Parlamentskorrespondenz Nr. 953 vom 04.12.2007

Nationalrat beschließt Gesundheits- und Sozialpaket

Debatte um Krankenkassen und Pensionserhöhung

Wien (PK) – Ehe sich die Abgeordneten nach der Aktuellen Stunde mit der Tagesordnung befassen konnten, wurden gegen dieselbe Einwendungen vorgebracht: Abgeordneter WESTENTHALER (B) begründete sein Verlangen damit, dass die morgigen Tagesordnungspunkte Änderung des B-VG und Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz auf die heutige Tagesordnung gesetzt werden sollten. Mit einer Umreihung würde die Möglichkeit zu einer umfassenderen Debatte über diese Themen bestehen. Man könnte heute die Materien an den Verfassungsausschuss rückverweisen, morgen einen Ausschuss abhalten und am Donnerstag einen Beschluss über die Vorlagen fassen. Es werden mit diesen Vorlagen künftig nicht nur Volksabstimmungen schwieriger gemacht, sondern in einer Nacht-und-Nebel-Aktion werde ohne Begutachtung und ohne Einholung von Expertenmeinungen die "Zwangsmitgliedschaft zu den roten und schwarzen Kammern" in Verfassungsrang erhoben. Ehrlicher wäre es laut Westenthaler gewesen, in Art. 1 der Verfassung hineinzuschreiben: "Österreich ist eine große Koalition, alle Macht geht von Rot und Schwarz aus. Das ist ein Demokratieskandal!"

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) unterstützte den Antrag, das Verfassungspaket auf die heutige Tagesordnung zu setzen, es zu debattieren, um es dann an den Ausschuss rückverweisen zu können. Es sei, lautete ihre Begründung, einzigartig in der Geschichte des Parlaments, dass mit einer Verfassungsnovelle "derartig schäbig" umgegangen wird. Mit der überfallsartigen Novellierung der Verfassung will man offensichtlich die Kritik der betroffenen Öffentlichkeit, die Kritik der Menschen, die damit arbeiten müssen, im Keim ersticken. An diesem Beispiel sehe man, "wie schludrig, schlampig und verantwortungslos" mit der Bundesverfassung umgegangen werde. Auch kritisierte sie, dass man Vorlagen, zum Beispiel zum Sicherheitspolizeigesetz, ohne Ausschussberatungen im Plenum beschließen will.

Abgeordneter STRACHE (F) hielt die Kritik für richtig, sprach von Demokratieabbau an allen Ecken und Enden und von Speed kills, die früher von Cap heftigst kritisiert wurden. Auch prangerte der Redner an, dass die Zwangsmitgliedschaft zu den Kammern festgeschrieben werde. Es gehe um grundlegende Veränderungen des Rechtssystems und man habe gar nicht die Absicht, mit den Parlamentariern ausreichend inhaltlich darüber zu debattieren. Ein Rückverweisungsantrag bringt aus seiner Sicht nichts, denn spätestens am Donnerstag würde eine Entscheidung getroffen werden.

Abgeordnete Dr. KARL (V) bekräftigte, dass die ÖVP den Asylgerichtshof möchte und dass die Umwandlung des Unabhängigen Bundesasylamtes in einen ordentlichen Asylgerichtshof bei Justiz und Regierung schon länger im Gespräch sei. Bereits im Jänner 2006 forderten führende Juristen Österreichs die unverzügliche Einrichtung eines Asylgerichtshofes. Im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft zu den Kammern verwies die Rednerin darauf, dass die künftig verfassungsrechtlich verankerte Sozialpartnerschaft nicht nur auf die Wirtschafts-, Landwirtschafts- und Arbeiterkammer beschränkt sei. Die ÖVP, die die heutige Tagesordnung für zielführend und effektiv erachte, werde keiner Änderung der Tagesordnung zustimmen.

Abgeordneter Dr. CAP (S) räumte ein, dass die Terminplanung im Parlament geändert gehöre. Verfassungsmaterien sollten in Zukunft auch in die Begutachtung gehen. Sein Begehren habe er bereits deponiert, erklärte er. Die Sozialpartnerschaft habe in mehr als 50 Jahren Tolles geleistet. Er empfinde es anständiger, aus der Realverfassung eine Formalverfassung zu machen. Die Opposition werde von den Koalitionsparteien und der Regierung sehr wohl ernst genommen, unterstrich er.

