Parlamentskorrespondenz Nr. 1026 vom 20.12.2007

Bundesrat:Von der neuen Finanzmarktaufsicht und dem Trafikantenpaket

Vizepräsidentin Haselbach verabschiedet sich

Wien (PK) – In der Sitzung der Länderkammer kündigte Bundesrätin KERSCHBAUM (G) die Ablehnung der Führerscheingesetz-Novelle durch die Grünen an. Es spreche zwar nichts gegen gewisse Anpassungen in der Novelle, meinte sie, ihrer Ansicht nach wird der "Führerscheintourismus" österreichischer Autofahrer damit aber nicht ausreichend unterbunden. Autofahrer, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr Auto fahren sollten, könnten, so Kerschbaum, auch in Zukunft im Ausland einen Führerschein erwerben und dann umschreiben lassen.

Bundesrat GRUBER (S) ging auf einzelne Punkte der Novelle ein und wies u.a. darauf hin, dass die Sprengelbindung für ärztliche Untersuchungen aufgehoben werde. Im Gegensatz zu seiner Vorrednerin zeigte er sich zudem überzeugt, dass mit der Novelle dem "Führerscheintourismus" wirksam begegnet werden könne. Klar gestellt wurde von Gruber, dass die Behauptungen in einem Kettenmail, wonach die alten Papierführerscheine mit Jahreswechsel ihre Gültigkeit verlieren, nicht der Wahrheit entsprechen.

Bundesrat PERHAB (V) machte geltend, dass die Novelle Verwaltungsvereinfachungen und Bürokratieabbau bei der Führerscheinprüfung für bestimmte Berufskraftfahrer bringe.

Mehrheitlich kein Einspruch.

Bundesrat MITTERER (oF) führte aus, die vorliegende KFG-Novelle enthalte einige Passagen, die er nicht mittragen könne. Konkret nannte er die Verdoppelung der Strafen für Handy-Telefonieren im Auto. Gleichzeitig zeigte er kein Verständnis dafür, dass die neue Zählregel für Kinder bei Schultransporten nur im Gelegenheitsverkehr, nicht aber im Kraftlinienverkehr gelte. Als positiv bewertete Mitterer hingegen die Winterausrüstungspflicht für Pkw und die Aufhebung der Strafdrohung für Kraftfahrer, die tagsüber ohne Licht unterwegs sind.

Bundesrat STADLER (S) begrüßte das vorliegende Maßnahmenpaket und meinte, dieses zeige deutlich, was Verkehrsminister Faymann in einem Jahr auf den Weg gebracht habe. Jahrelang habe man um eine 1:1-Zählregel für Kinder bei Schultransporten gerungen, skizzierte er, nunmehr würde sie zumindest im Gelegenheitsverkehr umgesetzt. Zur Abschaffung von "Licht am Tag" merkte Stadler an, es habe sich herausgestellt, dass diese Verpflichtung für Lenker einspuriger Fahrzeuge und für Fußgänger ein Nachteil sei.

Bundesrat MAYER (V) befürwortete die Ausdehnung der Winterreifenpflicht für Lkw und gab zu bedenken, dass auch in Vorarlberg immer wieder Lkw mangels entsprechender Ausrüstung auf den Straßen hängen blieben. Für das Schneechaos auf der Allander Autobahn im November machte er aber nicht nur ungenügend ausgerüstete Fahrzeuge, sondern auch Managementfehler der ASFINAG verantwortlich.

"Licht am Tag" sei, so Mayer, seinerzeit eingeführt worden, weil Expertisen davon ausgegangen seien, dass damit 35 Verkehrstote pro Jahr "eingespart" werden könnten. Er teile allerdings die Auffassung, dass "Licht am Tag" bei ausgezeichneten Lichtverhältnissen nicht erforderlich sei, sagte er. Als Zukunftstechnologie in diesem Bereich wertete er das Tagfahrlicht.

Bundesrätin KERSCHBAUM (G) stimmte Bundesrat Mitterer zu, wonach die vorliegende Gesetzesnovelle einige positive und einige weniger positive Punkte enthalte. Sie persönlich bedauerte die Abschaffung von "Licht am Tag", das ihrer Meinung nach einen Beitrag zur Verkehrssicherheit geleistet habe. Deshalb werde sie im Gegensatz zu ihren Kollegen auch gegen das Gesetz stimmen, betonte Kerschbaum. Als positiv hob die Bundesrätin die Anhebung der Strafen für Telefonieren am Steuer, die erweiterte Winterausrüstungspflicht und verbesserte Kontrollmöglichkeiten für Tiertransporte hervor.

