Parlamentskorrespondenz Nr. 44 vom 22.01.2008

Wissenschaftsausschuss beschließt Verbesserungen für Studierende

Zugangsbeschränkungen als weiteres Thema

Wien (PK) – In seiner heutigen Sitzung befasste sich der Wissenschaftsausschuss des Nationalrats mit einem Paket zur finanziellen Besserstellung von Studierenden. Abgeordneter Josef Broukal (S) erläuterte die Inhalte einer entsprechenden Regierungsvorlage und nannte diese erfreulich, da seit 2000 keine Erhöhungen oder auch nur Anpassungen auf dem Gebiet der Studienförderungen vorgenommen worden seien. Dem dadurch entsprechend höheren Bedarf sei man mit einer Erhöhung und einer Ausweitung des Bezieherkreises entgegengetreten. Die G-Anträge enthielten, so Broukal, wichtige Anliegen, doch seien diese durch den vorliegenden Entwurf quasi schon erledigt. Die Vorlage stelle eine große Verbesserung dar, sie sei daher zu begrüßen. Es wäre aber wünschenswert, wenn es bis zur nächsten Anpassung nicht wieder sieben Jahre dauern würde.

Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) meinte hingegen, die Vorlage bedinge zwar keine Verschlechterung der gegenwärtigen Situation, sie sei aber auch weit entfernt von einem großen Wurf. In Summe bleibe immer noch enormer Handlungsbedarf hinsichtlich der sozialen Lage der Studierenden. Konkret hinterfragte er die Sinnhaftigkeit der geplanten Maßnahme, Mentoring im Ausmaß von 60 Stunden pro Semester als Refundierungsgrund der Studiengebühren vorzusehen. Abgeordneter Gernot Darmann (B) thematisierte gleichfalls den Mentoring-Passus, stand aber der Regierungsvorlage grundsätzlich positiv gegenüber. Die G-Anträge fanden gleichfalls eine positive Resonanz bei Darmann, doch regte er an, eine Nachweispflicht der Berufstätigkeit vorzusehen.

Abgeordnete Gertrude Brinek (V) sah in der Regierungsvorlage viele positive Neuerungen. Der Entwurf sei mit Augenmaß erarbeitet worden, künftig sollten Anpassungen freilich in kürzeren Abständen vorgenommen werden. Der Mentoring-Passus sei Neuland, er sei jedoch als "Anker" für weitere Initiativen auf diesem Gebiet zu verstehen. Brinek sprach sich gegen ein generelles Toleranzsemester aus, da dieses via individuellem Antrag schon bisher möglich sei. Abgeordnete Birgit Schatz (G) verwies auf den Bericht zur sozialen Lage der Studierenden und meinte, immer noch seien viele Aspekte unbefriedigend. Eine reine Inflationsabgeltung sei ungenügend, da gerade jene Bereiche, von denen sozial schwache Studierende betroffen seien, etwa Wohnen oder Lebensmittel, sich überdurchschnittlich verteuert hätten. Dadurch müssten die Betroffenen mehr arbeiten, dadurch hätten sie weniger Chancen auf ein Leistungsstipendium. Dieser Kreislauf müsse durchbrochen werden. Zudem plädierte Schatz für eine Anhebung der Altergrenze für die Gewährung von Stipendien im Sinne des "lebenslangen Lernens".

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (S) votierte für eine Harmonisierung bei den Voraussetzungen für die Gewährung von Toleranzsemestern und trat für eine differenzierte Sichtweise hinsichtlich der Definition von Studienwechseln ein. Abgeordneter Martin Graf (F) regte an, einmal die Gesamtsituation auf dem Gebiet des Stipendienwesens zu erheben, zumal ja nicht nur der Bund, sondern auch diverse andere Institutionen – von der AK bis zur Caritas – Unterstützung gewährten. Graf sprach die Problematik der Schwarzarbeit von Studierenden an und zeigte sich hinsichtlich des Mentoring skeptisch. Eine Anhebung der Altersgrenze sei seines Erachtens ein falsches Signal, immerhin gehe es dabei um Steuergelder.