Die Einwendungen gegen die Tagesordnung fanden keine Mehrheit. Somit blieb es bei der schriftlich ausgegebenen Tagesordnung.

Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek (G) hat das Verlangen gestellt, die schriftliche Anfrage 2492/J an den Bundeskanzler betreffend drohendes Milliardendebakel beim Klimaschutz für Österreich dringlich zu behandeln. – Der Aufruf der Dringlichen erfolgt um 15 Uhr.

Die Abgeordneten Parnigoni (S) und Kößl (V) haben beantragt, dem Innenausschuss zur Berichterstattung über die Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes eine Frist bis 5. Dezember 2007 zu setzen. – Die Abstimmung über diesen Antrag erfolgt nach Beendigung der Verhandlungen.

Die Abgeordneten Parnigoni (S) und Kößl (V) haben außerdem beantragt, dem Innenausschuss zur Berichterstattung über die Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes, des Grenzkontrollgesetzes und des Polizeikooperationsgesetzes eine Frist bis 5. Dezember 2007 zu setzen. Auch dieser Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen abgestimmt.

Der Vorsitz führende Präsident Dr. SPINDELEGGER erteilte G-Abgeordneter Lunacek einen Ordnungsruf, da sie Abgeordnetem Strache rassistische Haltung vorgeworfen hat.

Ein Maßnahmenpaket in den Bereichen Soziales und Gesundheit

Unter einem debattierte der Nationalrat eine Regierungsvorlage mit weitreichenden Änderungen im Gesundheitswesen, eine Änderung des Bundesbahn-Pensionsgesetzes und eine Vorlage im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich.

Abgeordnete CSÖRGITS (S) machte darauf aufmerksam, dass für fast 90 % der PensionsbezieherInnen eine "2" vor dem Komma stehe. Damit sei die Pensionserhöhung deutlich höher ausgefallen als von der Pensionskommission vorgeschlagen. Es sei immer klar gewesen, dass auch die Pensionisten an der guten wirtschaftlichen Situation in Österreich teilhaben sollen, unterstrich sie. Zum ersten Mal seit vielen Jahren wurde gemeinsam mit den Vertretern des Seniorenrates diskutiert und verhandelt. Gewinner der Pensionserhöhung seien vor allem Bezieher kleiner und mittlerer Pensionen. Dank der Sozialdemokraten in der Bundesregierung werden nun zum zweiten Mal die Mindestpensionen entscheidend erhöht. Die Rednerin hob auch hervor, dass es keine Einmalzahlungen gibt, weil sich diese nicht langfristig auswirkten; nur eine gestaffelte Regelung bringe nachhaltige Effekte im Pensionssystem und bei der Pensionserhöhung. Man habe bei der Regelung darauf Rücksicht genommen, dass das Pensionssystem auch langfristig finanzierbar bleibt. Es geht um keinen Anschlag auf die junge Generation.

Im Zusammenhang mit der sozialrechtlichen Gleichstellung der freien DienstnehmerInnen verwies Csörgits darauf, dass diese Regelung auf Druck der SPÖ zustande gekommen sei. Über 25.000 Personen befinden sich in einem freien Dienstverhältnis, mehr als 70.000 Personen – davon 40.000 Frauen - sind geringfügig beschäftigt. Deshalb sei es wichtig gewesen, für diese Personen einen Sozialversicherungsschutz zu erreichen.

Abgeordneter AMON (V) bezeichnete die Erhöhung der Pensionen im Ausmaß von 2,1 Prozent als erfreulich, insbesondere, wenn man bedenke, dass die Mindestpensionen sogar um 2,9 Prozent erhöht würden. Dies sei ein schöner Tag für die heimischen Pensionisten. Zu verdanken habe man diesen Schritt einerseits der guten Konjunktur und andererseits der Regierung Schüssel, welche die Basis dafür gelegt habe, dass Österreich heute so gut dastehe.

Auch in Zukunft werde seine Fraktion darauf achten, dass das System in der Balance bleibe, um die Pensionen auch für die Jugend zu sichern, schloss Amon, der schließlich auch Kritik am "Pensionistenbrief" des Bundeskanzlers übte, in dem die Sachverhalte seines Erachtens nicht wahrheitsgemäß wiedergegeben worden seien.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) zeigte sich hingegen nicht zufrieden mit dieser Vorlage, zumal hier wesentliche Elemente für eine ansprechende Reform fehlten. Er könne keinen Fortschritt in diesem Maßnahmenpaket erkennen, vielmehr fehle dieser Reform der erforderliche sozialpolitische Aspekt, wie sich konkret bei den Niedrigpensionen zeige, die primär Frauen bezögen, sodass hier eine Ungleichheit nicht nur fortgeschrieben, sondern sogar noch vertieft werde.

