Parlamentskorrespondenz Nr. 923 vom 28.11.2007

EU-weite Vollstreckung von Verwaltungsstrafen wird erleichtert

Autofahrer müssen ab März mit Eintreibung von Verkehrsstrafen rechnen

Wien (PK) – Wer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union eine Verwaltungsstrafe erhält, muss künftig damit rechnen, dass die verhängte Geldstrafe bzw. Geldbuße von einer österreichischen Behörde eingetrieben wird. Ein entsprechender Gesetzentwurf der Regierung wurde heute vom Verfassungsausschuss des Nationalrats mehrheitlich gebilligt und soll am 1. März in Kraft treten. Allerdings werden nur Strafen über 70 € vollstreckt, zudem muss die ausländische Behörde ausreichende Unterlagen vorlegen.

Basis für das so genannte EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz bildet ein EU-Rahmenbeschluss aus dem Jahr 2005, in dessen Rahmen die EU-Mitgliedstaaten vereinbart haben, verhängte Verwaltungsstrafen wechselseitig zu vollstrecken. Damit soll etwa sichergestellt werden, dass Verkehrssünder, die im Ausland Verkehrsvorschriften verletzen, nicht ungestraft davon kommen. Als besonderer Anreiz wurde vorgesehen, dass der Erlös aus der Vollstreckung grundsätzlich dem Vollstreckungsstaat zufließt.

In Österreich werden dem vorliegenden Gesetzentwurf zufolge die Bezirksverwaltungsbehörden (Bezirkshauptmannschaften bzw. Magistrate) für die Eintreibung von im Ausland verhängten Verwaltungsstrafen zuständig sein, wobei genau determiniert ist, in welchen Fällen die Vollstreckung unzulässig ist. So ist eine Vollstreckung nicht nur dann zu verweigern, wenn die ausländische Behörde unvollständige Unterlagen vorlegt und die verhängte Geldstrafe unter 70 € liegt, sondern etwa auch, wenn die Vollstreckbarkeit nach österreichischem Recht verjährt ist oder die betreffende Person nach österreichischem Recht zur Tatzeit strafunmündig war. Außerdem muss die Vollstreckungsbehörde den Bestraften gemäß einem Abänderungsantrag vor der Vollstreckung der Strafe zunächst zur Zahlung auffordern und ihm dabei Gelegenheit geben, sich zu den möglichen Gründen für eine Verweigerung der Vollstreckung zu äußern. Strafen von Finanz- und Zollbehörden sind ausdrücklich nicht vom Gesetz umfasst.

Ursprünglich hätte das Gesetz bereits mit 1. Juli 2007 in Kraft treten sollen, nun wurde der Inkrafttretenstermin per Abänderungsantrag um acht Monate verschoben und ausdrücklich festhalten, dass Übertretungen, die vor dem 1. März 2008 begangen wurden, nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen.

Im Gesetz enthalten sind auch Bestimmungen über die Vollstreckung österreichischer Verwaltungsstrafen in anderen EU-Ländern. Da in diesem Zusammenhang immer wieder Schwierigkeiten bei der Lenkerermittlung auftreten, regt der Verfassungsausschuss in einer Entschließung an, das Gesetz ein Jahr nach Inkrafttreten zu evaluieren und entsprechend zu reagieren, wenn es mit bestimmten Ländern gehäuft Probleme gibt.

Beschlossen wurde das EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz mit den Stimmen der Koalitionsparteien. Die Opposition stimmte zwar mit den Zielen der Novelle überein, äußerte aber die Befürchtung, dass sich künftig ein Ungleichgewicht zwischen der Bestrafung österreichischer Verkehrssünder im Ausland und der Bestrafung ausländischer Verkehrssünder im Inland ergeben werde. Da EU-weite Regelungen über den Austausch von KFZ-Halter- und Lenkerdaten fehlten, fürchtet etwa G-Abgeordneter Albert Steinhauser, dass Schnellfahren ausländischer Fahrer in Österreich weiter ein Kavaliersdelikt bleibt.

BZÖ-Abgeordneter Herbert Scheibner hielt fest, der erste Eindruck, den er von der Regelung gehabt habe, sei ein positiver gewesen, bei näherer Betrachtung habe er aber das Gefühl bekommen, dass Österreich "ein bisschen Musterschüler ist". Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) sprach von einer vernünftigen Vorgabe, allerdings müsse die Gegenseitigkeit funktionieren.

Seitens der Koalitionsparteien begrüßten die Abgeordneten Hannes Fazekas (S), Heribert Donnerbauer (V) und Helmut Kukacka (V) die Gesetzesvorlage. Fazekas hoffte, dass damit künftig fragwürdige Praktiken des Inkassos ausländischer Verkehrsstrafen abgestellt werden. Kukacka und Donnerbauer räumten ein, dass die Einwände der Opposition nicht unberechtigt seien, sie verwiesen jedoch auf die geplante Evaluierung des Gesetzes. Für Kukacka liegt der "Pferdefuß" darin, dass es keine einheitliche Lenkererhebung in Europa gebe. Allerdings könne man erst dann reagieren, wenn sich tatsächlich herausstelle, dass ausländische Verkehrssünder in Österreich bessergestellt seien als österreichische Verkehrssünder im Ausland, sagte er. Den Rechtsschutz sehen beide Abgeordnete durch das Anhörungsrecht betroffener Autofahrer gewährleistet.

