Parlamentskorrespondenz Nr. 842 vom 08.11.2007

Erste Lesung oppositioneller Anträge rundet NR-Sitzung ab

Wien (PK) – Die letzten Tagesordnungspunkte betrafen 6 oppositionelle Anträge, die in eine Erste Lesung genommen wurden.

RH soll gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften prüfen

Abgeordneter BUCHER (B) erklärte im Rahmen der Ersten Lesung des B-Antrages 375/A betreffend Änderung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes, seine Fraktion trete dafür ein, dass die Prüfkompetenz des Rechnungshofes auch auf gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften und Bauträger ausgeweitet werden sollte, da dies eine entsprechende Wirkung auf diese haben würde und zu mehr Effizienz beitragen würde.

Abgeordnete Mag. BECHER (S) erinnerte daran, dass diese Thematik bereits 2005 im Justizausschuss behandelt worden sei. Damals habe es verfassungsrechtliche Bedenken gegeben, und sie wisse nicht, was sich seitdem aus verfassungsrechtlicher Sicht geändert haben sollte. Der Antrag sei daher primär eine parteipolitische Breitseite gegen die entsprechenden Bauträger.

Abgeordneter Dr. SONNBERGER (V) meinte, diese Genossenschaften würden schon jetzt sehr eingehend geprüft, es gebe mannigfache Kontrollmechanismen, der von den Antragstellern geplante Schritt sei daher nicht erforderlich, zumal diese Bauträger ausreichend überprüft würden.

Auch Abgeordnete Dr. MOSER (G) hinterfragte die Sinnhaftigkeit dieser Initiative, denn hier bestehe bestenfalls Handlungsbedarf auf Landesebene, nicht aber seitens des Rechnungshofes, der sich ohnehin einer Vielzahl an Prüfaufträgen gegenübersehe. Zudem gebe es dringendere Agenden, die man dem Rechnungshof übertragen sollte.

Der Antrag wurde dem Rechnungshofausschuss zugewiesen.

RH soll Gemeinden einer Prüfung unterziehen

Im Zusammenhang mit der Ersten Lesung des Antrages 376/A wies B-Abgeordneter BUCHER darauf hin, dass die Initiative zu diesem Vorschlag vom Rechnungshof selbst gekommen sei. Die Prüfung von Gemeinden unter 20.000 Einwohnern, zumal im Lichte einer damit einhergehenden Beratung, wäre eine Vorgangsweise, von der alle Seiten profitieren würden, zeigte sich der Redner überzeugt.

Abgeordneter REHEIS (S) meinte, durch eine solche Vorgangsweise könnten Kontrolllücken geschlossen werden. Der Rechnungshof leiste hervorragende Arbeit, insofern könne sich eine solche Ausweitung seiner Kompetenzen nur positiv auswirken, der geplante Schritt sei daher sinnvoll.

Abgeordnete LENTSCH (V) zeigte sich hingegen skeptisch, was diese Maßnahme anbelangt. Dies wäre eine Aufgabe für die Landesrechnungshöfe, man solle den föderalen Charakter des Landes nicht außer Acht lassen. Man solle die Gemeinde nicht mehr prüfen, sondern ihnen entsprechende finanzielle Unterstützung angedeihen lassen.

Abgeordneter Mag. ROSSMANN (G) sagte, hier werde zwar eine zentrale Kontrolllücke geschlossen, allerdings sei der Vorschlag nicht stringent, da ja nicht alle Gemeinden überprüft werden sollten, sondern lediglich etwa 10 Prozent, was entschieden zu wenig sei. Vielmehr sollten gegebenenfalls alle Gemeinden geprüft werden.

Abgeordneter Mag. HAUSER (F) lobte zunächst das sehr positive Klima im Rechnungshofausschuss, wo über profunde Berichte debattiert werde. Der Rechnungshof schlage dabei immer wieder sehr gute Empfehlungen vor, die aber leider nicht alle umgesetzt werden. Ein Vorschlag betraf die Prüfung aller Gemeinden, da von den insgesamt 2.359 derzeit nur lediglich 24 Gemeinden (über 20.000 Einwohner) kontrolliert werden können. Dabei gehe es um ein Budgetvolumen von über 10 Mrd. Euro, zeigte Hauser auf. Ein möglicher Konsens könnte darin bestehen, dass die Landesrechnungshöfe jene Gemeinden unter 20.000 Einwohnern prüfen, wobei eine Berichtspflicht an den Bundesrechnungshof besteht. Außerdem wünschte er sich, dass auch Agrargemeinschaften der Prüfungspflicht unterliegen.

Der Antrag wurde dem Rechnungshofausschuss zugewiesen.

