Parlamentskorrespondenz Nr. 834 vom 07.11.2007

Begleitmaßnahmen für Strafprozessreform beschlossen

FPÖ und BZÖ üben Kritik an einzelnen Punkten des Entwurfs

Wien (PK) – Für die mit Anfang 2008 in Kraft tretende Reform der Strafprozessordnung sind begleitende Maßnahmen erforderlich. Ein erstes Paket – das Strafprozessreformbegleitgesetz I – wurde heute im Nationalrat debattiert und beschlossen. FPÖ und BZÖ übten Kritik an einzelnen Punkten der Vorlage.

So konnte sich Abgeordneter Dr. FICHTENBAUER (F) einigen Detailregelungen dieses Gesetzes nicht anschließen und kündigte die Ablehnung durch seine Fraktion an. Fichtenbauer hielt zum Beispiel die gleiche Pönalisierung von falschen Aussagen vor der Polizei und vor Gericht für grundsätzlich falsch.

Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) erläuterte die Novelle in ihren Einzelheiten und sprach von einer guten Ergänzung der Reform des Vorverfahrens im Strafprozess.

Abgeordneter Mag. DARMANN (B) kritisierte mit Nachdruck die Abschaffung der Berechtigung von Notaren zur Verteidigung im Strafprozess und sah darin auch einen Nachteil für die Bevölkerung im ländlichen Raum.

Abgeordneter Mag. DONNERBAUER (V) erinnerte zunächst an die Gründe für die Reform des strafprozessualen Vorverfahrens. Wichtig sei die selbständige Ermittlung der Behörden und die Etablierung des Staatsanwalts als "Herr des Ermittlungsverfahrens". Der Untersuchungsrichter entscheide künftig nur über Haftbefehle und Grundrechtsbeschwerden. Heute gehe es um Rechtsanpassungen und die Stärkung der Opferrechte, insbesondere um die Möglichkeit von Verbrechensopfern, sich am Strafverfahren zu beteiligen. Die gefundene Lösung gewährleiste die Opferrechte, stelle aber zugleich sicher, dass die Verfahren nicht verlängert werden. Die Bedenken von FPÖ und BZÖ richteten sich nur auf Details, eine Ablehnung des Gesetzes ließe sich damit nicht rechtfertigen, meinte der Obmann des Justizausschusses.

Abgeordneter Mag. STEINHAUSER (G) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an, kritisierte aber die strafrechtliche Gleichstellung der Falschaussage vor einer Polizeibehörde mit einer Falschaussage vor Gericht. Falschaussagen vor der Polizei sollten nicht straffrei bleiben, eine falsche Aussage vor Gericht habe aber doch ein höheres Gewicht, sagte der Abgeordnete. Die Entschärfung des Ministerialentwurfs hinsichtlich der Strafverfolgung von Journalisten wegen verbotener Publikationen begrüßte der Redner ausdrücklich. Journalisten sollten weiterhin dem Medienrecht unterliegen und nicht kriminalisiert werden, meinte Abgeordneter Steinhauser. Für die Zukunft schlug der Redner vor, die Opferrechte im Hauptverfahren weiter ausbauen.

Abgeordneter PENDL (S) zeigte sich erfreut über die Bedeutung des Ausbaus der Opferrechte und die Möglichkeit, Sexual- und Gewaltopfer schonend einzuvernehmen. Diese Reform gehe in die richtige Richtung, führte Abgeordneter Pendl aus und ersuchte die Ministerin, auch die Behördenreform voranzutreiben.

    

Abgeordneter Mag. IKRATH (V) besprach die Vorlage positiv, weil sie zu mehr Effizienz im Strafverfahren führen werde. Die Problematisierung der Rolle der Kriminalpolizei durch die Grünen sei ihm ebenso unverständlich wie die Ablehnung der vorliegenden Rechtsanpassungen durch das BZÖ, sagte Abgeordneter Ikrath, der die Erweiterung der Opferschutzrechte begrüßte und die Bedeutung einer funktionierenden Justiz für den Wirtschaftsstandort unterstrich.

