Parlamentskorrespondenz Nr. 936 vom 29.11.2007

Große Haushaltsrechtsreform mit S-V-F-B-Mehrheit plenumsreif

Grüne registrieren Fortschritte, sehen aber auch Schwächen

Wien (PK) - Nach dem gestrigen Verfassungsausschuss (siehe PK-Ausgabe Nr.924) hat heute auch der Budgetausschuss unter dem Vorsitz seines Obmannes Jakob Auer mit S-V-F-B-Mehrheit grünes Licht für die große Haushaltsrechtsreform (204 d.B.) signalisiert. Zentrale Neuerung ist ein vierjähriger Bundesfinanzrahmen mit Ausgabenobergrenzen für fünf Politikbereiche ("Rubriken"), der durch einen neuen "Strategiebericht" der Bundesregierung erläutert wird. Eine neue Form der Budgetberatungen in zwei Teilen ab 2009 sieht eine Finanzrahmen-Debatte im Frühjahr und eine budgetäre Feinabstimmung beim Beschluss des Bundesfinanzgesetzes im Herbst vor. Dazu kommt ein sparsameres Rücklagensystem, das den Handlungsspielraum der Ministerien jahresübergreifend erweitert und dem "Dezemberfieber" entgegenwirken soll.

Die zweite, ab 2013 wirksame Etappe der Bundeshaushaltsreform zielt auf einen Paradigmenwechsel in der Budgetpolitik. Es soll künftig nicht mehr nur darüber diskutiert werden, wie viel Geld für ein bestimmtes öffentliches Ziel ausgegeben wird, sondern auch darüber, welche Wirkungen der Staat mit seinem Geld- und Personaleinsatz erzielen will und ob er diese tatsächlich erreicht. Zu diesen Zielen zählt konkret auch die Gleichstellung der Geschlechter durch Gender Budgeting, ein zentrales Element des neuen Haushaltsrecht.

Alle fünf Fraktionen einigten sich auf Antrag der Abgeordneten Jakob Auer (V) und Kai Jan Krainer (S) auf eine Ausschussentschließung zur Einrichtung eines beratenden Beirates zur Haushaltsrechtsreform und auf das Ersuchen an den Finanzminister, die Parlamentsklubs regelmäßig über den Fortgang der Arbeiten zur Festlegung der Details der zweiten Etappe der Haushaltsrechtsreform und auch über internationale Beispiele erfolgreicher Haushaltsreformen zu informieren.

Ein in der Debatte von SPÖ und ÖVP eingebrachter Abänderungsantrag zielt auf eine weitere Erhöhung der Budgettransparenz. Um die künftigen Frühjahrsdebatte über den Finanzrahmen zu erleichtern, soll der Finanzminister dem Nationalrat künftig bis Ende März jeden Jahres einen Bericht über den vorläufigen Gebarungserfolg des abgelaufenen Finanzjahres vorlegen. Und bis zum Beginn der herbstlichen Budgetberatungen soll der Budgetausschuss über Vermögens- und Ertragslage, Zahlungsströme und Personalstand ausgegliederter Gesellschaften und Rechtsträger einschließlich der Universitäten informiert werden.

In einer einstimmig angenommenen Ausschussfeststellung verlangten die Abgeordneten die monatliche Vorlage der Ergebnisse von Ausgaben und Einnahmen auf Rubriken- und Untergliederungsebene, von Abgaben nach Ansätzen bis Ende des jeweils nachfolgenden Monats und die Dokumentation der Verwendung entnommener Rücklagen in den Quartalsberichten zu überplanmäßigen Ausgaben.

