Saisoniers rechtlich schlechter gestellt seien, und er nannte Beispiele von Erntearbeiterinnen aus den neuen EU-Ländern, denen die Pässe abgenommen werden, bevor sie auf niederösterreichischen und burgenländischen Erdbeerfeldern für 5-6 € pro Stunde - bei hohen Abschlägen für Wohnen und Essen - arbeiten dürfen.

Als "Zynismus pur" bezeichnete es Abgeordneter Öllinger, wenn Behörden Asylwerbern den Zugang zum Arbeitsmarkt verweigern, zugleich aber wegschauen, wenn Asylwerberinnen als Prostituierte arbeiteten. Einen Ordnungsruf erhielt Abgeordneter Öllinger, weil ihm, wie er sagte, kein anderer Ausdruck als "Schweinerei" einfiel, wenn es in der Begründung eines Abschiebebescheides heiße, die Asylwerberin könne in ihrem Heimatland als Prostituierte arbeiten.

Abgeordneter RIEPL (S) illustrierte Probleme bei der Umsetzung der Entsenderichtlinie, indem er an das Beispiel einer italienischen Firma erinnerte, die in Österreich Anlagen mit Leiharbeitern montierte und demontierte, die sie eigens für diesen Zweck aus Asien geholt hatte. Bezahlt wurden diese Arbeitnehmer von einem Agenten in deren Heimatland. Er sei noch nicht überzeugt, das die neuen Bestimmungen geeignet seien, derartige Praktiken hintan zu halten, sagte Riepl und riet dem Minister zu mehr Mut gegenüber der EU-Kommission in Arbeitsrechtfragen.    

Abgeordnete ROSENKRANZ (F) hielt fest, dass subsidiär Schutzberechtigte kein Asyl erhielten, also kein Fluchtgrund vorliege. Sie können nur deshalb nicht in ihr Heimatland abgeschoben werden, weil ihnen dort unverhältnismäßig hohe Strafen drohen. Rosenkranz wandte sich dagegen, aus Asylwerbern Einwanderer zu machen, und legte einen diesbezüglichen Abänderungsantrag ihrer Fraktion vor.

Abgeordneter WÖGINGER (V) erläuterte, mit dem vorliegenden Gesetz werde auch ein EuGH-Urteil zur vorübergehenden Entsendung von Arbeitnehmern aus EU-Staaten nach Österreich umgesetzt. Zu dieser Thematik brachte er einen V-S-Abänderungsantrag ein, der seinen Erläuterungen zufolge u.a. Kontrollerleichterungen enthält und formelle Einwendungen der EU-Kommission berücksichtigt. 

Abgeordnete SBURNY (G) begrüßte die vorgesehenen Zugangserleichterungen für ausländische Forscherinnen und Forscher zum österreichischen Arbeitsmarkt, sprach gleichzeitig aber von einer "winzig kleinen und mutlosen" Verbesserung. Außerdem gab sie zu bedenken, dass die Quote für Schlüsselkräfte bereits zu 95 % ausgeschöpft sei. Die Grünen würden diesem Teil des Gesetzes in Zweiter Lesung dennoch zustimmen.

Abgeordnete KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) wies die Darstellung von FPÖ-Abgeordnetem Kickl zurück, der ihr zufolge suggeriert habe, dass es in Österreich ohne Ausländer am Arbeitsmarkt keine Probleme gäbe. Bezüglich der vorliegenden Gesetzesnovelle hob sie die Verbesserungen für subsidiär Schutzberechtigte als positiv hervor.

Abgeordnete MIKESCH (V) verwies darauf, dass bereits viele Forscherinnen und Forscher nach Österreich gekommen seien, um hier zu arbeiten. Gerade im Interesse der kleinen und mittleren Unternehmen ist es ihrer Auffassung nach aber notwendig, die Rahmenbedingungen für diese Personengruppe noch weiter zu verbessern. In diesem Sinn zeigte sie sich über den vorliegenden Gesetzentwurf erfreut.

Abgeordneter MUCHITSCH (S) machte darauf aufmerksam, dass Saisonnierbewilligungen für EU-Bürger in Hinkunft auf bis zu 9 Monate ausgedehnt werden könnten, wenn es sich um Stammkräfte handle. Er stellte sich hinter diese Regelung, warnte die Wirtschaftsvertreter aber generell davor, sich aus dem Regierungsübereinkommen nur "Rosinen herauszupicken". Insbesondere mahnte Muchitsch weitere Maßnahmen gegen Sozialdumping und gegen Schwarzarbeit ein.

Abgeordnete Dr. BRINEK (V) machte geltend, dass die Quote für ausländische Forscherinnen und Forscher im nächsten Jahr aufgestockt werden solle. Ausländische Forscherinnen und Forscher könnten aber, wenn sie Befristungen akzeptierten, auch in Hinkunft außerhalb der Quote in Österreich arbeiten, betonte sie.

Abgeordnete Dr. OBERHAUSER (S) beurteilte die generelle Ausnahmeregelung für Forscherinnen und Forscher beim Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt als positiv, sie hinterfragte jedoch die in den Erläuterungen vorgenommene Definition von Forschung. Oberhauser äußerte die Hoffnung, dass eine präzisere Definition Eingang ins Gesetz finden werde.

Die Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes wurde unter Berücksichtigung des V-S-Abänderungsantrages in Dritter Lesung mehrheitlich verabschiedet. Der Abänderungsantrag der FPÖ blieb in der Minderheit. Keine Mehrheit fanden auch der Entschließungsantrag der Grünen betreffend "Österreichs Zuwanderungspolitik verscheucht Arbeitskräfte" und der Entschließungsantrag der FPÖ betreffend "Verhinderung des Zugangs zum Arbeitsmarkt für Nicht-EWR-Bürger".

(Schluss Mitbestimmung, Ausländerbeschäftigung/Forts NR)