    

Abgeordnete STADLBAUER (S) hielt die Verbesserung der Opferrechte und die Unterstützung von Betroffenen für wichtig, insbesondere die schonende Einvernahme von Opfern von Sexualdelikten. Da Richter und Richterinnen die schonende Einvernahme gelegentlich verweigerten, betonte die Rednerin das Recht der Opfer auf schonende Einvernahme im Fall von Gewalt- und Sexualdelikten und rief dazu  auf, genau zu beobachten, wie die neuen Bestimmungen umgesetzt werden.

Abgeordnete RIENER (V) konzentrierte sich auf die nunmehr obligatorische Rolle des Pflegschaftsgerichtes in Jugendverfahren und beschrieb die Arbeit dieser Behörde beim Kontakt mit der Familie. Die Rednerin begrüßte die Aufhebung des Ausschlusses der Diversion im Falle einer Todesfolge, weil dies die Möglichkeit biete, dem Jugendlichen eine zweite Chance zu geben.

    

Abgeordnete RUDAS (S) betrachtete Justizpolitik als Gesellschaftspolitik, wobei sie die Bedeutung der Gesetzesvorlage für junge Menschen hervorhob. Die Rechte der Jugendlichen werden für die Betroffenen durchschaubarer und ihre Partizipation an der Rechtssprechung verbessert.

    

Abgeordnete STEIBL (V) bekannte sich zur Stärkung der Opferrechte und würdigte die Arbeit der Gewaltschutzzentren und Opferschutzeinrichtungen. Dass die Zahl der Wegweisungen zunehme, sei einerseits problematisch und zu bedauern, zeige andererseits aber an, dass dieses Instrument zum Schutz potentieller Gewaltopfer funktioniere.

    

Abgeordneter Mag. MAIER (S) befasste sich mit der Verbesserung der Stellung der Privatbeteiligten im Strafprozess und erinnerte daran, dass es die SPÖ gewesen sei, die dies im Zusammenhang mit dem WEB-Skandal und der Kaprun-Katastrophe beantragt haben. Über die Ansprüche der Privatbeteiligten sei nun im Strafverfahren zu entscheiden - eine wesentliche Verbesserung der Rechte von Verbrechensopfern. Der Erfolg des Gesetzes hänge allerdings von der Lösung der Schnittstellenproblematik zwischen Justiz- und Polizeibehörden ab; hier fehle eine Behördenreform, merkte Maier an.

    

Abgeordnete FRANZ (V) begrüßte die Strafbarkeit kinderpornographischer Darstellungen bis zum 18. Lebensjahr der Opfer. Die Rednerin trat entschieden für den Schutz von Kindern und Jugendlichen ein und wies darauf hin, dass der Handel mit kinderpornographischen Produkten den Drogenhandel bereits übersteige.

    

Abgeordneter GLASER (V) bezeichnete die Vereinheitlichung des Vorverfahrens als wesentliche Neuerung der Vorlage und sprach die Erwartung aus, die Einbeziehung der Zivilgeschädigten in Strafverfahren werde in der Zukunft viele aufwändige Zivilverfahren überflüssig machen.

    

Abgeordnete STADLER (V) begrüßte die Erneuerung des Vorverfahrens zum Strafprozess und auch die Zuständigkeit des Jugendgerichts für alle Fälle, in denen Jugendliche mit dem Gesetz in Konflikt kommen. Auch bekannte sich die Rednerin nachdrücklich dazu, Jugendlichen in Form einer Diversion eine zweite Chance zu geben.

