Parlamentskorrespondenz Nr. 967 vom 05.12.2007

Nationalrat beschließt gesetzliche Basis für Neue Mittelschule

Es wird Einschränkungen bei den schulautonomen Tagen geben

Wien (PK) – Die Änderung des Bildungsdokumentationsgesetzes war die nächste Vorlage, die in Verhandlung genommen wurde.

Abgeordneter BROSZ (G) kündigte die Ablehnung der vorliegenden Gesetzesnovelle durch die Grünen an und kritisierte, dass sowohl die Verknüpfung der Sozialversicherungsnummer mit den Bildungsdaten trotz Bedenken des Datenschutzrates sowie die Erhebung des Religionsbekenntnisses im Bildungsdokumentationsgesetz bestehen blieben. Um wenigstens den letzten Punkt zu streichen, brachte er einen Abänderungsantrag ein. Als Verbesserung wertete Brosz die Einschränkung der Zugriffsrechte auf die Bildungsdokumentation und die Verkürzung der Speicherdauer von Daten.

Abgeordneter FAUL (S) verwies auf die Notwendigkeit, Schülerwissen laufend zu evaluieren. In diesem Sinn wertete er die Skepsis der ÖVP gegenüber der Pisa-Studie als unverständlich.

Abgeordnete FRANZ (V) gab zu bedenken, dass eine gute Datenbasis Voraussetzung für Verbesserungen im Schulsystem sei. Sie begrüßte daher die Bildungsdokumentation. Franz zufolge ist gewährleistet, dass Bildungsdaten nur verschlüsselt zum Bildungsministerium gelangen. 

Abgeordneter Dr. GRAF (F) hob die gute Zusammenarbeit mit dem Unterrichtsministerium in Bezug auf die Novellierung des Bildungsdokumentationsgesetzes hervor. Die Bildungsdokumentation erachtet er als umso notwendiger, als die Abgeordneten gerade im Bildungsbereich kaum aussagekräftige Daten erhielten. Das Spannungsverhältnis zwischen Datenerfassung und Datenschutz sieht Graf ausreichend gelöst.

Die Änderung des Bildungsdokumentationsgesetzes wurde vom Nationalrat mehrheitlich verabschiedet. Der Zusatzantrag der Grünen blieb in der Minderheit.

In seiner Wortmeldung zum BIFIE-Gesetz 2008 führte Abgeordneter Dr. GRAF (F) aus, seine Fraktion werde die vorliegende Gesetzesnovelle ablehnen. Er halte es grundsätzlich für falsch, dass sich jedes Ressort ein eigenes außeruniversitäres Forschungsinstitut halte, meinte er. Das Bildungsinstitut werde, so Graf, jährlich rund 6,5 Mill. € "verschlingen", was eine beträchtliche Summe sei. Bildungsforschung wäre seiner Ansicht nach besser an den Universitäten aufgehoben.

Abgeordneter Dr. NIEDERWIESER (S) hielt seinem Vorredner entgegen, dass es nicht um die Einrichtung eines neuen Instituts gehe. Vielmehr würden Dienststellen des Ministeriums zu einer eigenständigen Einrichtung zusammengefasst, welche eine autonome Führung, einen wissenschaftlichen Beirat und einen Aufsichtsrat bekomme. Das Bildungsinstitut werde damit ebenso selbstständig sein wie ähnliche Einrichtungen in Deutschland und der Schweiz. Zur Pisa-Studie merkte Niederwieser an, Österreich müsse "deutliche Schritte nach vorne machen". Unter anderem sprach sich Niederwieser für mehr Frühförderung, kleinere Klassen und eine bessere Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern aus.

Abgeordnete Dr. BRINEK (V) begrüßte die Vorlage gleichfalls, erläuterte die mit ihr verbundenen Absichten und sprach von einer nationalen Ergänzung auf dem Gebiet der Forschung.

Abgeordneter BROSZ (G) signalisierte Zustimmung zu der gegenständlichen Vorlage, da man dringend Verbesserungen auf dem Gebiet der Forschungsdokumentation benötige, und brachte zugleich einen Abänderungsantrag betreffend Forschung über Kindergärten respektive Forschung über soziale Bildungsbenachteiligung ein.

Die Vorlage wurde mehrheitlich angenommen; der G-Abänderungsantrag fand hingegen keine Mehrheit.