Abgeordnete Melitta Trunk (S) trat im Sinne der Durchlässigkeit dafür ein, dass Studierende nur einmal Studiengebühren zahlen sollen, auch wenn sie an mehreren Unis studierten. Dem schloss sich Abgeordneter Erwin Niederwieser (S) an, der zudem die Vorlage einen großen Fortschritt und daher begrüßenswert nannte. Abgeordnete Silvia Fuhrmann (V) wies darauf hin, dass viele Studierende auch deshalb arbeiten würden, um rechtzeitig Berufspraxis zu sammeln.

Bundesminister Johannes Hahn wies auf die Vorteile des Entwurfs hin und erinnerte daran, dass man sich bereits im Regierungsübereinkommen darauf verständigt habe, qualitative Verbesserungen herbeiführen zu wollen. Mit dieser Vorlage habe man einiges auf den Weg gebracht. Natürlich müsse man sich immer nach der Decke strecken, doch diese sei mit diesem Entwurf deutlich angehoben worden. Man habe ein umfassendes Werk geschaffen, dass den Studierenden zugute komme. Hinsichtlich des Mentoring-Passus sprach der Minister von einem "Vorratsbeschluss", der bei Bedarf umgesetzt werden könne. Wenn man ihn nicht brauche, dann werde er eben tote Materie bleiben.

Die Regierungsvorlage wurde teils einstimmig, teils mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen befürwortet, die grünen Anträge verfielen der Ablehnung.

Hier die Inhalte der Regierungsvorlage und der drei G-Anträge, die im Ausschuss unter einem diskutiert wurden: Da die Einkommensgrenze zur Bemessung der Unterhaltsleistungen seit 1999 nicht angehoben wurde und die Studienbeiträge zudem eine finanzielle Belastung darstellen, sollen durch eine Änderung des Studienförderungsgesetzes 1992 die Einkommensgrenzen angehoben und hinsichtlich des Bezugs des Studienzuschusses ausgeweitet werden. Überdies gehe es darum, die finanziellen Belastungen von Studierenden mit Kinderbetreuungspflichten durch Anhebung der Studienbeihilfe abzufedern und die Förderungsdauer für Studierende mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu verlängern. (405 d.B.)

Die Grünen beantragen daher, die Studienbeihilfe durch eine entsprechende Novelle des Gesetzes an die Inflation nach dem Verbraucherpreisindex anzupassen. (416/A [E]) Außerdem: Studierende, die neben dem Studien einer Erwerbstätigkeit nachgehen müssen, tun sich beim Erfüllen der an die Gewährung einer Beihilfe geknüpften Voraussetzungen schwer, daher beantragen die Grünen ein zusätzliches Toleranzsemester für den Studienbeihilfenbezug. (417/A [E]) Im Sinne des allgemein proklamierten "lebenslangen Lernens" müsse man auch für die entsprechenden Rahmenbedingungen Sorge tragen, sagen die Grünen in einem weiteren Antrag. Förderungen für ein Studium sollten sich daher nicht nach dem Alter, sondern an einer entsprechenden finanziellen Bedürftigkeit orientieren. In diesem Sinne fordern die Grünen, die Altersgrenze für die Gewährung von Stipendien entsprechend anzuheben. (423/A [E])

Des weiteren beschäftigte sich der Wissenschaftsausschuss mit zwei Anträgen der FPÖ zum Thema Hochschülerschaft und Zugangsbeschränkungen an den Universitäten sowie mit einem Antrag des BZÖ betreffend Errichtung einer Medizinuniversität in Linz.

Diskussion um Wahlmodus und Pflichtmitgliedschaft bei der ÖH

Ausschussvorsitzender Martin Graf (F) übte in Bezug auf den FPÖ-Antrag zur Novellierung des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes harte Kritik am Wahlmodus. Als bedenklich empfand er, dass seiner Meinung nach das allgemeine, geheime, gleiche und direkte Wahlrecht im Bereich der Hochschülerschaft nicht verwirklicht worden sei. Daher halte er eine Reform für dringend geboten, wobei insbesondere die direktdemokratischen Instrumente gestärkt werden sollten.

