Parlamentskorrespondenz Nr. 895 vom 22.11.2007

Rezeptgebührendeckelung und Beitragserhöhung müssen warten

Sozialausschuss vertagt sich bis nächste Woche

Wien (PK) – Der Ausschuss für Arbeit und Soziales fasste nach einer Debatte über das Bundesgesetz zur Anpassung von Rechtsvorschriften an die 15a-Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens für die Jahre 2008 bis 2013 mehrheitlich einen Vertagungsbeschluss. Die Vorlage wird am kommenden Dienstag weiter beraten.

In dieser Vorlage geht es neben der Transformation der neuen Vereinbarung im Krankenanstaltengesetz um die Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages um 0,15 % und um die Deckelung der Rezeptgebühr.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) meinte, man berufe eine Ausschusssitzung ein, ohne dass ein Kompromiss der Regierungsparteien vorliege. Nachdem die Verhandlungen vertagt werden sollen, werde heute kein Gesetz beschlossen. Von Ministerin Kdolsky wollte er wissen, wie sie sich die Finanzierung des Gesundheitswesens vorstelle. Konkret interessierte er sich dafür, ob sie zu einer unbefristeten Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge bereit sei und welche Maßnahmen sie von den Krankenkassen einfordere.

Auch Abgeordnete Ursula Haubner (B) wies darauf hin, die vorliegende Regierungsvorlage sei noch nicht endberaten und die Abgeordneten wüssten nicht, was noch geändert werden soll.

Abgeordneter Franz Riepl (S) strich heraus, dass die Vorlage die Änderung von 12 Gesetzen beinhalte, und bedauerte, dass für den Themenbereich "Freie Dienstnehmer" keine Regelung bezüglich der Entgeltfortzahlung vorgesehen sei. In der nächsten Ausschusssitzung in der kommenden Woche sollen die entsprechenden Diskussionen und Festlegungen erfolgen. Er betonte, es handle sich um eine "normale Vorgangsweise", und brachte einen Antrag auf Vertagung ein.

Abgeordneter Norbert Hofer (F) beanstandete, dass es der Regierung nicht möglich sei, zeitgerecht eine Gesetzesänderung vorzulegen, und sprach davon, dass beide Regierungsparteien nicht in die gleiche Richtung marschieren. Als Problem sah er es an, dass trotz einer Zweidrittelmehrheit keine zufriedenstellende Lösung präsentiert werden kann. Er habe sich erwartet, dass eine Regierung, die über eine Zweidrittelmehrheit verfügt, im Stande sei, große Probleme in Angriff zu nehmen.

Abgeordneter Werner Amon (V) gab bekannt, seine Fraktion werde dem Vertagungsantrag beitreten, machte aber darauf aufmerksam, dass es sich um keinen ganz normalen Vorgang handle. Man werde aber mit dem Koalitionspartner weitere Gespräche führen.

Die Vorlage ist nicht beschlussreif, erklärte Abgeordneter Erwin Spindelberger (S). Die 15a-Vereinbarung sei in mehr als einem Punkt nicht umgesetzt worden. Ein wichtiger Punkt sei die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für freie Dienstnehmer.

Bundesministerin Andrea Kdolsky sprach davon, dass das Novellenpaket nicht nur die Weiterentwicklung der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern und die Krankenanstaltenfinanzierung beinhalte, sondern darüber hinaus auch wichtige Schritte im Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung. Als wichtige sozialpolitische Anliegen, die nun umgesetzt werden, sieht die Ressortleiterin die Obergrenze für die Rezeptgebühr und die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge um 0,15 % an. Dieser Prozentsatz wurde unter Beiziehung der Sozialpartner im Rahmen der Regierungsverhandlungen festgelegt. In der Zeit zwischen Ministerrat und Ausschuss wurde beschlossen, intensive Gespräche zur Vorbereitung eines Abänderungsantrages zu führen. Aus ihrer Sicht ist es nicht nachvollziehbar, warum die Regierungsvorlage als mangelhaft angesehen wird, zumal die nun umgesetzten Punkte im Regierungsübereinkommen vorgesehen waren.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) meinte, man könne nicht sagen: "Alles sei in Butter". Wissen wollte er, auf welche Art und Weise die Rezeptgebührendeckelung abgerechnet wird und wie man diese kostenneutral abwickeln könne.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) schnitt die angebliche Überversorgung der Bevölkerung mit Fachärzten in einzelnen Bundesländern an, betonte, dass die Beitragserhöhung für die Kassen nicht "pari ausgehen" könne und wies darauf hin, dass die Politik versagt habe, haben doch die Kassen aus den Beiträgen der Versicherten Kreditzinsen in Millionenhöhe an die Banken zu bezahlen.