Änderung des Schulorganisationsgesetzes

Abgeordneter BROSZ (G) rekapitulierte eingangs die diesbezügliche Debatte, die sich ja schon über einen langen Zeitraum erstrecke. Man müsse konstatieren, dass in Österreich der soziale Hintergrund für einen entsprechenden Bildungsweg bedeutsamer ist als in anderen Ländern. Die Sozialdemokratie habe dies erkannt und versucht, eine gemeinsame Schule zu installieren, was jedoch an der fehlenden Einigung mit dem Regierungspartner gescheitert sei. Die nun in Rede stehende Vorlage diene dem ursprünglich intendierten Zweck nicht und verhindere sogar gute und moderne Ansätze auf diesem Gebiet. So hätte man etwa aus der gesamten Steiermark, wo alle Landtagsparteien – SPÖ, ÖVP, Grüne und KPÖ – für eine gemeinsame Schule seien, eine Modellregion gestalten können, doch dies werde durch die Textierung dieses Entwurfs verhindert. In dieser Vorlage stimmten zudem Unbeteiligte über Betroffene ab, und auch dies könne nicht goutiert werden. Der Entwurf sei daher nicht zweckmäßig, seine Fraktion könne ihm daher nicht zustimmen, so der Redner, der zudem einen diesbezüglichen Abänderungsantrag betreffend die Abstimmungsmodalitäten bei Modellversuchen einbrachte.

Abgeordnete Mag. LAPP (S) vertrat hingegen die Ansicht, man habe nach intensiven Verhandlungen mit den geplanten Modellversuchen einen Schritt in die richtige Richtung getan. Es brauche eine Weiterentwicklung bei den Bildungschancen für die Kinder, die Trennung der Kinder erfolge derzeit zu früh, mit dieser Vorlage weise man nun den Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit.

Abgeordneter Dr. GRAF (F) befasste sich zunächst mit den Abstimmungsmodalitäten bei Schulversuchen und trat dabei für geheime Abstimmungen und ein erforderliches Mindestquorum ein. Sodann brachte er einen Entschließungsantrag betreffend Qualitätsvergleich von heimischen Lehrern mit ihren europäischen Kollegen ein. Kritik übte der Redner an den Broschüren zur neuen Mittelschule und fragte, ob die dort postulierten Ziele für die neue Mittelschule nicht auch an den bestehenden Schulen schon angestrebt werden könnten. Die Ministerin sei für alle Schulen zuständig, dementsprechend sollte auch ihre Politik ausgerichtet sein. Das Modell der neuen Mittelschule lehne seine Fraktion ab, zumal sie nicht glaube, dass diese zur Lösung der Bildungsprobleme beitragen könne.

Abgeordneter NEUGEBAUER (V) meinte, man nütze die Erfahrungen der Basis, man traue den Schulpartnern zu, diese Fragen entsprechend entscheiden zu können. Die Versuche sollten keine Insellösungen sein, sie sollten vielmehr genau untersucht und evaluiert werden, denn die Alternative zu einem differenzierten Schulwesen sei ein verbessertes differenziertes Schulwesen.

Abgeordnete HAUBNER (B) sagte, man sollte internationale Untersuchungen nicht ignorieren, sie sollten vielmehr ein Anstoß sein, das heimische Schulsystem zu optimieren. Dafür gebe es freilich keine Patentlösungen, auch die neue Mittelschule sei keine Patentlösung, vielmehr müsse man an mehreren Schrauben drehen. Es sollte aber, schränkte die Rednerin ein, keinen Zwang geben, sich schon im Alter von 10 Jahren für den weiteren Weg entscheiden zu müssen. Die Vorlage sei kein Jahrhundertwurf, sondern das Produkt eines parteipolitischen Kompromisses. Ihre Fraktion werde ihn daher ablehnen und eine offene Diskussion über dieses Thema weiter vorantreiben.

Bundesministerin Dr. SCHMIED erklärte, dies sei zwar nicht der große Wurf, es würden aber dadurch Modellversuche möglich, mit denen man eine Optimierung des heimischen Schulsystems einleiten könne. Sie sei froh, nun auf der Basis von Rechtssicherheit und Bestandsgarantie einzelne Modellversuche starten zu können, betonte Schmied.

Abgeordnete FUHRMANN (V) beklagte, dass man die Schülerinnen und Schüler nicht in den Diskussionsprozess einbeziehe, denn bildungspolitische Debatten sollten nicht ohne die Betroffenen abgeführt werden. Gleichzeitig trat sie für weitere Schritte auf dem Gebiet der Optimierung des heimischen Bildungswesens ein.

Abgeordnete ZWERSCHITZ (G) berichtete von den diesbezüglichen Erfahrungen in der Steiermark und bemängelte an der Vorlage, dass durch diese alle Modellregionen einen Hürdenlauf auf sich nehmen müssten, was objektiv kontraproduktiv sei. Sie brachte einen Entschließungsantrag betreffend Ressourcen-Ausstattung für die Schulversuche ein.

Abgeordneter Mag. EISENSCHENK (V) sagte, mit diesem Gesetz schaffe man die Basis für einen brauchbaren Vergleich, welcher durch die wahren Experten, die Schulpartner, erbracht werden werde.

Abgeordneter Dr. KURZMANN (F) brachte einen Entschließungsantrag betreffend geheime Abstimmung und entsprechendes Quorum ein. Seine Fraktion sei gegen die neue Mittelschule, welche die Nivellierung der heimischen Bildungslandschaft fortschreiben würde. Diese Vorlage sei daher das falsche Signal.

Abgeordneter DI AUER (V) zeigte sich überzeugt davon, dass seine Fraktion erfolgreich im Interesse des heimischen Bildungswesens agiert habe, und sah sich durch die Ergebnisse der PISA-Studie bestätigt.