Unterstützt wurde der Antrag von Abgeordnetem Gernot Darmann (B), der mit seinen Forderungen über den vorliegenden Antrag weit hinausging. So trat er generell für die Abschaffung der ÖH in ihrer gegenwärtigen Form und für die Einführung von Studienmentoren aus den Reihen der Professoren ein. Er sah keine Notwendigkeit für eine Bundesvertretung der ÖH und sprach sich dezidiert gegen die Zwangsmitgliedschaft aus.

Dem konnten sich die anderen Parteien jedoch nicht anschließen. Abgeordnete Birgit Schatz (G) verteidigte die Pflichtmitgliedschaft sowie die Bundesvertretung und auch Abgeordneter Josef Broukal (S) meinte, die österreichische Tradition der Selbstorganisation in verpflichtenden Vereinigungen sei eine wesentliche Institution, um die Österreich beneidet werde. Er wies in diesem Zusammenhang auch auf die positive Entwicklung der Studienvertretungen an den Fachhochschulen hin. Abgeordnete Gertrude Brinek (V) sah ebenfalls keine Veranlassung für die von FPÖ und BZÖ geforderten Änderungen und bemerkte, direkt demokratische Elemente seien durch die Stärkung der ÖH an den Universitäten bereits etabliert worden.

Der gegenständliche Antrag wurde von SPÖ, ÖVP und den Grünen abgelehnt und blieb somit in der Minderheit. 

Zugangsbeschränkungen an den Unis bleiben Zankapfel

Anlass für die Diskussion um die Zugangsbeschränkungen in einigen Studienrichtungen, insbesondere an den medizinischen Fakultäten, war ein Antrag der FPÖ, die dafür eintritt, Zugangsbeschränkungen für alle österreichischen Studierenden rasch abzuschaffen. Die Matura sei als alleinige Voraussetzung für ein Studium völlig ausreichend, meinte Abgeordneter Martin Graf (F). Durch die geltende Regelung würden insgesamt über 3.200 österreichische MaturantInnen am Studium gehindert, kritisierte er. Viele, die es sich leisten könnten, gingen ins Ausland studieren, wodurch bereits jetzt eine Zweiklassengesellschaft entstehe, was der Gesetzgeber nicht wollen könne. Den anderen Parteien warf er vor, den Grundsatz der Zugangsbeschränkungen bereits akzeptiert zu haben, und nur mehr über die Höhe der Quoten zu diskutieren.

Nach seinen Berechnungen müssten die Universitäten ohne Zugangsbeschränkungen insgesamt rund 1.200 Studienplätze mehr zur Verfügung stellen, und das dürfe keine Katastrophenstimmung auslösen, sagte Graf. Man habe mit den geltenden Regelungen künstlich die Zahl der Studierenden heruntergedrückt, und nun seien, wie er habe beobachten können, die medizinischen Fakultäten und deren Labors nicht ausgelastet. Zugangsbeschränkungen allgemein seien kein Instrument der Auslese, stellte Graf fest und schlug stattdessen vor, etwa in den ersten beiden Semestern für MedizinstudentInnen obligatorische Pflegedienste vorzusehen. Auch das Abgehen vom automatischen Doktorat nach Abschluss eines Medizinstudiums würde einen Lenkungseffekt haben, glaubt Graf.

Die Initiative fand jedoch bei den anderen Fraktionen keine Zustimmung. Vor allem vor dem Hintergrund des Europarechts würde dies bedeuten, dass es auch keine Zugangsbeschränkungen für ausländische Studierende aus den anderen EU-Staaten mehr gibt, argumentierten etwa Abgeordneter Josef Broukal und Erwin Niederwieser (beide S). Die derzeitige Situation sei besser als die früher geübte Praxis, die StudentInnen einfach hinauszuprüfen, führte Broukal ins Treffen. Außerdem habe sich die Zahl der AbsolventInnen in den von den Beschränkungen betroffenen Studienrichtungen nicht vermindert. Broukal wehrte sich vor allem gegen den Vorwurf, man habe die Zugangsbeschränkungen akzeptiert und sei bereit, diese auch auszuweiten. Im Gegensatz dazu habe man im Vorjahr zwei von neun Zugangsbeschränkungen nicht verlängert, betonte der SPÖ-Wissenschaftssprecher, und Ziel der SPÖ sei es, bis zum Jänner 2010 diese in drei weiteren Fächern wieder abzuschaffen. Außerdem beziehe sich die Verordnungsermächtigung des Ministers in Bezug auf die Erlassung von Zugangsbeschränkungen nur auf den Fall eines erhöhten Ansturms ausländischer, nicht aber österreichischer Studierender.