Eine degressive Pensionserhöhung sei im Prinzip positiv, aber dass ausgerechnet die ganz kleinen Pensionen, die "Frauenpensionen", vergessen wurden, sei unverzeihlich, so Öllinger, der gleichfalls Kritik daran übte, dass in Sachen Pflege entsprechendes Engagement ausgeblieben sei. Hier brauche es einen Plan, der das Pflegerisiko auch für die Zukunft absichere. Hier werde seine Fraktion den Minister nicht aus der Verantwortung entlassen, unterstrich der Redner.

Weiters brauche es ein leistungsfähiges, vor allem aber auch ein soziales Gesundheitssystem, und derlei könne man nicht erhalten, wenn das System ausgehungert werde. Hier setze die Politik der Regierung die völlig falschen Signale, und das sei inakzeptabel. Auch hier erwarte sich seine Fraktion mehr von der Regierung, schloss Öllinger.

Abgeordnete ROSENKRANZ (F) wies darauf hin, dass es immer mehr Menschen in diesem Lande gebe, denen es schwer falle, die Grundbedürfnisse zu befriedigen. Gerade vor diesem Hintergrund seien die Geschehnisse rund um die Gesundheitsvorsorge besonders zu beachten. Der Regierung falle hier wieder nur eine Beitragserhöhung ein, doch vielmehr wäre es erforderlich, eine Analyse vorzunehmen, wie es überhaupt zu einer solchen Anspannung und Überforderung des Gesundheitssystems gekommen sei.

Rosenkranz meinte, die Misere sei in der massiven Zuwanderung begründet, zumal vier Fünftel aller Einwanderer direkt in den Sozialtopf wanderten, und das könne kein Sozialstaat aushalten. Dieser werde durch die Zuwanderung nicht gestützt, er werde vielmehr durch diese vernichtet. Die Regierung müsse sich also entscheiden: Zuwanderung oder Sozialstaat.

Die Rednerin stellte einen Entschließungsantrag betreffend Erstellung einer Studie über die ökonomischen und sozialen Auswirkungen der Zuwanderung auf das heimische Sozialsystem und meinte, es sei die Aufgabe der Politik, ehe sie daran denke, neuerlich die Beiträge zu erhöhen, die eigenen Landsleute zu schützen und dafür zu sorgen, dass diese das ihnen Zustehende auch erhielten.

Abgeordneter WESTENTHALER (B) übte massive Kritik am "Pensionistenbrief" des Bundeskanzlers, wobei er darauf hinwies, dass Kanzler Vranitzky nur wenige Monate, nachdem er einen solchen Brief geschrieben hatte, zurückgetreten sei, was wohl kein gutes Omen für den jetzigen Kanzler sei. Weiteres kritisierte der Redner, dass die geplante Erhöhung der Pensionen nicht einmal der Inflationsrate entspreche, und vor diesem Hintergrund sei der Brief des Kanzlers eigentlich eine Schande, eine "Frechheit".

Man könne keinesfalls von einer fairen Pensionserhöhung sprechen, und überdies denke die Regierung nach wie vor nicht über eine ansprechende Pensionsreform nach. Man sollte die Menschen selbst entscheiden lassen, wann sie in Pension gehen wollten, trat der Redner für die Einrichtung eines Pensionskontos ein, bei dem jeder jederzeit sehen könne, wie viel Pension er zum jeweiligen Zeitpunkt bezöge. Dies wäre ein Modell der Zukunft, umso mehr, als das Umlagesystem erwiesenermaßen gescheitert sei.

Die Regierung belaste die Menschen fortlaufend, und noch dazu nütze dies überhaupt nichts, das System wanke als ganzes, diese Regierung sei dafür verantwortlich, dass der Hauch der sozialen Kälte durch die Heime der Österreicher wehe. Konkret brauche es einen Teuerungsausgleich, mit dem die Haushalte die Teuerung von Lebensmitteln, Medikamenten und Energie abgegolten bekommen sollten. In diesem Sinne brachte der Redner einen Entschließungsantrag ein, wonach die Regierung diesen Ausgleich den Bürgern anweisen sollte, wobei die Mittel von den EU-Beiträgen in Abzug zu bringen seien.