Mehrheitlich kein Einspruch.

Kein Einspruch wurde gegen das 7. Zusatzprotokoll zur Satzung, Verfahrenordnung, Vertrag und Abkommen des Weltpostvereins erhoben.

Zur Verhandlung standen hierauf das Finanzausgleichsgesetz 2008 und der Österreichische Stabilitätspakt 2008.

Bundesrätin KERSCHBAUM (G) hielt fest, das Problem, das die Grünen mit dem Finanzausgleich haben, sei, dass ihrer Meinung nach dem Finanzausgleich eine Bundesstaatsreform vorausgehen hätte müssen. Nach wie vor seien Ausgaben- und Aufgabenverantwortung nicht aufeinander abgestimmt, kritisierte sie. Überdies vermisst Kerschbaum eine "Ökologisierung" des Finanzausgleichs und urgierte die Zweckbindung bestimmter Mittel für den öffentlichen Verkehr sowie eine rasche Ökologisierung der Wohnbauförderung.

Den abgestuften Bevölkerungsschlüssel wertete Kerschbaum als durchaus sinnvoll. Sie erachtet es daher als "eher kontraproduktiv", dass die Abstufung nunmehr abgeflacht werde.

Bundesrat SODL (S) begrüßte die rasche Einigung über den Finanzausgleich 2008 bis 2013 und sprach von einem "großartigen Ergebnis" und einer "guten Basis für die Zukunft". Mit den vereinbarten Schwerpunktsetzungen habe die große Koalition bewiesen, dass sie die Sorgen und Ängste der Bevölkerung ernst nehme, bekräftigte er.

Besonders erfreut zeigte sich Sodl darüber, dass kleine Gemeinden bis zum Jahr 2013 um 153 Mill. € mehr an Zuwendungen erhielten. Davon profitierten auch fast alle Gemeinden des Burgenlands, unterstrich er.

Bundesrat KAMPL (oF) übte hingegen massive Kritik am abgestuften Bevölkerungsschlüssel und meinte, jeder Bürger müsse dem Staat gleich viel wert sein, egal ob er in einer großen Stadt oder in einer kleinen Gemeinde lebe. Der Bevölkerungsschlüssel habe in den ersten 20 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg Sinn gemacht, erklärte Kampl, da die Städte von Zerstörungen viel stärker betroffen gewesen seien und die Landbevölkerung Vorteile gehabt habe, inzwischen sei dieser aber längst überholt. Gleichzeitig würden kleine Gemeinden auch durch die ungerechte Verteilung der Kommunalabgabe benachteiligt. Vor allem kleine Gemeinden unter 10.000 Einwohnern und Gemeinden mit vielen Pendlern bleiben nach Auffassung Kampls auf der Strecke.

Bundesrat BADER (V) führte aus, durch den Finanzausgleich würden die Bundessteuern auf Bund, Länder und Gemeinden aufgeteilt und damit eine wesentliche Finanzierungsgrundlage für die Gebietskörperschaften sicher gestellt. Würde der Bundesrat den Finanzausgleich ablehnen, würde er damit den Ländern und Gemeinden "sehr massiv in den Rücken fallen", konstatierte er.

Der neue Finanzausgleich bringt Bader zufolge für Gemeinden unter 10.000 Einwohnern "einen beachtlichen Fortschritt", auch wenn, wie er meinte, die komplette Abschaffung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels nicht gelungen sei. Für ihn ist dieser Schlüssel historisch bedingt und nicht mehr zeitgemäß. In Richtung Bundesrat Kampl sagte Bader, Niederösterreich habe ein gutes System zur Unterstützung finanzschwacher Gemeinden mit geringen Einnahmen aus der Kommunalabgabe, diese erhielten Strukturhilfebedarfszuweisungen aus einem Solidartopf.

Seine Fraktion stimme dem Finanzausgleich 2008 gerne zu, kündigte Bundesrat WINTERAUER (S) an, weil er substanzielle Verbesserungen sowohl für die Städte und Gemeinden bringe und weil er – im Unterschied zum Vorjahr – eine "deutlich sozialere Handschrift trage". Die Abflachung des Bevölkerungsschlüssels bringe ab 2011 100 Mill. € für die Kommunen unter 10.000 Einwohnern. Positiv sei auch, dass der Finanzausgleich für die Dauer von sechs Jahren abgeschlossen wurde, dadurch erhöhe sich die Planungssicherheit.

