Parlamentskorrespondenz Nr. 961 vom 05.12.2007

Heftige Plenardebatte über Verfassungsbereinigung und Asylgerichtshof

BZÖ-Misstrauensantrag gegen Justizministerin Berger abgelehnt

Wien (PK)- Nationalratspräsidentin Mag. PRAMMER gab eingangs der 41.  Plenarsitzung die Vorlage eines Dringlichen Antrages (491/A) der FPÖ  zur Verbesserung des Schutzes Minderjähriger vor Gewaltanwendung und Missbrauch und eines Fristsetzungsantrages zu deren Entschließungsantrag 11/A(E) betreffend "gläserne Parteikassen" bekannt. Über die beiden Anträge wird das Plenum ab 15 Uhr verhandeln.

Unter einem wurden ein Erstes Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz und das Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz verhandelt.

Abgeordneter Dr. CAP (S) räumte gegenüber der Kritik der Opposition vorweg ein, eine Begutachtung der beiden Vorlagen wäre gut gewesen, machte zugleich aber auf die jahrelangen Debatten über die Einrichtung eines Asylgerichtshofes aufmerksam. Beim Thema Asyl wandte sich der SP-Klubobmann einmal mehr gegen illegale Einwanderung und hielt fest: "Recht muss Recht bleiben". Wer seine Heimat verlassen müsse, weil er aus politischen, ethnischen oder religiösen Gründen verfolgt werde, habe Recht auf Asyl und ein Recht darauf, dass sein Antrag ernst genommen und in einem menschlich zumutbaren Zeitraum behandelt werde. Man dürfe laut Cap aber auch nicht übersehen, dass es Menschen gebe, die ihre Heimat freiwillig verlassen, um in die Wohlstandszonen Europas auszuwandern. Viele dieser Menschen versuchten, die Asylgesetzgebung auszunützen. Wer dies für verständlich halte, weil Menschen dem Hunger in Afrika nach Europa entkommen wollten, sollte bedenken, dies sei eine Frage der Weltwirtschaftsordnung, eine Aufgabe für die Weltbank - man könne von einem kleinen Land wie Österreich nicht verlangen, allein globale Probleme zu lösen.

Der Asylgerichtshof werde mehr Rechtsschutz bieten als bisher, werde eine Beschleunigung der Verfahren bringen und insgesamt durch die Einführung von Zweirichter-Senaten eine neue Qualität der Rechtsprechung ermöglichen. Der Instanzenzug bleibe, wie im Wahlkampf von der SPÖ versprochen, zweigliedrig. Auch das Personal der ersten Instanz werde massiv ausgebaut, um die Qualität der Entscheidungen zu verbessern. Schließlich werden die Erfahrungen mit den Entscheidungen des Asylgerichtshofs evaluiert werden, um zu überprüfen, ob die Erwartungen, mit denen dieser Gerichtshof eingerichtet wird, tatsächlich erfüllt werden.

Auch die verfassungsrechtliche Regelung der Sozialpartnerschaft, über die seit 50 Jahren debattiert werde, sei richtig. Der SP-Klubobmann erinnerte an die Erfolge der Sozialpartnerschaft und wertete ihre Implementierung in die Bundesverfassung als "Zugang der Realverfassung in die Formalverfassung".

Abgeordneter Dr. SCHÜSSEL (V) sah die Streichung von 1.000 Verfassungsbestimmungen als Ergebnis des Österreich-Konvents, das zwischen den Parteien im Wesentlichen unbestritten sei. Dazu komme die Verankerung der Volksanwaltschaft in der Bundesverfassung und ihr Recht, Fristsetzungsanträge zu stellen, womit aber keineswegs in die Rechtsprechung eingegriffen werde. Dr. Schüssel begrüßte auch die Aufnahme der Sozialpartner in die Verfassung, wodurch die Kontrollrechte über die Sozialpartner gestärkt und die demokratische Zusammensetzung der Selbstverwaltung festgeschrieben werde. Dadurch ändere sich praktisch nicht viel, die diesbezügliche Aufregung halte er daher für überflüssig, sagte Schüssel, der auch vereinfachte Verfahren bei der Ratifizierung von Staatsverträgen mit qualifizierter Mehrheit für sinnvoll hielt. 

Die Einrichtung eines Asylgerichtshofs begründete Abgeordneter Schüssel mit einer neuen Entwicklung der letzten Jahrzehnte, die die Zahl der Flüchtlinge, die auf Dauer in Österreich bleiben wollen, stark vermehrt habe. Österreich verzeichne relativ mehr Flüchtlinge als Länder wie Deutschland und Kanada. Daher sei es notwendig, die Verfahren zu beschleunigen und den Innenminister beim Thema "zirkuläre Migration" auf europäischer Ebene zu unterstützen.