Broukal ging jedoch mit Martin Graf in dessen Kritik an der Datenlage der Universitäten konform. Diese sei mangelhaft und verhindere eine sachliche politische Diskussion.

Auch Abgeordnete Gertrude Brinek (V) verteidigte die Zugangsbeschränkungen, insbesondere auch für die medizinischen Fakultäten. Damit habe man wesentlich bessere Lernbedingungen erreicht, die StudentInnen könnten in kleinen Gruppen arbeiten und die Erfolgsquote sei im Zuge dessen deutlich gestiegen. Ihr Klubkollege Heribert Donnerbauer führte das Beispiel Publizistik an, wo man durch geeignete Schritte erreicht habe, für diejenigen, die ernsthaft studieren wollen, auch geeignete Studienmöglichkeiten anzubieten.

Ähnlich wurde die Situation auch von den Abgeordneten Gernot Darmann (B) und Wolfgang Zinggl (G) beurteilt. Er sei für möglichst wenig Zugangsbeschränkungen, der Status Quo an der Medizin erfordere aber die Maßnahme, sagte etwa Zinggl. Darmann hielt es für wichtig, eine EU-rechtlich einwandfreie Lösung zu finden.

Bundesminister Johannes Hahn ergänzte, vieles spreche dafür, dass die Kombination von Aufnahmetests und neuer Studienordnung die Dropout-Rate drastisch gesenkt habe. Auch hätten die Wartezeiten für praktische Übungen beseitigt werden können. Österreich habe sich gegenüber der EU zu einer begleitenden Berichterstattung verpflichtet und nach fünf Jahren werde es eine Neubewertung geben.

Der Antrag wurde schließlich mehrheitlich von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ abgelehnt.

Medizin-Uni in Linz – Entscheidung wurde vertagt

Vertagt wurde hingegen mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen der Antrag des BZÖ betreffend die Errichtung einer medizinischen Universität in Linz. Diese Frage sei derzeit nicht entscheidungsreif, so die Begründung für den Vertagungsantrag. Abgeordneter Josef Broukal zeigte sich gegenüber den von Abgeordnetem Gernot Darmann (B) vorgebrachten Argumenten durchaus aufgeschlossen. Darmann hatte darauf hingewiesen, dass derzeit nur in drei der vier Versorgungsregionen eine medizinische Universität besteht. Außerdem hätten von den 1.626 oberösterreichischen Studierenden nur 126 das Medizinstudium aufgenommen, was weit unter der Quote anderer Bundesländer liege. Alle Parteien in Oberösterreich stünden hinter diesem Projekt, bekräftigte Darmann und merkte an, dass man dafür bereits ein geeignetes Areal, nämlich die alte Tabakfabrik in Linz, ausersehen hätte.

Broukal meinte, man werde sich in ein bis zwei Jahren den Bedarf an MedizinstudentInnen noch einmal anschauen und dabei auch den regionalpolitischen Standpunkt ernsthaft in Erwägung ziehen müssen. Auch seine Klubkollegin Bettina Stadlbauer unterstrich den Nachholbedarf in Linz.

Dem gegenüber sah Abgeordneter Martin Graf (F) keinen zusätzlichen Bedarf an einer medizinischen Universität in Linz. Bundesminister Johannes Hahn zeigte sich zuversichtlich, dass das bestehende System auch im Jahr 2010 einen zusätzlichen Bedarf an Studierenden in der Größenordnung von ca. 20 % ohne Qualitätsverlust bewältigen werde.

Ausschuss genehmigt einstimmig Abkommen

Am Ende der Ausschusssitzung wurden das Abkommen zwischen Österreich und Italien über die gegenseitige Anerkennung akademischer Grade und Titel (101 d.B.), das Abkommen mit der Mongolei über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich (257 d.B.) und das Abkommen mit Makedonien über wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit (258 d.B.) jeweils einstimmig genehmigt. (Schluss)