Staatssekretär Dr. MATZNETTER gab zunächst zu bedenken, dass ein Finanzausgleich nicht eine komplexe Diskussion über eine umfassende Staatsreform ersetzen kann. Was nun die konkrete Verteilung der Mittel angeht, so wies er ebenso wie Bundesrat Winterauer darauf hin, dass 100 Mill. € (von insgesamt 163 Mill. €) für die Gemeinden bis 10.000 Einwohner zur Verfügung gestellt werden. Es gebe ein klares Bekenntnis dazu, dass auch kleinere Gemeinden in abgelegenen Regionen gute Lebens- und Wirtschaftsräume sein sollen. Mit diesem Finanzausgleich werde dafür eine wesentliche Grundlage geschaffen, war Matznetter überzeugt. Er räumte jedoch ein, dass er eine Lösung, die sich nicht nur an der Einwohnerzahl, sondern auch an der Finanzkraft orientiert, bevorzugt hätte; denn nicht jede kleine Gemeinde ist eine arme Gemeinde. Eine Arbeitsgruppe befasse sich bereits mit Lösungsmodellen für den nächsten Finanzausgleich, wobei der Weg weg gehe vom abgestuften Bevölkerungsschlüssel und hin zu einer aufgabenorientierten Finanzierung.

Bundesrat KAMPL (oF) hielt es für bedenklich, dass es in Österreich immer mehr Menschen gibt, die unter der Armutsgrenze leben. Große Probleme ortete der Bundesrat auch bezüglich des Kommunalsteueranfalls, der zu Ungerechtigkeiten zwischen den einzelnen Gemeinden führe, hier müsse dringend ein Ausgleich gefunden werden.

Bundesrätin KERSCHBAUM (G) stellte in Richtung von Staatssekretär Matznetter fest, dass sie nie gesagt habe, dass eine Bundesstaatsreform und ein Finanzausgleich verknüpft werden sollen. Sie habe gemeint, dass eine Bundesstaatsreform fällig wäre, um einen transparenten Finanzausgleich schaffen zu können.

Staatssekretär MATZNETTER pflichtete Bundesrat Kampl bei, dass die Einnahmen der Gemeinden aus der Kommunalsteuer sehr unterschiedlich ausfallen, dies gelte für andere gemeindebezogene Abgaben aber auch. Vielleicht sollte man darüber nachdenken, bei der Berechnung auch das Vermögen und andere Dinge zu berücksichtigen, um dafür die Arbeit zu entlasten. Man sei aber dabei, über eine grundsätzliche Reform des Finanzausgleiches nachzudenken, erklärte Matznetter.

Keine Einsprüche.

Es werden gegen die Änderungen des B-VG und des Bundeshaushaltsgesetzes keine Einsprüche erhoben.

Gemeinsame Debatte über die Änderung des Bankwesengesetzes sowie des Börsegesetzes und über das Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften-Gesetz 2007.

Bundesrat SCHENNACH (G) befasste sich mit der zunehmenden Bedeutung der "Private-Equity-Gesellschaften". Über diese Schiene wurden allein im Jahr 2006 279 Mill. € als Eigenkapital und 156 Mill. € als Investitionsvolumen in insgesamt 190 österreichische Unternehmen eingebracht. Aufgrund der EU-Vorgaben wurden nun gesetzliche Änderungen notwendig, die nach Auffassung von Schennach aber nicht ausreichend sind. Das neue Gesetz sei seiner Meinung nach aber kein Ersatz für die bisherigen Bestimmungen und schränke zudem diese Form der Beteiligungsmöglichkeit sehr deutlich ein. Auch die Meinung der Experten sei sehr kritisch, da eine Abwanderung der Private-Equity-Gesellschaften befürchtet wird. Unzufrieden zeigte sich Schennach auch mit den legistischen Änderungen bezüglich der Finanzmarktaufsicht, da die Schnittstellenproblematik zwischen FMA und Nationalbank nicht gelöst und manche Doppelgleisigkeiten nicht beseitigt wurden. Außerdem hätte er sich eine Verstärkung der Vor-Ort-Prüfungen sowie eine schrittweise Abschaffung der Staatskommissäre gewünscht.