Die Forderung nach Offenlegung der Abgeordneten-Bezüge unterstützte Dr. Schüssel überall dort, wo öffentliche Gelder bezahlt werden. Private Einkünfte der Abgeordneten aber seien schützenswert, sagte Schüssel und bedauerte in diesem Zusammenhang ausdrücklich den Rücktritt des SP-Abgeordneten Kurt Eder.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) zeigte sich tief besorgt über den Zustand des Parlamentarismus in Österreich und warf den Regierungsparteien vor, mit ihrer rot-schwarzen Packelei die Bundesverfassung mit Füßen zu treten. SPÖ und ÖVP hätten den Oppositionsabgeordneten jeden Dialog über die vorliegenden Verfassungsänderungen verweigert und peitschten die Vorlagen nun gegen den Protest der betroffenen Gruppen und gegen massive Bedenken von Präsidenten der Höchstgerichte durch das Hohe Haus. Eine Expertengruppe, bestehend aus wenigen SP-Verfassungsjuristen und Nationalratspräsident a.D. Khol hätte die Entwürfe geliefert, die ohne Begutachtung in den Verfassungsausschuss gelangten und von dort ohne jede Änderung in das Plenum weitergeleitet wurden. Nicht einmal die Justizministerin habe Zeit und Gelegenheit gehabt, die geplanten Änderungen zu lesen, berichtete Abgeordnete Glawischnig-Piesczek.

Die "Krokodilstränen" des SPÖ-Klubobmanns und Fraktionsführers im Verfassungsausschuss seien überflüssig, sagte die Rednerin. Asylwerber würden mit einem Federstrich vom Instanzenzug zum Verwaltungsgerichtshof ausgeschlossen, kritisierte die Abgeordnete. Überdies sei die vorliegende Verfassungsbereinigung unvollständig. Es fehle eine zeitgemäße Grundrechtsreform, eine Neuordnung des Föderalismus. Rechtsschutz, Demokratie und parlamentarische Kontrolle würden nicht ausgebaut, sondern abgebaut. Die schon beschlossene Verlängerung der Gesetzgebungsperiode diene der Regierung, während die Staatsbürger nun keine neuen direkt demokratischen Instrumente und die parlamentarische Opposition keine Möglichkeit erhalte, Untersuchungsausschüsse einzurichten. Abschließend unterstrich Abgeordnete Glawischnig-Piesczek die Forderung ihrer Partei nach gläsernen Parteikassen sowie nach dem Recht der Wähler zu wissen, von wem die Abgeordneten in ihrer Freizeit finanziert werden.

Abgeordneter Dr. FICHTENBAUER (F) zitierte einleitend die Aussage des Verfassungsrechtlers Mayer, der angesichts der vorliegenden Verfassungsänderung von einem "Eselstritt gegen den Rechtsstaat" gesprochen habe. Mit Ausnahme der Einrichtung des Asylgerichtshofs, der von seiner Fraktion unterstützt werde, wandte sich auch Abgeordneter Fichtenbauer gegen die überfallsartig eingebrachten "Übeltaten der Regierungsparteien". Die Implementierung der Sozialpartner in die Bundesverfassung lasse die Verfassungsväter Kelsen und Renner im Grab rotieren, meinte Fichtenbauer und fühlte sich inhaltlich wie auch durch die Vorgangsweise - nicht öffentlich arbeitende Verfassungsexperten - an die ständische Verfassung des Jahres 1934 erinnert.

Die Möglichkeit der Volksanwälte, Fristsetzungsanträge bei Gericht zu stellen, wertete Fichtenbauer als einen Verstoß gegen die Gewaltentrennung. Mit der Einführung eines einfachen Verfahrens zur Änderung von Staatsverträgen würden Verfassung und demokratisches Prinzip ausgehöhlt.

Zur vielgerühmten Verfassungsbereinigung gehörten auch Aufhebungen, von denen eigenartige politische Signale ausgehen, kritisierte Fichtenbauer weiter, etwa beim Adelsaufhebungsgesetz - die SPÖ sollte sich fragen, ob dies mit ihrer republikanischen Grundgesinnung vereinbar sei.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) schloss sich seinem Vorredner an, bekundete Zweifel an der Selbstkritik und Besserungsabsicht des Abgeordneten Cap und erinnerte daran, wie die Vorgängerregierung der großen Koalition für die Verfassungsreform einen Konvent unter Teilnahme aller Oppositionsparteien und der Sozialpartner eingesetzt habe. Die jetzige Regierung beschränke sich hingegen darauf, "ein paar Experten im stillen Kämmerlein über Verfassungsänderungen beraten zu lassen".