Staatsanteilige Gesellschaften sollen vom RH geprüft werden

Basierend auf seinem Antrag 377/A hielt es Abgeordneter BUCHER (B) im Sinne einer Präventivwirkung und im Interesse der Anleger für sehr sinnvoll, auch staatsanteilige Gesellschaften einer Prüfung durch den Rechnungshof zu unterziehen, wobei von einem Anteil von 25 % plus einer Aktie ausgegangen wird.

Auch Abgeordneter Dr. KRÄUTER (S) sprach sich dafür aus, öffentliche Unternehmen mit einem Anteil von 25 % der Kontrolle durch den Rechnungshof zu unterwerfen, zumal es bei diesen Firmen um so wichtige Bereiche wie die Daseinsvorsorge, Energie oder Verkehr gehe.

Der Bund ist zurzeit an 64 Kapitalgesellschaften beteiligt und diese Beteiligungen unterliegen natürlich der Prüfungskompetenz durch den Rechnungshof, erklärte Abgeordneter PRASSL (V). Aus diesem Grund habe der vorliegende Antrag auch keinerlei große Auswirkungen. Im Ausschuss werde aber noch genügend Zeit bleiben, um über diesen Antrag zu diskutieren.

Auch wenn nicht alle Gemeinden geprüft werden können, so bewirke allein schon die Androhung einer Prüfung einiges, war Abgeordneter Mag. ROSSMANN (G) überzeugt. Die neue Haushaltsrechtsreform, die in wenigen Wochen beschlossen wird, bringe fundamentale Änderungen mit sich, führte er weiter aus, und dies werde Auswirkungen auf den Rechnungshof haben.

Abgeordneter ZWEYTICK (V) betonte, dass auch kleine Gemeinden Recht auf Infrastruktureinrichtungen haben und man brauche nicht glauben, dass dort öffentliche Mittel verschleudert werden. Was den konkreten Antrag betrifft, so mache dies nur dann Sinn, wenn der Staat auf allfällige Beanstandungen entsprechend reagieren kann.

Der Antrag wurde dem Rechungshofausschuss zugewiesen.

Prüfung von Gemeinden und von Wohnbauvereinigungen durch RH

Sein Antrag 389/A richte sich an den Verfassungsausschuss und sehe Änderungen im Bundes-Verfassungsgesetz hinsichtlich des Rechnungshofes vor, erklärte F-Abgeordneter Dr. ASPÖCK. Es gehe im Prinzip um jene drei Punkte, die in der Debatte bereits besprochen wurden, wie etwa die Prüfung von Gemeinden unter 20.000 Einwohnern durch die Landesrechnungshöfe sowie die Prüfung von gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen.

Abgeordneter KAIPEL (S) ging auf die Inhalte des Antrags ein, der eine Ausweitung der Prüfkompetenzen vorsieht. Nunmehr sollen auch Gemeinden unter 20.000 Einwohner, Unternehmen mit mindestens 25%iger Beteiligung durch Bund, Land und Gemeinden sowie gemeinnützige Genossenschaften geprüft werden. Er glaube, dass etwa bei den Gemeinden aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit eine zusätzliche Kontrolle nicht notwendig sein wird. Aber es werde noch genug Gelegenheit geben, über dieses Thema zu diskutieren.

Prüfen und Kontrollieren sei wichtig und notwendig, aber man könne es auch übertreiben, meinte Abgeordneter WÖGINGER (V). Diese Anträge gehen seiner Auffassung nach etwas zu weit. Vor allem für die kleinen Gemeinden soll nicht noch mehr Bürokratieaufwand geschaffen werden.

Mehr Prüftätigkeit schmecke offenbar der ÖVP nicht, urteilte Abgeordneter Mag. ROSSMANN (G). Er frage sich, wovor sich die kleinen Gemeinden fürchten, wenn sie so gut verwaltet sind. Er könnte sich vorstellen, dass bestimmte Gemeindetypen und länderübergreifend vom Rechungshof geprüft werden, um Vergleiche anstellen zu können. Was die gemeinnützigen Bauvereinigungen angeht, so gebe es zwar Prüfungen, aber das Berichtswesen funktioniere nicht.

Abgeordneter BUCHER (B) war der Auffassung, dass die Einbeziehung der Gemeinden in die Prüfung in erster Linie eine Präventivwirkung habe.

Der Antrag wurde dem Verfassungsausschuss zugewiesen.

RH-Prüfung von gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen

Beim Antrag 390/A verwies Abgeordneter Dr. ASPÖCK (F) auf seine Ausführungen zum vorigen Antrag.

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) wies darauf hin, dass es sowohl bei den gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften als auch bei den kleinen Gemeinden bereits jetzt mehrfache Prüfverfahren gebe. Kein einziger Redner habe bisher gesagt, was an den bisherigen Verfahren schlecht wäre. Richtig sei jedoch, dass bei den Gemeinnützigen die Berichte nicht öffentlich sind.