Bundesrat KRAML (S) erinnerte an einige Fälle in der Vergangenheit, wie z.B. AMIS oder Meinl European Land, wo ein Versagen der Bankaufsicht festzustellen war. Das vorliegende Gesetz regle nun die Aufgabenteilung zwischen der FMA und der Oesterreichischen Nationalbank, wobei die Finanzmarktaufsicht weiterhin eine weisungsfreie Behörde bleibe und die OeNB jederzeit prüfen könne. Kraml glaubte, dass damit eine gute Lösung gefunden wurde. Außerdem enthalte das Gesetz Maßnahmen gegen die Geldwäsche, führte er weiter aus, es solle verhindert werden, dass die Herkunft der Mittel verschleiert werden kann. Alle Banken sind nun verpflichtet, eine Gefährdungsanalyse durchzuführen, um ihr eigenes Risikoprofil zu erstellen. Positiv beurteilte Kraml auch das  Mittelstandsfinanzierungsgesetz; er glaube nicht, dass nun alle Fonds Österreich verlassen werden.

Bundesrat MAYER (V) erinnerte an die massive Kritik, die angesichts mehrerer Bankenskandale an der Finanzmarktaufsicht geübt wurde und machte darauf aufmerksam, dass bei der unumgänglich notwendig gewordenen Reform der Bankaufsicht kein taugliches internationales Vorbild zur Verfügung gestanden habe. Die vorliegende Reform gehe von der Empfehlung des Rechnungshofes aus, die Kooperation zwischen FMA und OeNB zu verbessern, Doppelgleisigkeiten zu vermeiden und die Effizienz der Aufsicht zu erhöhen. Im Kern bestehe die Reform darin, eine unabhängige und weisungsfreie Behörde zu erhalten, die in Kooperation mit der OeNB für eine wirksame Aufsicht sorge. Die FMA erhalte mehr Profil, werde effizienter und schlagkräftiger, lobte der Redner und sprach die Hoffnung aus, die neue österreichische Finanzmarktaufsicht werde sich künftig zu einem Vorbild für ganz Europa entwickeln.

Finanzstaatssekretär Dr. MATZNETTER hielt es angesichts eines EU-Beihilfeverfahren bei den Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften für unmöglich, EU-Kritik an steuerlichen Beihilfen zu ignorieren. Die Bundesregierung werde sich im kommenden Jahr Gedanken über eine EU-konforme Konstruktion für KMU-Finanzierungsgesellschaften machen, kündigte Matznetter an.

Die neue Finanzmarktaufsicht mit der Trennung finanzpolizeilicher Aufgaben von der Analyse der Prüfberichte bezeichnete der Staatssekretär als gut und herzeigbar. Es werde in Zukunft keine "eingelegten" Prüfberichte mehr geben, da alle Ergebnisse in eine transparente Datenbank eingebracht werden. Die Zahl der Staatskommissäre werde reduziert, es wäre aber falsch, sie gänzlich abzuschaffen und damit auf eine zusätzliche Sicherung zu verzichten. Für die Zukunft sprach Christoph Matznetter den Wunsch aus, in den nächsten Jahren möglichst wenig in der Öffentlichkeit über das Thema Bankenaufsicht diskutieren zu müssen. - Das wäre für alle Beteiligten das Beste.

Der Bundesrat beschloss jeweils mehrheitlich, gegen die Reform der Finanzmarktaufsicht, die Änderung des Börsegesetzes und gegen ein Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften-Gesetz keinen Einspruch zu erheben. 

Im Zusammenhang mit dem Abgabensicherungsgesetz 2007 und einer Änderung des Gebührengesetzes zeigte sich S-Bundesrätin KEMPERLE erfreut über die beschlossene Befreiung junger Familien von jenen Gebühren, die bislang bei der Geburt von Kindern und bei der Ausstellung von Dokumenten eingehoben wurden, die im Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes stehen.

Bundesrat PERHAB (V) schilderte die dramatische Situation steirischer und Kärntner Trafikanten, die wegen des Wegfalls der 25-Stück-Regelung bei der Einfuhr von Zigaretten existenzbedrohende Umsatzeinbußen hinnehmen mussten. Perhab begrüßte daher die Verabschiedung des "Trafikantenpaketes", das den Trafiken zusätzliche Einkommen, mehr Nebenartikel wie Getränke und insgesamt eine Verbesserung ihrer finanziellen Situation bringe. Die Trafikanten hoffen auf eine Tabakpreis-Harmonisierung in ganz Europa, schloss Bundesrat Perhab.