Positiv sah Abgeordneter Scheibner die Verfassungsbereinigung, die bereits vom Österreich-Konvent vorbereitet wurde, ihm fehlten aber Vorkehrungen dagegen, mit Zweidrittel-Mehrheit einfache Gesetze durch Verfassungsbestimmungen der Kontrolle des Verfassungsgerichtshofes zu entziehen.

Der Asylgerichtshof sei notwendig, um zu verhindern, dass - wie in der Vergangenheit - Tausende Fälle liegen bleiben, sowie dafür zu sorgen, dass tatsächlich nur jene Asyl bekommen, die Asylgründe haben. Auch Abgeordneter Scheibner kritisierte das vereinfachte Ratifizierungsverfahren bei Staatsverträgen und legte einen Abänderungsantrag seiner Fraktion mit folgenden Punkten vor: schärferes Anforderungsprofil für Asylrichter und die Möglichkeit, über EU-Verträge Volksabstimmungen abhalten zu können. Die Aufnahme der Sozialpartner in die Bundesverfassung lehne das BZÖ ab, führte Scheibner schließlich aus. Die dafür vorgelegte Bestimmung sei unpräzise, sie definiere nicht einmal, was ein Sozialpartner sei. Sie würde es sogar zulassen, "die Anklagebank beim BAWAG-Prozess mit der Finanzmarktaufsicht zu beauftragen, wenn man sie diese als Selbstverwaltungskörperschaft definiert", kritisierte Scheibner pointiert.

Bundeskanzler Dr. GUSENBAUER sprach von einem umfassenden Verfassungspaket, das im wesentlichen das Ergebnis der Diskussionen des Konvents sei. Da sich herausgestellt habe, dass eine grundsätzliche Reform der Bundesverwaltungsgerichtsbarkeit zumindest noch über zwei Jahre dauern würde, habe sich die Regierung entschlossen, den Asylgerichtshof vorzuziehen. Dies sei deshalb dringend notwendig, da es einen Rückstau von ca. 34.000 offenen Asylverfahren, davon allein 4.000 beim Verwaltungsgerichtshof, gebe, informierte der Bundeskanzler. Der Rückstau soll bis zum Jahr 2010 abgebaut werden und die Asylverfahren sollen insgesamt nicht länger als 18 Monate dauern. Gusenbauer wies darauf hin, dass es bei den Asylverfahren sehr hohe Berufungsquoten gibt, sie liegen derzeit bei 90 %. Außerdem erheben 50 % der Aslywerber, die einen negativen Bescheid des UBAS haben, Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof. Die häufigsten Gründe für die Aufhebung der UBAS-Bescheide sind dabei vor allem in Formalfehlern beim Verfahren zu suchen. In den Jahren 2004 bis 2007 gab es übrigens 41 Fälle (von insgesamt 4.740), in denen aufgrund der Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes Asyl gewährt wurde, wobei dies nur in 14 Fällen auf eine andere Beurteilung der Situation im Heimatland durch den VwGH zurückzuführen ist. Es sei daher seiner Meinung nach nicht korrekt, dass mit der neuen Konstruktion bewusst eine Absenkung der Anerkennungsquote betrieben wird.

Sodann ging der Bundeskanzler auf die Zusammensetzung und die Struktur des Asylgerichtshofes ein, wo in zwei Kammern zu je zwei Richtern entschieden wird. Dies sei eine wesentliche Verbesserung zum aktuellen System. Gerade die im Asylverfahren so bedeutende Frage der Würdigung des Sachverhalts werde in Hinkunft nicht mehr von einem Einzelrichter durchgeführt, sondern von einem Senat. Um im Hinblick auf gleichgelagerte Fälle besser entscheiden zu können, wurde das Institut der Grundsatzentscheidung eingeführt. Der Verwaltungsgerichtshof bleibe weiterhin das in Asylrechtsfragen maßgebliche Höchstgericht und auch der Instanzenzug bis hin zum Verfassungsgerichtshof werde nicht eingeschränkt, unterstrich Bundeskanzler Gusenbauer. Ein weiterer wichtiger Punkt sei, dass die Vertretungsregelung – in Abstimmung mit den NGOs - bewusst niederschwellig angesetzt wurde. Was das Personal betrifft, so wird der Asylgerichtshof um 24 Richter aufgestockt, er ist somit der größte Gerichtshof der Republik Österreich. Insgesamt werden im Asylbereich 160 Personen zusätzlich aufgenommen. Gusenbauer war davon überzeugt, dass mit der Neukonstruktion des Asylgerichtshofes ein seit langen Jahren ungelöstes Problem entschärft und gelöst wird.

Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) befasste sich zunächst mit dem Rechtsbereinigungsgesetz, das sehr zweckdienlich sei. Was den Asylgerichtshof angeht, so erinnerte er daran, dass Österreich mehrmals vom Europäischen Gerichtshof wegen überlanger Verfahrensdauer verurteilt wurde. Wichtig war es jedoch auch, dass es nicht nur zu einer Verkürzung der Verfahren kommt, sondern dass gleichzeitig auch die Einhaltung der rechtlichen Standards gewährleistet wird, was seiner Meinung nach auch gelungen sei. Außerdem werde der Verwaltungsgerichtshof in Grundsatzentscheidungen nach wie vor eingebunden, unterstrich Wittmann. 

Abgeordneter Mag. KUKACKA (V) erinnerte zunächst an die positiven Auswirkungen des letzten Fremdenrechtspakets, das eine klare Abgrenzung zwischen Asyl und Zuwanderung vorgenommen hat. Er räumte ein, dass es im Asylbereich einen Rückstau bei den Verfahren gibt. Allerdings wurde bereits im letzten Jahr aufgrund der Aufstockung des Personals eine Trendumkehr erreicht, es gebe um 5.800 offene Verfahren weniger als im Jahr 2006. Mit der Installierung des Asylgerichtshofes, der ab Juli 2008 seine Tätigkeit aufnehmen wird, werde heute nun der nächste wichtige Schritt gemacht.

Wer in Österreich einen Asylantrag stellt, müsse ein Recht auf ein anständiges und korrektes Verfahren haben, betonte Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G). Bis dato hatten Asylwerber, die auch in zweiter Instanz abgelehnt wurden, die Möglichkeit, bis zum Verwaltungsgerichtshof zu gehen, wo jeder fünfte Mensch Recht bekommen hat. Wenn es der Regierung wirklich um eine Beschleunigung der Verfahren gegangen wäre, dann hätte man substantiell die erste Instanz verstärken und in Personal, Ressourcen und Ausbildung investieren müssen. Es wurde aber das Gegenteil erreicht, kritisierte die Rednerin, nämlich die Rechtsstaatlichkeit ausgehöhlt und die Menschenrechte noch weiter in Frage gestellt; dies sei absolut unwürdig. Weinzinger fragte sich auch, warum es praktisch keinen namhaften Experten in Österreich gibt, der das neue System lobt.

Wenn man die bisherige Debatte Revue passieren lasse, dann falle auf, dass fast nur von den Asylanten die Rede sei, aber nicht von den Österreichern, die viele Millionen Euro für dieses System zahlen müssen, zeigte Abgeordneter Dr. ASPÖCK (F) auf. Allein aus dem Grundversorgungsvertrag entstehen jährliche Kosten in der Höhe von 200 Mill. € für die Asylanten. Seine Fraktion spreche sich aus grundsätzlichen Überlegungen für die Einrichtung des Asylgerichtshofs aus. Einerseits soll der Asylwerber möglichst rasch erfahren, ob die von ihm angegebenen Gründe als richtig und echt anerkannt werden oder ob er sich als Scheinasylant darstellt. In einem Entschließungsantrag forderte er zudem den Bundeskanzler auf, den EU-Reformvertrag nicht zu unterzeichnen. Ein weiterer Entschließungsantrag betraf die Durchführung einer Volksabstimmung über den Vertrag von Lissabon.

Abgeordneter WESTENTHALER (B) kam auf ein Interview der Zeitschrift "Falter" mit der Justizministerin zu sprechen, wo Berger gesagt hat, dass sie keine Gelegenheit hatte, die umfangreiche Tischvorlage zum Asylgerichtshof genau zu lesen. Dies sei eine unverantwortliche Regierungspolitik und eine Verhöhnung der Gesetzgebung. Auch der Sicherheitssprecher der ÖVP, Abgeordneter Donnerbauer, habe darauf bereits in einer Presseaussendung reagiert und gemeint, die Glaubwürdigkeit Bergers sei massiv in Frage gestellt. Es sei daher ganz klar, dass auch das BZÖ heute sein Misstrauen, und zwar in Form eines Antrags, gegenüber der Justizministerin Berger ausdrückt, da sie einerseits bei Gesetzesinitiativen betreffend die Gewalt gegen Kinder wegschaut, dafür aber Strafhäftlinge freilässt. Der Gesetzesvorlage zum Asylgerichtshof stimme seine Fraktion zu, allerdings sollte noch einmal ausführlich und ordentlich darüber diskutiert werden. Westenthaler stellte daher einen Antrag auf Rückverweisung an den Verfassungsausschuss. Schließlich sprach er sich noch vehement dagegen aus, den Kammernzwang in den Verfassungsrang zu heben.