Bundesministerin Dr. KDOLSKY erläuterte die geplanten Maßnahmen auf dem Gebiet des Gesundheitswesens und meinte, die Regierung gehe konsequent den Weg der Reform des heimischen Gesundheitssystems weiter. Und sie sei sehr stolz darauf, dass in Österreich nicht auf Herkunft oder Hintergrund geachtet werde, sondern dass jeder Mensch in seinem Schmerz ernst genommen und entsprechend behandelt werde.

Man habe eine gesamthafte Finanzierung des Gesundheitsbereichs im Auge gehabt und sei mit den geplanten Maßnahmen auf diesem Wege einen großen Schritt weitergekommen, zeigte sich das Regierungsmitglied überzeugt, wobei die Rednerin in der Folge auf die Details der geplanten Maßnahmen einging und sich davon überzeugt zeigte, dass davon zahlreiche Menschen, vor allem Pensionisten und sozial Schwache, nachhaltig profitieren würden. Man habe zielorientierte Lösungen im Interesse der heimischen Bevölkerung im Auge, und man könne sagen, man sei auf dem richtigen Weg.

Abgeordnete Dr. OBERHAUSER (S) dankte der Ministerin für die emotionslose Aufzählung der Vorteile, die mit dieser Gesundheitsreform einhergingen. Sie konterkariere damit die Ausführungen von F und B, deren Politik die Situation im Gesundheitswesen maßgeblich mitverursacht habe.

Mit dieser Reform kehre man zurück zu einer sozialen und solidarischen Gesundheitsvorsorge, wovon die Bevölkerung nachhaltig profitieren werde, so die Rednerin, die einen Entschließungsantrag betreffend Heilmittelkosten einbrachte. Man habe zwar noch einen langen Weg zur Gesundung der heimischen Krankenkassen vor sich, aber sie sei sicher, dass dieser erfolgreich bewältigt werde.

Abgeordneter Dr. RASINGER (V) meinte, man dürfe Kranke nicht nach spezifischen Kriterien betrachten, denn derlei beginne mit einer Kategorisierung in Aus- und Inländer und ende in einer solchen nach "billigen" und "teuren" Patienten. Das heimische Gesundheitssystem sei hervorragend, und eine gute Gesundheitsversorgung müsse auch ihren Wert haben.

Insbesondere verwies der Redner auf die massiven Mängel des amerikanischen Gesundheitssystems und erteilte diesem eine eindeutige Absage. Auch in Deutschland weise der Gesundheitsbereich nennenswerte Nachteile auf, das heimische System sei vor diesem Hintergrund nachgerade vorbildlich, und dennoch strebe man nach weiterer Verbesserung, wozu die geplanten Maßnahmen gesetzt würden, schloss der Redner.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) zeigte sich hingegen skeptisch, ob die Pläne der Regierung die erhofften Erfolge zeitigen würden. Man habe nicht die Zeit für kosmetische Schritte, hier müsse rasch und effizient gehandelt werden. Vor diesem Hintergrund seien die Vorschläge der Regierung kein frischer Wind, sondern bestenfalls ein Lüfterl. Es gebe in einigen Bereichen nach wie vor eine Unterversorgung, hier müsse adäquat angesetzt werden, wobei man sich auch über die entsprechende Finanzierung Gedanken machen müsse.

Abgeordneter KICKL (F) sprach in Bezug auf das vorliegende Sozialpaket von einer verpassten Chance. Die gegenwärtige missliche Lage der Krankenkassen lasse die weitere negative Entwicklung erahnen. Bei der Regierung vermisse er Bemühungen um eine Reform an Haupt und Gliedern des Gesundheitswesens, so Kickl. Er übte auch heftige Kritik an der aus seiner Sicht zu geringen Erhöhung der Pensionen. Vor allem konnte er nicht verstehen, dass die Pensionen unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz lediglich um den niedrigsten Prozentsatz erhöht werden. Kickl brachte daher seitens der FPÖ einen Entschließungsantrag ein mit dem Ziel, diese Pensionen um 2,9 % zu erhöhen.

