Parlamentskorrespondenz Nr. 779 vom 24.10.2007

Vorlagen: Umwelt

ÖVP legt 21-Punkte-Klimaschutzprogramm vor    

Die ÖVP-Abgeordneten Karlheinz Kopf und Fritz Grillitsch haben ein Klimapaket ihrer Fraktion in Form eines Entschließungsantrags (409/A[E]) vorgelegt. Unter dem Titel "Die Zukunft in unseren Händen - 21 Maßnahmen für den Klimaschutz des 21. Jahrhunderts zur Reduktion von 21 Millionen Tonnen CO2" fordern die Abgeordneten die zuständigen Regierungsmitglieder zur Umsetzung eines ebenso umfassenden wie detaillierten Programms auf nationaler und europäischer Ebene auf.

Zunächst wollen Kopf und Grillitsch den internationalen Klimaschutz forcieren und auch jene Staaten in den Kampf gegen den Klimawandel einbeziehen, die zwar zu den weltweit größten Treibhausgasemittenten zählen, sich aber bislang noch nicht zu verbindlichem Handeln entschließen konnten. Auch eine EU-weite Devisentransaktionssteuer sowie Abgaben auf Kerosin, Schiffsdiesel oder auf den Individualverkehr und die Einbeziehung des Flug- und Schiffsverkehrs in den Emissionshandel werden vorgeschlagen. 

Biomasse und Biogas sollen verstärkt zum Einsatz kommen. 25 Mill. € wollen die Antragsteller jährlich einsetzen, um die Mobilisierung und Verwendung von Holz bis 2013 um 20 % zu steigern und die Kooperation zwischen Forstwirtschaft, Holzindustrie, Papier- und Zellstoffindustrie zu stärken. Biogas soll in das Erdgasnetz eingespeist werden.

Ein "Klimacheck" soll alle Maßnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden auf ihre Klimarelevanz überprüfen; Klimabündnis-Gemeinden und Klimaautonomie-Projekte sollen unterstützt werden.

Nach dem Prinzip "Gleichbehandlung aller Verkehrsmittel" soll die Pendlerpauschale auch für Monats- oder Jahreskarten gelten.

Bei der nächsten Steuerreform sollen Anreize zur Anschaffung klimafreundlicher und schadstoffärmerer Fahrzeuge, u.a. für Methangas-Fahrzeuge, geschaffen und fahrzeugrelevante Steuern ökologisiert werden.

Um den CO2-Ausstoss des Verkehrssektors zu reduzieren, soll schrittweise und differenziert ein CO2-Durchschnittswert von 120 g CO2/km eingeführt und ein Batteriecluster geschaffen werden. Heimische Produkte sollen gekennzeichnet werden, um die Verkürzung der Transportwege zu erleichtern.

Beim Thema "Treibstoffe aus erneuerbaren Energien" geht es um die Anhebung der Beimischgrenze von derzeit 5 % auf 10 %, die Forcierung von Superethanol als Treibstoff samt Aufbau eines flächendeckenden Tankstellennetzes. Abfälle sollen zu Rohöl verwertet und die Produktion in der Bioethanolanlage Pischelsdorf aufgenommen werden. Nachwachsende Rohstoffe sollen auf bisher nicht bewirtschafteten Flächen produziert und der Anteil alternativ betriebener Fahrzeuge in der öffentlichen Beschaffung auf 20 % gesteigert werden.

In der Güterbeförderung setzen die Abgeordneten auf die Schiene, den Wasserweg Donau und auf den Brenner Basis Tunnel; sie wollen Schiene und Straße effizient kombinieren, Steigerungspotenziale bei der "rollenden Landstraße" nutzen und verlangen schärfere Vorschriften für Emissionen aus Schiffskraftstoffen. Die öffentliche Beförderung soll durch billigere ÖBB-Tarife ab 100 km Fahrstrecke sowie verbilligte Netzkarten, angeboten durch Kfz-Versicherer, ausgebaut werden.

Bauordnung und Wohnbauförderung sollen auf den stärkeren Einsatz Erneuerbarer Energien für Heizung und Warmwasser ausgerichtet werden und ab 2015 der Passivhausstandard im Neubau gelten. Ab 2020 sollen in Neubauten nur noch Heizungen ohne fossile Energieträger genehmigt werden und bei Nachrüstungen Effizienzsteigerungen vorgeschrieben werden. Die Wohnbauförderung, aber auch neue steuerliche Anreize sollen für die thermische Sanierung eingesetzt werden. Auch die Bundesimmobiliengesellschaft soll weitere Schwerpunkte bei der thermischen Sanierung setzen und zudem sollen Verbesserungen im Wohnrecht die thermische Sanierungsrate steigern. Dazu kommen Maßnahmen gegen die Zersiedelung und Anreize zur Senkung des Schwefelgehalts im Heizöl.

Die Energieeffizienz soll durch den vermehrten Einsatz energieeffizienter Geräte und durch den Ersatz von Glühbirnen durch Energiesparlampen verbessert werden. Energieeffizienz-Aspekte sollen auch in der Raumplanung berücksichtigt, verbrauchsarme und umweltfreundliche Antriebstechnologien und Fahrzeugen eingesetzt und öffentliche Verkehrsmittel verstärkt genutzt werden.

Beim Einbau von Klimaanlagen sollen Photovoltaik- und Erdwärmeanlagen zum Einsatz kommen. Die Förderung intelligenter Technologien beim Energiemanagement soll den Stromverbrauch optimieren.