Die heutige Novelle stelle die Vervollständigung des Fremdenrechtspakets 2005, das eine bedeutende Entlastung und eine eindeutige Trennung zwischen Asyl und Zuwanderung brachte, dar, erklärte Bundesminister PLATTER. Die Zahl der Asylanträge – im Jahr 2005 gab es 22.500 – konnte dadurch um 40 % gesenkt werden. Mit der Beschlussfassung über den Asylgerichtshof sei gewährleistet, dass die Verfahren nun so rasch wie möglich abgeschlossen werden, was nicht nur für die Asylwerber selbst gut sei, sondern für alle Österreicher. Was das Bundesasylamt betrifft, das von vielen immer kritisiert wird, so erinnerte Platter daran, dass es von der Direktorin des UNHCR in Europa ganz besonders gelobt und als Vorbild bezeichnet wurde.

Selbstverständlich bekommen in Hinkunft auch all jene Personen Asyl, die es brauchen, betonte Platter. Ein internationaler Vergleich in Bezug auf die Anerkennungsquoten belege, dass Österreich sehr großzügig und sensibel vorgehe. Es sei sicher nicht richtig, dass Österreich nicht hilfsbereit ist, entgegnete Platter den Kritiker, denn allein in den letzten 20 Jahren wurde 800.000 Menschen die Möglichkeit gegeben, in Österreich zu bleiben. Es könne aber nicht angehen, dass unter dem Deckmantel des Asyls Zuwanderung ermöglicht wird. Sorge bereite ihm auch die Tatsache, dass ein Teil der Asylwerber diesen Schutz missbrauchen und strafbare Handlungen begehen.

Abgeordneter PARNIGONI (S) bezeichnete den neuen Asylgerichtshof als einen großen Fortschritt, der auf höchster rechtsstaatlicher Ebene garantiere, dass AsylwerberInnen rasch Bescheide erhalten. Parnigoni zufolge ist die Rechtsstaatlichkeit auch dadurch voll gegeben, dass die Betroffenen das Recht auf Anhörung vor zwei RichterInnen bekommen, und wenn diese keine Einigung erzielen können, ein fünfköpfiger Richtersenat hinzugezogen wird. Es seien auch Anregungen von den NGOs aufgenommen worden, fuhr Parnigoni fort, und zusätzlich gebe es ein umfassendes Personalpaket, um die im Asylverfahren beteiligten Institutionen personell ausreichend auszustatten. Unterstrichen wurde vom Redner die Tatsache, dass man in Zusammenarbeit mit deutschen Behörden auf eine tagesaktuelle Staatendokumentation werde zugreifen können, was auch eine wichtige Entscheidungshilfe darstelle. Das letzte Wort bei Grundsatzentscheidungen werde der Verwaltungsgerichtshof haben, so die Begründung Parnigonis für seine Zustimmung zur Regelung des Asylgerichtshofs.

Kurz nahm Parnigoni auch zur Aufnahme der Sozialpartner in die Verfassung Stellung und meinte, diese hätten einen wesentlichen Beitrag zur positiven Entwicklung der Republik geleistet.

Abgeordneter Dr. SONNBERGER (V) ging ebenfalls auf die verfassungsrechtliche Verankerung der Sozialpartner ein und verlangte von SP-Kalina eine Entschuldigung für dessen Aussage über den Bauernbund.

Er wandte sich dann dem Asylgerichtshof zu und betonte, man müsse Asyl und Zuwanderung unterscheiden und illegale Zuwanderung unterbinden. AsylwerberInnen hätten ein Recht auf schnellere Verfahren und der neue Asylgerichtshof bringe einen besseren Rechtszugang und stelle damit einen Qualitätssprung dar. Sonnberger führte die gleichen Argumente wie sein Vorredner ins Treffen. Ein berechtigtes Ziel ist laut Sonnberger auch die Entlastung des Verwaltungsgerichtshofes.

