Parlamentskorrespondenz Nr. 1022 vom 19.12.2007

Bundesrat gibt Weg für Asylgerichtshof frei

Opposition kritisiert Inhalt und Zustandekommen des Gesetzes scharf

Wien (PK) Die 251. Sitzung des Bundesrats begann pünktlich, wurde aber nach Eröffnung sogleich unterbrochen: Nachdem der Sozialausschuss des Bundesrats seine Beratungen zu den 15a-Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern hinsichtlich der gemeinsamen Förderung der 24-Stunden-Betreuung sowie hinsichtlich der Novellierung des Kriegsopferversorgungsgesetzes, des Opferfürsorgegesetzes und des Heeresversorgungsgesetzes auch während dieser Unterbrechung nicht abgeschlossen hatte, konnten diese beiden Punkte nicht auf die – insgesamt 70 Punkte umfassende – Tagesordnung der Sitzung des Bundesrats genommen werden. Der Präsident des Bundesrats, Wolfgang Erlitz, gab daher bekannt, dass morgen, nach Beendigung der Plenarsitzung, eine weitere Plenarsitzung des Bundesrats einberufen werde, sofern der Sozialausschuss bis dahin zu einem Ergebnis gekommen ist.

Die in den letzten Wochen geführte öffentliche Debatte über die Einrichtung eines Asylgerichtshofs, die auch im Nationalrat geführt worden war, wurde in der Länderkammer fortgesetzt: Bundesrat SCHENNACH (G) appellierte eindringlich, gegen die beiden vorliegenden Beschlüsse des Nationalrats Einspruch zu erheben, zumal es sich hier um rechtspolitisch bedenkliche Gesetze handle, die das Rechtssystem erstmals gravierend verschieben würden. Dadurch würden nicht nur liberale Grundrechte ausgehebelt, betonte er, sondern das Rechtsgefüge verschoben. Mit den nun geplanten Regelungen betreibe man eine Symptombekämpfung, anstatt an die Wurzeln zu gehen. Im Interesse schnellerer Verfahren mindere man den Rechtsschutz, obwohl die langen Verfahren nicht an den Gesetzen lägen, sondern an der mangelnden Qualität der ersten Instanz.

Schennach übte nicht nur scharfe Kritik am Inhalt der gegenständlichen Gesetze, sondern auch an der Vorgangsweise. Wie Rot-Schwarz hier gehandelt haben, wäre Schwarz-Blau nie eingefallen, sagte Schennach. Sein Vorwurf richtete sich insbesondere an die SPÖ. Es könne nicht sein, sagte er, dass eine Justizministerin eines der wichtigsten Gesetze nicht lese, noch dazu wenn dieses den Instanzenweg kappe. Auch die Aussage der Nationalratspräsidentin, man sei unter Zeitdruck gestanden, bezeichnete Schennach als absurd, zumal seit 2006 über den Asylgerichtshof diskutiert werde. Schließlich fragte er, was den Klubobmann der SPÖ an einer korrekten Vorgangsweise gehindert habe, wenn dieser im nachhinein zugeben musste, dass das Ganze "sehr unschön" sei.

Der grüne Bundesrat vermutete, man habe die Begutachtung umgangen, um der Kritik der VerfassungsexpertInnen und der NGO auszuweichen. Um wenigstens zwei Stellungnahmen im Stenographischen Protokoll festzuhalten, zitierte Schennach ein Schreiben, das gemeinsam von Amnesty International, von der Diakonie Österreich, der Asylkoordination, vom Integrationshaus, von SOS Mitmensch und von der Volkshilfe an den Präsidenten des Bundesrates gerichtet worden war, sowie eine Stellungnahme des Senatspräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs. Darin wird von einem "hochproblematischen Schnellverfahren der Gesetzwerdung" und von einer "Untergrabung der Gewaltentrennung" gesprochen. Die ExpertInnen vertreten darin die Auffassung, dass die Verfahrensqualität nicht erhöht, sondern ein Verfahrensrecht zweiter Klasse eingeführt und der Rechtsschutz beschnitten wird. Sie sehen darin weiters ein Beeinträchtigung der Unabhängigkeit der RichterInnen des Asylgerichtshofs und eine Untergrabung der Gewaltentrennung. Die Neuregelung gehe an den Ursachen der langen Verfahrensdauer vorbei, und der Senatspräsident des VwGH vertritt darüber hinaus die Auffassung, die Reform werde das Gegenteil dessen erreichen, was angestrebt wird. Er befürchtet auch eine Beschwerdeflut beim Verfassungsgerichtshof, auch wenn dieser Anträge ablehnen könne. Bedenken äußerte Schennach insofern, als seiner Meinung nach die AsylwerberInnen in Zukunft nur mehr eine passive Nebenrolle spielen werden.