Bundesrat SCHIMBÖCK (S) erinnerte an die Initiativen des SPÖ-Wirtschaftsverbandes sowie des Finanzstaatssekretärs für die Trafikanten und würdigte die Einrichtung eines Solidaritätsfonds zugunsten von 3.000 Betrieben mit tausenden Mitarbeitern. Schimböck bekannte sich nachdrücklich zur Förderung kleinerer und mittlerer Unternehmen und strich die enorm wichtige Rolle der Trafiken als Nahversorger sowie deren soziale Funktion in kleinen Ortschaften heraus.

Das Abgabensicherungsgesetz und die Änderung des Gebührengesetzes wurden vom Bundesrat mehrheitlich verabschiedet.

Ohne Debatte beschloss der Bundesrat mit Mehrheit, gegen die Einrichtung einer Entwicklungsbank keinen Einspruch zu erheben. Dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Griechenland stimmte der Bundesrat einstimmig, also mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit zu.

Bundesrätin KERSCHBAUM (G) kündigte die Ablehnung der Änderung des Bundesfinanzgesetzes durch ihre Fraktion an und argumentierte mit der Kritik der Grünen am zögerlichen Einsatz der Mittel des Klimaschutz-Fonds; offenbar habe es die Regierung verabsäumt, geeignete Projekte zu finden und müsse deshalb dafür vorgesehene Geld für die Zukunft "aufheben". Maßgeblich für die Ablehnung der Grünen sei auch, dass Geld, das den ÖBB zur Verfügung gestellt werden müsse, um EU-Finanzierungsvorschriften zu erfüllen, in viel zu geringem Ausmaß für Projekte des öffentlichen Nahverkehrs vorgesehen sei. Auch die Umsetzung der Bahnhofsoffensive gehe ihr viel zu schleppend voran, vor allem in Niederösterreich, kritisierte die Bundesrätin.

Staatssekretär Dr. MATZNETTER hielt für richtig, Klimaschutz- und Energieprojekte im Rahmen eines Gesamtkonzepts zu fördern, und bekannte sich dazu, die diesbezüglich vorgesehenen Mittel im Sinne des neuen Haushaltsrechts Jahresultimo-übergreifend einzusetzen.

Die Erhöhung des ÖBB-Eigenkapitals diene dem Zugang des Unternehmens zu zinsgünstigen Anleihen, führte der Staatssekretär aus und hielt diese Vorgangsweise für sinnvoll, da Investition in raschere Bahnverbindungen die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gegenüber der Straße verbessere, was zusätzliche Einnahmen in der Zukunft erwarten ließe. Die Bahnhofsoffensive laufe, wie der markante neue Bahnhof in Linz zeige. In Wien entstehe rund um den neuen Zentralbahnhof ein ganzes Stadtviertel mit verkehrsgünstig gelegenen Wohnungen, Geschäften mit Fernreise-, U-Bahn und S-Bahnanschlüssen.

Gegen die Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2007 wurde von Seiten des Bundesrates mehrheitlich kein Einspruch erhoben.

Nächster Tagesordnungspunkt: die Änderung des Umweltförderungsgesetzes.

Bundesrätin KERSCHBAUM (G) bekannte sich dazu, 140 Mill. € zur Verbesserung des ökologischen Zustands der Fließgewässer aufzuwenden, bedauerte aber zugleich, dass diese Förderungsmittel nicht für Renaturierungsmaßnahmen beim Hochwasserschutz eingesetzt werden können. Bei den vorgesehenen zusätzlichen Mitteln für den Klimaschutz kritisierte die Rednerin die Absicht, Geld im Ausland zu investieren, weil es dort billiger sei, CO2-Einsparungen zu erzielen. Es wäre laut Kerschbaum sinnvoller, das anhaltende Wachstum des Straßenverkehrs einzudämmen und erneuerbare Energieträger zu fördern statt ein neues Kohlekraftwerk in Dürnrohr zu bauen. 

Bundesrätin MOSBACHER (S) besprach die Absicht positiv, mit einer Förderungssumme von 140 Mill. € zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung des ökologischen Zustands der Gewässer zu ergreifen und damit Investitionen von mehr als 400 Mill. € sowie die Schaffung von mehr als 4.000 Arbeitsplätzen auszulösen.