Abgeordneter Mag. STEINHAUSER (G) sprach im Zusammenhang mit dem Asylgerichtshof von einem "Skandal" und einer "diskriminierenden Gesetzgebung", da den AsylwerberInnen die Möglichkeit genommen werde, Rechtsschutz beim Verwaltungsgerichtshof zu suchen. Es sei zwar richtig, dass die Asylverfahren viel zu lange dauern, der Entzug der Rechtssicherheit stelle aber den falschen Weg dar. Grund für die langen Verfahren sei die chronische personelle Unterbesetzung der ersten und zweiten Instanz, sagte Steinhauser, und die mangelnde Qualität der Bescheide. Auf keinen Fall aber trage der Verwaltungsgerichtshof Schuld an der Verzögerung, da dort der überwiegende Teil der Asylverfahren innerhalb eines halben Jahres erledigt werde. Auch Steinhauser übte scharfe Kritik an Justizministerin Berger im Zusammenhang mit dem Gesetz.

Abgeordneter Dr. HAIMBUCHNER (F) lehnte die Verankerung der Sozialpartner, einer Schattenregierung, wie er sagte, in der Verfassung dezidiert ab. Es werde nicht einmal definiert, wer unter diesen Begriff falle, Hauptsache sei offensichtlich die Zwangsmitgliedschaft und die Zwangsbeglückung. So praktiziere man es ja auch beim EU-Reformvertrag, wo man es ablehne, das Volk zu befragen, so Haimbuchner.

In Bezug auf das Asylwesen zeigte er sich "bestürzt" über die Grünen und deren "esoterischen Fundamentalismus". Diese hätten eine "ethnisch selektive Wahrnehmung", sagte er. Man müsse die österreichische Bevölkerung vor kriminellen Asylwerbern schützen, bemerkte er und wies auch darauf hin, dass es in Österreich grundsätzlich einen zweigliedrigen Instanzenzug gibt.

Abgeordneter Mag. DARMANN (B) merkte zunächst an, dass das Fremdenrechtspaket 2005 gut gegriffen habe und der Asylgerichtshof nun einen nächsten Schritt darstelle. Schnellere und korrektere Verfahren seien schon deshalb ein Gebot der Stunde, weil diese von den österreichischen SteuerzahlerInnen finanziert würden. Kritik übte er am Besetzungsmodus des Asylgerichtshofs, wo der Bundesregierung das Vorschlagsrecht zustehen soll. Nach Auffassung des BZÖ sollte dieses Vorschlagsrecht an den Verwaltungsgerichtshof gehen. Darüber hinaus monierte er ein strengeres Anforderungsprofil für die RichterInnen und vertrat die Auffassung, wenigstens ein Drittel müsste über eine Befähigung zum Richterstand verfügen.

Darmann thematisierte auch die Abschaffung des zweistufigen Verfahrens bei Staatsverträgen und warf der Regierung vor, das Volk nicht mehr mitbestimmen zu lassen. In Kärnten werde man daher zum EU-Reformvertrag eine Volksbefragung durchführen, kündigte Darmann an.

Abgeordneter BROUKAL (S) räumte ein, dass seine Zustimmung zum Asylgerichtshof das Ergebnis einer Abwägung schwerwiegender Argumente dargestellt habe. Eine Beschleunigung der Verfahren sei notwendig, um jenen, die es brauchen, auch das Asylrecht zu gewähren und diese von denen zu unterscheiden, die aus krimineller Berechnung ins Land kommen. Auch wenn der Weg zum Verwaltungsgerichtshof beschnitten werde, so sei er, Broukal, zur Überzeugung gelangt, dass der Asylgerichtshof eine Verbesserung der Verfahren bringen werde. Durch dessen Konstruktion wiege der Wegfall der dritten Instanz weniger schwer, sagte Broukal. Dazu komme, dass Minister Platter davon Abstand genommen habe, in Einzelfällen von außen zu intervenieren und nur mehr in Grundsatzfragen den Verwaltungsgerichtshof befragt, was aber keinen Einfluss auf den Anlassfall haben wird. Leichte Kritik übte er am UNO-Flüchtlingshochkommissar, den man nicht dazu bringen habe können, Grundsatzentscheidungen an den Verwaltungsgerichtshof heranzutragen.

Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) beurteilte die Änderungen und Ergänzungen zur Verfassungsbereinigung als richtig. Er verteidigte die Hereinnahme der Sozialpartner und wies darauf hin, dass es der Konvent gewesen sei, der sich für institutionelle Verfassungsregeln entschieden habe. Auch der Bundespräsident habe sich dazu positiv geäußert, sagte Mitterlehner. Mit der nunmehrigen Regelung werde nur der Status quo bestätigt, so sein weiteres Argument, und sowohl der EuGH als auch der Menschenrechtsgerichtshof hätten keinerlei Einwände gegen die Pflichtmitgliedschaft in den Kammern. Die Absicherung schade niemanden, so Mitterlehner, sie nütze nur der Klärung und deshalb sollte man sich wieder wichtigeren wirtschaftspolitischen Fragen zuwenden. Scharfe Kritik kam von Mitterlehner in Richtung des liberalen Abgeordneten Alexander Zach.

Abgeordnete ZWERSCHITZ (G) widersprach heftig und meinte, die Rolle der Sozialpartner in der Verfassung bringe keine Klärung, sondern ermögliche einen großen interpretatorischen Spielraum.

Der Focus ihrer Rede lag jedoch auf dem Asylgerichtshof, der die Probleme des Fremdenrechtspakets ihrer Meinung nach nicht löse. Denn was fehle, das sei eine entsprechende Versorgung von Familien und Unterbringung von Kindern und Jugendlichen. Sie erinnerte auch an in der Öffentlichkeit bekannte AsylwerberInnen, die nur deshalb in Österreich bleiben durften, weil ihnen der Verwaltungsgerichtshof Recht gegeben hat. In einem Rechtsstaat müssen die Entscheidungen auch geprüft werden können, betonte Zwerschitz, gerade in einem so wichtigen Bereich, wo es um Menschenrechte geht. Der Regierung gehe es aber nur darum, auf Kosten der Menschenrechte Geld zu sparen, und eine solche Vorgangsweise sei unserer Verfassung unwürdig.

Abgeordneter Dr. GRAF (F) stellte anlässlich der Redezeitbeschränkung während der Fernsehübertragung die Redezeitbeschränkungen der Abgeordneten allgemein zur Diskussion. Dies sei ein Zeichen dafür, wie mit Abgeordneten umgegangen werde, und diese Tendenz sei seit der Geschäftsordnungsreform 1997 zu beobachten. Wenn man aber Rechte der Abgeordneten einschränke, so schränke man auch die Rechte der BürgerInnen ein, sagte Graf. Das sei bei Fragen, die fundamental das Zusammenleben in der Republik betreffen, besonders gravierend. Der Regierung warf er vor, in die Verfassung nur mehr parteipolitische Interessen festzuschreiben. Er kritisierte weiters die Hereinnahme des passiven Ausländerwahlrechts bei der Hochschülerschaftswahl und folgerte daraus, der österreichischen Staatsbürgerschaft bleibe nichts anderes mehr vorbehalten außer die Wehrpflicht.

Abgeordneter BUCHER (B) hat sich seinen Aussagen zufolge eine wirkliche Verwaltungsreform erhofft, er sei aber enttäuscht worden. Auch er nahm kritisch zur Hereinnahme der Kammern in die Verfassung Stellung und bezeichnete dies als eine "Verstaatlichung der Sozialpartnerschaft". Offensichtlich wolle man diese nun etwas ruhigstellen, nachdem die ÖVP-BZÖ-Regierung die Sozialpartner etwas zurückgedrängt hatte. Das sei eine Geringschätzung der Fleißigen und Tüchtigen, meinte Bucher, und komme einer sträflichen Vernachlässigung der Demokratie gleich.

Abgeordneter WEINZINGER (F) empfand es als eine Drohung, wenn man vom Ersten Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz spricht. Die Bereinigung erfolge zum Wohl der Regierung, so seine Interpretation, und angesichts der Ablehnung, über den EU-Reformvertrag eine Volksabstimmung abzuhalten, frage er sich, warum man die Verfassung nicht auch gleich von der Bestimmung bereinige, wonach das Recht vom Volk ausgeht.

In Bezug auf den Asylgerichtshof zeigte Weinzinger kein Verständnis für die Argumente der Grünen angesichts des "unglaublichen" Asylmissbrauchs. Im Hinblick darauf, dass Österreich von sicheren Staaten umgeben sei, dürften keine AsylwerberInnen mehr kommen, folgerte er, so dass diejenigen, die tatsächlich kommen, im Bewusstsein die Grenze überschreiten, dass sie keine echten AsylwerberInnen sind. Die rechtlichen Möglichkeiten, die Verfahren zu verkürzen, wurden von Weinzinger begrüßt.