Abgeordnete HAUBNER (B) befürwortete zwar die Weiterführung der im Jahr 2005 begonnenen Gesundheitsreform, bemängelte aber fehlende Antworten auf die defizitäre Lage einiger Gebietskrankenkassen. Wenn man die Situation der Wiener Gebietskrankenkasse mit jener der oberösterreichischen vergleiche, so habe sie den Eindruck, in Wien werde Selbstverwaltung mit Selbstherrlichkeit und Selbstbedienung verwechselt. Sie forderte daher die Ministerin auf, ihren Spielraum zu nützen, um einheitliche Kriterien in Hinblick auf Behandlungsökonomie und Leistungsangebot festzulegen und einen einheitlichen Honorarkatalog für erbrachte Leistungen zu erstellen. Die geplante Erhöhung der Krankenkassenbeiträge um 0,15 % werde die missliche Lage der Krankenkassen nicht verbessern, so lange man nicht die vorhandenen Sparpotenziale nütze, sagte Haubner. Sie begrüßte auch die Deckelung der Rezeptgebühr, um gleichzeitig den bürokratischen Aufwand mit Zusatzkosten von 2 Mill. € zu kritisieren. Haubner hielt schließlich die Anhebung der Pensionen für zu gering und meinte, angesichts der vier verschiedenen Anrechnungsmodalitäten würden die BezieherInnen von kleinen Pensionen und die Frauen auf der Verliererseite stehen. Sie forderte daher einen Teuerungsausgleich.

Bundesminister Dr. BUCHINGER bekräftigte anfangs das Bemühen der Regierung, wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Gleichklang zu fördern und wies in diesem Zusammenhang auf das Wirtschaftswachstum von 3,4 %, auf den Rückgang der Arbeitslosigkeit und die Steigerung der Löhne und Gehälter hin. Er stehe für eine gerechte Verteilung des Wohlstands, sagte Buchinger und wies die Kritik einiger ExpertInnen zurück, die die Auffassung vertreten hatten, die Pensionsanpassung gefährde das System. Die Republik könne sich diese Pensionserhöhung leisten, unterstrich Buchinger und nannte Einmalzahlungen als den falschen Weg, da diese nicht nachhaltig die Inflation ausglichen. Was die von den Vorrednern kritisierte Anhebung der Pensionen unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz betrifft, so handle es sich dabei in den meisten Fällen um Teilpensionen, zu denen auch andere Pensionsanteile hinzukämen, oder um Pensionen, die an das Ausland bezahlt würden. In allen anderen Fällen könnte man einen Antrag auf Ausgleichszulage stellen, und dann würde es eine wesentlich höhere Anpassung geben. Buchinger bezeichnete abschließend die Rezeptgebühren als einen sozialpolitischen Meilenstein, der vor allem PensionistInnen zugute komme.

Abgeordneter SCHOPF (S) thematisierte die Deckelung der Rezeptgebühren, die für viele ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen von großer Bedeutung seien. Die Einsparungen könnten für kleine Einkommen bis zu einer Höhe von 900 € gehen, rechnete er vor. Derzeit würden die Rezeptgebühren für viele eine große Belastung darstellen, und zwar bis zu zehn Prozent ihres Gesamteinkommens. Schopf räumte jedoch ein, dass dies zu Mindereinnahmen bei den Krankenkassen und zu einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand führen werde. Er forderte Ministerin Kdolsky und Minister Molterer auf, Maßnahmen zu setzen, um die finanzielle Lage der Krankenkassen zu verbessern.

Abgeordnete Mag. AUBAUER (V) hielt den KritikerInnen der Pensionserhöhung entgegen, diese sei fair und gerecht. Die Erhöhungen gefährdeten auch nicht die Sicherheit der jungen Menschen, da die PensionistInnen ihr Geld im eigenen Land ausgeben und damit die Arbeitsplätze sicherten. Die Finanzierung der Pensionserhöhung sei auch aufgrund der unter der Regierung Schüssel vorgenommenen Reformen finanzierbar, merkte Aubauer an. Ältere Menschen wollten jedoch nicht nur eine faire Pensionserhöhung und Verbesserungen im Gesundheitswesen, was durch die nun zu bechließenden Gesetzesänderungen geschehe, sondern auch eine Betreuung daheim, die man sich leisten könne. Sie plädierte daher für eine Verlängerung der Pflegeamnestie, da die derzeitige Regelung nur Fragezeichen bringe und sich die meisten Menschen eine legale 24-Stunden-Pflege nicht leisten könnten.