Bundesrat KÖBERL (V) unterstrich den guten Zustand der österreichischen Fließgewässer, begrüßte aber zusätzliche Renaturierungsmaßnahmen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil möglichst natürliche Flussstrecken im Interesse des Landschaftsschutzes und des heimischen Tourismus liegen. Unverständlich sei, dass die Grünen dem nicht zustimmten. Beim Einsatz erneuerbarer Energieträger nehme Österreich eine internationale Spitzenposition ein. Mehr als zwei Drittel des heimischen Strombedarfs werden mit Hilfe von Wasserkraft und anderen erneuerbaren Energieträgern gedeckt. Die Aufstockung der Mittel für saubere Entwicklungsprojekte sei notwendig, weil der Preis für die Vermeidung von CO2-Emissionen gestiegen sei. Die ÖVP stimme gerne zu.

Der Beschluss, keinen Einspruch zu erheben, erfolgte mehrheitlich.

Bundesrätin MOSBACHER (S) begrüßte Rechtsanpassungen im Altlastensanierungsgesetz und Verwaltungsvereinfachungen bei der Abfallentsorgung. Die Rednerin würdigte die Bemühungen um die Registrierung und Sanierung von Altlasten, hielt aber ein höheres Sanierungstempo für wünschenswert. Angesichts eines ständig steigenden Abfallaufkommens in Europa plädierte die Bundesrätin dafür, Müll in erster Linie zu vermeiden und nur dort auf Wiederverwendung, Verwertung oder Beseitigung zu setzen, wo Vermeidung nicht möglich sei.

Bundesrat PREINEDER (V) sah Handlungsbedarf für Vorsorgemaßnahmen, um bereits im Vorfeld Reparaturen von Altlasten zu vermeiden. Er rief auch dazu auf, durch die Erzeugung von Ökostrom für den Umweltschutz aktiv zu werden, und plädierte für höhere Einspeisetarife bei Biogasanlagen.

Gegen den Beschluss wurde mehrheitlich kein Einspruch erhoben.

Unter einem wurden verhandelt: Kündigung des Übereinkommens über die Beschäftigung von Frauen bei Untertagearbeiten in Bergwerken, Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen, Bundesgesetz über das Verbot von Streumunition und Rotkreuzgesetz.

Bundesrätin MÜHLWERTH (oF) unterstützte das Übereinkommen über die Beschäftigung von Frauen in Bergwerken, das Verbot der Streumunition sowie das Rotkreuzgesetz. Ablehnend äußerte sie sich hingegen zum Übereinkommen über die Rechtsstellung von Staatenlosen. Man sei 50 Jahre lang ohne dieses Übereinkommen sehr gut ausgekommen, meinte sie. Es sei unklar, welche Personengruppen Gegenstand des Übereinkommens sind, auch sei die Kostenfrage nicht geregelt, argumentierte Mühlwerth.

Bundesrätin KEMPERLE (S) begrüßte die Aufhebung des Übereinkommens betreffend Untertagearbeiten von Frauen als Ausdruck der Gleichstellung der Geschlechter in allen Bereichen.

Bundesrat Dr. KÜHNEL (V) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion zu allen vier Tagesordnungspunkten an und wies vor allem die Kritik von Bundesrätin Mühlwerth am Übereinkommen über die Staatenlosen zurück.

Bundesrätin KONRAD (G) äußerte sich ebenfalls zustimmend zu allen unter diesem Punkt verhandelten Materien und hob vor allem das Verbot der Streumunition als positiv hervor.

Staatssekretär Dr. WINKLER stellte zum Abkommen über die Staatenlosen fest, Österreich fülle mit seiner Ratifikation eine Lücke im Gebäude der internationalen Menschenrechte. Beim Verbot der Streumunition wiederum sprach er von einer Vorreiterrolle Österreichs.

Bundesrat KAMPL (oF) meldete Bedenken gegen das Übereinkommen betreffend Staatenlose an und meinte, er verstehe nicht, warum man Staatenlose anerkennen sollte, wo doch bis heute nicht einmal die Heimatvertriebenen nach den beiden Weltkriegen anerkannt sind. 

Bundesrätin HASELBACH (S) sprach sich mit Nachdruck für das Verbot von Streumunition aus und betonte, Österreich begnüge sich nicht damit, innerstaatliche Regelungen zu beschließen, sondern sei auch auf internationaler Ebene im Kampf gegen die Streumunition aktiv.