Abgeordneter Bruno Rossmann (G) sprach grundsätzlich von einem positiven Schritt, sah aber auch Schwächen des vorliegenden Entwurfs. Fünf "Rubriken" seien zu wenig, die so definierten Politikbereiche seien für eine zielgerichtete Budgetpolitik zu breit, meinte Rossmann. Bei den Ausgabenobergrenzen stelle sich die Frage, wer die Wirtschafts- und Budgetprognosen erstelle. Und bei der Festlegung der Parameter für konjunkturabhängig variable Ausgabenobergrenzen möchte Abgeordneter Rossmann externe Experten beigezogen sehen. Das Gender Budgeting wollte Rossmann nicht erst 2013, sondern bereits ab 2009 zu den Haushaltszielen zählen und brachte dazu einen Abänderungsantrag ein, der auch auf die Behebung von Schwächen im budgetären Berichtswesen gerichtet war. Weiters beantragte Rossmann Gleichstellungsverträglichkeitsprüfungen, Informationen an die Abgeordneten über die Realisierung des Gender Budgetings und die Verankerung eines Ausgliederungsberichts im Gesetz; eine Ausschussfeststellung sei ihm zu wenig. Die Übermittlung unterjähriger Budgetdaten an den Nationalrat und den Budgetausschuss sollten im Gesetz verankert werden und überdies ein Handbuch für Politik und Verwaltung zum neuen Haushaltsrecht verfasst werden. - Bei der Abstimmung blieb Rossmanns Abänderungsantrag in der Minderheit der Opposition.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) sah die Haushaltsrechtsreform in die richtige Richtung gehen, schloss sich der Kritik seines Vorredners aber an. Zudem wollte Gradauer die Dynamik der Ausgaben einbremsen und mit der Schuldenpolitik Schluss machen. Bei der künftigen neuen Form der Budgetdebatte sollte wesentlich mehr Transparenz herrschen und ein möglichst großer Teil der Verhandlungen im Plenum stattfinden. Den Wermutstropfen der Reform sah Gradauer darin, dass es nicht gelungen sei, auch die Länder in die Pflicht zu nehmen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) sprach von einem wichtigen Zwischenschritt auf dem Weg zu einem modernen Budgetrecht, hielt es aber für falsch anzunehmen, dass neue Haushaltsrecht würde automatisch zu einer Verringerung der Ausgaben führen. Der Inhalt der Budgetpolitik werde weiterhin von politischen Entscheidungen abhängen. Krainer erwarte sich aber eine neue Kultur der Budgetpolitik im Sinne längerfristiger Planung, stärkerer Beachtung gesellschaftspolitischer Ziele, größerer Flexibilität für die Ressorts und mehr Transparenz für die Parlamentarier. Krainers äußerte auch die Hoffnung, dass Budgetdebatten künftig seriöser geführt werden. Man könne die Schulden aus der Vergangenheit nicht nur negativ sehen, das Geld wurde für Zukunftsinvestitionen in Bildung und Infrastruktur verwendet und Wirtschaftsimpulse gegeben. Die positiven Ergebnisse dieser Investitionen sind in den Familien, Dörfern und Städten sichtbar, hielt Abgeordneter Krainer fest.

Abgeordneter Hannes Bauer (S) bezeichnete es als entscheidend, dass die Gestaltungsfreiheit des Parlaments in der Budgetpolitik nicht eingeengt wurde. Zur Diskussion über die neue Form der Budgetdebatte merkte der Redner seinen Wunsch an, den Bundesrechnungsabschluss intensiver zu diskutieren und aus ihm Erkenntnisse abzuleiten.

Abgeordnete Melitta Trunk (S) kritisierte, dass die Umsetzung des Gender Budgetings zeitlich so weit nach vorne gerückt werde und sprach die Hoffnung aus, Länder und Gemeinden würden das neue Haushaltsrecht möglichst bald übernehmen.

Abgeordneter Josef Bucher (B) begrüßte die Haushaltsrechtsreform, konnte aber auch dem Abänderungsantrag der Grünen sehr viel abgewinnen. Mehr Transparenz wünschte sich Bucher bei Daten über ausgegliederte Unternehmen.

Ausschussobmann Jakob Auer (V) besprach das neue Haushaltsrecht positiv und meinte, die Novelle könne sich international sehen lassen. Ob es gelingen werde, das in der Vergangenheit oft ermüdende Ritual der Budgetdebatte in Zukunft lebendiger und interessanter zu gestalten, liege auch am Budgetausschuss selbst, hielt Jakob Auer fest.

Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter wandte gegen den Vorschlag einer Gleichstellungsüberprüfung ein, bei Gender-Fragen gehe es um politische Entscheidungen und nicht um ein Thema für Experten. Die Grundsätze des Gender Budgetings werden nicht erst 2013, sondern bereits ab 2009 in den Verfassungsrang erhoben und für die gesamte Republik verbindlich. Die Zeit bis 2013 brauche man, um Pilotprojekte für das Gender Budgeting und die Voraussetzungen für die Integration des Gender Budgeting in die wirkungsorientierte Budgetpolitik zu schaffen. Für die Übermittlung unterjähriger Budgetdaten an das Parlament sei eine Ausschussfeststellung ausreichend, sagte der Finanzstaatssekretär. (Fortsetzung)