Ein "Masterplan Wasserkraft" sieht eine ökologisch sinnvolle Nutzung der erneuerbaren Energie Wasserkraft sowie Effizienzsteigerungen bei bestehenden Anlagen und Revitalisierungen vor. Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen sollen ebenso ausgebaut werden wie ökologisch und sozial verträgliche Windkraftanlagen. Die Vorreiterrolle Österreichs bei erneuerbaren Energien soll durch eine neue bundesweite Solar-Initiative mit dem Ziel von 10.000 Solardächern für die Energiegewinnung bis 2010 gestärkt werden. Die Abgeordneten wollen auch die Lärmschutzwände von ASFINAG und ÖBB für die Photovoltaik nutzen und auch die Geothermie vermehrt zur Energieproduktion einsetzen.

Ein neues Ökostromgesetz soll den weiteren Ausbau vernünftiger Ökostrompotenziale ermöglichen und 50.000 zusätzliche Arbeitsplätze in der Umwelttechnikindustrie schaffen. Die Tarife sollen neu gestaltet, ihre Laufzeit für Neuanlagen bei Beibehaltung der Tarif-Degression adaptiert werden. Der Ökostromzuschlag soll in den 0,5 %-Deckel einbezogen werden. Der Ökostrom-Förderdeckel soll unter Berücksichtigung der jeweiligen Reduktionskosten pro eingesparte Tonne CO2 angepasst werden. Auch die Stromproduktion aus Lauge soll in das Ökostromförderregime. Die Zählpunktpauschale der Ökostrom-Anlagenbetreiber soll überprüft und in bestehenden Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen höchstmögliche Energieeffizienz erreicht werden.

Zu den Prioritäten bei der Verwendung der 500 Mill. € des Klima- und Energiefonds zählen für die Antragsteller bis 2010 Umwelt- und Energietechnologien, in denen Österreich eine Führungsrolle inne hat sowie die Herstellung der Energieautarkie alpiner Schutzhütten. In der Frage des Einsatzes der CCS-Technologie zur Abscheidung und Speicherung von CO2 drängen die VP-Abgeordneten auf Ausarbeitung einer österreichischen Position für einen stabilen Rechtsrahmen auf europäischer Ebene.

Schließlich denken die Antragsteller an den Einsatz nationaler Ausgleichsprojekte, also an innerstaatlichen Emissionshandel (Domestic&Offset Projects) zur Erzielung von Emissionsreduktionen nach dem Vorbild der USA, Australiens, Kanadas und Neuseelands. Die Schulen sollen die Erziehung zum Energiesparen forcieren - "Klimaschutz als Unterrichtsthema" lautet das Motto.

FPÖ wegen Wirtschaftsgemeinschaft mit den USA besorgt

FPÖ-Abgeordneter Norbert Hofer fordert die Bundesregierung auf, dem Nationalrat schnellstmöglich über die Tragweite der am 30.4.2007 in Washington unterzeichneten Rahmenabkommen zur Errichtung einer transatlantischen Wirtschaftsgemeinschaft zu berichten (411/A[E]). Da die Transatlantic Free Trade Area alle Bereiche vom Patentrecht bis zum Einsatz gentechnisch veränderter Organismen betreffe, befürchtet Norbert Hofer eine noch größere Abhängigkeit Europas von den USA. Der Abgeordnete warnt vor einer totalen US-Dominanz in der Landwirtschaft und vor dem Ansturm der Grünen Gentechnik. Die Europäer sollten sich nicht ein an US-Maßstäben orientiertes Patentrecht aufzwingen lassen. Denn gentechnisch veränderte Nutzpflanzen seien patentiert und gebührenpflichtig. Längst erstreckten sich Patente auf Leben auch auf tierische und menschliche DNS, klagt Hofer und nennt als Beispiel den US-Konzern Monsanto, der in über 160 Staaten ein Patent auf eine auch in natürlichen Zuchtschweinen vorkommende Gensequenz angemeldet hat. Es drohe eine "globale Nahrungsmitteldiktatur", schreibt Abgeordneter Hofer und erwartet eine Lawine geistiger Eigentumsrechte im Bereich Biotechnologie sowie eine Welle gentechnisch veränderter Organismen in Europa.

Investitionen in die Verbesserung der Fließgewässer

Mit einer Änderung des Umweltförderungsgesetzes (260 d.B.) rea giert die Bundesregierung auf die Feststellung erheblicher Mängel beim ökologischen Zustand der heimischen Gewässer. Um nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen bei Abflussverhältnissen, Gewässerstruktur (Morphologie) und Durchgängigkeit gerecht zu werden, will der Umweltminister in den Jahren 2007 bis 2015 aus dem Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds Förderungen von insgesamt 140 Mill. € zusagen. Damit sollen Durchgängigkeitshindernisse beseitigt, die Auswirkungen von Ausleitungen und Rückstau gemindert, Maßnahmen gegen Schwallauswirkungen gesetzt und morphologisch veränderte Fließgewässerstrecken restrukturiert werden. Restrukturierungen sollen nach diesem Bundesgesetz aber nur dann förderungsfähig sein, wenn sie nicht mit Maßnahmen des Hochwasserschutzes kombiniert sind, weil dafür Förderungsmittel des Wasserbautenförderungsgesetzes zur Verfügung stehen. Die Bundesregierung erwartet - je nach Förderungsnachfrage - Investitionen zwischen 400 und 600 Mill. € und einen Arbeitsplatzeffekt von 4.800 bis 7.200 Arbeitsplätzen. (Schluss)