Bundesrat KONECNY (S) kritisierte, sein Vorredner sei nicht auf die Probleme eingegangen, auf die der vorliegende Gesetzesbeschluss zu antworten versuche. Es gehe um Menschen, die deshalb in eine schwierige Situation geraten, weil sie oft jahrelang in einem rechtlichen Schwebezustand leben müssten - dies sei der Grund für die Abkürzung der Asylverfahren. Es könne nicht im Interesse der Asylwerber sein, jahrelang auf eine Entscheidung über ihre Zukunft warten zu müssen. In diesem Zusammenhang gab Bundesrat Konecny auch zu bedenken, dass die äußerste restriktive Einwanderungspolitik in Österreich zusätzlichen Druck auf das Asylwesen erzeuge.

Der Asylgerichtshof werde keineswegs ein Bundesasylsenat mit anderem Etikett sein, sondern aufgrund seiner personellen Ausstattung im Stande sein, den Asylwerbern rasch zu sagen, ob sie in Österreich eine Zukunftsperspektive haben oder nicht. In Einzelfällen gut integrierter Asylwerber, die ohne eigenes Verschulden in diese Situation geraten sind, will Bundesrat Konecny genau geprüft sehen, ob eine Abschiebung in ihre alte Heimat sinnvoll sei oder nicht. "Das grundsätzliche Nein des Innenministers in einem aktuellen Fall kann nicht das letzte Wort sein", sagte Konecny und machte darauf aufmerksam, dass die Landeshauptleute nur in einer sehr überschaubaren Zahl von Fällen Anträge auf humanitären Aufenthalt stellen. 

Bundesrat Konecny räumte ein, dass es in seiner Fraktion Diskussionen über den vorliegenden Gesetzesbeschluss gegeben habe, und kündigte die Zustimmung der SPÖ in der Hoffnung an, dass der Innenminister seiner Verantwortung gerecht werde, nicht zum Aufenthaltsverhinderer gut integrierter Menschen werde, sondern dafür sorge, dass nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch korrekt mit Menschen umgegangen werde.

Bundesrätin MÜHLWERTH (o.F.) kritisierte zunächst die Verankerung der Sozialpartner in der Bundesverfassung und warf den Koalitionsparteien vor, ihre "roten und schwarzen Besitzstände" in der Verfassung absichern zu wollen. Gesetze würden immer häufiger durch Einigung der Sozialpartner zustande kommen und von den Abgeordneten dann nur noch "abgenickt" werden, kritisierte die Bundesrätin. Zudem wandte sie sich gegen Bestimmungen zur Verhinderung einer Volksabstimmung über den EU-Reformvertrag, obwohl eine große Mehrheit der Österreicher für eine solche Volksabstimmung eintreten.

Zu begrüßen sei die Einrichtung eines Asylgerichtshofs zur Beschleunigung der Asylverfahren. Verabsäumt habe man aber die Einführung eines Neuerungsverbots, denn Asylverfahren dauerten hauptsächlich deshalb lange, weil Asylwerber nach einer Ablehnung bis zu sieben weitere Asylanträge mit jeweils unterschiedlichen Asyl-Begründungen stellten. Ohne Neuerungsverbot drohe eine Überlastung des neu einzurichtenden Asylgerichtshofes, schloss die Rednerin.