Staatssekretärin Heidrun Silhavy betonte, es müsse im Interesse aller sein, dass Verkehrsregeln in ganz Europa eingehalten würden. Es gehe aber nicht nur um die Eintreibung von Verkehrsstrafen, sondern etwa auch um Umweltstrafen, unterstrich sie.

EU-Strukturfonds: Bund-Länder-Vereinbarung regelt Förderabwicklung

Weiters befasste sich der Verfassungsausschuss des Nationalrats heute mit einer Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über das Verwaltungs- und Kontrollsystem in Österreich für die Strukturfonds der Europäischen Union in der Finanzperiode 2007 – 2013. Diese Vereinbarung lehnt sich an eine ähnliche Vereinbarung für die Finanzperiode 2000 – 2006 an und regelt insbesondere Fragen der Zuständigkeit und der Koordination in Bezug auf die Abwicklung und die Kontrolle von Förderungen, die aus Mitteln der EU-Strukturfonds kofinanziert werden. Derartige Regelungen sind vorgeschrieben, wollen die EU-Mitgliedstaaten Strukturfondsmittel lukrieren. Die Form einer Bund-Länder-Vereinbarung wurde gewählt, weil es keine klaren verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten für Regional- und Strukturpolitik in Österreich gibt und sachlich gesehen mehrere Ministerien sowie die Länder dafür zuständig sind.

Die Bund-Länder-Vereinbarung wurde vom Verfassungsausschuss einstimmig genehmigt.

Gleichfalls einstimmig sprach sich der Verfassungsausschuss für die Genehmigung zweier internationaler Datenschutzabkommen aus. Konkret geht es dabei um eine Änderung des Europarat-Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten und ein entsprechendes Zusatzprotokoll, das den grenzüberschreitenden Datenverkehr und dessen Kontrolle regelt. Das Übereinkommen stellt die wichtigste multilaterale Rechtsgrundlage für den allgemeinen Datenschutz in Europa dar und soll nun adaptiert werden, um der EU als Gesamtes einen Beitritt zum Übereinkommen zu ermöglichen.

FPÖ will Bau von Minaretten in Österreich verbieten

Für eine ausführliche Diskussion im Ausschuss sorgte ein Entschließungsantrag der FPÖ, der darauf abzielt, den Bau von Minaretten in Österreich künftig per Verfassung zu verbieten und nicht-abendländische Religionen zu verpflichten, bei der Abhaltung von Gottesdiensten und Predigten die deutsche Sprache zu verwenden.

Begründet werden die Forderungen von der FPÖ unter anderem damit, dass Moscheen als Plattformen für Agitation und Verbreitung radikaler Ideologie dienten und Minarette Sinnbild und Zeichen des Sieges des Islam gegenüber dem Christentum darstellten. Zudem ist es ihrer Ansicht nach notwendig, gegen die bewusste Bildung einer Parallelgesellschaft und die absichtliche Vermischung von Staat und Religion einzuschreiten. "Der Islam ist eine Religion, die die Welt als Kriegsschauplatz ansieht – und zwar solange, bis die gesamte Menschheit islamisch ist", heißt es im Entschließungsantrag der FPÖ wörtlich.

In der Debatte unterstrichen Abgeordneter Manfred Haimbuchner (F) und sein Fraktionskollege Peter Fichtenbauer die Notwendigkeit des Antrags. Die Formulierung möge vielleicht nicht "das Gelbe vom Ei" sein, sagte Fichtenbauer, es sei aber notwendig eine Debatte über diese Frage zu initiieren. Seiner Ansicht nach kann nicht geleugnet werden, dass vom Islam eine Gefahr für die österreichische Gesellschaft ausgehe. Man dürfe nicht die Augen vor der Problematik der "Hassprediger" verschließen. Abgeordneter Haimbuchner bekräftigte, es gehe nicht darum, die Religionsfreiheit zu beschneiden, man müsse aber gegen Hetzpredigten vorgehen.

Abgeordneter Albert Steinhauser (G) wertete den Antrag hingegen als Ausdruck "einer gewissen phobischen Haltung". Seiner Meinung nach würde man bei einer Umsetzung des Verlangens die Religionsfreiheit einschränken und damit der Europäischen Menschenrechtskonvention widersprechen. Der Islam sei keine politische Strömung, betonte Steinhauser, auch wenn es innerhalb des Islams politische Strömungen gebe. Im Minarett kann er kein anderes Symbol als im Kirchturm erkennen.

Seitens der SPÖ wies Klubobmann Josef Cap darauf hin, dass der Islam in Österreich seit 1912 anerkannte Religionsgemeinschaft sei. Man müsse an die Sache pragmatisch herangehen, sagte er, es gehe jedenfalls nicht an, Grundrechte einzuschränken. Die Trennung von Kirche und Staat sei aber von allen einzuhalten, bekräftigte Cap. Ein Minarett-Verbot würde seiner Meinung nach zu kurz greifen. Sein Fraktionskollege Stefan Prähauser hielt fest, er fühle sich als Katholik und Christ ein bisschen unbehaglich bei dem Antrag.

Abgeordneter Herbert Scheibner (B) führte aus, er wolle nicht polarisieren, sehe aber Regelungsbedarf. Seiner Ansicht nach besteht die Gefahr, dass so genannte Hassprediger unkontrollierbar bei Freitagsgebeten in Gebetshäusern und Moscheen auftreten und damit ein Sicherheitsrisiko darstellen. Den Antrag der FPÖ wertete Scheibner in der vorgeschlagenen Form als nicht umsetzbar, über die Inhalte müsse aber diskutiert werden. (Fortsetzung)