Anlässlich ihres Ausscheidens aus dem Bundesrat zog Haselbach Bilanz über ihre 20 Jahre in der Länderkammer und dankte den Kolleginnen und Kollegen für deren freundliches Entgegenkommen und Vertrauen.

Zur Rolle des Bundesrates bemerkte sie, Selbstbewusstsein und Zivilcourage brauche es hier wie überall. Unter dieser Voraussetzung würde der Wert des Bundesrates erkennbar, ohne dass sich "Aufwertungsschwätzer" wichtig machen müssen. Wo Landeshauptleute auch Parteivorsitzende sind, sollten sie großes Verantwortungsbewusstsein zeigen und Bundesräte nicht wie Schachfiguren herumschieben, fügte sie kritisch an.

Bei der Abstimmung wurde gegen die Beschlüsse kein Einspruch erhoben.

Erstattung eines Vorschlages des BR für die Ernennung eines Ersatzmitgliedes des VfGH.

Bundesrat WEISS (V) unterbreitete den Vorschlag, die Präsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Irmgard Griss zu ernennen. Er begründete dies mit der hohen fachlichen Qualifikation, aber auch mit dem Aspekt der ausreichenden regionalen Verteilung.

Bei der Abstimmung wurde der Wahlvorschlag einstimmig angenommen.

Wahl eines Vertreters Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

Einstimmig wurde der auf Bundesrätin Ana Blatnik lautende Wahlvorschlag angenommen.

Bundesrat KONECNY (S) nahm die Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie Schriftführer und Ordner für das 1. Halbjahr 2008 zum Anlass, die Leistungen der scheidenden Vizepräsidentin Haselbach zu würdigen und ihr für die lange Zeit der Zusammenarbeit in sehr persönlichen Worten zu danken. Haselbach habe als ausgleichendes Element immer dafür Sorge getragen, dass der Bundesrat seiner verfassungsmäßigen Aufgabe mit der nötigen Würde und Seriosität nachgekommen ist, resümierte er.

Bundesrat BIERINGER (V) würdigte die Verdienste von Vizepräsidentin Haselbach, deren Wirken er als großen Gewinn für die Arbeit des Bundesrates bezeichnete. Haselbach sei im positivsten Sinn des Wortes die Mutter des Bundesrates gewesen, weil sie wie kaum eine andere den Bundesrat und die Republik in hervorragender Weise vertreten habe. Ihn verbinde mit Haselbach eine persönliche Freundschaft, und dieser Umstand mache ihn stolz. Haselbach habe Herz, Hirn und Handschlagqualität, man werde sie im Bundesrat vermissen, er wünsche ihr das Beste für den weiteren Lebensweg.

Bundesrat SCHENNACH (G) schloss sich der Würdigung Haselbachs an und meinte, Haselbach sei die Außenministerin des Bundesrates und so etwas wie die ständige zweite Außenministerin der Republik. Er sei tief beeindruckt von Haselbachs Art, Österreich nach außen zu vertreten, gewesen, wie Haselbach sich auch als große Parlamentarierin erwiesen habe. Der Redner bedankte sich für die gute Zusammenarbeit und wünschte Haselbach für die Zukunft alles erdenklich Gute.

Auch Bundesrat MITTERER (oF) reihte sich in die Schar der Laudatoren ein, dankte gleichfalls für die gute Zusammenarbeit und wünschte Haselbach ebenfalls alles Gute für die Zukunft.

Bundesrätin MÜHLWERTH (oF) kritisierte hingegen Haselbachs Vorsitzführung, die ihrer Meinung nach manchmal subjektiv gewesen sei. Dennoch sei man persönlich gut ausgekommen, weshalb sie Haselbach für alles, was sie noch vorhabe, alles Gute wünsche.

Im Anschluss wurden Susanne Neuwirth (S) und Jürgen Weiss (V) einstimmig zu Vizepräsidenten des Bundesrates gewählt. Ernst Winter (S), Helmut Wiesenegg (S), Josef Saller (V), Sissy Roth-Halvax (V) wurden sodann einhellig zu Schriftführern gekürt, Karl Boden (S), Franz Eduard Kühnel (V) und Eva Konrad (G) werden nach einhelligem Votum im 1. Halbjahr 2008 als Ordner fungieren. (Schluss)


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