Bundesministerin BERGER sprach von einem historischen Vorhaben und gab ihrer Freude über die Anerkennung Ausdruck, die die Verbesserungen des Opferschutzes bei den Abgeordneten gefunden habe. Die Gleichbehandlung von Falschaussagen vor den verschiedenen Behörden begründete die Ministerin mit der Vereinheitlichung des Vorverfahrens. Für die Staatsanwaltschaften werden künftig eindeutige Schnittstellen zu den Sicherheitsbehörden wichtig sein, hielt Berger fest, die Staatsanwälte müssten wissen, wer der Ansprechpartner beim jeweiligen Delikt sei. Beim Thema Personalbedarf kündigte die Ministerin den Einsatz von 120 zusätzlichen Staatsanwälten und eine organisatorische Stärkung der Staatsanwaltschaften an. Die Vorbereitung von Richtern und Staatsanwälten durch Schulungen sei im Gange, teilte die Ministerin mit und schloss sich dem Dank der Abgeordneten für die engagierte Arbeit der Opferschutzeinrichtungen an. Die neuen Ombudsstellen werden von der Bevölkerung sehr gut angenommen, erfuhren die Abgeordneten von der Justizministerin.

Das Strafprozessreformbegleitgesetz I wurde in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Bundesstatistikgesetz 2000 einstimmig beschlossen

Abgeordneter MARIZZI (S) lobte unisono mit allen weiteren Rednern zu diesem Tagesordnungspunkt die hervorragende und im internationalen Vergleich erstklassige Arbeit der Statistik Austria. Modernisierungs- und Erweiterungsbedarf bestehe bei der Erstellung von Statistiken in den Bereichen Bildung und Wirtschaft.

    

Abgeordneter Dr. SCHELLING (V) unterstrich die Bedeutung der Statistik bei der Vorbereitung politischer Entscheidungen, wobei in den letzten Jahren insbesondere der Bedarf an gesundheitsstatistischen Daten stark zugenommen habe. Daher sei es richtig, zusätzlich eine VertreterIn des Gesundheitsressorts in den Statistikrat zu entsenden. In diesem Zusammenhang drängte der Abgeordnete darauf, die Empfehlungen des Statistikrates umzusetzen. 

Abgeordneter BROSZ (G) mahnte die Geschlechterausgewogenheit bei der Zusammensetzung des Statistikrates ein und setzte sich kritisch mit dem eklatanten Datenmangel im Bildungsbereich auseinander. Nach wie vor fehlten Daten über die Leistungsgruppen in den Hauptschulen. Hier besteht für Brosz Nachholbedarf im Bereich der Statistik.

    

Abgeordneter Dr. HAIMBUCHNER (F) kündigte die Zustimmung der FPÖ an, drängte aber gleichzeitig auf die Behebung von Datenmängeln bei der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und auf ausreichende Mittel für diesen Zweck.

    

Abgeordneter BUCHER (B) hielt die Zustimmung der Opposition zu diesem Gesetz für "großzügig", zumal etwa seine Fraktion bei Entsendungswünschen in Kontrollgremien und Aufsichtsräte immer wieder auch auf Widerstände gestoßen sei.  

Abgeordneter DONABAUER (V) entgegnete, es stehe nicht die politische Zusammensetzung des Statistikrates zur Diskussion, sondern seine Erweiterung auf 16 Mitglieder. In der Sache plädierte der Redner für eine stärkere Zusammenarbeit mit Eurostat und für die Veröffentlichung wichtiger Statistiken.

Finanzstaatssekretär Dr. MATZNETTER erläuterte die Zuständigkeit des Statistikrates für die Kontrolle österreichischer und europäischer Normen bei der Erhebung von Statistiken und versprach, bei künftigen Bestellungen zum Statistikrat stärker auf die Geschlechter-Ausgewogenheit zu achten. Hinsichtlich der Bildungsstatistik stellte der Staatssekretär eine Verbesserung der Datenlage in Aussicht. 

Die Änderung des Bundesstatistikgesetzes erfolgte einstimmig.

(Schluss Strafprozessreformbegleitgesetz/Forts. Nr)