Bundesrat PERHAB (V) sah die Veränderungen im Asylverfahren als Vervollständigung des Fremdenrechtspakets 2005 und hielt die Kritik der Grünen für unverständlich, werde doch nun jener Asylgerichtshof eingerichtet, den die Grünen schon jahrelang forderten. Bundesrat Schennach habe eine sehr moralische Rede gehalten, aber die Fakten übersehen, die es notwendig machten, für eine Beschleunigung der Asylverfahren zu sorgen. Nicht zuletzt müsse man auch an die Kosten von 200 Mill. € jährlich für die Grundversorgung der Asylwerber denken, sagte Bundesrat Perhab und begrüßte die Zielsetzung, den Rückstau bei den offenen Asylverfahren bis 2010 abzubauen. Die Kritik der Grünen wegen einer drohenden Überlastung des Verfassungsgerichtshofs wies Bundesrat Perhab als ungerechtfertigt zurück und kündigte die Zustimmung der Volkspartei an.

Bundesrätin KONRAD (G) wandte sich entschieden dagegen, Asylwerber als eine Bedrohung des Rechtsstaats in Österreich zu betrachten, warf der SPÖ vor, sich bei der Änderung des Asylrechtsverfahrens nicht gegen den Innenminister durchgesetzt zu haben und plädierte für eine sinnvolles Bleiberecht gut integrierter Asylwerber. Konrad registrierte Einigkeit in der Feststellung, dass die Asylverfahren zu lange dauerten. Niemand stelle einen Asylantrag aber "aus Jux und Tollerei". Die lange Dauer der Verfahren resultiere aus der geringen Qualität der erstinstanzlichen Entscheidungen, von denen bis zu 59 % in der Berufung saniert werden. Daher habe jeder Asylant guten Grund zur Hoffnung auf eine andere Entscheidung durch die zweite Instanz.

Die Hoffnung auf eine Beschleunigung der Verfahren durch die Einrichtung des Asylgerichtshofs teilte Bundesrätin Konrad nicht, sondern wiederholte die Kritik ihrer Fraktion an der Beeinträchtigung des Rechtsschutzes von Asylwerbern. Man verwehre Asylwerbern ein Recht, dass jeder Falschparker und jeder Häuslbauer selbstverständlich in Anspruch nehmen könne, schloss die Rednerin pointiert.

Bundesrat KLUG (S) bezeichnete die Einrichtung des Asylgerichtshofes mit seinem zweigliedrigen Instanzenzug als gute Lösung, die dazu beitragen werde, offene Verfahren qualitativ hochwertig in einer überschaubaren Zeit zu entscheiden. Wesentliche Verbesserungen erwartete er sich vor allem auch bei der Beweiswürdigung, wo nun an die Stalle eines reinen Aktenverfahrens eine unmittelbare Beweisaufnahme tritt. Die Verankerung der Sozialpartner in der Verfassung wiederum interpretierte Klug als Zeichen der Anerkennung und als deutliches Dankeschön.

Bundesrat MITTERER (o.F.) würdigte die Leistungen der Sozialpartner, kritisierte aber ihre Verankerung in der Verfassung als nicht notwendig und sprach von Pragmatisierung und einer Flucht in den geschützten Bereich.

Staatssekretärin SILHAVY führte das vorliegende Verfassungspaket auf die Diskussionen im Konvent zurück und begründete die Eile beim Asylgerichtshof mit dem großen Rückstau an unerledigten Verfahren. Ziel der Bundesregierung sei nun ein Abbau des Rückstandes bis 2010 und die Verkürzung der Verfahren auf 18 Monate, kündigte sie an. Überzeugt zeigte sich Silhavy auch davon, dass der Standard der Entscheidungsfindung durch das neue zweistufige Verfahren, aber auch durch die Personalaufstockung verbessert werden könne.

Bundesrat WEISS (V) äußerte sich kritisch zum Umfang der Tagesordnung und rechnete vor, der Bundesrat erledige heute in einer einzigen Sitzung 42 % seines Jahresanfalls an Beschlüssen.