Der vorliegende Antrag ziele darauf ab, gemeinnützige Bauvereinigungen stärker kontrollieren zu lassen, und zwar durch den Rechnungshof, erläuterte Abgeordneter FREUND (V). Er sei überzeugt davon, dass diese Branche bereits ausreichend überprüft werde.

Wenn Kollege Freund davon spricht, dass die Gemeinnützigen ausreichend überprüft sind, dann müsse er wohl über Unterlagen der Revisionsverbände in den Ländern verfügen, erklärte Abgeordneter Mag. ROSSMANN (G). Erst wenn diese Berichte vorliegen, könne man in dieser Frage entscheiden. Bei den Gemeinden solle nicht vorrangig geschaut werden, ob die Gelder rechtmäßig, sondern ob sie effizient verwendet werden, unterstrich Rossmann.

Abgeordneter BUCHER (B) gab gegenüber dem Abgeordneten Gaßner zu bedenken, dass einige Gemeinden auch schon pleite gegangen sind. Und diese Schulden müssen dann vom Steuerzahler aufgefangen werden.

Der Antrag wurde dem Verfassungsausschuss zugewiesen.

Jeder völkerrechtliche Staatsvertrag ist einer Volksabstimmung zu unterziehen

Die FPÖ beantragt in 394/A, einen neuen Artikel 43a in die Bundesverfassung einzuführen, erklärte Abgeordneter Dr. BÖSCH (F). Dieser laute, dass jede Zustimmung der Republik Österreich zu einem Abschluss eines völkerrechtlichen Staatsvertrags einer Volksabstimmung zu unterziehen ist. So sei er der Meinung, dass etwa in der Frage des Lissaboner Vertrags zwingend eine Volksabstimmung durchgeführt werden müsste, da dieser u.a. das vereinfachte Änderungsverfahren, die Generalermächtigung zur Mittelbeschaffung, die Flexibilitätsklausel oder den Verlust der immerwährenden Neutralität mit sich bringe.

Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) wies seinen Vorredner darauf hin, dass der Vorrang des Europarechts vor dem nationalen Recht schon beim Beitritt zur EU beschlossen wurde. Seiner Meinung nach ziele der Antrag ins Leere, da es bereits die Möglichkeit einer Volksabstimmung über ein Ermächtigungsgesetz gebe. Wenn man dem Vorschlag der Freiheitlichen folgen würde, dann würde man über einen bereits gültigen, völkerrechtlichen Vertrag abstimmen.

Abgeordneter Dr. SCHELLING (V) machte Abgeordneten Bösch darauf aufmerksam, dass der oberste "Verfassungshüter" Korinek keine Notwendigkeit für eine Volksabstimmung sieht. Auch die Ratifizierung der EU-Verfassung durch das Hohe Haus war völlig verfassungskonform. Die ÖVP sage nur dann ja zu einer Volksabstimmung, wenn sie europaweit, einheitlich und gleichzeitig durchgeführt wird.

Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) erinnerte Abgeordneten Bösch, der Teilnehmer des Konvents war, daran, dass er sich damals positiv bezüglich einer europäischen Verfassung und einer europäischen Volksabstimmung ausgesprochen hat. Die Freiheitlichen haben in ihrer neuen Formation ihre Meinung offensichtlich grundlegend geändert. Lunacek gab noch zu bedenken, dass schon beim Beitritt zur EU klar war, dass ein Teil der Souveränität aufgegeben werden muss, um mitgestalten zu können. Was den Verlust der immerwährenden Neutralität angeht, so stimme dies einfach nicht, betonte Lunacek. Die Grünen geben sicher keine Zustimmung zu einer nationalen Volksabstimmung, da sie nur von Leuten, die rein nationalistischen Populismus betreiben wollen, missbraucht wird.

Die "Offenlegung" des Kollegen Wittmann komme zwölf Jahre zu spät, meinte Abgeordneter SCHEIBNER (B), denn man hätte der österreichischen Bevölkerung schon damals reinen Wein einschenken müssen. Denn mit dem Ja zum Beitritt zur EU habe man in Wahrheit eine Freikarte ausgestellt für alle Souveränitätsbeschränkungen in der Zukunft. Auch wenn sich die Verfassungsexperten uneinig darin sind, ob der neue Vertrag eine Gesamtänderung der Verfassung mit sich bringt, könnte man eine Volksabstimmung zu den einzelnen Punkten machen.

Der Antrag wurde dem Verfassungsausschuss zugewiesen.

Nach Beendigung der 38. Sitzung fand noch eine weitere (39.) Sitzung statt, die geschäftsordnungsmäßigen Zuweisungen und Mitteilungen diente.(Schluss)