Abgeordnete MANDAK (G) forderte ihre Vorrednerin auf, einen Antrag zur Verlängerung der Amnestie einzubringen, und warf der ÖVP vor, selbst der Regelung der 24-Stunden-Pflege zugestimmt zu haben. Auch Mandak übte Kritik an der geplanten Pensionserhöhung, vor allem in Hinblick auf die Pensionen unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz. Vehement forderte sie Reformen im Gesundheitswesen ein und sprach sich für einen Rechtsanspruch auf Rehabilitation sowie auf Pflege und Betreuung im Alter aus. Das derzeitige Agieren der Regierung bezeichnete sie als Trauerspiel auf dem Rücken der Betroffenen. Sie  wandte sich insbesondere gegen die Vermögensgrenze für den Zuschuss zur 24-Stunden-Pflege, zumal bereits die Vorsorge für Begräbniskosten und Zahnersatz die 7.000 € übersteigen würden. Mandak monierte auch, Pflegegeld für eine Betreuung zu gewähren, die weniger als sechs Monate notwendig ist, etwa nach einem Beinbruch älterer Menschen.

Abgeordnete Dr. BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) konnte keine Vorteile für PensionistInnen im Zuge der Pensionserhöhung erkennen, zumal diese auch erhöhte Krankenkassenbeiträge zu zahlen hätten. Sie befürchtete, an der defizitären Lage der Krankenkassen werde sich im nächsten Jahr nichts ändern, ja es drohe eine weitere Verschlechterung. Belakowitsch-Jenewein ortete bei den Gebietskrankenkassen weniger Managementprobleme, vielmehr sah sie die Ursache für die hohen Belastungen der Krankenkassen in der Massenzuwanderung. Mit der E-Card werde viel Missbrauch betrieben, stellte sie fest und brachte deshalb seitens der FPÖ einen Entschließungsantrag ein, wonach sämtliche verloren gegangenen E-Cards durch eine neue Karte mit Foto ersetzt werden sollten. Bei allen anderen E-Cards ist nach Ansicht der Freiheitlichen eine Ausweispflicht einzuführen. Die Abgeordnete forderte einmal mehr eine Studie ein, die untersucht, welche Kosten AusländerInnen dem Sozialsystem verursachen.

Abgeordneter DOLINSCHEK (B) widersprach dem Sozialminister und meinte, wirtschaftliche und soziale Entwicklung gingen keineswegs Hand in Hand. Die gegenwärtige Regierung habe die Modernisierung des Sozialstaates nicht weiter geführt, sodass sich bei den Löhnen und bei der Konsumnachfrage nur wenig bewege. Er forderte in diesem Zusammenhang einen Mindestlohn von 1.300 €. Dolinschek teilte die Kritik an der E-Card und schlug vor, statt der Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge eine Wertschöpfungsabgabe einzuführen. Positiv bewertete er die Verbesserungen für die freien DienstnehmerInnen sowie bei der betrieblichen Mitarbeitervorsorge. Auch die Deckelung der Rezeptgebühren fand seine Unterstützung, jedoch würde die Durchführung einen zu großen administrativen Mehraufwand erfordern.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) gab zu bedenken, dass nur wenige Menschen die Möglichkeit haben werden, ihre Pflegekosten steuerlich abzusetzen, während sich die meisten eine Legalisierung der Pflegerinnen gar nicht leisten können. Irritiert zeigte sich die Rednerin auch über die Aussage Kdolskys, Österreich habe überbordend viele Fachärzte. Die Gesundheitsministerin solle ihr drei ländliche Gemeinden nennen, in denen es eine Überzahl von Arztpraxen, die überdies auch noch barrierefrei zugänglich sind, gibt, sagte Haidlmayr.

Abgeordnete RUDAS (S) bekannte sich zur Pensionserhöhung und erwiderte auf Kritik daran, nicht die Erhöhung der Pensionen sei eine Gefahr für die Jungen, sondern Panikmache der Neoliberalen. Es gehe darum, der jungen Generation wieder das Vertrauen in die staatlichen Pensionen zurückzugeben, denn nur dadurch könnten die zukünftigen Pensionen gesichert werden. Wenn die ÖVP schon ihr Herz für die Jugend entdeckt, dann sollte sie lieber die Studiengebühren abschaffen und die Vermögensteuer wieder einführen, schloss Rudas.