Zum Verfassungspaket bemerkte er, dieses sei im Konvent ausführlich beraten worden und trage in sämtlichen Punkten den Interessen der Länder voll Rechnung. Kein Verständnis zeigte Weiss für die Kritik an der Verankerung der Sozialpartner, wobei er erinnerte, die Bundesverfassung sei bis jetzt schon in ihrem Geist und Wortlaut vom Vorhandensein gesetzlicher Berufsvertretungen ausgegangen. Zum Asylgerichtshof wiederum hielt er fest, angesichts der notorischen Überlastung des Verwaltungsgerichtshofs sei es dringend notwendig, diesem einen Filter vorzuschalten. Der VwGH werde sich demnach auch weiterhin mit Grundsatzfragen in Asylfällen auseinandersetzen, das "Massengeschäft" aber der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz überlassen, erklärte Weiss.

Bundesminister PLATTER plädierte für eine klare Trennung zwischen Asyl und Zuwanderung, wobei er betonte, Zuwanderung sei eine Möglichkeit im Interesse des österreichischen Arbeitsmarkts, Asyl hingegen ein Recht. Man dürfe unter dem Deckmantel des Asyls keine Wirtschaftsflüchtlinge zulassen, dies würde einer Entwicklung Tür und Tor öffnen, die für das Land problematisch wäre, warnte Platter. Den Rückstau an Asylverfahren führte der Minister nicht allein auf die Situation bei den Behörden zurück. Er meinte vielmehr, oft bestehe ein individuelles Interesse, immer wieder neue Anträge zu stellen, um dadurch den Aufenthalt in Österreich zu verlängern. Vom neuen Asylgerichtshof erwartete sich Platter nun eine Verfahrensbeschleunigung sowie einen "Quantensprung" in Sachen Rechtssicherheit und Rechtsschutz.

Bundesrat BREINER (G) nahm skeptisch zum Asylgerichtshof Stellung und warnte, die Abkürzung des Verfahrens könne nicht zu einer Qualitätsverbesserung führen. Er sah darin auch keine Antwort auf die Probleme von Asylwerbern, die schon lange in Österreich leben und hier integriert sind. Scharfe Kritik übte Breiner in diesem Zusammenhang an der Weigerung Platters, im Fall Arigona Zogaj einen humanitären Weg zu gehen. Er forderte den Minister auf, von seinem Recht Gebrauch zu machen und Menschlichkeit walten zu lassen.

Bundesrat MOLZBICHLER (S) erinnerte daran, dass zahlreiche Bedenken gegen das vorliegende Gesetz vorgebracht worden seien. Nach wie vor seien bei der Einrichtung des Asylgerichtshofs einige Fragen offen, betonte er, nicht alles, was gut gemeint sei, müsse sich als gut erweisen. Ob die Qualität der Entscheidungen in zweiter Instanz künftig steige, werde sich erst weisen. Andererseits werde argumentiert, dass die Einrichtung eines Asylgerichtshofs längst überfällig sei, um den Rückstau von Asylverfahren abbauen zu können. Er sei für eine Verbesserung der gegenwärtigen Situation und für die Schaffung eines Asylgerichtshofs, sagte der Bundesrat, aber er sei gegen die Vorgangsweise, die an den Tag gelegt worden sei.

Bundesrat KAMPL (o.F.) hielt eingangs seiner Rede fest, viele der heute dem Bundesrat vorliegenden Gesetze seien positiv zu sehen, er wandte sich jedoch strikt gegen eine Beschlussfassung von Gesetzen im Schnellverfahren. Die Bevölkerung sei empört, unterstrich er und verwies gleichzeitig auf zahlreiche negative Schlagzeilen in den Medien. Dem vorliegenden Gesetz könne er, so Kampl, beim besten Willen nicht seine Zustimmung geben.