Für Abgeordneten Dr. JAROLIM (S) war die Umsetzung des Gesetzes über den Asylgerichtshof "alles andere als glücklich". Kein Verständnis zeigte er vor allem auch für die Kritik von Verfassungsgerichtshofpräsident Korinek, wobei er in diesem Zusammenhang daran erinnerte, dass der Verfassungsgerichtshof keinerlei Stellungnahme zu dem Gesetz abgegeben hatte.

Abgeordnete STADLER (V) rechnete mit einer Beschleunigung der Verfahren als Folge der Kürzung des Instanzenzuges und wies Kritik, dies wäre eine Verschlechterung, scharf zurück. Vielmehr werde der Rechtsschutz verstärkt, zumal ja auch die Asylwerber großes Interesse an einer raschen Entscheidung hätten, betonte Stadler.

Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S) äußerte ihre Überzeugung, dass die Verfahrensbeschleunigung nicht auf Kosten der Qualität gehen werde, und meinte, gerade die lange Verfahrensdauer sei unmenschlich gewesen. Nur weil etwas lange dauere, müsse es deswegen noch nicht besser sein, erwiderte sie auf die Kritik der Grünen.

Abgeordneter KAPELLER (V) bekannte sich zur Verkürzung des Instanzenzuges und gab zu bedenken, es gehe nicht an, dass Wirtschaftsflüchtlinge aufgrund der langen Verfahrensdauer ein Bleiberecht ersitzen.

Ein vom Redner eingebrachter Abänderungsantrag der Regierungsparteien hatte überwiegend redaktionelle Änderungen zum Inhalt.

Abgeordneter PENDL (S) erinnerte die Oppositionsparteien daran, dass im Österreich-Konvent Konsens über ein zweistufiges Asylverfahren erzielt werden konnte. Die Verfahrensbeschleunigung liege im Interesse der Betroffenen und bedeute gegenüber der Vergangenheit einen höheren Rechtsschutz, war er sich sicher.

Abgeordnete GRANDER (V) begrüßte die Aufnahme der Sozialpartnerschaft in die Verfassung und drängte auf die Einrichtung einer eigenen Kammer für die nichtärztlichen Gesundheitsberufe.

Abgeordnete Dr. HLAVAC (S) war überzeugt, dass der Asylgerichtshof als zweite Instanz eine wesentliche Verbesserung bringen werde, und begrüßte insbesondere das mündliche Verfahren nach dem richterlichen Vieraugenprinzip. Entscheidend war für die Rednerin darüber hinaus auch die Verbesserung der ersten Instanz durch personelle Aufstockung und die tagesaktuelle Staatendokumentation.

Abgeordneter MURAUER (V) stellte fest, der Instanzenzug habe bisher Möglichkeiten gegeben, die Asylbewerbung über Jahre hindurch zu verlängern. Der Forderung der Grünen nach einem Bleiberecht erteilte er eine klare Absage.

Abgeordneter ZACH (S) kritisierte die Verankerung der Sozialpartner in der Verfassung als "Artenschutzprogramm für Kammerfunktionäre". Sein Entschließungsantrag auf Aufhebung der Pflichtmitgliedschaft in der Wirtschaftskammer fand nicht die ausreichende Unterstützung.

Abgeordneter Dr. SCHELLING (V) trat für eine regelmäßige Verfassungsbereinigung ein und unterstütze überdies mit Nachdruck die gesetzliche Mitgliedschaft bei den Kammern.

Abgeordneter FAZEKAS (S) sah dringenden Handlungsbedarf für raschere Asylverfahren und warf den Grünen vor, sie hätten kein Interesse an einer Verbesserung der Verfahren. Man könne doch nicht behaupten, dass das Recht auf ein mündliches Verfahren vor zwei Richtern eine Verschlechterung darstelle, meinte er.

Abgeordneter Dr. CAP (S) bezeichnete den Misstrauensantrag des BZÖ als bloß vorgeschobenes Argument und betonte, Justizministerin Berger sei eines der erfolgreichsten Mitglieder der Bundesregierung und zeichne sich im Unterschied zum BZÖ durch ein modernes Rechtsverständnis aus.

Bei der Abstimmung wurden zunächst die Rückverweisungsanträge der Grünen und des BZÖ abgewiesen. Das Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz wurde in Dritter Lesung in Fassung des S-V-Abänderungsantrages mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen. Die Abänderungsanträge sowie die Entschließungsanträge der Oppositionsparteien blieben in der Minderheit. Abgelehnt wurde auch der Misstrauensantrag des BZÖ gegen die Justizministerin.

Das Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz passierte das Plenum mit S-V-Mehrheit. (Fortsetzung/E-Government)