Abgeordneter NEUBAUER (F) rechnete vor, die Pensionisten hätten in den letzten Jahren einen Realverlust von 1.400 € ertragen müssen, nun gebe es 18 € mehr im Monat, damit sei nicht einmal die Teuerung abgegolten, auf die Kleinstpensionen habe man überhaupt vergessen. Empört reagierte Neubauer vor diesem Hintergrund auf die Pensionsexperten, die in der Pensionserhöhung einen Anschlag auf die Jungen sahen.

Abgeordneter DONABAUER (V) warf ein, Österreichs Sozialpolitik sei nicht fehlerfrei, aber herzeigbar. Jeder, der über die Armut spricht, sollte wissen, dass unsere  Sozialquote 29 % des BIP ausmacht. Wesentlich war für Donabauer vor allem eine ausgewogene Sozialpolitik, die den Generationenvertrag respektiert.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) sprach sich gegen das Schüren eines Generationskonflikt aus, war sich aber klar über den Umstand, dass die künftigen Generationen sicherlich nicht mehr zu jenen Bedingungen in den Ruhestand treten werden, zu denen man heute noch in Pension gehen kann. Durch steuerliche Maßnahmen oder etwa eine Abflachung der Gehaltspyramide im öffentlichen Dienst sollte den Jungen die Möglichkeit geboten werden, in ihre Eigenvorsorge zu investieren, schlug er vor. Bei der Finanzierung des Gesundheitssystems rief Scheibner wiederum zu Einsparungen, aber auch zu einer Verstärkung der Gesundheitsvorsorge auf.

In einem Entschließungsantrag verlangte er regelmäßige Kontrollen der Einhaltung der Grenzwerte bei Handymasten.

Abgeordneter EHMANN (S) betonte, für eine flächendeckende Sicherung der Qualität im Gesundheitswesen sei eine reibungslose Zusammenarbeit aller Gesundheitsdienstanbieter notwendig. Dabei gelte es aber, Vorsicht bei der Verwendung personenbezogener Daten walten zu lassen.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) brachte einen Entschließungsantrag betreffend Ausgleich der finanziellen Mehrbelastungen der Krankenkassen ein, der u.a. die Abgeltung des Vorsteuerabzugs für die Krankenkassen vorsieht. In einem weiteren Entschließungsantrag forderte er die Anhebung des Ausgleichszulagenrichtsatzes auf das nach EU-Standards übliche Niveau der Armutsgefährdungsschwelle. Ein Abänderungsantrag Öllingers wiederum hatte die Anhebung der unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz liegenden Kleinstpensionen zum Inhalt.

Abgeordneter WÖGINGER (V) unterstützte die Pensionsanpassung, meinte aber, nun müsse es auch darum gehen, die finanzielle Situation der jungen Menschen zu verbessern. Hinsichtlich der Finanzierung des Gesundheitssystems übte er scharfe Kritik an der Wiener Gebietskrankenkasse, die er aufforderte, ihren Verwaltungsaufwand zu senken.

In einem Abänderungsantrag forderte Wöginger eine verpflichtende Verwendung der E-Card zur Auskunftserteilung in den Krankenanstalten.

Abgeordneter RIEPL (S) sprach ebenfalls die Situation der Gebietskrankenkassen an und erinnerte an Beitragsrückstände von Teilen der Wirtschaft. Er stellte zudem eine Verbreiterung der Beitragsgrundlage durch Einbeziehung der Kapitaleinkommen zur Diskussion.

Abgeordnete GRANDER (V) unterstrich die Bedeutung der mobilen Pflege zuhause. Wichtig war für die Rednerin aber auch, dass die Pflegeeinstufung durch Pflegesachverständige vorgenommen wird.

Abgeordneter MUCHITSCH (S) bekannte sich mit Nachdruck zur Selbstverwaltung im Gesundheitssystem und erteilte Bestrebungen in Richtung Umstellung auf private Krankenversicherungen eine klare Absage. Den Gebietskrankenkassen sollte vielmehr das Geld zurückgegeben werden, das ihnen die alte Bundesregierung entzogen hatte, meinte er.

Abgeordneter Dr. EDER (V) forderte in einem Abänderungsantrag die Aufnahme des Sanatoriums in Wörgl in den Privatkrankenanstaltenfinanzierungsfonds.

Abgeordnete HÖLLERER (V) erwartete sich von der 15a-Vereinbarung eine weitere Effizienzsteigerung des österreichischen Gesundheitswesens.