In weiterer Folge spannte Kampl in seiner Rede einen weiten Bogen vom EU-Reformvertrag über die "Misswirtschaft in der Post" bis hin zur Beteiligung Österreichs an UN-Friedensmissionen und weiteren Themen. Seiner Ansicht nach ist die Regierung mit dem im Regierungsübereinkommen verankerten Vorhaben, das Vertrauen der Bürger in die EU zu stärken und das Europa-Bewusstsein neu zu beleben, gescheitert. Auch die bevorstehende Grenzöffnung verunsichere die Bevölkerung sehr, erklärte Kampl, die Armut in Österreich steige. In Kärnten drohe die Schließung weiterer 55 Postämter.

Bundesrat EINWALLNER (S) bedauerte, dass es nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt zur Einrichtung eines Asylgerichtshofs gekommen ist. Er erwartet sich vom Gericht eine Beschleunigung der Asylverfahren, auch wenn er, wie er sagte, vom Ablauf der parlamentarischen Behandlung der Gesetzesvorlage "nicht begeistert" sei. Für Einwallner ist es notwendig, den Betroffenen möglichst viel Rechtssicherheit zu geben und die Verfahren in absehbarer Zeit abzuschließen. Die aktuell in den Medien diskutierten Fälle zeigten, welche Schicksale mit langen Verfahren verbunden seien.

Im Fall "Arigona" geht es nach Meinung Einwallners um einen humanitären Vollzug der bestehenden Gesetze. "Der Innenminister ist aufgefordert, humanitär zu handeln", unterstrich er. Dessen Erklärungen, warum das in diesem Fall nicht möglich sei, wertete er als "dürftig".

Bundesrätin KERSCHBAUM (G) kritisierte, dass Innenminister Platter die Bundesratssitzung bereits verlassen habe. Das vorliegende Gesetz wertete sie als "Mogelpackung". Es verspreche eine Verkürzung der Verfahren und bringe in Wahrheit nur eine Einschränkung des Rechtsschutzes für Asylwerber. Massive Verfahrensbeschleunigungen könnten ihr zufolge auch durch eine Personalaufstockung und eine Hebung der Qualität der Entscheidungen in erster Instanz erzielt werden. Die Streichung einer Instanz sei "eines Rechtsstaats nicht würdig", bekräftigte Kerschbaum.

In zwei von Kerschbaum vorgelegten Entschließungsanträgen verlangen die Grünen eine humanitäre Aufenthaltsberechtigung sowohl für Arigona Zogaj und deren Mutter als auch für die bereits abgeschobene Familie Milici. Gleichzeitig soll den restlichen Familienmitgliedern der Familie Zogaj die Wiedereinreise nach Österreich ermöglicht werden.

Bundesrat Dr. KÜHNEL (V) wies den von seiner Vorrednerin verwendeten Ausdruck "Mogelpackung" zurück. Durch die Einrichtung des Asylgerichtshofs würden Asylverfahren beschleunigt und die Rechtssicherheit für die Betroffenen verbessert, betonte er. Zudem habe sich die Bundesregierung bemüht, den Asylgerichtshof personell gut auszustatten, man müsse ihm die Chance geben, sich zu bewähren.

Kein Verständnis zeigte Kühnel für das "Jammern" der Grünen. Asylwerber und deren Vertreter würden alles Mögliche unternehmen, um Verfahren in die Länge zu ziehen und dann einen humanitären Aufenthalt wegen langer Verfahrensdauer einzufordern, kritisierte er. Auch im Fall "Arigona" ist dies seiner Ansicht nach geschehen. Er frage sich, so Kühnel, wie die Bevölkerung reagieren würde, wenn statt eines "hübschen Mädchens" ein "wilder Tschetschene oder bärtiger Mullah" in einer ähnlichen Situation wäre. Innenminister Platter habe eine gewisse Standhaftigkeit und Härte gezeigt, würdigte Kühnel, er hoffe, dass das auch so bleiben werde. Würde der Fall "Arigona" zu einem humanitären Bleiberecht führen, seien "Tür und Tor für alles Mögliche geöffnet".