Unverständnis zeigte Abgeordnete Ursula Haubner (B) darüber, dass man einerseits die Krankenversicherungsbeiträge rasch erhöhe und die Versicherungsnehmer belaste und auf der anderen Seite dem Hauptverband bis Juni 2008 Zeit gebe, ein Konzept vorzulegen. Ihrer Meinung nach sollte man die Beitragserhöhung nach Vorliegen des Konzeptes machen. Im Zusammenhang mit der Pflege und Betreuung von pflegebedürftigen Menschen brachte die Rednerin einen Entschließungsantrag auf Abschaffung der Vermögensgrenze für die Förderung der 24-Stunden-Pflege ein.

Abgeordnete Sabine Oberhauser (S) vertrat die Ansicht, der sechsseitige Abänderungsantrag, den man am Montag Mittag vom Ministerium erhalten habe, sei mangelhaft gewesen; darüber müsse nun verhandelt werden. Im Zusammenhang mit dem Rechnungshofbericht über die Oberösterreichische und Wiener Gebietskrankenkasse meinte sie, der Großteil des Defizits der Kassen sei auf Maßnahmen der Bundesregierung der letzten Jahre zurückzuführen. Nun gehe es darum, Maßnahmen zu setzen, mit denen den Kassen geholfen wird.

Abgeordneter Norbert Hofer (F) redete einer "Finanzierung aus einer Hand" das Wort, nur damit könne man erreichen, dass Gesundheitsmaßnahmen in Summe bei besserer Qualität weniger kosten. Eine große Reform sei jetzt angesagt, da man nicht wisse, ob die nächste Regierung über eine Zweidrittelmehrheit verfügen wird.

Mit der Verschreibepraxis von Medikamenten und Hilfsmitteln und deren Änderung befasste sich G-Abgeordnete Theresia Haidlmayr.

Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) bezeichnete die Rezeptgebührenregelung als lückenhaft und als nicht durchdacht und forderte in einem Entschließungsantrag eine Regierungsvorlage, die im Falle verlorengegangener und gestohlener e-cards eine sofortige Umstellung auf e-card mit Foto ermöglicht und eine Ausweispflicht im Falle noch nicht umgestellter e-cards vorsieht.

Abgeordneter Karl Donabauer (V) sprach von einer komplexen Materie und davon, dass man das gute Gesundheitssystem in Österreich erhalten wolle. Offene Fragen sollten in den nächsten Tagen einer Lösung zugeführt werden. Der Redner glaubt daran, ÖVP und SPÖ seien gemeinsam in der Lage, große Aufgaben zu bewältigen und die hohe Qualität des Gesundheitssystems zu sichern.

Sozialminister Erwin Buchinger wies darauf hin, dass die Deckelung der Rezeptgebühr - davon könnten rund 300.000 Personen, überwiegend Pensionisten und chronisch Kranke, profitieren - dem einzelnen Betroffenen mehr als 100 € bringen werde.

Abgeordneter Franz Riepl (S) machte darauf aufmerksam, dass es bei den Gebietskrankenkassen Außenstände in der Höhe von 934 Mill. € gebe, hinzukommen 839 Mill. €, die im Zeitraum 2000 bis 2006 als uneinbringlich abgeschrieben wurden. Auch dieses Problem müsste man überdenken und einer Lösung zuführen.

Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky hielt es für notwendig, Überlegungen anzustellen, welche Effizienzpotentiale gegeben sind. Auch sie trat für die Planung, Steuerung und Finanzierung aus einer Hand ein und befasste sich mit den Doppel- und Dreifachverschreibungen von Medikamenten. Im Zusammenhang mit der e-card seien laut Auskunft des Hauptverbandes keine größeren Betrugsfälle bekannt; versuchten Missbrauch gebe es sehr wohl. Die Umstellung vom Krankenschein auf die e-card habe zu keinen vermehrten Betrugsfällen geführt, gab sie bekannt. (Schluss)