Abgeordneter Dr. RADA (S) begrüßte die Vorlage und trat für eine bessere Pädagogik ein, die in der neuen Schule verwirklicht werden könne.

Die Vorlage wurde mehrheitlich angenommen. Die Anträge der Opposition blieben hingegen in der Minderheit.

Unter einem wurden beraten: Änderung des Schulunterrichtsgesetzes sowie Antrag dazu, Änderung des Schulzeitgesetzes und Antrag auf Vereinheitlichung der schulautonomen Tage.

Abgeordnete MANDAK (G) zeigte sich empört über den Antrag der Regierungsparteien, wonach die Erziehungsberechtigten dafür Sorge zu tragen haben, dass ihre Kinder bei Schuleintritt die deutsche Sprache beherrschen. Rahmenbedingungen dafür seien nicht vorgesehen, dieser Antrag trage die Handschrift der FPÖ, stellte Mandak fest.

Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) erklärte den Antrag als Hebel, um einen ersten Schritt zu einer verpflichtenden Vorschulförderung zu verankern. Sie betonte zudem, dass die Mittel für die Sprachförderung deutlich aufgestockt wurden.

Abgeordneter Dr. KURZMANN (F) unterstützte den Antrag der Regierungsparteien ausdrücklich und meinte, die Regierungsparteien zeigten damit, dass sie lernfähig seien. Niemand werde bestreiten, dass die Forderung des Antrages notwendig und vernünftig ist. Das Erlernen der deutschen Sprache durch Migrantenkinder sei eine unverzichtbare Voraussetzung für eine echte Integration, stand für Kurzmann fest.

Abgeordneter Mag. EISENSCHENK (V) brachte die BHS zur Sprache und stellte aus pädagogischen Gründen eine Auflösung der Semesterregelung an dieser Schule zur Diskussion.

Abgeordnete HAUBNER (B) bezeichnete den Antrag der Regierungsparteien als grundsätzlich wichtig und richtig, kritisierte aber das Fehlen von Voraussetzungen, die es den Eltern ermöglichen, ihre Verpflichtungen auch tatsächlich umzusetzen.

In Entschließungsanträgen forderte Haubner einen verpflichtenden kostenlosen Kindergartenbesuch, die Begrenzung des Anteils von Schülern, die die Unterrichtssprache nicht beherrschen, auf 30 % sowie die Erstellung von Bildungsplänen für Kindergärten mit dem Schwerpunkt Sprachförderung.

Abgeordneter RIEPL (S) betrachtete die Forderung des Antrages als Selbstverständlichkeit und meinte, die Verantwortung könne nicht nur bei der Schule liegen. Wenn die Eltern das Beste für ihr Kind wollen, dann müsse dieses Kind so weit in der Lage sein, Deutsch zu sprechen und zu verstehen, um dem Unterricht zu folgen.

Abgeordneter BROSZ (G) bemerkte zum Antrag der Regierungsparteien, die SPÖ übernehme nun Forderungen des Anti-Ausländervolksbegehrens. Als Alternative schlug Brosz in einem Entschließungsantrag einen kostenlosen Kindergarten für alle vor sowie einen Bildungsplan für die sprachliche Frühförderung von Kindern.

Abgeordneter PRINZ (V) sah in der Beherrschung der Unterrichtssprache die Basis für die Integration und meinte, bei der sprachlichen Frühförderung dürfe man die Eltern nicht aus ihrer Verantwortung entlassen.

Abgeordneter MAYER (S) ging scharf mit der ÖVP ins Gericht und forderte Abgeordneten Neugebauer auf, bei seinen Überlegungen nicht die Gewerkschaftler, sondern die Kinder mehr in den Mittelpunkt zu stellen.

Abgeordnete SCHITTENHELM (V) replizierte, bei der ÖVP-Schulpolitik stehe das Kind sehr wohl im Mittelpunkt, gerade deshalb trete die Volkspartei für die Erhaltung der Vielfalt der Schulen ein.

Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S) unterstützte den Antrag bezüglich der Sprachkenntnisse mit dem Argument, es gehe in erster Linie darum, den Eltern die Bedeutung sprachlicher Kompetenz bewusst zu machen. Zentraler Angelpunkt für Muttonen war aber der Kindergarten als "Bildungsgarten".

Abgeordnete SCHASCHING (S) begrüßte die Regelung betreffend die schulautonomen Tage und unterstrich überdies den Stellenwert der Schulpartnerschaft.

Bei der Abstimmung wurde das Schulunterrichtsgesetz in dritter Lesung mehrheitlich angenommen. Die Entschließungsanträge des BZÖ und der Grünen blieben in der Minderheit. Einstimmig angenommen wurde das Bundesgesetz über Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulunterrichtsgesetz geregelten Schulen. Das Schulzeitgesetz wiederum passierte das Plenum mit Stimmenmehrheit. (Fortsetzung/Flughafen-Bodenabfertigung)


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