In einer zweiten Wortmeldung wertete Bundesrat SCHENNACH (G) es als "besonders perfide und demaskierend", Asylsuchenden vorzuwerfen, die Instrumente der österreichischen Rechtsordnung und des Rechtsstaats in Anspruch zu nehmen. Jeder "Häuslbauer" und jeder Gewerbetreibende nutze die ihm zustehenden rechtlichen Möglichkeiten aus, ohne dafür den Vorwurf zu erhalten, den Rechtsstaat zu missbrauchen, sagte er. Als "seltsam" qualifizierte es Schennach überdies, dass eine Justizministerin, die zugebe, das Asylgerichtshof-Gesetz nicht gelesen zu haben, einfach zur Tagesordnung übergehe.

Den Fall "Arigona" sieht Schennach, wie er sagte, als Herausforderung für den Rechtsstaat. Er machte geltend, dass der Innenminister in tausend anderen Fällen ein humanitäres Aufenthaltsrecht zugestanden habe. Nichts anderes forderten nun der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer für Arigona Zogaj und der steirische Landeshauptmann Franz Voves für die Familie Milici.

Bundesrat SCHIMBÖCK (S) kritisierte die Wortmeldungen der Bundesräte Mitterer und Kampl als unzweckmäßig und inhaltlich falsch. Er bezeichnete die Mitgliedschaft Österreichs in der EU als Erfolgsweg und unterstrich die Bedeutung des verdienstvollen Wirkens der Kammern.

Bundesrat Mag. HIMMER (V) meinte, es stehe außer Streit, dass Österreich die Verpflichtung habe, politisch Verfolgte und wirkliche Asylwerber bei sich aufzunehmen. Diese Sache müsse differenziert und sachlich abgehandelt werden, und in diesem Zusammenhang müsse man sich auch überlegen, wie man mit Wirtschaftsflüchtlingen umgehe. Man müsse zwischen der ersten und der zweiten Kategorie unterscheiden, sonst würde man sich um den Kern des Themas "herumschwindeln". Es brauche also in diesen Bereichen die nötige Seriosität, sei es doch von hoher Qualität, dass Österreich entsprechende Rechtsstaatlichkeit besitze.

Bundesrat MITTERER (oF) stellte in einer tatsächlichen Berichtigung seine Ausführungen zur Wirtschaftskammer klar.

Bundesrätin KEMPERLE (S) setzte sich mit dem heimischen Kammerwesen im Lichte der geplanten Novelle auseinander und zeigte sich davon überzeugt, dass die Sozialpartner auch dann hervorragende Leistungen erbringen werden, wenn sie in den Verfassungsrang erhoben würden. Die Sozialpartnerschaft habe in der Bevölkerung ihre Wertschätzung, und diese gebühre ihr ob ihres Wirkens auch.

Bundesrätin ZWAZL (V) meinte, die Wirtschaftskammer sei stets eine gut funktionierende Institution, die Mitglieder hätten denn auch zu 80 Prozent die Zwangsmitgliedschaft gutgeheißen. Die Organisation der ÖWK sei hervorragend, die Kritik an ihr daher zurückzuweisen. Man könne froh sein, starke Kammern und eine unabhängige Sozialpartnerschaft zu haben.

Staatssekretärin SILHAVY erläuterte die Inhalte der geplanten Novelle und verwies darauf, dass diese schon im Regierungsübereinkommen ausführlich dargelegt worden seien, sodass das Überraschungsmoment nicht allzu groß sein konnte. Konkret sagte sie in Bezug auf die Asylpolitik, sie sei davon überzeugt, dass die neue Regelung eine substantielle Qualitätsverbesserung sein werde. Man habe sich mit den besten Absichten zu dieser Novellierung entschieden und hoffe, in der Praxis adäquat unterstützt zu werden.

Gegen die Vorlagen wurde kein Einspruch erhoben. Die G-Entschließungsanträge betreffend Aufenthaltsrecht der Familien Zogaj und Milici wurden hingegen abgelehnt.

(Schluss Asylgerichtshof/Forts. BR)


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