Abgeordnete RIENER (V) betonte den hohen Stellenwert der Vernetzung zwischen extramuralen und stationären Leistungen.

Abgeordnete DURCHSCHLAG (V) legte das Hauptaugenmerk in ihrer Wortmeldung auf die Stärkung der Zusammenarbeit der einzelnen Berufsgruppen im Gesundheitswesen sowie auf Gesundheitsförderung und Prävention.

Abgeordneter KOPF (V) verwies darauf, dass die Bevölkerung eines der besten , wenn auch eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt in Anspruch nehmen könne. 10,2 % des Bruttoinlandsproduktes werden für Gesundheit inklusive Pflege aufgewendet. Laut Kopf gibt es genug Geld im System. "Trotzdem kracht es im finanziellen Gebälk. Da stimmt etwas nicht." Das hat aber nichts mit Parteipolitik zu tun, sagte er, es gebe offenbar unterschiedliche Zugänge zur Wahrnehmung von Verantwortung. Jetzt brauche man angesichts der finanziellen Misere eine seriöse Ursachenforschung. Der Hauptverband gebe dem Rechnungshof durchaus recht, wenn der Rechnungshof feststellt, im eigenen Verantwortungsbereich der Kassen gebe es noch Potenziale der Effizienzsteigerung. Nicht recht gibt der Redner dem Rechnungshof hinsichtlich der vom Gesetzgeber verschuldeten Mindereinnahmen. In Österreich gebe es ein System der sozialen Krankenversicherung mit Selbstverwaltung, zu dem sich Kopf ausdrücklich bekennt. Er meinte, es zeige sich, dass Länder, die zur Finanzierung ihres Gesundheitssystems selbstverwaltete Krankenversicherungssysteme haben, unter dem Strich effizienter sind als rein steuerfinanzierte. Die Verantwortung könne sich nicht darin erschöpfen, dass man nur drohende finanzielle Engpässe aufzeigt. Man habe, bevor man den Ruf an die Politik richtet, "die verdammte Pflicht und Verantwortung", alle Möglichkeiten im eigenen Verantwortungsbereich auszuschöpfen.

Abgeordneter WESTENTHALER (B) meldete sich zur Geschäftsbehandlung  zu Wort und machte darauf aufmerksam, dass um 13.35 Uhr ein V-S-Abänderungsantrag und kurz vor 14 Uhr ein weiterer Abänderungsantrag der Regierungsparteien eingebracht wurde. Es sei völlig unakzeptabel, dass es nicht möglich sei, deren Inhalt zu überprüfen. Aus diesem Grund ersuchte der Redner, die Abstimmung über diesen Tagesordnungspunkt nach Abschluss des nächsten Tagesordnungspunktes vorzunehmen.

Abgeordneter BROSZ (G) schloss sich den Ausführungen seines Vorredners an und verwies darauf, dass es einen Konsens gibt, die Abstimmung, wenn dies von einer Fraktion verlangt wird, zu verlegen.

Abgeordneter Dr. SCHÜSSEL (V) meinte, man könne dem Wunsch der beiden Oppositionsparteien durchaus Rechnung tragen. Der eine Abänderungsantrag beziehe sich auf das Krankenhaus Wörgl, der zweite Antrag beinhalte eine Klarstellung.

Abgeordneter WEINZINGER (F) schloss sich namens seiner Fraktion dem Begehren an und forderte die Koalition auf, Zusatzanträge in Zukunft "zeitgünstiger" einzubringen.

Abgeordneter BROUKAL (S) war mit der vorgeschlagenen Vorgangsweise einverstanden.

Die Vorsitz führende Präsidentin Dr. GLAWISCHNIG-PIESCZEK gab bekannt, die Abstimmung werde nach der Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 4 und 5 erfolgen. Tatsächlich wurde dann aber erst im Anschluss an die Dringliche Anfrage abgestimmt. Dabei wurde die Regierungsvorlage in der Fassung der V-S-Abänderungsanträge bzw. der diesbezüglichen Zusatzanträge in dritter Lesung mehrheitlich angenommen, die oppositionellen Anträge blieben in der Minderheit. Der S-V-Entschließungsantrag fand hingegen ebenso eine Mehrheit wie die Pensionsgesetznovelle und die Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG. Auch in diesem Punkt blieben der eingebrachte B-Entschließungsantrag in der Minderheit.

(Schluss Sozialpaket/Forts. NR)